Hordorff: "Das kann jeder Platzwart besser"

SID
Dirk Hordorff kritisiert die Arbeit von DTB-Präsident Georg von Waldenfels
© Getty

Das Präsidium des Deutschen Tennis Bundes (DTB) steht unter Beschuss aus den eigenen Reihen, die finanzielle Situation ist bedrohlich, der Rechtsstreit mit der ATP noch nicht ausgestanden und die Zukunft des Turniers am Hamburger Rothenbaum fraglich.

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Eine Task Force mit den vier Schwerpunkten ATP-Prozess, Hamburger Turnier, Finanzen und Strukturreform soll es nun richten, das erste Treffen zur Gründung der Arbeitsgruppen ist am 25. September in Köln geplant.

Zu den schärfsten Kritikern des bis November 2011 bestätigten Präsidiums um Georg von Waldenfels gehört Dirk Hordorff. Der Präsident des hessischen Tennisverbandes HTV und Trainer des ehemaligen Australian-Open-Finalisten Rainer Schüttler, äußert sich im Interview zur aktuellen Lage im Verband.

Frage: Herr Hordorff, Sie gelten seit vielen Jahren als härtester Kritiker des DTB-Präsidiums um Georg von Waldenfels. Erfüllt Sie die aktuelle Situation des DTB mit Genugtuung, weil Sie sich in Ihrer Meinung bestätigt sehen?

Dirk Hordorff: Natürlich nicht, Schadenfreude oder Genugtuung wären hier völlig fehl am Platz, die Lage ist viel zu ernst. Allerdings unterstütze ich als Präsident des hessischen Landesverbandes die Forderung nach einem schnellen Rücktritt dieses Präsidiums und plädiere für einen Neuanfang im DTB.

Frage: Steht das Hamburger Turnier vor dem Aus?

Hordorff: In den 10 Jahren der Amtszeit von Waldenfels hat es zumindest jedes Jahr Verluste gemacht. Die Gründe hierfür sind unter anderem mangelnde Konzeption, schlechtes Management und ungenügende Kommunikation im DTB. So kann es nicht weitergehen. In diesem Jahr hat Michael Stich einen tollen Job gemacht, aber man darf nicht darauf hoffen, dass er die Verluste am Rothenbaum aus eigener Tasche trägt. Man hätte ihn viel früher in das Thema einbinden müssen.

Frage: Mangelnde Kommunikation ist einer Ihrer Vorwürfe an den DTB. Können Sie das etwas genauer formulieren?

Hordorff: Ob es nun um unsere Spitzenspieler, um Sponsoren, um das ATP-Turnier in Hamburg oder um die Medien geht, überall hat Georg von Waldenfels verbrannte Erde hinterlassen. Sind denn wirklich nur die anderen schuld, dass das Kind so tief im Brunnen liegt? Irgendwann müsste der Präsident doch auch mal über seinen eigenen Anteil an der Misere nachdenken.

Frage: Gibt es denn möglicherweise schon bald gar kein DTB-Turnier mehr in Deutschland?

Hordorff: Die Gefahr besteht, und das ist einer der Hauptgründe, warum ein Neuanfang im DTB dringend erforderlich ist. Die Damen-Turniere in Hamburg und Berlin wurden ins Ausland verkauft, ein Teil des Rothenbaum-Turniers ebenfalls. Das einzige Bundesleistungszentrum des DTB, das in Hannover, wurde auch gerade veräußert, und trotz der aus all diesen Aktionen resultierenden Gesamteinnahme von über 10 Millionen Euro steht der DTB ohne Geld da. Alles wurde ausgegeben, aber nicht für die Mitgliedergewinnung, nicht für die Nachwuchs-Förderung, damit wir vielleicht mal wieder ganz vorne mitspielen können. Deshalb müssen die Landesverbände durch den Bundesausschuss jetzt endlich die Notbremse ziehen.

Frage: Die ATP fordert 17 Millionen Dollar Gerichts- und Prozesskosten vom DTB, nicht gerade Peanuts ...

Hordorff: Vor dem Hintergrund ist es schon erstaunlich, mit welcher Überzeugung Georg von Waldenfels kürzlich noch verkündet hat, es gäbe keine Alternative zu ihm und seinem Präsidium. Geld weg, Schulden, Tafelsilber verscherbelt, nichts investiert, alles konsumiert, ein Haufen teurer Fehlentscheidungen - sorry, aber das würde jeder Platzwart eines hessischen Tennisklubs besser hinkriegen.

Frage: Aber das Präsidium denkt angeblich nicht an Rücktritt, wie sehen die Alternativen aus?

Hordorff: Es soll eine Task Force mit vier Arbeitsgruppen gegründet werden, die in den Bereichen ATP, Hamburger Turnier, Finanzen und Strukturreform das Heft in die Hand nehmen soll. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass der Präsident nicht die nächsten zwei Jahre durchhalten wird. Da schon jetzt etliche Landesverbände mit insgesamt über 65 Prozent der Stimmen aus der Mitgliederversammlung kein Vertrauen mehr in das Präsidium haben, wird der Druck zu groß werden.

Frage: Und dann werden Sie der nächste Präsident im DTB?

Hordorff: Oh nein, das strebe ich nicht an. Ich stehe beim hessischen Tennisverband im Wort, dort bin ich in diesem Jahr einstimmig zum Präsidenten gewählt worden. Wichtig ist, dass wir die gesamte deutsche Tennisfamilie einen, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Da darf niemand ausgeschlossen werden, es müssen alle eingebunden werden, die bereit sind mitzuhelfen. Es geht um die Sache, um nichts anderes. Profilneurosen sind nicht gefragt.

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