WM

Der brave Miro

Von Für SPOX bei der Nationalelf: Stefan Rommel
Fußball, Nationalmannschaft, Deutschland, DFB, Klose
© Getty

Was ist nur mit Miroslav Klose los? Der Ersatz-Kapitän der deutschen Nationalmannschaft durchläuft eine schwere Zeit. Selbst beim lockeren 6:0 gegen Außenseiter Liechtenstein am Samstag in der WM-Qualifikation fiel der 30-Jährige krass ab. SPOX sprach mit alten Weggefährten nach Wegen aus der Krise.

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Miroslav Klose blickte noch einmal rüber zum vierten Offiziellen. Bei seiner Auswechslung gab es einige Verwirrung. Liechtensteins Nummer 18, Michele Polverino, spurtete vom Feld.

Deutschlands Nummer 18, Mario Gomez, stand etwas perplex an der Seitenlinie. Der vierte Mann aus Portugal zeigte schließlich die 18 an. Nur wusste keiner mehr, wer von den beiden Spielern nun gemeint war.

Auf die Farbe Rot für die auszuwechselnde 18 achtete im Eifer des Gefechts niemand. Alles ein komischer Zufall. Nur Miroslav Klose wusste als einziger Bescheid.

Die Nummer elf leuchtete noch gar nicht in Rot, da stülpte sich Klose schon die Kapitänsbinde vom Arm und trottete Richtung Seitenlinie.

Kein Glaube an eigene Stärken

Miroslav Klose mag im Moment nicht mehr an Zufälle glauben. Es scheint fast, als glaube der Aushilfs-Kapitän der deutschen Nationalmannschaft an gar nichts mehr. Nicht an seine Stärken: Spielintelligenz, Torriecher, Kopfballspiel.

Und nicht daran, irgendwann in diesem Fußball-Leben auch mal wieder ein Tor aus dem Spiel heraus zu erzielen.

Neulich haben sie ihn ja bei den Bayern im Spiel gegen Hertha BSC zu einem Elfmetertor genötigt, als Luca Toni und Bastian Schweinsteiger offenbar unter einer mysteriösen Art von Blitzamnesie litten und ihren Status als Ich-AG innerhalb einer Fußballmannschaft für einen Moment vergaßen.

Immerhin hat der "Torlos-Klose" wie ihn die "Bild"-Zeitung nannte, seine Bundesliga-Torlos-Flaute von 674 Minuten dadurch beenden und die erste ansprechende Leistung seit Wochen krönen können. Nur leider zeigte die Hilfestellung der Kollegen nicht die erwünschte nachhaltige Wirkung.

Der Klose der Prä-Hertha-Zeitrechnung

Das 6:0 von Liechtenstein zeigte leider wieder den Klose aus der Prä-Hertha-Zeitrechnung. Den Klose, in dessen Spiel schon kleinste Eruptionen reichen - ein missglückter Pass in die Tiefe oder eine vergebene Torchance - um sein inneres Gleichgewicht und damit auch sein Selbstvertrauen völlig aus der Bahn zu werfen.

Beim Spiel in Liechtenstein war diese eine Szene seine Großchance in der 35. Minute, als er den Ball freistehend vor Torhüter Peter Jehle aus zehn Metern weit am rechten Pfosten vorbei in die Bande schubste.

Anlass zum Zweifel

Selten hat ein Spieler von seinem Format und seiner Klasse derart viel Nährboden für die Zweifel von 82 Millionen Bundestrainern im Land geliefert.

Seit der Wechsel-Posse zwischen Klose, Werder Bremen und den Bayern und dem konspirativen, aber doch aufgeflogenen Treffen am Flughafen von Hannover, rennt Klose seiner Form hinterher. Jener Form, die ihn vor gut zwei Jahren noch zum Torschützenkönig der WM machte.

Lediglich in seiner Anfangszeit beim Rekordmeister schwamm Klose auf der neuen bayerischen Welle mit und erzielte im magischen Dreieck mit Franck Ribery und Luca Toni seine Tore.

Doppelgänger oder der wahre Klose?

Mittlerweile sind Kloses Leistungen auf dem Platz aber so weit von seinem wahren Leistungsvermögen entfernt, dass sich die meisten insgeheim wünschen, ein bösewichtiger Doppelgänger treibe sein Spiel und der wahre Klose sei nur irgendwo versteckt.

Seinen Beruf verlernt kann Klose nicht haben, weshalb viele gleich voreilig private oder psychologische Probleme vermuten. So genau weiß das aber niemand - abgesehen davon, dass das auch niemanden etwas anginge.

Andererseits bezahlt der DFB mit Hans-Dieter Hermann einen Psychologen, der jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen kann.

"Miro auf die Bank"

Was zunächst bleibt, ist eine ungläubige Hilflosigkeit in Kloses Spiel. Früher wurde Lukas Podolski immer vorgeworfen, die falschen Laufwege einzuschlagen. Heute ist es Klose, der auf dem Weg nach vorne in die Spitze Räume verengt, anstatt welche zu schaffen.

Sein Entdecker beim FC Homburg, Peter Rubeck, will im Gespräch mit SPOX auch keine Schnellschüsse aus der Ferne geben, deutet aber dezent Probleme außerhalb des Platzes an. "Wenn drumherum irgendwas nicht gestimmt hat, dann hat er auch nicht die Leistungen gebracht."

Rubeck hält noch heute Kontakt zu Klose und zu dessen Eltern. "Im Moment wirkt er manchmal so, als hätte er nicht den nötigen Spaß an der Sache. So sieht es jedenfalls aus. Vielleicht wäre es für Miro gut, mal auf der Bank zu sitzen. Dann könnte er wieder reinkommen und würde bestimmt auch wieder treffen."

"Er muss den Kopf abschalten"

Bundestrainer Joachim Löw aber scheint offenbar weiter an Klose festhalten zu wollen. "Er braucht vielleicht das ein oder andere Erfolgserlebnis in den nächsten Wochen und dann wird man wieder den Miroslav Klose sehen, den wir kennen. Miro ist auf jeden Fall körperlich auf dem Weg der Besserung."

Sein ehemaliger Kaiserslauterer Mitspieler und Kumpel Vratislav Lokvenc pflichtet dem bei. "Er muss den Kopf wieder abschalten und nicht so viel nachdenken, dann wird er auch wieder treffen. Er ist momentan in einer Krise. Er wird dauernd kritisiert, jeden Tag. Vor allem von den Medien. Für ihn ist das nicht einfach. Aber da muss er nun durch und einfach noch ein Stück mehr arbeiten."

Von den Fans ausgepfiffen

Aber ganz so einfach wird es nicht sein. Denn neben seiner anhaltenden Erfolglosigkeit hat der 30-Jährige noch ein Problem: Auch über Michael Ballack wird diskutiert.

Beim Capitano beschleicht einen aber immer noch das Gefühl, dass der Mannschaft ein wichtiger Eckpfeiler in einem engen Spiel fehlen würde, würde Ballack mal ausfallen. Bei Klose herrscht dieses Gefühl im Moment nicht vor.

"Miro hätte noch mehr erreichen können. Aus meiner Sicht ist er noch zu brav und zu lieb für das Geschäft", meint Rubeck.

Wenn nur die deutschen Fans den zerbrechlichen Klose kennen würden. Am Samstag in Liechtenstein pfiffen ihn die eigenen Anhänger vereinzelt aus - und besangen, wenn Klose am Ball war, den zweifachen Torschützen Lukas Podolski.

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