"Der Clown ist sein ständiger Begleiter"

Elias StefanescuAttila RevadaNick Trachte
22. August 201717:46
Conor McGregor will Floyd Mayweather Jr. in die Schranken verweisengetty
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Es ist der Showdown des Jahres: Floyd Mayweather Jr. trifft in der Nacht zum 27. August (ab 3 Uhr live auf DAZN) auf Conor McGregor. Im Duell zweier Welten kann es eigentlich nur einen Sieger geben - oder doch nicht? Elias Stefanescu (Ground and Pound), Attila Revada (German Fight News) und Nick Trachte (Boxwerk-Gründer) werfen jeweils einen Blick auf die Aussichten des Außenseiters aus Irland, der die Sportwelt erschüttern kann.

Von Elias Stefanescu, Ground and Pound

  • Wie muss der Gameplan von McGregor aussehen, um nicht vorgeführt zu werden?

Mayweather tritt mit der Erfahrung aus 20 Jahren als Profi an, McGregor mit weniger als einem Jahr reinen Boxtrainings. Kaum vorzustellen, dass es gut ausgeht für den Iren, der allerdings im MMA schon mehrfach mit herausragender Leistung überraschte.

Mayweather gilt als der wohl beste Defensivboxer aller Zeiten, er wurde in seiner Karriere noch nie zu Boden geschickt. In der Zeit, in der McGregor seinen "Volltreffer" zu landen versucht, wird Mayweather ihn womöglich mit schnellen Händen zermürben.

Um Mayweather nicht effektiv angreifen zu lassen, oder selbst eine mögliche Lücke zu finden, muss McGregor der aktivere Mann sein, deutlich mehr arbeiten als sein Gegenüber. Dafür muss seine Kondition stimmen. Sollte die Defensive, die Ausdauer und eine gesunde Offensive funktionieren, sollte es nicht schlecht aussehen für den Iren. Fehlt einer dieser strategischen Punkte, geht das Experiment den Bach hinunter.

  • DQ-Gefahr! Kann McGregor seine MMA-Instinkte überhaupt ablegen?

Das war eine der größten Sorgen von Mayweather, als die Tinte des Vertrages noch trocknete. Doch genau deswegen hat McGregor den erfahrenen Box-Ringrichter Joe Cortez engagiert, der in all seinen Sparringsduellen im umseilten Viereck für Ordnung sorgte.

Somit sollte der Ire gewappnet sein, für die vor ihm liegende Aufgabe. Sollte dennoch eine unüberlegte Aktion "als Ausrutscher" stattfinden, wäre es ein Grund für einen möglichen Rückkampf - und somit auch für einem erneuten Payday für beide Kämpfer.

  • Welche Auswirkungen hat der Kampf auf die weitere Karriere von McGregor?

Schon seit Jahrzenten gibt es die Diskussionen, welche Kampfsportart die bessere und effektivere ist: Boxen, Kickboxen, oder MMA. Sollte MMA siegen, wäre es ein herber Verlust für das Boxen. Schließlich geht McGregor in dieses Duell, ohne auch nur einen Boxkampf als Amateur oder Profi bestritten zu haben. Gleichzeitig würde eine Niederlage einen großen Kratzer auf der Legenden-Medaille von Mayweather hinterlassen, ebenso wie in seiner Bilanz. Für McGregor wäre es der ultimative Erfolg.

Nachdem er als einziger UFC-Kämpfer zwei Titel gleichzeitig halten konnte, würde er zur sportübergreifenden Legende werden. Finanziell dürfte er ausgesorgt haben und muss nicht mehr in den Ring oder Käfig steigen. Ein Sieg für Mayweather hingegen ist Pflicht, wenn er sich nicht blamieren will. Mit einem perfekten 50-0 Kampfrekord und einem letzten Sieg gegen einen hochgepriesenen UFC-Champion gibt es für Floyd nichts mehr, was er jemandem beweisen müsste.

Von Attila Revada, German Fight News

  • Wie muss der Gameplan von McGregor aussehen, um nicht vorgeführt zu werden?

McGregor hat keine große Chance zu gewinnen. Trotzdem wäre es ein großer Erfolg, wenn er mit Mayweather mehr als fünf bis sechs Runden aushalten könnte - und natürlich Werbung für MMA weltweit. Trotzdem darf man nicht übersehen, dass Floyd 40 Jahre alt ist und eine längere Pause hinter sich hat. Trotzdem ist der US-Amerikaner haushoher Favorit.

Floyd ist ein Defensiv-Genie, der gerne seine Gegner kommen lässt und mit seiner überragenden Technik praktisch jeden Schlag perfekt beherrscht. Conor muss daher sehr beweglich sein und versuchen, nicht in einen Konter von Mayweather zu laufen. Er muss die Geduld haben und Floyd kommen lassen, die Deckung oben halten und sich bewegen.

  • DQ-Gefahr! Kann McGregor seine MMA-Instinkte überhaupt ablegen?

McGregor hat aus dem Diaz-Kampf gelernt und wird das Duell weitestgehend seriös angehen. Aber der Clown ist trotzdem sein ständiger Begleiter. Wenn Floyd nachlässt, wird Conor faxen machen. Davon bin ich überzeugt.

