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09.03.2011 um 12:14 Uhr
Halt! Hier kommt Heller (4)
Lacrosse – oder auf der Suche nach "Oz Ostreicher"
Nach meinen nächtlichen Streifzügen durch den Münchner Großstadt-Dschungel, Klatsch und Tratsch für den bayerischen Groupie-Guide und Schickimicki, sehnte ich mich nach einer kulturellen sportlichen Pause.
Aber es sollte diesmal nicht der mir wohl gesonnene Fußball-Samstag sein: Mit Bier, Chips und Jogginghose auf der Couch Sportschau schauen. Nein! Ich wollte Erlebnis, Abenteuer und eine neue sportliche Erleuchtung.
Da es in meinem Blog um "Randnotizen" des Sports geht, reizte mich die Vorstellung der Entdeckung einer Randsportart.

Darf ich vorstellen? Halt! Hier kommt Heller in action!



Ich habe nichts gegen frischen oder durch sportliche Aktivität hervorgerufenen Männerschweiß. Mittlerweile ist ja auch bewiesen, dass sich das weibliche Geschlecht von den enthaltenen Pheromonen und Testosteron-Derivaten im männlichen Schweiß durchaus angezogen fühlen kann. Anders verhält es sich dagegen mit kaltem, abgestandenem und ungelüftetem Schweiß und das ist meine erste Sinneswahrnehmung beim Isar Box Lacrosse Turnier in München. Beim Betreten der Sporthalle der Bundeswehr Uni steigen mir die männlichen Ausdünstungen sofort in mein empfindliches Näschen. Doch in Windeseile ist das Thema angestauter Männerschweiß erklärt: Lacrosse-Spieler tragen ca. 3 kg Körperschutz: Helm, Shoulderpads, Armguards, Handschuhe, Suspensorium (Intimschutz), Ribpads, Slashguards und einen Mundschutz.

Das erste Lacrosse-Spiel meines Lebens hat es in sich. Ich bin beeindruckt von der ungeheuren Schnelligkeit und Dynamik dieser Sportart. Keine Frage, Lacrosse bedeutet vollen Körpereinsatz und Konzentration. Dann mein erster Aufreger: Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum das Passau-Lacrosse-Team noch kein Tor geschossen hat. Da ich der gegnerischen Mannschaft nicht schaden möchte, behalte ich den Namen für mich. Aber das war eine Frechheit! Der klein gewachsene opulente Keeper der Passau-Gegner war wirklich so breit und lang wie das Tor. Er passte sozusagen wie der Korken in eine Flasche. Die Spieler der Universitätsstadt verloren am Ende dennoch mit 2:4. "Lasst ihr jetzt die Köpfe hängen?", fragte ich den Passau-Spieler Marius. "Nein, in erster Linie geht es bei diesem Turnier um den Spaß und das Zusammentreffen der europäischen Lacrosse-Community." Wo er Recht hat, hat er Recht.

Die große Halle des Bundeswehr-Uni erinnert an ein großes Ferienlager. Hunderte Lacrosser haben die Reise nach München angetreten. Vertreten sind beispielsweise Lille, Madrid, Delft, Pilsen, Wien, der HLC Rot-Weiss München und ein Team der deutschen Bundeswehr. Man kennt sich untereinander – die Lacrosse-Community in Europa ist noch überschaubar. Die Betonung liegt auf noch: Kein anderer Sport ist in den letzten Jahren so rasant expandiert wie Lacrosse. Die älteste Mannschaftssport der Welt verzeichnet derzeit einen beachtlichen Zuwachs an Spielern und Vereinsgründungen.

