Marko Brkic

Verlieren gehört zum Leben eines Sportlers dazu. Ein junger Michael Jordan brauchte vier Anläufe, ehe er mit den Chicago Bulls erstmals eine Playoff-Serie für sich entscheiden konnte. <a href="https://www.spox.com/nfl/listen/tom-brady-bilder-seiner-karriere-new-england-patriots-super-bowl-bill-belichick-gisele-peyton-manning-tampay-bay-buccaneers/6512431" target="_self">NFL-GOAT Tom Brady verlor in seiner Karriere drei Super Bowls</a> – mehr, als viele Größen des Sports überhaupt bestreiten durften. In der Welt der gemischten Kampfkünste ist es nicht anders. Wer in der UFC über Jahre unbesiegt bleiben will, hat im Grunde zwei Möglichkeiten: sich wie<a href="https://www.spox.com/ufc/news/praesident-dana-white-khabib-offiziell-zurueckgetreten-chandler-oliveira-kaempfen-um-titel/5672062" target="_self"> Khabib Nurmagomedov frühzeitig auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurückzuziehen</a> - oder Jon Jones zu heißen. Doch abseits des Oktagons führt dieser ein zerstörerisches Doppelleben.<script type="application/json" data-placement="fcplayer-semantic">{"type":"fcplayer-semantic","data":{"embedCode":"//cdn.fcp.codes/embed-code-template/embed-code-template.js#SEMANTIC_6b4625c8-6923-44f4-b005-b304878a3898"}}</script>

Im Käfig ungeschlagen - abseits davon sein eigener schlimmster Feind: Kann jemand wie Jon Jones UFC-GOAT sein?

28-1-1 NC - so liest sich die Bilanz des US-Amerikaners nach 30 Profikämpfen. Die Eins in der Mitte signalisiert zwar eine Niederlage – die kam jedoch zustande, weil er Matt Hamill mit damals noch illegalen "12-to-6"-, also vertikalen Ellbogenschlägen, K.o. schlug. Ein klarer Regelverstoß. Die Entscheidung des Ringrichters, Hamill im Anschluss deswegen zum Sieger zu erklären, anstatt auf No Contest zu entscheiden, entbehrte jedoch jeglicher Logik. Darum würde es heute nicht einmal der größte Jones-Kritiker, von denen es inzwischen viele gibt, wagen würde, den Hamill-Kampf als echte Niederlage zu bezeichnen. "Er hat diesen Kampf ganz sicher nicht verloren, und ich ganz sicher nicht gewonnen", gab Hamill später selbst zu. UFC-Präsident Dana White sprach von einem Ergebnis, das so "hätte nicht passieren dürfen".Bis zum Hamill-Kampf verlief Jones' Karriere makellos und kometenhaft. Im April 2008 gelang ihm bei Full Force Productions ein erfolgreicher MMA-Einstand gegen Brad Bernard. Nur fünf Kämpfe später, die er alle vorzeitig gewann, unterschrieb Jones einen Vertrag bei der UFC. Seinen ersten Auftritt auf der größten MMA-Bühne feierte er im August des selben Jahres bei UFC 87 gegen den Brasilianer Andre Gusmao, den er vom ersten bis zum letzten Gong dominierte und einstimmig bezwang.Auch wenn er damals noch lange nicht der komplette Kämpfer war, der er heute ist, zeigte Jones früh sein Potenzial. War sein Stil zu Beginn seiner Karriere noch stark vom Ringen und Muay Thai geprägt, fügte er von Kampf zu Kampf eine neue Waffe zu seinem Repertoire hinzu. Großen Anteil daran hatten seine Trainer Greg Jackson und Mike Winkeljohn, die UFC-Champions wie Georges St-Pierre, Andrei Arlovski und Rashad Evans betreuten und Jones im Sommer 2009 unter ihre Fittiche nahmen.In der in Albuquerque ansässigen MMA-Akademie fand Jones die perfekte Umgebung für eine erfolgreiche Karriere. Neben seinen technischen Fähigkeiten verbesserte er dort vor allem seinen heute legendären Kampf-IQ und seine strategische Vorbereitung - was ihn in den darauffolgenden Jahren praktisch unschlagbar machen sollte.

