Neue Zeugenaussagen, untermauerte Regressforderungen und ein Machtwort von Thomas Bach: Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) fürchtet eine Ausweitung der Manipulationsaffäre im Handball und hat deshalb die Europäische Handball-Föderation (EHF) mit deutlichen Worten zum Handeln aufgefordert.
"Dies ist kein rein deutsches Problem. Ich fordere eine umfassende Aufklärung durch eine Untersuchungskommission auf europäischer Ebene", sagte IOC-Vizepräsident Bach dem Nachrichtenmagazin Focus.
Uwe Schwenker, mittlerweile zurückgetretener langjähriger Manager des deutschen Rekordmeisters THW Kiel, gerät im Zuge der Affäre immer stärker unter Druck. Nach Informationen des Focus liegt der Kieler Staatsanwaltschaft, die gegen Schwenker wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, eine weitere belastende Aussage gegen den ehemaligen Nationalspieler vor.
Ehepaar belastet Schwenker
Ein Ehepaar aus Wuppertal soll zu Protokoll gegeben haben, dass Schwenker im Sommer 2007 als Gast auf der mallorquinischen Finca von Andreas Rudolph, dem Präsidenten des HSV Hamburg, über den Kieler Sieg im Champions-League-Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt gesagt hat: "Das hat uns 90.000 Euro gekostet."
Die Aussagen des Ehepaares bewertet die Staatsanwaltschaft Kiel laut Focus als glaubwürdig, weil sie mit Überweisungen im Höhe von insgesamt 92.000 Euro an den Kroaten Nenad Volarevic korrespondieren. Schon Rudolph hatte Schwenker in diesem Zusammenhang schwer belastet.
Weitere Enthüllungen
Auch das Nachrichtenmagazin Spiegel erhöhte am Freitag mit weiteren Enthüllungen den Druck auf den THW, in dem es von Einzelheiten einer vermeintlichen Geldübergabe von Volarevic an den polnischen Final-Schiedsrichter Miroslaw Baum berichtete.
Demnach habe Volarevic 56.400 Euro vom THW überwiesen bekommen und diese in Warschau an Baum übergeben. Der Schiedsrichter bestreitet, jemals Geld angenommen zu haben.
Die Flensburger untermauerten derweil nach der Ankündigung eines Disziplinarverfahrens gegen den THW Kiel durch die EHF mögliche Regressansprüche. "Da wären 160.000 Euro Siegprämie von der EHF", sagte SG-Manager Fynn Holpert den "Lübecker Nachrichten" mit Blick auf entgangene Gelder: "Außerdem haben wir Zielvereinbarungen mit Sponsoren."
Die EHF hatte am Donnerstag bestätigt, bis zum 29. April ein Disziplinarverfahren gegen den THW Kiel einleiten zu wollen. Nach Einsicht der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Kiel solle dies nach Ostern offiziell geschehen.
Gislason verteidigt Schwenker
Die Verfolgung und Vollstreckung von Vergehen verjährt nach Paragraf 19, Absatz 1 des EHF-Rechtspflegereglements nach zwei Jahren. Als Konsequenz aus einem Verfahren könnte Kiel sogar eine Sperre für internationale Wettbewerbe wegen grober Unsportlichkeit drohen.
Der Kieler Trainer Alfred Gislason glaubt trotz allem weiter an die Unschuld Schwenkers. "Nichts ist bewiesen. Der eigentliche Skandal ist die Presse", sagte der Isländer den "Kieler Nachrichten". Es gebe Vorverurteilungen, das Ende der Ermittlungen werde nicht mal abgewartet. Gislason: "Zu den Geldern habe ich meine eigene Theorie. Wenn ein junges Talent aus dem Ausland geholt werden soll, dann werden Handgelder gezahlt."
Schwenker war am Dienstag als THW-Manager zurückgetreten. Nach internen Befragungen hatte er die nicht ordnungsgemäße Verbuchung von insgesamt 152.000 Euro nicht erklären wollen bzw. auf Anraten seiner Anwälte können.
Gislason hofft, dass der 50-jährige Schwenker dem Verein doch noch erhalten bleibt: "Er hat mehr für den THW getan als jeder andere. Verlieren wir sein Fachwissen, ist es ein Rückfall in alte Zeiten. Es gibt so viele, die davon profitieren, den THW zu beschmutzen."
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