"Als ich an meiner Universität in Friedrichshafen nach Interessenten für diese Sportart fragte, löste ich eine enorme Begeisterungswelle für Lacrosse aus. Im Nu hatte ich ein Team zusammen und dann kamen auch noch die Mädels auf mich zu. Sie wollten auch eine Mannschaft gründen", erzählt mir Marius Greb. Seit zwei Monaten steht sein Team: Zepplin Lacrosse Friedrichshafen. "Wenn man Zeit und Engagement investiert und genügend Leute findet, kann man überall in Deutschland einen Verein gründen." Doch die Gründung eines Vereins ist nur die halbe Seite der Medaille. Ein wahrer Lacrosser ist man erst, wenn man die sogenannte "Rookie-Night" überstanden hat: Eine durchzechte Party-Nacht mit Tabasco-Hering-Drinks und Wodka-Tequila-Zahnpasta-Mischung sind Pflichtprogramm für angehende Lacrosse-Spieler. Ob das für die Mädels auch so gilt? Eher nicht. Denn als ich mir die Spiele der Damen-Teams anschaue, erinnert das ganze doch eher an die Idylle aus Hanni und Nanni, die damals als weibliche Vorreiterinnen des Lacrosse-Sports in Deutschland galten. Nichts zu sehen von hartem Körpereinsatz und Körperschutz. Außer kurzen Tennisröckchen und einem Mundschutz laufen die Mädels mit ihren Schlägern, die an Schmetterlingsnetze erinnern, grazil und elfenhaft durch die Halle.



Doch auch hier kann ein Schuss bis zu 160 km/h schnell werden. Ich weiß schon ganz genau, warum ich meinen persönlichen Sicherheitsabstand vom Spielfeldrand nahm: Eine Zuschauerin brach sich nämlich die Nase, nachdem sie zu "nah" am Geschehen war. Mich zog es wieder zu den Männern, vielleicht würde ich ja doch eine Art "Oz Ostreicher" oder "Stiffler" aus American Pie entdecken. Doch vergebens – Hollywood ist doch ein wenig weiter weg. Aber ich werde mehr als entschädigt, als ich auf den Teammanager vom größten europäischen Lacrosse-Online-Shop, Wolfram Greb, treffe. Er ist der Mann, der es in ein paar Minuten schafft, den Lacrosse-Sport in meinen Augen endgültig von einem Mythos zu befreien: dem Mythos der Gewaltnähe. Bis heute wird dem Mannschaftssport vorgeworfen, dass er brutal und gefährlich sei. Kürzlich las ich in einem Artikel sogar, dass es beim Lacrosse eine Sanitäter-Garantie am Spielfeldrand gäbe. "Das ist völliger Unsinn. Von außen sieht der Sport härter aus, als er letzten endlich ist. Schau dir doch mal unseren Körperschutz an. Glaub mir, viele Fußballspieler wechseln zum Lacrosse, weil sie keine Lust haben, sich beim Kicken zu verletzen", erklärt er mir. Na, wenn das mal kein starkes Argument ist. Wahrscheinlich liegt es vor allem an der Historie des Lacrosse, dass es gewisse Vorurteile gibt. Im 12. Jh. bereiteten sich damals hunderte Teilnehmer mit dieser Sportart auf Kriege und Schlachten vor – oftmals mit Toten und Schwerverletzen.

Heute erinnern höchstens noch laute Aufschreie der Spieler und Gesichtsbemalungen an damalige Rituale. "Viele Lacrosser bemalen sich, um böse auszusehen. Wir haben sowas aber nicht nötig", sagt mir Jakob Gillmann, Spieler des Passau-Teams. Dann bekomme ich noch eine interessante Info: Viele Lacrosser sind auch professionelle Eishockey-Spieler. Beim Sieger des Isar-Box-Turniers, dem tschechische Pilsen-Team, ist dies zum Beispiel der Fall. Die Lokalmatadoren des HLC München erreichten übrigens einen grandiosen zweiten Platz – auch ohne Eishockey-Profis.

Ich habe sie gefunden: Eine neue sportliche Erleuchtung und lernte die schnellste Sportart auf zwei Beinen kennen - auch ohne "Oz Ostreicher", aber der ist mir eigentlich sowieso zu geleckt.
Also ihr Lieben – auf zum Lacrosse, es lohnt sich!
Mein SPOX-Kollege Jan-Hendrik-Böhmer hat ebenfalls einen Linkbeschreibung Artikel über Lacrosse geschrieben
Aufrufe: 10188 | Kommentare: 29 | Bewertungen: 8 | Erstellt:09.03.2011
ø 9.9
KOMMENTARE
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Goleo06
09.03.2011 | 14:50 Uhr
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Goleo06 : 
09.03.2011 | 14:50 Uhr
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Goleo06 : 
Hey hier kommt Alex....

Äh falscher Film, äh Lied.

