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14.07.2009 um 13:52 Uhr
Von seiner schönsten Seite
Die Bundesliga-Saison 2008/2009 ist längst Geschichte. Doch Trainerdiskussionen und Wechselgerüchte lenken die Blicke der Fußballfans auch während der Sommerpause auf Deutschlands Eliteliga. An das nächste Fußball-Großereignis auf deutschem Boden, die Weltmeisterschaft der Frauen 2011, denken derzeit wohl nur die Wenigsten. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen für das große Turnier gleichwohl schon jetzt auf Hochtouren.

Koordiniert wird die Organisation von Ex-Nationalspielerin Steffi Jones und ihrem fünfköpfigen Führungsteam. Die OK-Präsidentin eilt in diesen Tagen von Termin zu Termin, um die dreiwöchige Veranstaltung im Juni/Juli 2011 angemessen zu bewerben. Die Parallele zu Franz Beckenbauer, den die Werbetournee im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 mehrfach kreuz und quer über den Planeten führte, drängt sich dabei förmlich auf.

Unterstützung erhält Jones auf ihrer mühsamen Mission sogar von höchster Stelle: Bundeskanzlerin Angela Merkel fungiert als Teamchefin der symbolischen Top-Elf für 2011, die im September 2008 die Spielorte des Turniers der Öffentlichkeit präsentierte. Neben der Kanzlerin haben sich zahlreiche Prominente aus Sport, Politik und Kultur bereit erklärt, an der Kampagne mitzuwirken. Und nicht zuletzt DFB-Präsident Theo Zwanziger hebt bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Bedeutung des Frauenfußballs im Allgemeinen und der WM im Speziellen hervor.

Trotz der breiten Unterstützung ist Jones' Aufgabe jedoch alles andere als einfach. Die Erwartungshaltung ist offensichtlich: Die Weltmeisterschaft soll den Frauenfußball, der von den deutschen Medien noch immer stiefmütterlich behandelt wird, entscheidend nach vorne bringen. Andererseits ist allen Beteiligten klar, dass die Welle der Euphorie, die die Herren-WM 2006 hierzulande ausgelöst hat, nicht ein weiteres Mal über Fußball-Deutschland hereinbrechen wird.

Das Ziel kann daher nur lauten, ein sportliches Ereignis mit eigener Identität zu kreieren und eben nicht auf eine 'WM 2006 light' zu setzen. Die ursprüngliche Idee, das Motto der Herren-WM wieder aufzugreifen und die Teilnehmer mit einem retrospektiven "Wiedersehen bei Freunden" einzuladen, wurde folgerichtig schnell wieder aufgegeben. Stattdessen heißt es nun nicht minder freundlich "20Elf von seiner schönsten Seite". Ein Leitspruch, der im Vorfeld keineswegs unumstritten war. Zu urheberrechtliche Bedenken trat auch politischer Argwohn. Das Motto, so hieß es, besitze einen chauvinistischen Beiklang und sei dementsprechend anstößig. Dabei sollte der Wahlspruch zunächst gar "Fußball von seiner schönsten Seite" heißen. Kritiker bemängelten die Anspielung auf die äußerlichen Reize der Akteurinnen und regten eine Abmilderung an. In dem Wortspiel mit dem Austragungsjahr glaubt man nun einen gelungenen Kompromiss gefunden zu haben.

Das Beispiel zeigt, wie schwierig es sein dürfte, eine von verkrampfter political correctness befreite fröhliche Stimmung zu ermöglichen. Letztlich aber wird, insofern ist der Quervergleich zur Herren-WM gestattet, der sportliche Erfolg des deutschen Teams für die Begeisterung ausschlaggebend sein. Doch gleichzeitig vertraut man darauf, dem Frauen-Fußball in Deutschland über eine atmosphärisch wie sportlich gelungene Weltmeisterschaft zu mehr Popularität verhelfen zu können. Dies wäre dann die von allen Seiten ersehnte Wechselwirkung.

