Handball-Verband EHF gerät unter Druck

SPOX
18. April 200916:20
Uwe Schwenker (li.) und Noka Serdarusic stehen im Zentrum der Manipulations-VorwürfeGetty
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Der Druck auf den Europäischen Handball-Verband wächst. Nach Informationen des "Focus" ging die EHF einem Vorwurf gegen Kiel erst mit einjähriger Verspätung nach.

In der Manipulations-Affäre hat sich der Druck auf den Europäischen Handball-Verband (EHF) erhöht.

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" reagierte die EHF auf einen Hinweis des Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt über Unregelmäßigkeiten im Champions-League-Spiel bei HC Croatia Zagreb (25:29) am 24. Februar 2008 erst, als die Manipulationsvorwürfe gegen den THW Kiel Anfang März dieses Jahres bekannt wurden.

Vier Spiele verschoben?

"Wir fühlen uns sportlich betrogen", hieß es in einer Mitteilung der Flensburger an die EHF. Der Verband schickte aber erst nach mehr als einem Jahr eine unabhängige Analyse des Spiels.

Dabei sei der dänische EHF-Delegierte, der die DVD-Aufnahme des Spiels auswertete, zu dem Schluss gekommen, dass die Schiedsrichter in der letzten Viertelstunde immer wieder gegen Flensburg gepfiffen hätten.

Die Flensburger Vereinsspitze geht nach internen Recherchen davon aus, dass bei vier entscheidenden internationalen Spielen das Ergebnis nicht korrekt zustande gekommen sei. Darunter auch das Final-Rückspiel der Champions League 2007 beim THW Kiel.

Flensburg klagt 160.000 Euro ein

Daher schaltete die SG inzwischen einen renommierten Sportrechtler ein, der Schadenersatzklagen vorbereitet. Die Flensburger wollen demnach den THW, die Schiedsrichter und den EHF verklagen. Dabei geht es um die Siegprämie in Höhe von 160.000 Euro.

Die EHF hatte bereits zuvor angekündigt, nach Einsicht in die Ermittlungsakten der Kieler Staatsanwaltschaft bis zum 29. April ein Disziplinarverfahren gegen den THW Kiel einzuleiten.

Die Behörde ermittelt gegen den inzwischen zurückgetretenen THW-Manager Uwe Schwenker wegen des Verdachts der Untreue und wegen Betrugsverdachts, sowie gegen Ex-Trainer Noka Serdarusic wegen Betrugsverdachts und wegen der Beihilfe zur Untreue. Schwenker und Serdarusic bestritten bisher alle Vorwürfe.

Kiel prüft "unklare Buchungsvorgänge"

Rekordmeister Kiel versucht unterdessen, dubiose Buchungsvorgänge intern aufzuklären. In einem Brief an Serdarusic verlangt ein Anwalt des Vereins ultimativ Auskunft zu "problematisierten, unklaren Buchungsvorgängen".

Neben den Überweisungen nach gewonnener Champions League 2007 geht es vor allem um Bar-Abhebungen vom Klub-Konto in Höhe von 20.000 und 40.000 Euro während der Champions League im vergangenen Jahr.

Mit Verweis auf sein Beschäftigungsverhältnis bis zum 30. Juni müsse Serdarusic Auskunft geben.

Wenig Kontrolle beim THW

Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet hingegen von zu laxen Kontrollen gegenüber Schwenker durch die Aufsichtsgremien des Vereins.

Nach Recherchen des Spiegel hätte Schwenker für jede der vier verdächtigen Zahlungen aus der Klubkasse in Höhe von 152.000 Euro die Zustimmung der THW-Gesellschafter einholen müssen.

So sieht es der Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 1992 vor.

Demnach braucht der Geschäftsführer für die "Rechtsgeschäfte aller Art, deren Wert im Einzelfall 30 000 Mark übersteigt, die vorherige Zustimmung der Gesellschaftsversammlung".

Umfangreiche Vollmachten für Schwenker

Im Alltag jedoch verzichteten die Kieler auf so eine Kontrolle und gewährten Schwenker wegen "seines jahrelangen zuverlässigen und erfolgreichen Wirkens" bei Spielerverpflichtungen und Transfers ungleich größere Vollmachten.

Schwenker hatte seinen Rücktritt erklärt, nachdem er nicht die geforderten Belege über die 152.000 Euro vorlegte.

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