Ich muss sagen du baust hier eine interessante Nische auf mit deiner Reihe. Auch wenn mich bisher nicht jedes Thema brennend interessierte, weiß deine Schreibe doch zu gefallen.
Bin mal gespannt was du sonst noch so an Themen ausgräbst.

In diesem Sinne:
....Vorhang auf, für seine Horrorshow...
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Rheodred
09.03.2011 | 14:56 Uhr
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Rheodred : 
09.03.2011 | 14:56 Uhr
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Rheodred : 
Ich habe die schöne Ablenkung vom momentanen Trainer-Wahnsinn auch sehr genossen.
Vielen Dank dafür!
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Dr_D
09.03.2011 | 14:59 Uhr
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Dr_D : 
09.03.2011 | 14:59 Uhr
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Dr_D : 
@ Prof Dr. Scoobidoo
Danke. Die Theorie kenne ich auch. Trotzdem ist mir das zu hoch. Verstehen wahrscheinlich nur Briten.

@rheo
Trainerwahnsinn? Wo denn? Schon wieder einer?
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xxlhonk
09.03.2011 | 15:06 Uhr
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xxlhonk : 
09.03.2011 | 15:06 Uhr
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xxlhonk : 
@Bailey
So hatte ich das noch gar nicht gesehen.
Vor allem trâgt man beim Golf keine Schutzkleidung.
Stark!

Und was Cräccker angeht.
Das wäre doch eine Aufhabe fürs Blogpokalhalbfinale, oder?
Max, wenn Du das liest...
Cricket.
Zwingend!

Marie
Ich?Ehre?
Wir kennen uns nicht, oder?
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Rheodred
09.03.2011 | 15:11 Uhr
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Rheodred : 
09.03.2011 | 15:11 Uhr
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Rheodred : 
@ Doc: Na da sind ja für nächste Saison mehr Stühle vakant (wenn mal mal die diversen Wunschtrainer und deren jetzige Vereine einbezieht), als die Cricket Jungs Protection am Leibe tragen.

@ Honk: Doch, die Marie kennt dich, sie hat nur die Fähigkeit, auch durch eine rauhe nordische Schale zu gucken.
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gartenzwerg
09.03.2011 | 15:13 Uhr
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09.03.2011 | 15:13 Uhr
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Sohnemann hatte auch schon Lacrosse in der Schule...
Wir hatten früher La Crossläufe

Feiner Schnupper(ex)kurs!
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Voegi
MODERATOR
09.03.2011 | 16:05 Uhr
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Voegi : 
09.03.2011 | 16:05 Uhr
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Voegi : 
kannte lacrosse ja bisher auch nur aus american pie.
aber jetzt weiß ich ja, dass es den sport wirklich gibt. würd mir ja gerne mal so ein match anschauen - mit gesichtsschutz versteht sich.
wobei: ich stehe ja nicht so auf männer-schweiß! ^^

jedenfalls super blog, wenn ich auch nicht so der textblock-freak bin! ;)
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Resettozero
09.03.2011 | 19:09 Uhr
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09.03.2011 | 19:09 Uhr
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Ich kann mich da an eine Art Einstiegstraining gegen Ende meiner Militärdienstzeit erinnern... Das hatte schon was, aber so weit ich weiss, hat das seinerzeit keiner mehr weiterverfolgt, weil es seinerzeit noch kaum bekannt war.
Ich weiss noch, dass der vorstellende Offizier damals an "echte Männer" appelliert hat. Damit war die Sache dann für mich auch gelaufen. Diese "echte Kerle" Nummer mochte ich noch nie.
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Bailey
MODERATOR
10.03.2011 | 10:42 Uhr
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Bailey : 
10.03.2011 | 10:42 Uhr
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Bailey : 
@scooba

Und wofür sind die drei Stöckchen mir der Querlatte obendrauf?
Und wofür die zig Linien auf dem Boden?
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bunsen
10.03.2011 | 14:00 Uhr
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bunsen : 
10.03.2011 | 14:00 Uhr
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bunsen : 
den helm hatten die wohl nicht in kindergröße^^
keine ahnung ob das wirklich so ist, aber lacrosse gilt ja als kanadische sportart n.1 noch vor hockey ... obwohl ich mir das schwer vorstellen kann, vielleicht ja propaganda
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