Denn trotz der WM-Titel 2003 und 2007, die das Interesse der Deutschen am Frauen-Fußball belebt haben, liegen die Zuschauerzahlen im Schnitt nach wie vor nur im dreistelligen Bereich. In der Saison 2008/2009 besuchten durchschnittlich gerade einmal 811 Zuschauer eine Begegnung der 1. Frauen-Bundesliga, was einen Rückgang gegenüber der Vorsaison von fast 10 % bedeutet. Von einer ausführlichen Fernsehberichterstattung kann im Vereinsfrauenfußballweiterhin keine Rede sein. Allein die Endspiele im UEFA- und DFB-Pokal wurde von ARD und ZDF live übertragen. Über die Bundesliga wird, abgesehen von seltenen Beiträgen in der sonntäglichen Sportschau und Sportreportage, ausschließlich in den dritten Programmen berichtet. Bei allem Optimismus kann daher das strukturelle Defizit des Frauenfußballs nicht übersehen werden.

Es ist das alte Dilemma: Noch immer haftet dem Fußball das ewige Stigma des Herrensports an. Bis 1970 war seitens des DFB der Frauen-Fußball sogar verboten. Die Begründung aus dem Jahre 1955 liest sich heute wie ein schlechter Aprilscherz "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand." Auch wenn diese Zeiten zum Glück längst vorbei sind, sind die Vorbehalte gegenüber dem Frauenfußball noch nicht vollständig verschwunden. Umgekehrt wäre es verfehlt, Herren- und Frauenfußball miteinander vergleichen zu wollen. Die Unterschiede sind letztlich unübersehbar. Oftmals jedoch fördert der Mangel an Athletik und Dynamik im Frauenfußball gerade die spielerischen Elemente.

Schwer wiegt hingegen die wirtschaftliche Problematik. Die finanziellen Mittel, die zur Modernisierung der oftmals maroden Stadien notwendig wären, sind im Frauenfußball schlichtweg nicht vorhanden. Sie könnten nur durch ein größeres Zuschauerinteresse akquiriert werden, das aber wiederum nur bei höheren Investitionen zu erwarten ist. Ein Teufelskreis, den wohl nur mutige Investoren durchbrechen könnten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Frauen-Bundesliga momentan einfach die nötige Attraktivität abgeht. Das Gefälle innerhalb der Liga ist so groß, dass Kantersiege zum Spieltagsalltag gehören. Tabellenletzten und Meister trennten in der Saison 2008/2009 sage und schreibe 49 Punkte. Und selbst wenn die vergangene Meisterschaft in einem Herzschlagfinale entschieden wurde, bleibt die mangelnde Ausgeglichenheit der Liga eines der großen strukturellen Probleme des Frauenfußballs.

All dies zeigt, wie hoch die Erwartungen sind, die mit der Frauen-WM 2011 verbunden werden. Das Turniersoll nicht nur ein die Massen begeisterndes Großereignis werden, sondern gleichermaßen als Motor des Frauen-Fußballs in Deutschland dienen. Eine Herkules-Aufgabe für Steffi Jones und ihr Team, denen man im Sinne des Sports die Daumen drücken muss.
Aufrufe: 6017 | Kommentare: 48 | Bewertungen: 13 | Erstellt:14.07.2009
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KOMMENTARE
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xxlhonk
15.07.2009 | 18:06 Uhr
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xxlhonk : 
15.07.2009 | 18:06 Uhr
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xxlhonk : 
Hatte ich auf der ersten Kommentarseite bereits gebracht.
Und sie ist nicht die einzige, die gut Fußball spielt
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BartP
15.07.2009 | 18:12 Uhr
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BartP : 
15.07.2009 | 18:12 Uhr
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BartP : 
Gut Fussball spielen??? Äääh, ja, das kann sie natürlich auch...wahrscheinlich...

Ok, ich hör jetzt auf mit meinem anscheinend völlig unverständlichen und konservativen Geschreibsel, ich will nämlich weder den Frauenfussball noch die die sich für ihn interessieren ins Lächerliche ziehen, ehrlich.

Der eine Scherz fiel mir gerade ein, der musste sein, sorry!
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klit
15.07.2009 | 18:13 Uhr
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klit : 
15.07.2009 | 18:13 Uhr
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klit : 
Frauenfussball!!!
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MaxBunny
15.07.2009 | 18:13 Uhr
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MaxBunny : 
15.07.2009 | 18:13 Uhr
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MaxBunny : 
Die Weiber-BuLi kann ich mir jetzt nicht geben,aber bei WM- & EM-Spielen bin ich dabei,und drück fest die Daumen.Vorallem natürlich die Spiele gegen Brazil in letzter Zeit waren schon ne richtige Werbung für den Frauenfußball.

