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07.10.2008 um 14:24 Uhr
Mein Senf zum Doping-Problem
Eigentlich ist zum Thema Doping im Radsport alles gesagt. Doch wenn ich die Verwunderung der Öffentlichkeit sehe, wenn mal wieder ein gefeierter Held des Dopings überführt wird, muss ich doch meinen Senf dazugeben.

Naiv betrachtet, könnte man sagen: „Liebe Radprofis, wenn ihr schon irgendwelche leistungssteigernden Substanzen zu euch nehmt, auf den Allerwertesten klebt oder Körperflüssigkeiten manipuliert, dann steht doch wenigstens dazu. Nichts ist peinlicher, als gebetsmühlenartige Unschuldbekundungen, Opfergehabe und absurde Verschwörungstheorien." Doch es ist leider nicht ganz so einfach.

Keiner der Aktiven – egal ob Sportler, Trainer, Funktionär – ist Manns genug, zuzugeben, dass man in diesem Sport derzeit nur erfolgreich sein kann, wenn man sich unlauterer Mittel bedient. Denn mindestens einer betrügt doch immer. Mit dem Irrglauben der Öffentlichkeit, derartige Leistungen könnten sauber erbracht werden, gehört demnach dringend aufgeräumt. Alle anderen Behauptungen dienen doch nur zum Schutz derer, die (noch) nicht überführt wurden.

Auch wenn es mir selbst verrückt vorkommt, hab ich im Grunde sogar Verständnis. Würden sich alle Profis plötzlich geschlossen zu Doping bekennen, würden sie ihren Job, ihr Gehalt, vielleicht sogar die Existenz verlieren. Auf jeden Fall aber die Annehmlichkeiten, die der Leistungssport so mit sich bringt. Wer will das schon, wenn er einmal Blut geleckt hat?

Ab sofort sauberen Sport zu betreiben, ist aber leider auch keine Alternative. Denn wer sauber fährt, fährt hinterher, und das Endergebnis ist dasselbe: Erfolg weg, Job weg, Geld weg.

Das ganze Gelaber der Sportlichen Leiter, man müsse die Zukunft des Radsports schützen, ist meiner Meinung nach verlogen. Wie in der Politik oder in der Wirtschaft geht es den Individuen nun mal auch im Leistungssport nicht um Langfristigkeit. Jeder ist bestrebt, seinen kurzfristigen Erfolg – an dem er auch gemessen wird - zu maximieren. Schließlich will man ein möglichst gutes Leben führen. So ist der Mensch einfach gestrickt.

Und so kommt es auch, dass sich die meisten denken: nach mir die Sintflut.
Wenn dabei moralische Bedenken beiseite geschoben werden, so ist das schade aber leider die Realität. Das Dilemma ist einfach, dass sich Moral und maximaler Erfolg selten vereinen lassen. Häufig ist der Moralische am Ende der Dumme.

Einen Weg aus dem Dilemma würde es durchaus geben: Sponsorenverträge weg, TV-Gelder weg, Preisgelder weg. Ginge es im Sport nur noch um die Ehre, wäre die Hemmschwelle, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um zu Erfolg kommen, wohl höher. Schließlich ließe sich der Erfolg ja nicht mehr in Bares ummünzen. Zugegeben, alles mehr oder weniger utopisch. Denn zu dieser Ent-Monetarisierung wird es nicht kommen. Keiner der Betroffenen würde das auch wollen – auch nicht die ach so tollen Sponsoren, die sich doch gerne mit erfolgreichen Persönlichkeiten schmücken.

Deshalb finde ich all diese Pseudo-Empörungen der Sponsoren einfach nur lächerlich. Ich glaube nicht, dass beispielsweise Gerolsteiner am Ende nen Kasten Mineralwasser weniger verkauft, nur weil Herr Schumi hier und da ein bisschen nachgeholfen hat. Vielmehr gilt doch für die Unternehmen: Besser schlechte Publicity als gar keine.

Will man das Dopingproblem in den Griff bekommen, bleibt eigentlich nur noch ein Weg: Jeden Dopingsünder beim ersten Vergehen lebenslang zu sperren. Vielleicht fahren dann in zehn Jahren nur noch 20 Leute bei der Tour de France mit. Die sind dann aber 100 % sauber.