Man muss es ansonsten wie bei einem Zehnkämpfer in der Leichtathletik sehen. Alle haben eine Paradedisziplin, in der sie mit den Spezialisten einigermaßen mithalten können. Und MMA ist der Zehnkampf des Kampfsports und Boxen die beste Waffe von McGregor.

Seine 18 Knockouts bei insgesamt 21 Siegen sprechen eine deutliche Sprache. Daher bin ich mir sicher, dass wir in diesem Fight McGregor den Boxer sehen werden.

  • Welche Auswirkungen hat der Kampf auf die weitere Karriere von McGregor?

Seiner UFC-Karriere wird es sicherlich nicht schaden, sollte er verlieren.

Aber alle, die ihn bisher nicht mochten oder meinen, Boxen sei besser als MMA, werden sich bestätigt fühlen. Und das sind nicht gerade wenige Fans. Sollte er sich ordentlich präsentieren, kann ich mir schon vorstellen, dass er weiterhin in den Ring steigen wird. Das Geld wird sicherlich eine große Rolle spielen, aber auch Titel sind ein Ansporn.

Das Problem mit der UFC ist leider, dass er dort sehr früh alles erreicht hat, aber nicht hingehen und auch Bellator-Champion werden kann. Das ist bei einem Boxer anders, der Weltmeister verschiedener Verbände werden kann und fast frei in seiner Entscheidungsgewalt ist.

Ich hoffe einfach, dass McGregor nicht in den ersten drei Runden K.o. geht. Er hat es in der Hand, MMA weltweit noch populärer zu machen.

Von Nick Trachte

  • Wie muss der Gameplan von McGregor aussehen, um nicht vorgeführt zu werden?

Das Sprichwort "fight a boxer - box a fighter" trifft auf das Duell wie die Faust auf das Auge. McGregor ist in der Rolle des Fighters und muss den Fight suchen. Wenn er anfängt, mit Mayweather zu boxen, wird er schlecht aussehen. Am wichtigsten ist es, seine mentale Stärke und sein Selbstbewusstsein aus dem Octagon mit in den Ring zu transportieren.

Wenn Floyd annähernd an seine alte Form anknüpfen kann, wird es für Conor schwierig werden, vom Boxerischen her nicht wie ein Schuljunge zu wirken. Nach Punkten wird er in meinen Augen keine Chance haben zu gewinnen. Er sollte deshalb zwangsläufig versuchen, Mayweather in einen Kampf zu ziehen und seine körperliche Überlegenheit sowie seine Auslage vorteilhaft mit ins Spiel zu bringen.

Denn McGregor besitzt Explosivität, Schnelligkeit und auch eine gewisse Schlagkraft. Floyd mit seiner unorthodoxen Art zu überrumpeln und einen "Dirty Fight" anzustreben, wäre sicherlich von Vorteil. Insofern er seinem Landes-Motto "Fighting Irish" treu bleibt, wird er trotz seiner technischen Unterlegenheit den Ring erhobenen Hauptes verlassen können.

Wie sein erster Boxing-Coach Philip Sutcliffe Snr., welchen ich gerade erst im Crumlin Gym in Dublin besucht habe, meinte: "Conor has got a punchers chance". Diese fällt allerdings nicht sonderlich groß aus. Ich gebe ihm maximal ein Prozent.

  • DQ-Gefahr! Kann McGregor seine MMA-Instinkte überhaupt ablegen?

Er sollte es tunlichst vermeiden, regelwidrige Aktionen einzubauen, jedoch sind über Jahre hinweg Automatismen in seinen Kopf programmiert worden und diese sind inzwischen im Unterbewusstsein angelegt.

Somit bleibt stets ein gewisses Restrisiko. Vor allem, wenn er angeschlagen sein sollte, könnten diese Automatismen sich verselbständigen. Es wäre auch denkbar, dass die "Money-Show" in Richtung "Wrestling-Show" entgleitet und somit ist nicht auszuschließen, dass die Fans mehr als Boxen zu sehen bekommen.

Dies würde aber neben einer unumgänglichen Disqualifikation auch eine nicht unerhebliche Strafe finanzieller Natur für McGregor mit sich bringen. Taktisch gesehen, sollte Conor allerdings durchaus an der Grenze des Erlaubten arbeiten und versuchen, den alten Ringfuchs Floyd so aus dem Konzept zu bringen. Es wird ein Drahtseilakt, keine Frage.

  • Welche Auswirkungen hat der Kampf auf die weitere Karriere von McGregor?

McGregor kann eigentlich nur von diesem Kampf profitieren und das über den extrem lukrativen, finanziellen Aspekt hinaus. Sollte er, wie es zu erwarten ist, verlieren, wird das seiner Karriere keinen Abbruch tun. Er ist in seiner bisherigen Laufbahn nicht ungeschlagen und in seinem Debüt als Profi-Boxer gegen einen ungeschlagenen Mayweather zu verlieren, wäre keine Überraschung.

Sollte er jedoch siegen, würde ihn das noch mehr ins Rampenlicht der Kampfsport-Szene katapultieren und ihm eine Karriere im Profi-Box-Business mit weiteren utopischen Kampfbörsen ermöglichen.

Ich persönlich mag Conor McGregor, aber meine, er sollte nach diesem Ausflug in den Ring wieder ins Octagon zurückkehren und mit seinen zweifelsohne soliden boxerischen Fähigkeiten dort weiterhin Kontrahenten ausknocken.