BVB - Felix Nmecha nach starkem Heim-Debüt für Borussia Dortmund: Einer der umstrittensten Transfers in der Historie

felix-nmecha-1200
© getty

Felix Nmecha glänzte bei seinem Debüt im Signal Iduna Park für Borussia Dortmund mit zwei Toren. Der Transfer des 22-Jährigen bleibt dennoch einer der umstrittensten in der Historie des BVB.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Spötter würden sagen: Felix Nmecha ist schon ein richtiger Borusse! Schließlich hat es auch den Neuzugang bereits mit der typischen BVB-Verletzung erwischt: Muskuläre Probleme am hinteren Oberschenkel hinderten den Mittelfeldspieler daran, auf mehr als die absolvierten 62 Spielminuten in den sieben Vorbereitungspartien der Dortmunder zu kommen.

Doch Nmechas Debüt im Signal Iduna Park hätte nicht besser laufen können. Beim 3:1 gegen Ajax Amsterdam traf er am vergangenen Sonntag nach seiner Einwechslung zweimal und krönte sich damit zum Matchwinner.

Das dürfte den BVB-Verantwortlichen gefallen haben, ändert jedoch nichts daran, dass Nmecha einer der umstrittensten Transfers in Dortmunds Historie ist. Würde ein Spieler vom Erzrivalen FC Schalke 04 zur Borussia wechseln - was freilich schon mehrfach geschehen ist -, ginge es in Anführungszeichen lediglich um emotionale Aspekte. Bei Nmecha geht es um mehr.

Der gläubige Christ hatte zu seiner Zeit beim VfL Wolfsburg in den sozialen Medien Beiträge geteilt und geliked, die unbestreitbar homo- und transphob sind. Rund um den sich anbahnenden Wechsel nach Dortmund hatte der BVB einiges unternommen, um die Empörung in der eigenen Fanszene abzufedern.

Felix Nmecha, Borussia Dortmund
© getty

BVB-Präsident hatte vor Nmecha-Transfer "große Bedenken"

So fand zunächst ein Geheimtreffen von Nmecha mit BVB-Präsident Dr. Reinhold Lunow und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke statt, das aber alles andere als geheim blieb. Kurz darauf tauchten Zitate von Watzke in der Süddeutschen Zeitung auf, die offenbar nicht zur Veröffentlichung freigegeben waren oder, so berichtete die Bild, gar nicht getätigt wurden.

Der 64-Jährige sagte laut SZ über Nmecha, der zu diesem Zeitpunkt wohlgemerkt noch in Wolfsburg unter Vertrag stand: "Das ist ein ganz normaler Junge, ein normaler junger Fußballer. Er ist kein Typ, der innerhalb der Gruppe mit seinen Einstellungen oder seinem Verhalten für Unruhe sorgt." Ohnehin: "Dem normalen Fußballpublikum sind diese Themen eher fremd. Sie erwarten vom Fußball erst mal Fußball", wurde Watzke zitiert.

Als der Transfer schließlich perfekt war, wandte sich Lunow an die Fans. Er hatte "zunächst große Bedenken" ob der Verpflichtung, doch dann habe Nmecha "glaubwürdig versichert, dass er die Werte unseres Grundwertekodex teilt und danach handeln wird".

BVB-Fans mit teils heftigen Reaktionen auf Felix Nmecha

Der Spieler selbst kam in einem Vorstellungsvideo zu Wort und äußerte sich zu den Vorwürfen leicht lächelnd so: "Ich denke, ein paar Sachen waren aus dem Kontext genommen."

Die Reaktionen von Dortmunder Anhängern nicht nur in den sozialen Medien waren dennoch teilweise heftig. Die entscheidende Frage wird letztlich sein, wer die Mehrheit bildet: Watzkes Einschätzung vom "normalen Fußballpublikum" oder doch die Gegner der Verpflichtung?

