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NBA Finals - Jamal Murray und die Playoffs: Eine einzigartige Liebesbeziehung

Von Robert Arndt
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Jamal Murray und die Denver Nuggets stehen vor dem Titelgewinn. Der Kanadier hat daran mit seinem Spiel einen großen Anteil. Seine Leistungsexplosionen gab es in dieser Form noch nie in der NBA.

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Die Denver Nuggets könnten das erste Team seit den Dallas Mavericks (2011) werden, welches die Meisterschaft mit nur einem einzigen (aktiven) All-Star gewinnt. Dies ist zumindest auf dem Papier so, allerdings steht neben Nikola Jokic auch ein gewisser Jamal Murray im Kader, der in diesen Playoffs mal wieder wie einer performt.

Viermal in Folge knackte der Kanadier nun 10 Assists in einem Finals-Spiel - NBA-Rekord. Über seine Karriere legt der Nuggets-Guard in der Postseason 25,2 Punkte, 5,0 Rebounds sowie 6,3 Assists auf. Wenn das keine All-Star-Zahlen sind. Wir reden hier inzwischen auch von 52 Partien, eine kleine Stichprobe ist das mitnichten. Überhaupt: 25-5-5 im Schnitt in mindestens 50 Spielen schafften bisher nur Michael Jordan, LeBron James, Jerry West, Stephen Curry, Giannis Antetokounmpo, Nikola Jokic und eben Murray.

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Jamal Murray: Die Bubble ist kein Ausreißer mehr

Jener Murray, der außer einer Berufung ins All-Rookie Second Team in nun sieben Jahren in der NBA keinerlei persönliche Auszeichnungen für sich beanspruchen kann. Der Fall Murray ist einer, wie es ihn in der NBA wohl noch nie gab. Vergessen wir Playoff Rondo, Playoff Jimmy oder Big Game James (wir reden von James Worthy; nicht, dass jemand denkt, wir meinen hier James Harden), wirklich niemand konnte sich im Vergleich zur Regular Season so steigern wie Murray in seinen bisher drei Playoff-Runs.

Natürlich war eine dieser Saisons die Bubble, als Effizienz und Shooting durch die leeren Hallen geboostet wurde, doch spätestens diese Saison dürfte letzte Zweifler verstummen lassen. Nach seiner schweren Kreuzbandverletzung im April 2021, welche Murray gleich zwei Playoff-Teilnahmen kostete, ist der Kanadier wieder ein würdiger Co-Star für Jokic.

Den Bubble-Spitznamen konnte Murray ohnehin nie leiden. "Ich habe keine zwei Persönlichkeiten. Ich finde das persönlich anstrengend, weil es suggeriert, dass das nicht ich bin", meinte Murray nach Spiel 2 in der ersten Runde gegen die Minnesota Timberwolves, als er den Gästen 40 Punkte eingeschenkt hatte.

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"Ich werde noch bessere Spiele machen. Ich bin wieder gesund, werde eine komplette Offseason haben und kann mich weiter verbessern. Ich hoffe, dass ihr das auch glaubt", erklärte der 26-Jährige weiter. Und Murray sollte recht behalten. Zwar erreichte er in diesen Playoffs nicht mehr das 40-Punkte-Plateau, scorte dafür aber beständig weiter, bevor er in der Finals-Serie viermal in Folge mindestens 10 Assists auflegte (zuvor nur ein Spiel mit 12 Assists 2020) und auch sein erstes Triple-Double in der Postseason verbuchte.

In Spiel 4 versuchten die Heat alles, um Murray den Rhythmus zu nehmen und machten ihn zu einem Spielmacher. Eine Fähigkeit, die dem Kanadier lange abgesprochen wurde. Zur Erinnerung: In seiner Rookie-Saison galt Murray eher als Shooting Guard, weil "Blue Arrow" - so sein Spitzname - auf dem College für Kentucky an der Seite eines echten Point Guards (Tyler Ulis - Suns-Fans erinnern sich) spielte.

Und heute? Da zaubert Murray 12 Assists ohne einen einzigen Ballverlust aus dem Ärmel. "Es hat ihn nicht gelangweilt, das richtige Play zu machen", lobte Coach Michael Malone. "Er wollte nicht den Retter spielen. Er hat die Defense gelesen, das richtige Play gemacht und gezeigt, dass er Vertrauen in seine Mitspieler hat. Das ist ein wichtiger Faktor für unseren Erfolg."

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Jamal Murray: Mehr Volumen, mehr Effizienz

Nur vier seiner Vorlagen waren übrigens Pässe zum kongenialen Partner Jokic, stattdessen fand Murray meist seine Schützen am Perimeter oder bediente die freien Cutter. So fiel beinahe unter den Tisch, dass dies die zweitschlechteste Shooting-Performance (15 Punkte, 5/17) von Murray in dieser Postseason war. Immerhin: Ein verwandelter Dreier im vierten Viertel war ein absoluter Momentum-Killer für Miami, danach spielte Murray weitere drei Assists in einer Phase, als die Nuggets das Comeback der Heat ausbremsten.

Es war eine Vorstellung, wie man sie von Murray noch nie gesehen hatte. Selbst in der Regular Season spielte der Kanadier lediglich 13-mal mindestens 10 Assists, nur einmal blieb er dabei ohne Ballverlust. Ein weiterer Beleg dafür, dass Murray, ein notorischer Spätstarter in eine Saison, sein Level in der Postseason noch einmal anheben kann.

Meist ist es so, dass die Effizienz der Stars sinkt. Das ist beinahe auch logisch, da der Wettbewerb größer ist und Tanking-Teams nicht mehr mit in der Verlosung sind. Hier mal der Vergleich von einigen Murray-Stats zwischen Regular Season und Playoffs:

Jamal Murray: Regular Season vs. Playoffs

Regular SeasonStatPlayoffs
30,5Minuten38,8
16,9Punkte25,2
4,2Assists6,3
56,0TS%59,0
2,0Turnover2,3
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Es ist beinahe unerhört, wie gravierend diese Unterschiede sind. Und es ist ein Faktor, warum es vor diesen Playoffs noch Fragezeichen rund um die Nuggets gab. Noch Ende Februar schrieb der Kollege Ole Frerks folgendes in seiner Kolumne:

"Murray ist der eine Spieler, der sich in Bestform beständig selbst Würfe erarbeiten kann, er war bekanntlich auch beim tiefen Playoff-Run in der Bubble der Spieler mit den 50-Punkte-Spielen. Bei aller Brillanz des Jokers ist es daher essenziell, dass auch Murray in der Lage ist, seinem Team Spiele zu gewinnen."

Und genau das ist auch eingetreten. In jeder Serie hatte Murray seine Momente, in denen er Spiele entschied. Genau das ging Denver in den beiden Vorjahren ab, ein elitärer Shot Creator an der Seite von Jokic. Es wird Murray nicht die Finals-MVP-Trophäe einbringen, damit wird er leben können.

Dafür werden die Nuggets (aller Voraussicht nach) ihre erste Meisterschaft gewinnen. Dazu wird Murray eher früher denn später auch sein erstes All-Star Game spielen, so viel sollte sicher sein.

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