FC Bayern München - so schlagen sich die Leihspieler: Drei Volltreffer und mehrere Fehlentscheidungen?!

Von Tim Ursinus
Thomas Tuchel, FC Bayern, Champions League
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Der FC Bayern München hat im Sommer acht Spieler verliehen. Wie lief der Start von Alexander Nübel, Josip Stanisic und Co. bei ihren neuen Vereinen?

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Spitzenreiter in der Bundesliga, Sieg gegen Manchester United in der Champions League - der FC Bayern hat einen gelungenen Start in die neue Spielzeit hingelegt. Dafür wurden nach der unter dem Strich enttäuschenden Vorsaison auch einige Transfers getätigt.

Das führte dazu, dass einige Spieler den Verein verlassen wollten bzw. mussten. Sieben der insgesamt 15 Abgänge könnten jedoch im Sommer (zumindest vorerst) wieder an die Säbener Straße zurückkehren, wenn ihre Leihen ablaufen. Von so manch einem erhofft man sich in München den großen Durchbruch.

Doch wie lief es für die Leihspieler des deutschen Rekordmeisters in den ersten Wochen im neuen Umfeld? SPOX verschafft einen Überblick.

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FC Bayern München: Josip Stanisic (Bayer Leverkusen)

Als der FC Bayern am 20. August die Leihe des Verteidigers zu Bayer Leverkusen offiziell machte, schien der Deal für alle Beteiligten durchaus sinnvoll zu sein. Nur fünf Tage später bereute Thomas Tuchel die Entscheidung bereits.

Der Grund: Benjamin Pavard machte seinen Wunsch, den Verein in Richtung Inter Mailand zu verlassen, öffentlich - und sollte diesen auch erfüllt bekommen. Am Deadline Day standen die Bayern somit nur noch mit Noussair Mazraoui als Rechtsverteidiger da, die Alternative Stanisic brach durch das Leihgeschäft weg.

"Das sieht nicht ganz glücklich aus", gestand der FCB-Coach und verriet, dass die Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung, Stanisic abzugeben, eine andere war. "In dem Moment war kein Angebot für Benji (Benjamin Pavard; Anm. d. Red.) da, und Benji war nicht bei mir, um das klar zu formulieren. Er hatte alle Vorbereitungsspiele gemacht. Und dann war es für Stani, auch für uns, ehrlich gesagt, eine Top-Lösung, ihn an einen guten Klub auszuleihen. An einen Klub, der vielleicht ein großer Konkurrent für uns ist."

Die Situation habe sich um "180 Grad" gedreht, erklärte Tuchel: "Das ist jetzt schon eine große Lücke, die da klafft und die wir jetzt in einer sehr kurzen Zeit versuchen auszufüllen." Daraus wurde am Ende nichts, weshalb derzeit Konrad Laimer - eigentlich im zentralen Mittelfeld eingeplant - hin und wieder hinten rechts aushilft. Zuletzt bekam er sogar den Vorzug vor Mazraoui.

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings, dass sich Pavards Wechselwunsch schon Monate zuvor angedeutet hatte. Die Verhandlungen, den 2024 auslaufenden Vertrag des Franzosen zu verlängern, waren dem Vernehmen nach schon vor dem Transfersommer gescheitert.

Die Bayern büßten also in Sachen Kadertiefe mächtig ein. Es wäre immerhin ein Trostpflaster, wenn Stanisic in Leverkusen endlich regelmäßig zum Einsatz kommen würde. Für die Münchner ist der kroatische Nationalspieler bislang nämlich nur auf 41 Einsätze gekommen. Zumeist als Einwechselspieler. Doch auch bei der Werkself ist derzeit noch nicht wirklich Platz für den 23-Jährigen.

Trainer Xabi Alonso hat längst seine Stammformation gefunden. In seinem bevorzugten 3-4-3-System ist an Jeremy Frimpong auf der rechten Außenbahn kein Vorbeikommen. In der Innenverteidigung haben Jonathan Tah, Edmond Tabsoba und Odilon Kossounou die Nase vorn. In der Bundesliga kam Stanisic deshalb nicht über zwei Kurzeinsätze hinaus.

Immerhin spielte er in der Europa League, als Alonso auf eine Viererkette umstellte, 90 Minuten auf der rechten Abwehrseite durch. Doch bleiben alle Spieler in Leverkusens Defensive gesund, scheint ein Stammplatz für Stanisic derzeit nicht in Reichweite zu sein. Die Bayern drohen mit dem Leihgeschäft also in doppelter Hinsicht daneben gegriffen zu haben.

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FC Bayern München: Alexander Nübel (VfB Stuttgart)

Der VfB Stuttgart befindet sich in bestechender Form. Das liegt in erster Linie an Tormaschine Serhou Guirassy (zehn Treffer). Aber auch die Defensive hat sich gefestigt. Ein Bestandteil davon ist Nübel.

