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NFL: "Hätte mich mit ihm prügeln müssen!" Patrick Mahomes' Super-Bowl-Teilnahmen in der Analyse

Von Stefan Petri
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Im Super Bowl LVIII am Sonntag will Quarterback Patrick Mahomes gegen die San Francisco 49ers im vierten Anlauf seinen dritten Titel gewinnen. Ein Blick auf seine bisherigen drei Super-Bowl-Teilnahmen zeigt: Das Spiel des 28-Jährigen hat eine eindeutige Entwicklung durchgemacht - und wer ihn stoppen will, braucht vor allem eine ganz bestimmte Qualität.

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Super Bowl LVIII in Las Vegas

DatumUhrzeitAFC-ChampionNFC-Champion
Mo., 12. Februar0.30 UhrKansas City ChiefsSan Francisco 49ers
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Super Bowl LIV (Saison 2019): Kansas City Chiefs vs. San Francisco 49ers 31:20

Statistiken von Patrick Mahomes: 26/42 für 286 Yards, zwei Touchdowns, zwei Interceptions, 9 Rushes für 29 Yards und einen Touchdown, zwei Fumbles

In seinem zweiten Jahr als Starting Quarterback war Mahomes vor allem als Comeback-Künstler gefragt: In der Divisional Round holten die Chiefs einen 24-Punkte-Rückstand gegen die Houston Texans auf und gewannen am Ende mit 51:31, im Championship Game machten sie aus einem 7:17 gegen die Tennessee Titans noch ein 35:24. Der junge QB spielte dabei spektakulär (insgesamt 615 Passing Yards, 8 TDs, keine Interception).

Im Super Bowl gegen die Niners mussten die Chiefs erneut einen Rückstand wettmachen - allerdings lag das auch an ungewohnten Fehlern von Mahomes: Der wurde vom gegnerischen Pass Rush konstant unter Druck gesetzt (vier Sacks), warf im dritten Viertel zwei Interceptions und hatte Glück, dass seine beiden Fumbles nicht bei der Defense landeten. Gegen "Quarters-Coverage" mit vier tiefen Defensive Backs kam sein starker Arm nicht zur Geltung, zudem waren seine Pässe ungewohnt ungenau.

Das alles änderte sich im Schlussviertel: Bei 3rd-and-15 und noch knapp über sieben Minuten zu spielen brachte er aus der eigenen Hälfte eine tiefe 44-Yard-Bombe auf Tyreek Hill an. Die Chiefs verkürzten auf 17:20, nach einem Punt der Niners war es ein 38-Yard-Pass auf Sammy Watkins, der die Chiefs an die gegnerischen Endzone brachte. "Er hat einfach weitergefeuert", sagte Head Coach Andy Reid. "Die Jungs um ihn herum haben einfach an ihn geglaubt, und auch die Coaches." Beim Stand von 24:20 für K.C. hatten die 49ers noch die Chance auf die Wende, doch 1:40 Minuten vor Schluss überwarf QB Jimmy Garoppolo bei einem tiefen Pass seinen freien Receiver Emmanuel Sanders. Running Back Damien Williams sorgte im Gegenzug für den Endstand. Ein 21:0-Turnaround für die Chiefs im Schlussviertel, doch die Partie war deutlich enger, als es das Endergebnis aussagt.

Mahomes wurde nach dem Spiel zum Super-Bowl-MVP gewählt. Mit gerade einmal 24 Jahren hatte er jetzt einen Ring, einen MVP-Award und einen Super-Bowl-MVP auf dem Konto. So jung hatte das zuvor noch niemand geschafft.

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Lehren aus Super Bowl LIV: Patrick Mahomes zeigte (kurz) Nerven