Wie hieß die geile Knipserin nochmal,Heidi Mohr?......... die fand ich damals Klasse.
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MaxBunny
15.07.2009 | 18:15 Uhr
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MaxBunny : 
15.07.2009 | 18:15 Uhr
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MaxBunny : 
Ach ja der Blog ist natürlich supi,10/10
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Zarathustra
15.07.2009 | 18:15 Uhr
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15.07.2009 | 18:15 Uhr
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"Du spielst mit kleinen Amerikanerinnen?
Sehr schönes Ding."

Es hat mich auch einiges an Überwindung gekostet, eine hübsche blondgelockte Amerikanerin umzugrätschen -glaub' mir. Aber die hat das deutlich besser weggesteckt als die spanischen Erasmusstudenten an der Uni...

"Aber wer muss zu erst dagewesen sein?"

Das ist eine interessante Frage. In Amerika läuft das so: die Spitzenspiele der Profiliga werden im Fernsehen übertragen - auf Fox Sports. Allerdings zahlt die Profiliga - wenn ich mch recht erinnere - 1 Millionen Euro an den Sender. Wenn man sich die Popularität des Frauenfußballs in den Staaten vor Augen hält und dann auch noch sieht, dass mit Marta die wohl beste und medienwirksamste Spielerin unter Vertrag hat, dann wird einem deutlich, dass in den USA was die Profiliga angeht nicht alles perfekt läuft. Immerhin: die Spiele werden im Fernsehen gezeigt und das freut die Sponsoren. Die Publikumsstruktur ist ähnlich wie in Deutschland. Väter mit ihren Kindern, ein paar Familien, ältere Menschen. Man kann ein Frauenfußballpublikum nicht mit einem Männerfußballpublikum vergleichen. Aber auch das Publikum in Wimbledon unterscheidet sich ja von der Dortmunder Südkurve. Hooliganismus kann ich mir bei der Frauen-Wm schwer vorstellen...
Ich denke, dass die Frauenbundesliga in den nächsten Jahren durchaus fernsehtauglich sein könnte. Die Frauen-NM ist es schon.
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xxlhonk
15.07.2009 | 18:28 Uhr
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xxlhonk : 
15.07.2009 | 18:28 Uhr
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xxlhonk : 
@ Bart

Alles ist gut.
Hast vllt. nur einen Smilie unter dem entsprechenden Kommentar vergessen...

@ Zara
Genau das its das Problem.
Irgendjemand muss den Anfang machen und in Vorkasse gehen, um die Produktionskosten zu übernehmen.
Wenn das erst einmal läuft, läuft es.
Da bin ich mir sicher.
RTL hat mit Skispringen gezeigt, dass man selbst ehemals Randsportarten TV-fähig machen kann, wenn die deutschen dabei erfolgreich sind.
Und wenn sie jetzt nochmal Beach-Volleyball probieren würden, hätten die auch ihre Quote gehabt, mit Brinck und Brinkmann als WM...

@ THoG
Ja, sie wechselt nach Potsdam.
Ich finde das gut, denn so wird sie Nachbarin von mir
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BartP
15.07.2009 | 18:53 Uhr
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BartP : @xxlhonk
15.07.2009 | 18:53 Uhr
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BartP : @xxlhonk
Schon klar, das "Problem" hatte ich gestern auch bei irgendeinem Thema...

Aber 6+5-Regel mit 6 hübschen (was ist für wen hübsch?) und 5 hässlichen (da gehen die Meinungen auch oft auseinander) Frauen ist doch so absurd, dass ich nicht gedacht hätte dass das nicht als Scherz aufgenommen werden könnte.

Seis drum, Schwamm drüber!
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xxlhonk
15.07.2009 | 19:10 Uhr
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xxlhonk : 
15.07.2009 | 19:10 Uhr
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xxlhonk : 
Leider ist hier nicht alles absurde wirklich als Joke gemeint.
Der eine oder andere hier ist leider dann doch nicht in der LAge, da zu differenzieren und haut dann noch in die gleiche Kerbe.
Aber im vollen Ernst...
Leider...
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Josh9
15.07.2009 | 19:19 Uhr
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Josh9 : 
15.07.2009 | 19:19 Uhr
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Josh9 : 
schaut ihr wirklich Frauenfussball?

seid ihr warme Brüder oder was?

und in der Halbzeit noch ne schnelle Eisenbahn oder wenn
genug zusammmenkommen dann doch einen Donut.
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