Sieht man von der deutlichen 1:5-Niederlage - bei der Nübel das bislang einzige Mal in dieser Spielzeit patzte - am zweiten Spieltag gegen RB Leipzig ab, stehen vier Siege bei einem Torverhältnis von 16:2 zu Buche. Dabei hätten es deutlich mehr Gegentore sein können. Vor dem fünften Spieltag brachte es der Keeper auf eine Quote von 72,7 Prozent gehaltener Bälle. Nur vier aus der Bundesliga kamen bis dahin auf einen besseren Wert.

"Bis jetzt ist er eine stabile Nummer eins, zeigt gute Leistungen", lobte die ehemalige Stuttgarter Nummer eins, Timo Hildebrand, die Bayern-Leihgabe. Sportdirektor Fabian Wohlgemuth schlug in eine ähnliche Kerbe.

"Alex hat Taten sprechen lassen. Er ist ein Spieler mit starker Persönlichkeit, der bei Kritik nicht umfällt, sondern sich auch davon pushen lässt. Das ist ansteckend. Er hat das absolute Vertrauen seiner Vorderleute. Wir sind froh, dass er da ist", erklärte er.

Durch Nübel ist somit auch endlich wieder Ruhe auf der Torhüter-Position beim VfB eingekehrt. In der vergangenen Saison hatte das Wechselspiel zwischen Florian Müller (jetzt beim SC Freiburg) und der aktuellen Nummer zwei Fabian Bredlow für Nebengeräusche gesorgt.

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FC Bayern München: Malik Tillman (PSV Eindhoven)

Bereits in der vergangenen Saison war der 21-Jährige verliehen. Bei den Glasgow Rangers wusste er zu überzeugen - und wurde deshalb folgerichtig mit einem neuen Vertrag bei den Bayern (2026) belohnt. In den Niederlanden läuft es bislang jedoch schleppend für Tillman.

Der US-amerikanische Nationalspieler kam zwar in bisher vier Pflichtspielen zum Einsatz, stand im Durchschnitt allerdings nur knapp 20 Minuten auf dem Platz. Dabei gelang ihm immerhin ein Treffer.

Am Wochenende erlebte Tillman einen echten Dämpfer. Eindhoven-Coach Peter Bosz strich ihn für das Spiel gegen Almere City kurzfristig aus dem Kader. Und zwar aus gutem Grund. "Er hat verschlafen und dann habe ich ihn zuhause gelassen. Er wollte noch kommen, aber das war nicht mehr nötig", sagte der ehemalige Coach von Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund nach dem 4:0-Sieg seiner Mannschaft.

Dennoch plant Bosz weiterhin mit Tillman, der dank einer Kaufoption sogar länger bei der PSV bleiben könnte. "Er wird morgen ganz normal zum Training kommen", sagte er. Doch auf dem Weg in die Startelf hat der disziplinarische Fauxpas sicher nicht geholfen.

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FC Bayern München: Paul Wanner (SV Elversberg)

Der 17-Jährige gilt zweifellos als eines der größten Talente in den Reihen des FC Bayern. Mit seiner Leihe zum Zweitliga-Aufsteiger soll er den nächsten Schritt Richtung Profi-Fußball machen, nachdem er in München bislang nur zu wenigen Kurzeinsätzen gekommen war. Ex-Trainer Julian Nagelsmann hatte ihm jeweils zwei Auftritte in der Bundesliga und Champions League ermöglicht.

Zur neuen Saison war Wanner wieder ausschließlich für die zweite Mannschaft in der Regionalliga eingeplant. Die Verantwortlichen der Münchner hielten eine Leihe deshalb als sinnvollste Lösung an - und sollten damit bisher recht behalten.

In seinem ersten Einsatz für Elversberg hatte er direkt maßgeblichen Anteil am ersten Sieg der Saarländer in der 2. Bundesliga, als Wanner beim 1:0 gegen den VfL Osnabrück den goldenen Siegtreffer von Wahid Faghir vorbereitete.

Beim darauffolgenden 2:1-Sieg gegen den Hamburger SV belohnte ihn Trainer Horst Steffen mit einem Startelf-Einsatz, ehe ihm beim Auswärtsspiel in Wehen ein grippaler Infekt ein Strich durch die Rechnung machte.

Ob sich Wanner in seinem neuen Umfeld wohlfühlt, kann derzeit nur spekuliert werden. In Elversberg hat er nämlich ein Interview-Verbot. "Er soll hier erst einmal ankommen", sagte Steffen. Der Druck soll schlichtweg nicht zu groß werden. Das deutete bereits sein ehemaliger Förderer Nagelsmann an: "Mit dem Fuß kann er alles. Wichtiger ist aber, dass er im Kopf klar bleibt. Dann stehen ihm Tür und Tor offen."