  • Die Nerven spielten mit: In den beiden Playoff-Spielen auf dem Weg zum Super Bowl hatte der junge Mahomes überragt, doch im Super Bowl ging alles längst nicht mehr so leicht von der Hand. Zwar konnte er für seine zweite Interception nichts, doch die erste setzte er genau auf die Brust von Linebacker Fred Warner - und dessen Teamkollege Kwon Alexander ließ einen weiteren Pick fallen. Laut Pro Football Focus waren fast 18 Prozent seiner Pässe an diesem Abend unmöglich zu fangen, im Saisonverlauf zuvor waren es nicht einmal 10 Prozent gewesen. Zweimal fumbelte Mahomes, es hätten also auch vier Turnover werden können.
  • Druck ist der Schlüssel: Der Pass Rush der Niners um Nick Bosa übte bei 41,2 Prozent aller Dropbacks von Mahomes Druck auf diesen aus. Unter Druck machte dieser seine Fehler, über mehr als drei Viertel hatte er große Probleme.
  • Comeback-König: Der Super-Bowl-Run von 2019 machte eine Sache deutlich: Gegen Mahomes ist keine Führung sicher. In den letzten zehn Minuten zeigte er sich von seiner besten Seite (8/13, 114 Yards, 2 Touchdowns), die Schwierigkeiten zuvor hatten keine Spuren hinterlassen. "So ist er einfach. Er wirft eine Interception? Egal. Wenn wir den Ball zurückbekommen, macht er das wieder gut. Er wird einen Weg finden."
  • Die Chiefs brauchten Big Plays: Auf den Weg zu den beiden ersten Touchdowns im Schlussviertel waren die tiefen Pässe auf Hill (44 Yards) und Watkins (38 Yards) der Schlüssel. Derartige Star-Receiver hat der aktuelle Kader nicht mehr zu bieten, auch Travis Kelce ist längst der Mann für die kurzen Routen. Können Rookie Rashee Rice und Marquez Valdes-Scantling im Super Bowl für die nötigen Big Plays sorgen, wenn die Chiefs erneut ein Comeback brauchen sollten?
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Super Bowl LV (Saison 2020): Tampa Bay Buccaneers vs. Kansas City Chiefs 31:9

Statistiken von Patrick Mahomes: 26/49 für 270 Yards, kein Touchdown, zwei Interceptions, 5 Rushes für 33 Yards, ein Fumble

Als erstes Team seit den New England Patriots in den Jahren 2003 und 2004 wollten die Chiefs ihren Titel verteidigen. Auf dem Weg ins "Big Game" waren Siege gegen die Cleveland Browns (22:17, Mahomes musste aufgrund einer Gehirnerschütterung im dritten Viertel raus) und die Buffalo Bills (38:24) nötig.

Allerdings ging der Champion personell arg gebeutelt ins Spiel. "Im Super Bowl fehlten vier ihrer besten fünf Offensive Linemen", sagte Hall-of-Fame-Coach Tony Dungy gegenüber Andscape. "Ohne ein großartiges Talent auf der Quarterback-Position hätte es wohl gar kein Team erst so weit gebracht. Aber weil er so gut ist, hat er diese Schwächen übertüncht."

Gegen die bärenstarken Buccaneers, die vor der Saison Quarterback Tom Brady aus New England geholt hatten, war mit dieser notdürftig zusammengeflickten O-Line aber kein Blumentopf zu gewinnen: Mahomes kassierte zwar "nur" drei Sacks, lief aber fast das komplette Spiel über um sein Leben. Zur Pause führten die Bucs bereits mit 21:6, in Halbzeit zwei spielten die Chiefs zwei vierte Versuche erfolglos aus und Mahomes warf auch noch zwei Interceptions.

Resultat: Ein Spiel komplett ohne Offensiv-Touchdown, die bis heute höchste Niederlage in Mahomes' Karriere - und eine Erfahrung, die er so schnell nicht vergessen sollte. "Ich habe den Super Bowl verloren und weiß, wie sehr das schmerzt", sagte er im Vorfeld von Super Bowl LVIII. "Dieses Gefühl zu vermeiden, ist fast ein stärkerer Antrieb, als die Trophäe in die Höhe stemmen zu können."

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Lehren aus Super Bowl LV: Ein Patrick Mahomes allein reicht nicht

  • Druck, Druck, Druck! Die 49ers hatten es vorgemacht, die Buccaneers setzten noch einen drauf: Volle Attacke auf Mahomes und den Schweizer Käse vor ihm - und das mit Erfolg. Bei unglaublichen 55,4 Prozent seiner Dropbacks geriet Mahomes laut PFF unter Druck, ein so schlechtes Pass Blocking hatte es in einem Super Bowl bis dato noch nie gegeben. Unter Druck brachte Mahomes nur 9/26 Pässen an (drei Sacks), für im Schnitt kümmerliche 3,0 Yards pro Passversuch (ohne Druck: 8,3). Fast schon grotesk, wie oft er im Vergleich zu Brady flüchten musste.
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Super Bowl LVII (Saison 2022): Kansas City Chiefs vs. Philadelphia Eagles 38:35

