FC Bayern München gegen Manchester United: Trauriges Wiedersehen der goldenen Ajax-Generation

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2019 stürmte Ajax Amsterdam sensationell ins Champions-League-Halbfinale. Vier Jahre später sind erstaunlich viele der damaligen Protagonisten bei den jetzigen Gegnern FC Bayern München und Manchester United gelandet. Gut läuft es für sie dort aber eher nicht - und auch viele andere Ajax-Helden schlitterten nach dem Höhepunkt in tiefe Krisen.

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"Es ist bizarr! Ich habe keine Worte dafür", sagte ein fassungsloser Matthijs de Ligt. Soeben hatte der damals erst 19-Jährige Ajax Amsterdam als Kapitän sensationell ins Halbfinale der Champions League geführt. Im Rückspiel gegen Juventus Turin traf de Ligt zum entscheidenden 2:1, Ajax' erstes Tor erzielte Donny van de Beek.

Es war eine historische Leistung: Erstmals nach 14 Jahren erreichte wieder ein Klub außerhalb der Top-Fünf-Ligen das Champions-League-Halbfinale. Dort scheiterten die Niederländer letztlich in dramatischer Manier an Tottenham Hotspur, national gelang immerhin das Double. Anschließend stürzten sich Europas finanzkräftige Top-Klubs auf diese so sagenhaft talentierte Mannschaft. Innerhalb kürzester Zeit wurde sie zerpflückt.

Mit Dusan Tadic verließ diesen Sommer der letzte Spieler aus der erweiterten Startelf von damals Ajax. Restlos glücklich wurden in der Fremde aber nur die wenigsten. Am Mittwoch kommt es zum Auftakt der neuen Champions-League-Saison in der Münchner Allianz Arena zu einem traurigen Klassentreffen: De Ligt und Noussair Mazraoui spielen mittlerweile für den FC Bayern, bei Manchester United werden Donny van de Beek und André Onana von Erik ten Hag trainiert.

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FC Bayern: De Ligt und Mazraoui sitzen nur auf der Bank

De Ligt wechselte im Sommer 2019 für 85,5 Millionen Euro Ablöse zu Juventus, wo er fortan von den Abwehr-Legenden Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini lernte. Drei Jahre lang war er Stammspieler in einer Mannschaft, die ärgerlicherweise immer schlechter wurde. Dann zog de Ligt auf Wunsch von Trainer Julian Nagelsmann weiter zum FC Bayern.

In München avancierte der Innenverteidiger innerhalb kürzester Zeit zum Abwehrchef und Publikumsliebling, legendär seine Rettungstat gegen Paris Saint-Germain. "Er hat einfach Bock zu verteidigen", schwärmte Nagelsmann. Sein Nachfolger Thomas Tuchel legt aber mehr Wert auf Spielaufbau als auf Tacklings, weshalb de Ligt aktuell nur Ersatz ist. In der Innenverteidigung gesetzt sind Min-Jae Kim und Dayot Upamecano.

Beim Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen am Wochenende saß neben de Ligt auch Noussair Mazraoui auf der Bank. Tuchel gab rechts hinten dem gelernten Mittelfeldspieler Konrad Laimer den Vorzug.

Mazraoui war vergangenen Sommer gemeinsam mit de Ligt nach München gewechselt. Der marokkanische Rechtsverteidiger kam ablösefrei von Ajax, er hatte es drei Jahre länger bei seinem Jugendklub ausgehalten. Spielzeit bekam Mazraoui in seiner ersten Saison beim FC Bayern aber nur vereinzelt, worüber er sich öffentlich beklagte. Zwischenzeitlich fehlte er wochenlang wegen den Folgen einer Corona-Infektion.

In der vergangenen Rückrunde spielte mit Daley Blind noch ein dritter Stammspieler der legendären Ajax-Mannschaft in München, wobei spielen etwas irreführend ist. Insgesamt absolvierte der 33-Jährige lediglich 131 Minuten für den FC Bayern, ehe er ablösefrei zum FC Girona weiterzog. Immerhin dort ist er in der Innenverteidigung gesetzt.

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ManUnited: Van de Beek aussortiert - ten Hag ausgebuht

Den wohl dramatischsten Absturz der Helden von 2019 erlebte Donny van de Beek: Damals im offensiven Mittelfeld ein absoluter Garant für Scorerpunkte, enttäuscht er seit seinem 39 Millionen Euro teuren Wechsel zu Manchester United 2020 verlässlich. Mal verletzt, mal formschwach, mal vom Trainer ignoriert. Auch eine zwischenzeitliche Leihe zum FC Everton half nichts.

