"Nicht im Halbfinale, um uns abzufeiern": Gelingt dem DHB-Team ein EM-Märchen wie 2016?

SID
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Die deutschen Handballer gehen als krasser Außenseiter in ihr EM-Halbfinale gegen Topfavorit Dänemark. Die Ausgangslage erinnert an 2016.

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Die Pieks-"Attacke" aus dem Hinterhalt überrumpelte Alfred Gislason. Der Bundestrainer von Deutschlands Handballern schreckte kurz hoch, dann lachte er herzhaft und drückte seinen dänischen Trainerkollegen Nikolaj Jacobsen fest an sich.

"Wir freuen uns einfach riesig, hier im Halbfinale gegen Dänemark zu spielen", sagte Gislason auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Köln und versprach vor dem Halbfinal-Showdown gegen den Dreifach-Weltmeister und EM-Favoriten am Freitag (20.30 Uhr/ZDF und Dyn): "Wir werden dieses Spiel genießen und alles dafür geben, die Dänen zu ärgern." Daran ließ der DHB-Coach beim obligatorischen "Stare Down" der beiden Teams am Donnerstag keinen Zweifel.

Die Niederlage zum Hauptrundenabschluss gegen Kroatien (24:30) war im deutschen Team jedenfalls kein Thema mehr. "Ich bin aufgewacht und habe realisiert, dass wir hier mit Deutschland im Halbfinale stehen. Bei einem Heimturnier", berichtete Linksaußen Rune Dahmke: "Da überwiegt ganz klar die Freude. Das merkt man jetzt auch in der Mannschaft, dass sich die Stimmung wieder aufbaut. Wir haben hier eine ganz tolle Möglichkeit, morgen ein wunderschönes Spiel zu haben."

Ob das alte Video vom EM-Wunder 2016 nochmal rausgekramt wird, mochte Dahmke nicht verraten. Doch die Situation, so der emotionale Leader des DHB-Teams, sei "ähnlich. Dänemark ist völlig zu Recht der hohe Favorit. Aber ich glaube nicht, dass wir chancenlos sein werden." Dahmke grinste.

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Handball-EM: "Wir sind nicht im Halbfinale, um uns dafür abzufeiern"

Die Ausgangslage erinnert tatsächlich ein wenig an die beim goldenen Wintermärchen vor acht Jahren. Wie damals beim sensationellen Titelgewinn in Polen halten sich die Erwartungen an das junge deutsche Team vor den Medaillenspielen in Grenzen. Ganz ohne Druck wollen die DHB-Spieler über sich hinauswachsen, der Heimvorteil mit 20.000 lärmenden Fans im Rücken soll Deutschland ins Endspiel tragen. "Ich weiß, dass in dieser Halle auch kleine Wunder entstehen können", sagte Dahmke.

Jakobsen flößt die Kulisse Respekt ein. "Das wird ein großer Faktor", sagte der dänische Coach und ergänzte: "Wir wissen, dass diese Halle extra Kraft für die Deutschen gibt. Aber es ist auch eine Riesenmotivation für uns. Ich weiß, dass meine Jungs jetzt schon sehr heiß sind - das wird morgen nicht weniger."

Andreas Wolff glaubt dennoch fest an die Sensation gegen die Dänen. Wie hoch er die deutschen Chancen einschätzt? "100 Prozent", antwortete der Torhüter keck: "Wir sind nicht im Halbfinale, um uns dafür abzufeiern. Sondern wir sind im Halbfinale, um das Turnier gegebenenfalls zu gewinnen."

Wolff weiß, wie das geht. Wie Dahmke, Jannik Kohlbacher und Kai Häfner gehört er zu den vier verbliebenen 2016-Europameistern im aktuellen DHB-Team. Er könnte stundenlang von damals referieren, doch auch sein Kumpel Kohlbacher weiß: "Alte Floskeln bringen uns leider nicht weiter."

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Handball-EM: Bundestrainer Alfred Gislason erhofft sich "Riesenleistung"

Die deutsche Mannschaft will vor eigenem Publikum ein neues EM-Märchen schreiben. Allen voran Gislason. Seit vier Jahren coacht der schlachtenerprobte Bundestrainer die Nationalmannschaft, der Halbfinaleinzug ist sein bislang größter Erfolg. Doch satt ist Gislason noch nicht. "Wir müssen die beste Leistung der letzten Jahrzehnte abrufen", sagte er.

Dass auch das dänische Starensemble um Niklas Landin, Mathias Gidsel und Mikkel Hansen schlagbar ist, demonstrierten die Slowenen mit ihrem 28:25-Erfolg im finalen Hauptrundenspiel. Aber: "Wir brauchen eine Riesenleistung, um eine Chance zu haben. Das ist uns allen klar", so Gislason.

Dass Deutschland sich als erstes Team der EM-Historie mit 5:5 Punkten für die Medaillenrunde qualifizierte? Geschenkt. Die unterm Strich durchwachsene Hauptrunde mit dem Fehlwurf-Festival zum Abschluss gegen Kroatien (24:30) schoben auch die deutschen Spieler schnell beiseite. "Wir müssen an uns glauben", forderte Spielmacher Juri Knorr: "Es muss ein besonderer Tag werden gegen die beste Nationalmannschaft der Welt. Das ist jedem von uns bewusst."

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