Hmmmm, bei dem Gedanken schwing ich mich doch gleich auf meinen Hometrainer, vielleicht hab ich ja ne Chance
Aufrufe: 2985 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 8 | Erstellt:07.10.2008
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KOMMENTARE
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dos_santos
08.10.2008 | 17:45 Uhr
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dos_santos : 
08.10.2008 | 17:45 Uhr
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dos_santos : 
irgendeinen dummen mussten sie ja finden, und er hat sich wohl als einzigster freiwillig gemeldet :D
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abstauber
09.10.2008 | 12:39 Uhr
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abstauber : 
09.10.2008 | 12:39 Uhr
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abstauber : 
ich zähle die tage, bis auch unser vorzeige-profi auch am pranger steht und sich hoffentlich nicht mehr durch verzweifelte parolen, gespieltem entsetzen und wirren gestammel aus der affäre ziehen kann...
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ScaryCary
09.10.2008 | 13:15 Uhr
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ScaryCary : @abstauber
09.10.2008 | 13:15 Uhr
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ScaryCary : @abstauber
ich sehe nur ein problem. sponsoring ist wie eine ehe, in guten wie in schlechten zeiten. indem sich immer mehr namhafte unternehmen als sponsoren zurückziehen, ist den gaunern (astana etc.) tür und tor geöffnet. so bekommt man das dopingproblem sicher nicht in griff.
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abstauber
09.10.2008 | 13:25 Uhr
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abstauber : carolin
09.10.2008 | 13:25 Uhr
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abstauber : carolin
richtig guter punkt.aber bei der entwicklung ist das verhalten der sponsoren doch verständlich, der druck ist für die unternehmen einfach zu groß, solange diese "seuche" von allen seiten nur geächtet wird.es sollte langsam auch mal die ursachenforschung einsetzen... nur "aha", "pfui", "lächelich" zu schreien sorgt doch nur für vereinzelten steinschlag, den gesamten berg zu sprengen verlangt wesentlich mehr aufwand
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ScaryCary
09.10.2008 | 13:35 Uhr
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ScaryCary : @abstauber
09.10.2008 | 13:35 Uhr
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ScaryCary : @abstauber
klar ist es verständlich. aber ich finde, sie dürften sich nicht so einfach aus der verantwortung stehlen. wenn es ihnen wirklich um den radsport als solches gehen würde, dann würden sie verstehen, dass rückzug jetzt der falsche weg ist. wie in der wirtschaft muss man antizyklisch handeln. ich würde vorschlagen, in schlechten zeiten wie jetzt mehr geld in den antidoping kampf stecken. das würde sich langfristig gesehen sicherlich mehr auszahlen.
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mfranky
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 
Da das Doping-Thema wieder in aller Munde ist möchte ich auch meinen Senf dazu abgeben.

Ich fahre erst seit kurzen Rad, aber verfolge die TdF schon lange und mit großer Begeisterung. Vermutlich haben die tollen Leistungen eines Bernie Kohls - für mich als Östereicher und die daraus resultierende Radbegeisterung - auch einen Beitrag dazu geleistet, dass ich mir ein Rennrad zugelegt habe.

Zugern möchte ich glauben, dass Kohl die Leistungen ohne Doping zustande gebracht hat, aber allein der Glaube fehlt mir. Zu groß war die Steigerung diese Jahr.

Auf alle Fälle ist die Ächtung des Radsports durch das Doping mehr als scheinheilig. Überall wo Geld im Spiel ist, wird an die legalen Grenzen bzw. darüber hinaus gegangen. Im Fußball werden Spiele gekauft, Schwalben gemacht, rote Karten herausgeschunden - in der Formel 1 werden die Autos über das Regelwerk hinaus verbessert - Schispringen die Anzüge, ... die Radfahrer haben eben "nur die Chance" ihren Körper zu manipulieren.
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mfranky
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 

Die wohl größte Heuchelei des IOC ist es, wenn man den Radsport von Olympia ausschließen würde. Wer glaubt den ernsthaft, dass ein Bolt mit offenen Schuhbändern zu einem neuen Fabel-Weltrekord joggen kann, ohne irgendwas genommen zu haben (die Liste bei Olympia läßt sich unendlich fortführen).

Weiters finde ich die Verteufelung des Menschen Schumacher bzw. anderer Dopingsünder viel zu einfach. Es liegt doch in der Natur des Menschen, dass man den einfachsten Weg geht um ein Ziel zu erreichen. Wer hat noch nie bei einer Schularbeit, einer Klausur abgeschrieben bzw geschummelt, wer hat noch nie sich durch Schwarzarbeit etwas dazuverdient, wer ist noch nie mit dem Auto zu schnell gefahren ... wer hat noch nie ein Gesetz bzw. eine Regel zu seinem Vorteil übertreten.