Statistiken von Patrick Mahomes: 21/27 für 182 Yards, drei Touchdowns, keine Interception, 6 Rushes für 44 Yards

Auf dem Weg zu seiner dritten Super-Bowl-Teilnahme mussten Patrick Mahomes und die Chiefs zuerst die Jacksonville Jaguars (27:20) und anschließend die Cincinnati Bengals (23:20) schlagen. Gegen den Super-Bowl-Teilnehmer des vergangenen Jahres um Quarterback Joe Burrow benötigte es ein Field Goal von Harrison Butker in den Schlusssekunden.

Wie schon zwei Jahre zuvor ging Kansas City lädiert ins große Finale, unter anderem schlug sich Mahomes mit einer Knöchelverletzung aus dem Jaguars-Spiel herum. Die verschlimmerte sich nach einem kurzen Scramble im zweiten Viertel, zudem gingen die Eagles um den bockstarken Quarterback Jalen Hurts (304 Passing Yards, drei Rushing Touchdowns) mit einer 24:14-Führung in die Kabine.

Wieder gelang der Turnaround in Halbzeit zwei. "In der ersten Hälfte waren wir nicht schlecht, aber ich hatte den Eindruck, dass die Jungs vom Drumherum beeinflusst wurden", analysierte Mahomes später. Davon war nichts mehr zu sehen: Viermal hatten die Chiefs nach dem Seitenwechsel den Ball, sie erzielten drei Touchdowns und das Field Goal Sekunden vor dem Ende zum Sieg.

Und Mahomes? Der spielte meisterlich, trotz seiner eher überschaubaren Statistiken, machte keine Fehler und ließ sich auch von seiner Knöchelverletzung nicht stoppen. Allerdings brauchte es auch eine eher kleinliche Holding-Strafe in der Schlussphase, die es K.C. erlaubte, die Uhr komplett herunterzuspielen.

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Lehren aus Super Bowl LVII: Patrick Mahomes kann auch anders

  • Die Offensive Line hält: Der erste Super Bowl, in der Mahomes in seiner Pocket weitgehend unbehelligt blieb. Nach dem Debakel gegen Tampa Bay zwei Jahre zuvor war die O-Line neu aufgebaut worden, und das machte sich gegen den Pass Rush der damaligen Saison bemerkbar: Mahomes wurde nur zehnmal unter Druck gesetzt. Allerdings hatte er auch selbst großen Anteil daran, dass er bei diesen zehn Pressures kein einziges Mal gesackt wurde, weil er sich gut in der Pocket bewegte und den Ball schnell loswurde.
  • Mahomes kann auch ohne Big Plays: In seinem ersten Super Bowl waren die Big Plays von Mahomes noch entscheidend. Diesmal gab es sie gar nicht, weil sich Defenses über die Jahre immer besser auf sein Spiel einstellten und tief verteidigten. Zudem fehlten den Chiefs mittlerweile die Big-Play-Receiver auf außen, wo die Eagles ohnehin starke Cornerbacks stellten. Also setzte Andy Reid auf einen Gameplan, der diesen Fakten Rechnung trug: Im gesamten Spiel versuchte Mahomes nur zwei Pässe, die länger als 20 Yards in der Luft waren - einer kam nicht an, einer zog eine Flagge. Stattdessen brachte er seine Pässe mit chirurgischer Genauigkeit in der Mitte des Feldes an (15/17). Und das wahnsinnig schnell: 2,93 Sekunden brauchte er im Schnitt in Halbzeit eins, nur noch 2,46 Sekunden in Halbzeit zwei.
  • Mahomes ist ein harter Hund: Einen "High Ankle Sprain" hatte Mahomes in den Super Bowl mitgebracht, also eine Verletzung an der Syndesmose. Das zieht in aller Regel mehrere Wochen Pause nach sich. Spät im zweiten Viertel verletzte er sich dann noch einmal an besagtem Knöchel - doch als es darauf ankam, riskierte er Kopf und Kragen und erlief mit zwei Scrambles entscheidende First Downs. "Hätten wir ihn aus dem Spiel genommen, hätte ich mich wahrscheinlich mit ihm prügeln müssen", sagte Offensive Coordinator Eric Bieniemy. "Das war es nicht wert."
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