Jon Jones: Eine Niederlage, die keine war

Das zeigte sich erstmals deutlich gegen Mauricio "Shogun" Rua. Jones ließ dem Pride-Grand-Prix-Champion von 2005 keine Chance: Er diktierte das Duell von der ersten Sekunde an mit Takedowns, dominierte den Striker auch im Stand und beendete den Kampf schließlich in Runde drei mit brutalen Kniestößen und Faustschlägen. Zur Belohnung legte ihm Dana White erstmals den Gürtel der Halbschwergewichtsklasse um die Hüfte – Jones krönte sich im Alter von 23 Jahren und 242 Tagen zum jüngsten UFC-Champion aller Zeiten und hält den Rekord auch heute noch.Daraufhin folgte eine Siegesserie, die noch heute ihresgleichen sucht. Im Anschluss an den Rua-Kampf schlug Jones mit Quinton "Rampage" Jackson, Lyoto Machida, Rashad Evans und Vitor Belfort vier ehemalige UFC-Champions in Folge – und das jeweils recht deutlich.Alexander Gustafsson war dann der Erste, der ihn vor ernsthafte Probleme stellte. Mit einer Körpergröße von 1,96 Metern war der Schwede zugleich der erste Gegner, der Jones (1,93 Meter) körperlich überragte. Und das machte sich im Kampf deutlich bemerkbar: Gustafsson fügte Jones früh einen Cut zu, brachte ihn sogar zu Boden und wehrte beeindruckende zehn von elf Takedown-Versuchen erfolgreich ab.&nbsp;Am Ende gewann Jones in zwei Wertungen drei von fünf Runden – und damit hauchdünn den Fight. Die Lektion war jedoch gelernt. "Das war mit Abstand mein härtester Kampf", verriet er. Viele Fans und große Teile der MMA-Community waren sogar der Meinung, dass Gustafsson den Sieg verdient hätte. "Toller Kampf von Jones und Gustafsson, aber Jones hat diesen Kampf nicht gewonnen. Unentschieden ... Vielleicht, aber ich denke, Gustafsson hat drei Runden zu zwei gewonnen", befand UFC-Legende Josh Barnett. So oder so, die Fans wurden unterhalten und Jones gegen Gustafsson zum Kampf des Jahres 2013 gewählt.

Jones' historischer erster Titelrun ab 2011

Die folgenden Siege gegen Glover Teixeira und Daniel Cormier – Jones' siebte und achte erfolgreiche Titelverteidigung – verliefen weitaus weniger kontrovers, zumindest sportlich. Außerhalb des Käfigs jedoch steckte Jones zu dieser Zeit in ernsthaften Schwierigkeiten. Nur wenige Tage nach seinem Triumph gegen Cormier bei UFC 182 wurde bekannt, dass Jones positiv auf Kokain getestet worden war und sich daraufhin in eine Entzugsklinik begeben hatte. Diese verließ er bereits nach einem Tag. Auch die UFC sah zunächst von Konsequenzen ab.Nicht jedoch bei Jones’ nächstem Fehltritt: Im April 2015 verursachte er einen Unfall, verletzte dabei eine schwangere Frau und floh anschließend vom Tatort. Bei der Untersuchung seines Fahrzeugs fand die Polizei Drogen. Die UFC hatte keine andere Wahl, als ihm den Titel abzuerkennen und ihn auf unbestimmte Zeit zu suspendieren. "Ich habe einiges an Selbstreflexion vor mir. Es tut mir leid gegenüber allen, die ich enttäuscht habe", entschuldigte sich Jones später via X. In seiner Abwesenheit stieg ausgerechnet Erzfeind Daniel Cormier vom Interims- zum offiziellen Champion im Halbschwergewicht auf.Es dauerte insgesamt 476 Tage, bis Jones wieder den Oktagon betrat. Bei seinem Comeback setzte er sich problemlos gegen Ovince Saint Preux durch - wurde danach jedoch positiv auf die verbotenen Substanzen Clomiphene und Letrozole getestet. Später kam die Anti-Doping-Agentur USADA zu dem Schluss, dass die Substanzen aus einem verunreinigten Nahrungsergänzungsmittel stammten, dennoch erhielt Jones eine Sperre von einem Jahr.Mit reichlich Verzögerung kam es schließlich zum Vereinigungskampf mit Cormier. Anders als im ersten Aufeinandertreffen machte es Jones im Rematch besser und knockte Cormier mit einem High Kick und Punches aus. Jones war wieder Undisputed Champion – allerdings nicht lange. Er scheiterte wieder am Dopingtest (Turinabol), woraufhin die UFC ihm den Titel erneut aberkannte. Zudem wurde sein Sieg gegen Cormier in ein No Contest umgewandelt.

Kokain-Exzesse, Entzüge, 476 Tage Pause - und dann gleich ein Dopingskandal: Der Legendenstatus reißt