Nicht, dass ihr mich falsch versteht, ich will Doping hier nicht rechtfertigen, aber man muss sich in den Menschen hinein versetzen. Er fährt für seinen Lebensunterhalt, es ist schwer genug im Radsport in die Elite derer die Verdienen zu kommen. Er hat trotz Doping hart trainiert! Es ist schlimm genug, dass er seinen Körper manipulieren muss, um Erfolg zu haben.

Und nochmals, dieser Beitrag soll keine flammendes Plädoyer für Doping sein. Ganz im Gegenteil! Ich bin strikt gegen Doping. Ich bin - wie man von mancher Seite zur hören bekommt - gegen eine Freigabe des Dopings, weil auch dies keine Lösung wäre. Es könnten nur Produkte freigegeben werden, die medizinisch erprobt und auf Langzeitfolgen getestet wurden. Wer glaubt ernsthaft, dass Sportler nicht trotzdem wieder zu illegalen Produkten, die erfolgsversprechender sind, greifen würden? Zudem würde dann nicht der Besttrainierte gewinnen, sondern der, der sich die besten Mittel leisten kann.

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mfranky
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 
09.10.2008 | 13:44 Uhr
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mfranky : 
Ein Lösungsvorschlag für das Dopingproblem (nicht nur im Radsport) ist schwer zu finden bzw. nicht zu finden. Mein Ansatz wäre jetzt Tabula Rasa machen. Wer jetzt zugibt gedopt zu haben und zusätzlich Hintermänner, ... outet wird begnadigt. Jeder muss einen Bluttest abgeben der auch noch in den kommenden Jahren untersucht werden kann. Positive Proben führen zu einer lebenslangen Sperre und zur verpflichtenden Rückzahlung sämtlicher Einkünfte.

Zusätzlich müßten Prämien, Preisgeld, Gehalt vom 1. bis zum letzten annähernd gleich aufgeteilt werden. Damit könnte man verhindern, dass man Doping braucht um seine Existenz zu sichern.

Doping Tests (positiv- lebenslage Sperre) auch schon in Jugend- bzw. Amateurklassen um auch dort das nötige Bewußtsein gegen Doping zu schaffen.

Ja diese Lösungsansätze sind lückenhaft und es lassen sich x Argumente dagegen finden. Aber wenn wir sauberen Sport wollen, dann muss ein radikaler Schnitt her!!!

Oder wollen wir in Wirklichkeit doch neue Rekorde, unglaubliche Ausreißversuche (Landis) sehen und glauben, hoffen, dass alles mit rechten Dingen zugeht??
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abstauber
09.10.2008 | 14:12 Uhr
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abstauber : carolin und franky
09.10.2008 | 14:12 Uhr
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abstauber : carolin und franky
das mit den sponsoren, denke ich, ist eher unwahrscheinlich, die unterliegen doch den gesetzmäßigkeiten wie in anderen sportarten auch.nur dort wo der erfolg ist, lohnt es sich auch zu investieren...die wollen gut wirtschaften, dafür brauchen sie einen guten namen und den kann man sich momentan im radsportsponsoring mehr schlecht als recht holen(die wohl einzige ausnahme sind die französischen teams, die mit "großer sicherheit" sauber
fahren).
da müssen die organisatoren auch was tun, z.b. bei der planung der rundfahrten auch mal den teams entgegenkommen.
aber anstatt wirklich mal de großen knall zu riskieren und sich mehr zeit für umfangreichere analysen/ proben zu nehmen, wird in aller regelmäßigkeit ein name indie runde geworfen, überführt und schließlich bestraft.aber das sit typische sportpolitik die da betrieben wird, ich denke da sehen sich viele führende köpfe als zu wichtig an und haben einfach angst vorm großen (auch deren eigenen) kollaps der szene.

franky muss ich einfach zu eintausend prozent recht geben, warum sollten profisportler anders handeln als der rest der gesellschafft?
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ScaryCary
09.10.2008 | 14:17 Uhr
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ScaryCary : @franky
09.10.2008 | 14:17 Uhr
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ScaryCary : @franky
klar hat jeder schon mal geschummelt. aber leistungssportler stehen eben im rampenlicht und haben eine vorbildfunktion. klar, dass es da mehr aufsehen erregt. gegen die hexenjagd a la ulllrich bin ich allerdings auch nicht.

@abstauber
ich befürchte, wir werden da problem hier nicht lösen
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