Alles wie gewohnt im Norden? Die Green Bay Packers gehen auch 2017 als der Division-Favorit in die neue Saison, doch die Minnesota Vikings haben eine ernsthafte Chance, die Packers zu entthronen. Und sonst? Bei den Lions bleiben Fragen an der Line of Scrimmage, während die Bears die Augen auf die Zukunft richten. Die SPOX-Preview für die NFC North.
Chicago Bears
BILANZ 2016: 3-13
WICHTIGSTE ZUGÄNGE: QB Mike Glennon, QB Mitchell Trubisky, CB Marcus Cooper
WICHTIGSTE ABGÄNGE:WR Alshon Jeffery, QB Brian Hoyer, QB Jay Cutler
Darum wird die Saison ein Erfolg:Die Bears sind nicht so schlecht, wie die Vorjahres-Bilanz in Kombination mit dem nach und wegen des Trades für Mitchell Trubisky unspektakulären Drafts vermuten lässt. Das lässt sich konkret an zwei Mannschaftsteilen festmachen: Der Defensive Front und der Interior Offensive Line.
Letztere ist mit Cody Whitehair, Josh Sitton und Kyle Long glänzend besetzt und war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Chicago laut Football Outsiders im Schnitt die achtmeisten Adjusted Line Yards (Rushing-Yards angepasst an Down, Distanz zum First Down, Spielsituation, Formation und Gegner) sowie vor allem den größten Power-Erfolg (Third und Fourth Down mit maximal zwei Yards bis zum neuen First Down) hatte.
Bedenkt man dann noch, dass Chicago dahinter mit Jordan Howard einen der talentiertesten Running Backs in der NFL hat - seine 52 Forced Missed Tackles waren der ligaweit fünfthöchste Wert und auch im Pass-Blocking überzeugte Howard - und schon ist eine mögliche Formel gefunden. Es ist ebenfalls kein Zufall, dass Howard die meisten Yards bei Runs zwischen den Tackles (966) erlief.
Die Front um Jerrell Freeman, Danny Trevathan, Pernell McPhee, Leonard Floyd und Eddie Goldman hat das Potential, Spiele zu bestimmen. In der Vorsaison aber gelang das viel zu selten, im Preseason-Spiel gegen Tennessee sah die Front zuletzt vielversprechender aus.
Darum wird die Saison ein Misserfolg: Hier steht die Quarterback-Frage ganz weit oben, konkret wäre das Szenario: Mike Glennon bestätigt die durchwachsenen Eindrücke aus der Preseason, wird durch Mitchell Trubisky ersetzt - und der Rookie offenbart dann, dass er für Regular-Season-Action eben doch noch nicht bereit ist.
Hier würden auch die Offensive-Tackle-Anfälligkeiten bei den Bears ins Gewicht fallen, Chicagos Line ist außen deutlich schwächer besetzt als im Zentrum. Ohne einen vernünftigen Quarterback wird auch das Run Game ungleich schwieriger.
Ein inzwischen mindestens genauso großes Fragezeichen ist das Wide-Receiver-Corps. Die Verletzung von Cam Meredith ist hier ein enormer Rückschlag, Markus Wheaton und Victor Cruz lesen sich zwar nicht schlecht, müssen sich aber erst beweisen. Die große Wildcard ist Kevin White, dem langsam die Zeit davon läuft. Läuft es schlecht für Chicago, haben sie auf dem Papier ein paar gute Namen, aber viel zu wenig Qualität im Receiving-Corps.
Defensiv ist und bleibt die Secondary das große Fragezeichen. Mit Marcus Cooper, Prince Amukamara und Quintin Demps bewerben sich drei Neuzugänge um Startplätze - nur wenn die Secondary deutlich besser agiert als im Vorjahr wird sich Chicago nachhaltig steigern.
Prognose:Platz 4 in der Division. Trubisky hat in der Preseason sehr gute Ansätze gezeigt und welcher Quarterback letztlich auch spielt - er wird von dem starken Run Game profitieren. Die Defense bringt insgesamt nach wie vor große Fragezeichen mit, genau wie das Receiving-Corps. Und letztlich gilt das auch für den Quarterback-Spot. Die Bears haben mit Trubisky, so scheint es, den richtigen Schritt gewagt. 2017 aber reicht das rein aufs Ergebnis bezogen in einer starken Division trotzdem nur für die rote Laterne.