Sein letzter Einsatz datiert von Anfang Januar, die Rückrunde verpasste er wegen einer Knieverletzung. Im Sommer sollte er unbedingt abgegeben werden, doch es fand sich kein Abnehmer. In dieser Saison stand van de Beek bisher nicht einmal im Kader. Besonders bitter macht den Absturz, dass der 26-Jährige seit einem Jahr von seinem einstigen Förderer Erik ten Hag trainiert wird.

Nach dem Champions-League-Wunder gewann ten Hag mit Ajax noch zwei weitere Meistertitel, ehe er 2022 zu United wechselte. Auf Anhieb führte er seinen neuen Klub auf Platz drei und somit zurück in die Champions League, der Start in diese Saison misslang aber. Mit sechs Punkten aus fünf Spielen rangiert United trotz eines Transfer-Minus von über 150 Millionen Euro lediglich auf Platz 13. Bei der 1:3-Heimpleite gegen Brighton & Hove Albion am Samstag wurde ten Hag von den eigenen Fans ausgebuht.

Häme gab es bei United kürzlich auch für den dritten ehemaligen Ajax-Protagonisten im Klub: André Onana, im Sommer für 55 Millionen Euro vom Champions-League-Finalisten Inter Mailand verpflichtet. Bei seinem Debüt im Old Trafford in einem Testspiel gegen den RC Lens kassierte der Keeper ein Gegentor von der Mittellinie. Seine wohl härteste Zeit hat der 27-jährige Kameruner aber schon hinter sich: 2021 sperrte ihn die UEFA wegen eines Dopingvergehens für neun Monate.

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Goldene Ajax-Generation: Was passierte mit dem Rest?

In München steigt also ein trauriges Klassentreffen, aber wie erging es den restlichen Helden von damals? Als größter Hoffnungsträger neben de Ligt galt Frenkie de Jong, der 2019 für 86 Millionen Euro zum FC Barcelona wechselte. Gesetzt war der Mittelfeldspieler seitdem zwar immer, die riesigen Erwartungen erfüllte er aber nicht. Um finanziellen Spielraum für Neuzugänge zu schaffen, versuchte ihn Barcelona vergangenen Sommer vergeblich zu einem Wechsel zu United zu drängen. Bisweilen war sogar von Mobbing die Rede.

Linksverteidiger Nicolas Tagliafico wurde Weltmeister mit Argentinien und spielt aktuell bei Olympique Lyon, Rechtsverteidiger Joël Veltman bei Brighton & Hove Albion. Sechser Lasse Schöne war nach einem Jahr beim CFC Genua zunächst vereinslos, mittlerweile kickt er mit 37 Jahren bei NEC Nijmegen seinem Karriereende entgegen.

Der dänische Stürmer Kasper Dolberg ist nach enttäuschenden Stationen beim FC Sevilla und der TSG Hoffenheim beim RSC Anderlecht gelandet, wo er immerhin einen vielversprechenden Saisonstart hinlegte. Hakim Ziyech wechselte nach drei Jahren als Rotationsspieler beim FC Chelsea zu Galatasaray Istanbul.

David Neres bewies bei seinem Transfer zu Shakhtar Donetsk schlechtes Timing: Im Januar 2022 wechselte er in die Ukraine, etwa einen Monat später brach der Krieg aus. Gemeinsam mit seinen brasilianischen Teamkollegen verschanzte sich Neres in einem Hotel und gab via Twitter einen Hilferuf ab, letztlich gelang die Flucht nach Rumänien. Mittlerweile spielt der 26-Jährige bei Benfica Lissabon, ist dort aber nur Reservist.

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Ajax Amsterdam: Auch die Macher sind nicht mehr im Amt

Als letzter Spieler der erweiterten Startelf verabschiedete sich diesen Sommer Dusan Tadic von Ajax. "Ich werde versuchen, die übrigen Jungs vom Bleiben zu überzeugen", hatte er während der legendären Saison angekündigt und versprochen: "Ich jedenfalls spiele nächste Saison sicher hier - zu 100 Prozent." Er selbst hielt Wort, seine Überzeugungskunst ist aber ausbaufähig.

Tadics jetziger Wechsel zu Fenerbahce brachte Ajax keine Ablöse ein. Insgesamt nahm der Klub für die 13 Spieler, die 2019 bei einem der sechs K.o.-Spiele in der Champions League in der Startelf standen, aber respektable 293 Millionen Euro ein.

Die beiden damaligen Macher sind übrigens auch nicht mehr im Amt: Sportdirektor Marc Overmars musste seinen Posten 2022 räumen. Zuvor war bekannt geworden, dass er mehrere Mitarbeiterinnen mit "unangebrachten Nachrichten" sexuell belästigt habe. Mittlerweile ist er in selber Position bei Royal Antwerpen tätig. Geschäftsführer Edwin van der Sar verließ Ajax diesen Sommer - und erlitt kurz darauf eine lebensbedrohliche Hirnblutung, von der er sich derzeit erholt.

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