Ende 2018 feierte Jones sein nächstes Comeback, gewann denselben Titel, den er schon mehrfach abgeben musste, in einem Rematch gegen Gustafsson zurück und verteidigte ihn anschließend drei weitere Male.Die gewohnte Dominanz ließ Jones während seines zweiten Titelruns überraschenderweise jedoch völlig vermissen, und er wirkte gleich mehrfach verwundbar – vor allem gegen Thiago Santos, den er sogar nur knapp durch eine geteilte Entscheidung besiegen konnte, und Dominick Reyes. "Ich erinnere mich, dass ich damals dachte: 'Verdammt, du hast einen würdigen Gegner gefunden, Jon – du hattest eine großartige Karriere, also lass dich einfach nicht ausknocken. Lass ihn sein Ding machen.' Es war eine Entscheidung aufzugeben, den Widerstand aufzugeben. Aber dann meldete sich eine andere Stimme, genauso deutlich: 'Zur Hölle damit – kämpf weiter!'", blickte Jones auf den Reyes-Kampf zurück.2020 legte Jones seinen Halbschwergewichtstitel nieder, um 2023 als Schwergewicht zurückzukehren. Bei UFC 285 besiegte er Ciryl Gane mit einem Guillotine-Choke nach nur 2:04 Minuten und stieß damit in den elitären Kreis der Doppel-Champions vor, dem bis zu diesem Zeitpunkt erst sieben weitere Kämpfer angehörten. Auch Stipe Miocic, für viele der beste Schwergewichtler aller Zeiten, stellte für Jones keine Gefahr dar. Mit dem TKO-Sieg im November 2024 schrieb Jones mit seiner insgesamt zwölften Titelverteidigung - UFC-Rekord - erneut Geschichte.Jones hat das beeindruckendste Resümee eines UFC-Kämpfers und darf sich nach 17 Jahren in dieser erbarmungslosen Sportart noch immer ungeschlagen nennen. Zudem gilt er als einer der komplettesten Kämpfer, die diese Organisation je hervorgebracht hat. Dank seiner enormen Spannweite von 215 cm ist er ein Meister darin, die Distanz zu kontrollieren. Sein Stand-up könnte ausgewogener nicht sein. Gepaart mit einem elitären offensiven Wrestling, starker Clinch-Arbeit, Submission-Skills und einem standhaften Kinn ist Jones fast unmöglich zu knacken.Allerdings erlitt sein Ansehen durch die zahlreichen Doping-Skandale schweren Schaden. Für viele hat er sich dadurch sogar dauerhaft aus der GOAT-Diskussion disqualifiziert. Als weitere Argumente gegen ihn werden oft auch seine Fehltritte außerhalb des Käfigs angeführt. Der Unfall mit Fahrerflucht nach dem ersten Cormier-Kampf war nämlich erst der Anfang.

Jon Jones: "Es war eine Entscheidung aufzugeben, den Widerstand aufzugeben"

Im Mai 2012 verursachte Jones unter Alkoholeinfluss einen weiteren Unfall, bei dem zwei Mitfahrerinnen verletzt wurden. Er verweigerte den Alkohol-Test und verlor seinen Führerschein. Kurz vor UFC 178 geriet er bei einem Medientermin mit Daniel Cormier in eine Prügelei, die ihn weitere 50.000 US-Dollar Strafe und 40 Stunden Sozialarbeit kostete.2016 kam es wegen mutmaßlichen Drag Racings erneut zu einem Polizeieinsatz. Jones absolvierte daraufhin Sozialarbeit und ein Fahrtraining zur Aggressionskontrolle. Es geht weiter: 2019 wurde Jones beschuldigt, eine Kellnerin in einem Stripclub unsittlich berührt zu haben. Zwar bestritt er die Vorwürfe, erhielt dennoch eine Bewährungsstrafe.Im März 2020 wurde er betrunken in seinem Auto festgenommen; dabei wurden eine halbvolle Tequilaflasche und eine geladene Waffe gefunden. Am 24. September 2021, kurz nach seiner Aufnahme in die UFC Hall of Fame, wurde Jones in Las Vegas wegen häuslicher Gewalt an seiner Verlobten Jessie Moses sowie Sachbeschädigung verhaftet. Ihre drei gemeinsamen Kinder waren während des Vorfalls anwesend. Dafür zahlte er eine Strafe von 750 US-Dollar.Im März 2024 soll er bei einer Dopingprobe zudem einen Tester bedroht und dessen Handy weggenommen haben. Die Polizei bestätigte den Vorfall, Jones bestritt jedoch die Vorwürfe.

Häusliche Gewalt, Trunkenheit am Steuer: Kann Jones wirklich GOAT sein? 

Im Käfig wurde Jones darüber hinaus oft vorgeworfen, ein unfairer Kämpfer zu sein. Seine häufig ausgestreckten Finger führen immer wieder zu illegalen Eye Pokes. Besonders umstritten sind jedoch seine sogenannten "Oblique Kicks", die darauf abzielen, das Kniegelenk des Gegners zu überstrecken. Rampage Jackson nannte Jones aus diesem Grund den "schmutzigsten Kämpfer aller Zeiten".Zuletzt zog Jones erneut den Unmut vieler Fans auf sich, weil er sich weigert, gegen Tom Aspinall anzutreten und den Schwergewichtstitel zu vereinigen. "Er hat dem Kampf zugestimmt, aber jetzt redet er über Rücktritt. Das ist verrückt und frustrierend für alle Beteiligten", zeigte sich White über das Zögern seines Athleten irritiert. Jones jedoch bleibt unbeeindruckt – in seinen Augen hat er längst alles erreicht: "Ich bin der GOAT. Das ist nicht eingebildet, das ist Fakt."

Jon Jones: "Ich bin der GOAT"

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Im Käfig ungeschlagen - abseits davon sein eigener schlimmster Feind: Kann jemand wie Jon Jones UFC-GOAT sein? | SPOX

Jon Jones ist im Oktagon unbesiegt – außerhalb davon folgt jedoch eine Niederlage auf die nächste. Das Doppelleben eines UFC-GOATs.