Detroit Lions
BILANZ 2016: 9-7
WICHTIGSTE ZUGÄNGE: RT Ricky Wagner, OG T.J. Lang, ILB Jarrad Davis
WICHTIGSTE ABGÄNGE:LT Riley Reiff, WR Anquan Boldin, OG Larry Warford
Darum wird die Saison ein Erfolg:Der Ansatz der Lions ist mehr als offensichtlich. Ricky Wagner und T.J. Lang sind nach den Abgängen von Riley Reiff und Larry Warford deutliche Upgrades für die Offensive Line und nachdem die Pass-Protection in der Vorsaison bereits zum Durchschnitt gehörte, soll jetzt auch das Run-Blocking endlich verbessert werden. Hier nämlich waren in der Vorsaison nur wenige Teams schlechter als Detroit.
Dazu passend: Nach Schulter- und Fußverletzungen in den vergangenen beiden Jahren ist Ameer Abdullah offenbar endlich fit und sollte den Lions eine dynamische Running-Back-Präsenz geben. Der Abgang von Anquan Boldin wird perspektivisch durch Rookie Kenny Golladay aufgefangen, der den Lions mit seiner Physis auch eine Red-Zone-Option geben wird. Und dass sich Matt Stafford, der gerade einen Rekordvertrag unterschrieben hat, in der Offense von Jim Bob Cooter wohlfühlt, dürfte seit der vergangenen Saison ebenfalls jedem klar sein.
Sogar defensiv gibt es Gründe für Optimismus: Darius Slay und Glover Quin sind ein starker Kern in der Secondary, Rookie Jarrad Davis könnte schon ab Week 1 dabei helfen, die Linebacker-Probleme endlich in den Griff zu bekommen.
Darum wird die Saison ein Misserfolg: Pass-Rush, Pass-Rush, Pass-Rush. Detroits Front war in der vergangenen Saison viel zu zahnlos, was vor allem daran lag, dass Ziggy Ansah nicht fit war. Wenn Detroit nicht mehr Pressure über Einzelspieler und auch über das Scheme kreieren kann, werden die guten Bausteine in der Secondary auch in diesem Jahr nicht reichen.
Offensiv wird Taylor Decker nach einer Schulter-OP zumindest Teile der Saison verpassen, die Lions verpflichteten ausgerechnet Greg Robinson von den Rams als Ersatz. Der blieb den Beweis seiner Tauglichkeit als Starting-Tackle in L.A. jedenfalls schuldig, ohne Decker wird er mutmaßlich trotzdem jetzt für Detroit starten.
Prognose:Platz 3 in der Division. Die Lions haben in der Vorsaison ungewöhnlich viele enge Spiele für sich entschieden, in aller Regel gibt es hierbei einen Rückfall in den durchschnittlichen Bereich. Die Offense wird ohne Decker trotz der Upgrades Probleme bekommen, da Robinson - bis anders bewiesen - eine klar erkennbare Schwachstelle ist. Und nur wenn sich die Line steigert kann auch das Run Game endlich funktionieren. Ganz davon zu schweigen davon, dass der Pass-Rush ein riesiges Fragezeichen bleibt.
Green Bay Packers
BILANZ 2016: 10-6
WICHTIGSTE ZUGÄNGE: TE Martellus Bennett, OG Jahri Evans, CB Kevin King
WICHTIGSTE ABGÄNGE:SS Micah Hyde, OG T.J. Lang, RB Eddie Lacy
Darum wird die Saison ein Erfolg:Die Packers haben endlich ihre löchrige Secondary adressiert: Die beiden Top-Picks Kevin King und Josh Jones dürften früh Snaps sehen, Morgan Burnett und Ha Ha Clinton-Dix sind zwei weitere solide Bausteine für die Secondary. Mit King, Quinten Rollins, dem neu verpflichteten Davon House sowie außerdem Ladarius Gunter und Damarious Randall sollte das Cornerback-Corps insgesamt endlich solider auftreten.
Und auch in die Offense wurde investiert, Evans soll T.J. Lang ersetzen und wird in einer der besten Lines der vergangenen Saison direkt starten, Martellus Bennett ist ein klares Upgrade zu Jared Cook. Die vergangene Saison offenbarte deutliche Unterschiede zwischen den Spielen mit Cook und ohne den Tight End, Bennetts Einfluss sollte hier noch größer sein.
Er gibt den Packers eine Matchup-Waffe, um in der noch zu häufig statischen Offense als eine Art X-Faktor zu fungieren. Green Bay kann mit ihm defensive Formationen diktieren, Bennett kann als Blocker, In-Line- und Outside-Receiver fungieren und vor dem Snap herumbewegt werden. Das gilt auch für Ty Montgomery, der nach beeindruckender Vorsaison jetzt der Vollzeit-Starting-Running-Back ist. Die Tatsache, dass neben Bennett auch Lance Kendricks verpflichtet wurde, spricht zudem für mehr 2-Tight-End-Sets in Wisconsin.