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FC Bayern München: Gabriel Vidovic (Dinamo Zagreb)

Nach einer durchwachsenen Saison mit mehreren Berater-Wechseln und einer ernüchternden Phase bei Leih-Verein Vitesse Arnheim kehrte der Offensivspieler nach München zurück, um wieder Fuß zu fassen. Weil er in der Vorbereitung keine Rolle spielte, folgte jedoch die nächste Leihe.

Vidovic soll endlich auf gehobenem Niveau Spielpraxis sammeln, weshalb für den kroatischen U21-Nationalspieler ein Wechsel zu Dinamo Zagreb ein logischer Schritt war. Dort spielt er nicht nur beim Rekordmeister Kroatiens, sondern auch in der Conference League.

Weil Vidovic erst spät zur Mannschaft dazustieß, feierte erst am 8. Spieltag sein Debüt. Dort stand er nicht nur direkt in der Startelf, sondern erzielte auch gleich seinen ersten Treffer. Im nächsten Spiel traf er erneut und bereitete zwei Tore vor.

Zeigt die Entwicklungskurve von Vidovic weiter nach oben, könnte er den Bayern auch komplett den Rücken kehren. Denn Zagreb sicherte sich eine Kaufoption. Andernfalls geht er in sein letztes Vertragsjahr beim FCB.

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FC Bayern München: Arijon Ibrahimovic (Frosinone Calcio)

Dem Offensivspieler lagen dem Vernehmen nach mehrere Angebote aus der 2. Bundesliga vor, Ibrahimovic - nicht verwandt oder verschwägert mit Superstar Zlatan - bevorzugte jedoch einen Wechsel zum Serie-A-Aufsteiger Frosinone.

Ibrahimovic, der in der Vorbereitung der Bayern durchaus zu überzeugen wusste, hatte ebenfalls keine ernsthaften Chancen auf einen Platz bei den Profis. Doch das hat sich bislang auch noch nicht in Italien geändert.

Von drei möglichen Einsätzen schaffte es Ibrahimovic einmal nicht in den Kader, bei den beiden darauffolgenden Spielen schmorte er für 90 Minuten auf der Bank. Wie es für ihn weitergeht, bleibt abzuwarten.

Sein Vertrag in München läuft noch bis 2025, bei einer Rückkehr würde er also ebenfalls in sein letztes Vertragsjahr gehen.

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FC Bayern München: Yusuf Kabadayi (FC Schalke)

Es gibt gerade prächtigere Umgebungen für einen jungen Spieler, um sich wie gewünscht zu entwickeln, als den FC Schalke. Die Knappen sind mies in die neue Saison gestartet, spätestens seit der öffentlichen Kritik Timo Baumgartls an Trainer Thomas Reis am Wochenende ist Feuer unterm Dach.

Ein echtes Stahlbad also für den jungen Yusuf Kabadayi, der im Sommer Offerten aus der Türkei hatte, schließlich aber für ein Jahr nach Gelsenkirchen in die 2. Bundesliga wechselte. In diesem Zuge verlängerten die Bayern seinen Vertrag bis 2025, S04 sicherte sich eine Kaufoption.

Bislang hinterlässt Kabadayi einen guten Eindruck. Der vielseitige Angreifer gehört gemeinsam mit dem anderen offensiven Youngster Assan Ouédraogo zu den wenigen Lichtblicken auf Schalke.
Der deutsche U20-Nationalspieler kommt wahlweise auf dem rechten oder linken Flügel zum Einsatz. Gegen St. Pauli am Samstag stand er erstmals in der Startformation. Auf seinen ersten Scorerpunkt wartet Kabadayi aber noch.

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FC Bayern München - Johannes Schenk (Preußen Münster)

"Johannes Schenk hat sich seit seinem Wechsel als junger Spieler an unseren FC Bayern Campus kontinuierlich entwickelt. Für seinen nächsten Schritt braucht er nun regelmäßige Einsätze im Profibereich, daher haben wir uns für das Leihgeschäft mit Preußen Münster entschlossen. Wir werden seinen Weg genau verfolgen", erklärte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen bei der Verkündung des Leihgeschäfts. Zusätzlich wurde der Vertrag des Keepers bis 2025 verlängert.

Doch aus den regelmäßigen Einsätzen im Profibereich ist bisher nichts geworden. Schenk stand noch keine Sekunde für den Drittligisten auf dem Platz. Daher wäre auch eine Startelf-Nominierung für das DFB-Pokalspiel am Dienstag, wenn es ausgerechnet gegen den FC Bayern geht, eine Überraschung.

Stattdessen wird voraussichtlich Maximilian Schulze-Niehues den Kasten gegen das Münchner Starensemble hüten. Der 34-Jährige ist bereits seit 2011 im Verein und verpasste in dieser Spielzeit noch keine Minute.