NBA

Das Murmeltier grüßt... zum letzten Mal?

Von Jan Dafeld
Chris Paul, DeAndre Jordan und Blake Griffin könnten in ihre letzte gemeinsame Saison gehen
© getty

Auch die Los Angeles Clippers hatten ein Auge auf Kevin Durant geworfen, gingen im Rennen um den Forward jedoch leer aus. Im Anschluss betrieb Team-Präsident und Coach Doc Rivers vor allem Schadensbegrenzung. Auch in diesem Jahr steht somit wieder ein gutes Team zur Verfügung - doch das reicht schon lange nicht mehr. Die Offseason in der Analyse.

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Die Transaktionen:

Nach dem gefühlt zwanzigsten bitteren vorzeitigen Playoff-Aus der Clippers in Folge ging es für L.A. in diesem Sommer darum, endlich den einen weiteren Schritt zu machen, der in der Lob-City-Ära immer verpasst wurde. Als Objekt der Begierde wurde daher - trotz geringer Erfolgsaussichten - Kevin Durant ausgemacht.

Das Ende der Geschichte ist bekannt: KD entschied sich für die Warriors, alle weiteren Interessenten gingen leer aus. Also auch die Clippers. Von diesem Zeitpunkt an nutzte Rivers die ihm zur Verfügung stehenden Dollars in erster Linie dafür, das bereits bestehende Team beisammen zu halten.

Austin Rivers stattete man mit einem mehr als stattlichen Vertrag über 35 Millionen Dollar (drei Jahre) aus, Wesley Johnson wurde für 18 Millionen Dollar (drei Jahre) gehalten und auch Jamal Crawford unterschrieb für weitere drei Jahre, die ihm 42 Millionen Dollar einbringen sollen. Auch Luc Richard Mbah a Moute (zwei Jahre, 4,5 Millionen Dollar) blieb der Franchise erhalten.

Geld für weitere große Sprünge war nach diesen Entscheidungen keines mehr da. Mit Raymond Felton, Marreese Speights, Brandon Bass und Alan Anderson verpflichtete man zwar einige solide Veteranen, Starterpotenzial bringt jedoch keiner von ihnen mit. Und das galt auch für die Rookies.

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No.26-Pick Brice Johnson gilt immerhin als harter Arbeiter und bereits relativ fertiger Spieler, er sollte zumindest punktuell Minuten sehen. Bei Zweitrundenpick Diamond Stone ist das eher unwahrscheinlich - und der zweite Second-Rounder David Michineau bleibt vorerst ohnehin in Frankreich.

Die Strategie:

No Risk, no Fun - so oder so ähnlich dürfte Rivers' Credo vor dem diesjährigen Sommer gelautet haben. Obwohl die Erfolgsaussichten von Beginn an gen Null tendierten, setzte L.A. alles auf die Karte Durant. L.A. gehörte zwar zu dem erlesenen Kreis von Teams, denen der Superstar eine Audienz gewährte, letztlich waren Blake Griffin und Co. aber wohl nie eine echte Option für die Zukunft von KD.

Hatten die Clippers einen Plan B? Falls ja, schien es zum Zeitpunkt von Durants Entscheidung bereits zu spät gewesen zu sein. Im Anschluss an das Erscheinen eines kleinen Artikels im Player's Tribune setzte das Team alles daran, alles und jeden zu resignen, bei dem dies möglich war.

Mit Rivers, Johnson, Crawford und Mbah a Moute schaffte man es, den Großteil der Bank beisammen zu halten. Ob diese Deals der Franchise aber auch auf lange Sicht weiterhelfen können, ist fraglich. Fast zwölf Millionen Dollar pro Jahr sind zu viel für Austin Rivers. Steigender Salary Cap hin oder her. Fehlender Backup-Point-Guard hin oder her. Sohn des Trainers hin oder her.

Auch die 14 Millionen Dollar jährlich, die Crawford ab sofort einstreichen darf, sind ein mehr als stattlich, zumal der dreimalige Sixth Man of the Year mittlerweile 36 Lenzen zählt und in den vergangenen zwei Saisons 40 Prozent aus dem Feld und 33 Prozent von Downtown traf.

Die Tatsache, dass das Geld danach nicht mehr für die Dienste von Cole Aldrich, der als Backup-Center einen starken Eindruck in L.A. hinterlassen hatte, reichte und dieser für nur 7 Millionen Dollar pro Jahr bei den Timberwolves unterschrieb, sorgte doch für einige Falten auf der Stirn von Experten und Fans.