Eigentlich selbsterklärend ist der Aaron-Rodgers-Faktor. Rodgers spielte im Schlussspurt der vergangenen Saison mitunter atemberaubend, jetzt muss Green Bay diesen "Bonus" endlich auch nutzen. Ein weiterer Grund für Optimismus: Die Entwicklung von Receiver Davante Adams.
Darum wird die Saison ein Misserfolg: Auch bei den Packers bleibt, genau wie bei Detroit, der Pass-Rush ein großes Fragezeichen. Nick Perry und Mike Daniels sind ein sehr starkes Fundament für die Front Seven, daneben aber regieren Fragezeichen. Das gilt auch für Clay Matthews, während Julius Peppers in der Free Agency in Richtung Carolina abwanderte. Funktioniert der Pass-Rush nicht, wird auch die verbesserte Secondary wieder entblößt werden.
Sorgen bereitet auch die durchwachsene Saisonvorbereitung von Montgomery, der in der Preseason teilweise fahrig wirkte und in den Spielen sowie im Training Fumble-Probleme an den Tag legte. Sollte sich herausstellen, dass Montgomery doch nicht die Running-Back-Antwort auf eine komplette Saison gesehen ist, würde die Offense einmal mehr viel zu stark von Aaron Rodgers abhängen. Oder zusätzlich von einem Rookie-Back.
Prognose:Division-Sieg. Green Bays Offense wird zumindest im Passspiel nochmals einen Zahn zulegen - Adams und Bennett sei Dank. Auch die Secondary sollte deutlich verbessert sein, und so zieht Green Bay wieder als Division-Sieger in die Playoffs ein. Wie weit die Reise dort geht wird dann allerdings maßgeblich vom Pass-Rush und dem Run Game abhängen.
Minnesota Vikings
BILANZ 2016: 8-8
WICHTIGSTE ZUGÄNGE: RB Dalvin Cook, LT Riley Reiff, RT Mike Remmers
WICHTIGSTE ABGÄNGE:RB Adrian Peterson, LT Matt Kalil, WR/KR Cordarrelle Patterson
Darum wird die Saison ein Erfolg:Die Front Seven der Vikings ist fast schon unerhört talentiert: Danielle Hunter, Linval Joseph, Everson Griffen, Anthony Barr und Eric Kendricks werden auch 2017 wieder Spiele komplett dominieren können - das gilt umso mehr, da Minnesota zusätzlich noch mit Xavier Rhodes, Harrison Smith, Terence Newman und Andrew Sendejo über eine absolute Top-Secondary verfügt.
Wie stark die Defense sein kann, durften Vikings-Fans allerdings bereits zum Start der vergangenen Saison bewundern - was also wird dieses Jahr anders, um die Saison erfolgreicher zu gestalten? Kurz gesagt: Die Offense muss mehr Druck von der Defense nehmen. Der kritische Faktor ist dabei kein Geheimnis, die Offensive Line muss nach einer desolaten Saison 2016 zumindest durchschnittlich spielen.
Minnesota hat deshalb viel Geld für Mike Remmers und Riley Reiff ausgegeben, Rookie Pat Elflein hat zudem in der Preseason einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Und dann wäre da noch Dalvin Cook - abgesehen von Christian McCaffrey der deutlich beeindruckendste Rookie-Running-Back der Saisonvorbereitung. Seine Vielseitigkeit als Runner und Receiver in Kombination mit Neuzugang Latavius Murray als solidem Backup sollte den Vikes wieder ein vernünftiges Run Game geben.
Darum wird die Saison ein Misserfolg: Man kann fast nahtlos anknüpfen. Entpuppen sich die Investitionen in die Offensive Line als Flop - oder schlägt das Verletzungspech hier erneut so drastisch zu wie 2016 - dann stehen die Vikings schnell vor einer Art Kopie der Vorsaison: Eine unglaublich talentierte Defense und eine in ihren Möglichkeiten aufgrund der unterlegenen Line unglaublich beschränkte Offense. Das Preseason-Spiel gegen San Francisco war ein Fingerzeig darauf, wie das aussehen könnte.
Klammert man die Line aus, muss man auch dahinter zumindest skeptisch bleiben: Sam Bradford hatte eine sehr gute Vorsaison, bislang aber eine durchwachsene Preseason. Wackelt Bradford, wäre es hochspannend zu sehen, wie die Vikings mit Teddy Bridgewater verfahren.
Prognose:Platz 2 in der Division und Playoffs. Minnesotas Defense macht im Vergleich zur vergangenen Saison nochmals einen Schritt nach vorne, nicht zuletzt dank der Entwicklung von Danielle Hunter. Trotz den Investitionen bleiben Fragen rund um die Offensive Line - besser als im Vorjahr wird die aber fraglos sein.
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren



