Dagmar Freitag kritisiert Doping-Studie

SPOX
06. August 201315:25
Dagmar Freitag (r.) ist seit 2009 Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestaggetty
Werbung
Werbung

Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, hat die am Montag veröffentlichte Studie zum Thema Doping in der Bundesrepublik Deutschland kritisiert. Auch Werner Franke fordert Klar-Namen.

Mehr Fragen als Antworten: Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, hat im Gespräch mit "hr-Info" die am Montag veröffentlichte Studie zum Thema Doping in der Bundesrepublik Deutschland kritisiert.

Die Minimalversion der Studie, so die SPD-Politikerin, sei ein Bericht, der "von Auslassungen und Platzhaltern wie N.N. dominiert" werde.

"Interessante Namen" geschwärzt

"Vermutlich interessante Namen" seien geschwärzt worden, allerdings habe die Politik ein Anrecht darauf, mehr zu erfahren, "auch um die richtigen Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen".

Der Aussage, dass datenschutzrechtliche Gründe für die Auslassung von Namen angeführt werden, hält Freitag entgegen: "Diese Argumentation hat man sich ja auch nicht bei der Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen zu eigen gemacht."

Die SPD-Politikerin fordert, dass "in einem Rechtsstaat gleiche Maßstäbe angesetzt werden müssen".

Franke fordert Klar-Namen

Der Heidelberger Doping-Experte Werner Franke hat kein Verständnis für die datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute". Franke forderte im Gespräch mit dem SID, die geschwärzten Namen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen: "Alles andere wäre Geschichtsfälschung. Das ist ja so, als wenn man aus der Geschichte des Dritten Reiches die Täter herauslassen würde."

Die am Montag veröffentlichte Studie beinhalte zudem keine Fakten, die Franke überraschen. "Es hätte diese Studie überhaupt nicht gebraucht, um zur Erkenntnis zu erlangen, dass auch in der Bundesrepublik erfolgsorientiert gedopt wurde", sagte er: "Was aber durchaus eine Überraschung und auch ein Phänomen ist: Das deutsche Volk hat diese Studie jetzt anscheinend gebraucht, um aufgerüttelt zu werden." SPOX

"Pontius-Pilatus-Prinzip"

Franke verbindet mit der Veröffentlichung die Hoffnung, dass die Doping-Vergangenheit der Bundesrepublik nun strafrechtlich aufgearbeitet wird. "Die Täter sind bisher nur im DDR-System bestraft worden, nie in der BRD. Es gab zwar genügend Beispiele, genügend Strafanzeigen, aber die deutsche Justiz hat nie etwas getan", sagte Franke.

Aus der Studie der Universitäten Berlin und Münster, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in Auftrag gegeben hatte, liest Franke jedoch kein systematisches Doping in Westdeutschland heraus. "Es waren immer nur Gruppen betroffen. Man wurde zu nichts gezwungen", sagte Franke. Es habe sich in der BRD eher um das "Pontius-Pilatus-Prinzip" gehandelt: "Die Trainer haben die Drecksarbeit erledigt und die Pillen verteilt - auch an Minderjährige. Die Funktionäre und Ärzte haben sie gedeckt und ihre Hände dabei in Unschuld gewaschen."