Es soll ein letzter Versuch mit einem Kern sein, der in den vergangenen Jahren nie wirklich verändert wurde. Im Sommer 2017 könnten dann sowohl Chris Paul als auch Griffin aus ihren Verträgen aussteigen, auch der Vertrag von Scharfschütze J.J. Redick läuft aus. Sollte der nächste Schritt erneut ausbleiben, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die Big Three auseinander fallen - und die Clippers dennoch kaum Cap Space zur Verfügung haben werden.

Die Schwachstellen:

Los Angeles ist weiterhin ein gutes Team. Die Clippers haben wohl auch 2016/2017 eines der fünf besten Roster zur Verfügung und peilen selbst in der starken Western Conference den Heimvorteil in Runde eins an. Das Problem jedoch: Zur absoluten Ligaspitze fehlt einiges - und Raum für Verbesserungen ist praktisch nicht mehr vorhanden.

Anfangs waren es Miami und Oklahoma City, nun sind es Cleveland und Golden State, an denen die Clippers einfach nicht vorbei kommen. Auch San Antonio war und ist nochmal eine Klasse höher anzusiedeln. Der größte Grund dafür: Die Tiefe der Clippers.

Die Starting Five aus Paul, Redick, Griffin, DeAndre Jordan und einem beliebigen Small Forward gehörte in den vergangenen zwei Saisons stets zu den besten der NBA. Wenn die Big Four fit sind (was in jüngerer Vergangenheit eine Seltenheit war), müssen sie sich vor keinem Lineup in der Liga verstecken - die potenziell übermächtigen Durant-Warriors vorerst mal ausgeklammert.

Der Support von der Bank ist allerdings nicht genug, Spieler mit echtem Starter-Potenzial sucht man seit Jahren vergeblich am Spielfeldrand. Ein reines Rollenspieler-Lineup reicht in der Regular Season, um den Startern Verschnaufpausen zu gönnen, in den Playoffs mussten Griffin und Co. in der Vergangenheit aber zu oft große Rückstande aufholen. Dies wird wahrscheinlich auch in der kommenden Saison nicht groß anders werden - zumal Crawford nicht mehr der Sixth Man ist, der er einst war.

Der Hoffnungsträger:

Griffin ist wohl der Spieler, dem man es noch am ehesten zutrauen würde, aus dem guten Clippers-Team einen echten Contender zu machen. Paul gehört zwar noch immer zu den besten Spielern der Liga, mit 31 Jahren geht es für den Floor General aber vor allem darum, sein Niveau weiter halten zu können. Jordan hat es zudem zwar geschafft, ein echter Bestandteil der Big Three zu werden, das Spiel des Centers ist aber zu eindimensional, um nochmal einen großen Leistungssprung vollbringen zu können.

Auch Griffin ist lange kein Talent mehr. Der Forward geht in seine siebte Saison, sein bestes (und letztes verletzungsfreies) Jahr liegt mittlerweile zwei Spielzeiten zurück. Dennoch: Der 27-Jährige hat das Zeug, um es doch noch zu einem absoluten NBA-Superstar zu schaffen: Athletik, Post-Technik, Ballhandling und mittlerweile sogar einen soften Midrange-Jumper, Griffin verfügt (zumindest offensiv) über das volle Paket. Wenn ein Spieler es schaffen kann, L.A. doch noch auf ein noch höheres Level zu hieven, ist es Griffin - darauf wetten sollte man allerdings nicht.

Das Fazit:

Raymond Felton für Pablo Prigioni, Brice Johnson für Jeff Green und Marreese Speights für Cole Aldrich. Die größten Veränderungen des Clippers-Rosters während des Sommers betreffen allesamt nur Rollenspieler, der Kern und die Probleme im Staples Center sind die alten geblieben.

Auch wenn Verletzungen im letzten Jahr ein echtes Kräftemessen verhinderten, auf dem Niveau der NBA-Elite waren und sind die Clippers nicht. Ohne Verletzungspech der Konkurrenz deutet somit bereits schon jetzt alles auf ein weiteres Zweitrundenaus von Griffin und Paul hin. In einem Jahr dürfte sich in L.A. dann sicherlich mehr verändern - allerdings nicht zum Guten.

Note: 4+

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