Dass es gegenüber Nmecha bei seiner Heim-Premiere am Sonntag zu keinerlei Unmutsäußerungen des Publikums kam, ist noch kein Indikator für eine klare Antwort darauf. Die aktive Fanszene des BVB blieb traditionell dem sogenannten Saisoneröffnungsspiel fern. Das wird sich am Samstag im DFB-Pokal gegen Schott Mainz ändern. Doch auch unabhängig davon ist es möglich, dass größere Protestbekundungen erst zum Auftakt in die Bundesligasaison im Dortmunder Stadion folgen werden - sollte es eben überhaupt welche geben.

felix-nmecha-1200
© getty

BVB untersagte Medien Fragen an Felix Nmecha

Ob Proteste oder nicht: Es wäre dem BVB, der sich seine Trikots schon einige Male von den Regenbogenfarben zieren ließ, zweifelsfrei gut zu Gesicht gestanden, die Dinge klarer beim Namen zu nennen.

"Aus dem Kontext genommen" war nämlich nichts von den "Nebengeräuschen", wie es Sportdirektor Sebastian Kehl nannte. Auch Lunows Statement, wonach Nmecha "Inhalte geteilt hatte, die durchaus als homophob oder queerfeindlich interpretiert werden können" zielte daneben. Die geteilten Inhalte waren eindeutig homophob und queerfeindlich, dazu gibt es keinerlei Interpretationsspielraum.

Zuletzt untersagte es der Klub nach Nmechas BVB-Debüt während der USA-Reise der Presse, Fragen an ihn zu richten, die die Vorwürfe der Homo- und Transphobie zum Gegenstand haben. Als dies von den begleitenden Medien öffentlich gemacht wurde, kam es zum nächsten Aufschrei in den sozialen Medien.

BVB: Felix Nmecha mit starkem Spiel gegen Ajax

Doch wirklich verwunderlich an diesem Vorgang ist vielmehr die Tatsache, dass Nmecha nach seinen ersten 17 BVB-Minuten den Medien überhaupt schon zur Verfügung gestellt wurde. Es ist darüber hinaus das gute Recht des Vereins, diese Diskussion nicht weiter zu befeuern. Auch ist es alles andere als unüblich, dass Profiklubs Fragen zu brisanten Themen vorab untersagen. Diesen Vorgängen könnte man sich widersetzen, doch wer das tut, sollte sich über anschließende Konsequenzen seitens der Vereine nicht wundern - so läuft schlicht und ergreifend das Geschäft.

Den Dortmunder Entscheidungsträgern käme es in dieser Debatte daher entgegen, wenn Nmecha auch zum Pflichtspielstart glänzen und mit guten Leistungen andere Schlagzeilen schreiben würde. Gänzlich verdrängen können wird man das Thema nicht, Nmechas weitere Social-Media-Aktivitäten dürften öffentlich wie medial künftig scharf beäugt werden.

Ein Auftakt in sportlicher Hinsicht ist jedenfalls gemacht. Gegen Ajax deutete der 22-Jährige an, dass er als Achter seinen Teil dazu beitragen kann, den Abgang von Jude Bellingham aufzufangen. Nmecha zeigte sich spielfreudig, stets anspielbar und weiträumig präsent, darüber hinaus torgefährlich sowie mit einer guten Schusstechnik ausgestattet.

Felix Nmecha, BVB, Neuzugang, Bundesliga
© getty

BVB: Gesunder Konkurrenzkampf im Mittelfeld

"In 45 Minuten hatte er fünf oder sechs Torabschlüsse. Er hat das gezeigt, war wir schon in ihm gesehen haben, bevor wir ihn geholt haben", sagte Trainer Edin Terzic und lobte: "Das Spielfeld sieht manchmal zu klein für ihn aus. Mit seinen langen Schritten kann er nahezu überall auf den Platz kommen. Er kann wichtig für uns werden."

Noch wichtiger für den BVB ist, dass aktuell ein gesunder Konkurrenzkampf im Mittelfeld herrscht, bei dem sich auch Nmecha seiner Sache nicht sicher sein kann. "Das ist genau das, was wir wollen. Er ist so nah dran wie alle. Er muss es sich verdienen", sagte Terzic, dem mit Marco Reus, Julian Brandt und Marcel Sabitzer in diesen Tagen drei weitere Kandidaten für Nmechas Aufgabengebiet zur Verfügung stehen.

"Ich möchte im ersten Pflichtspiel in der Startelf stehen - ganz klar. Das ist mein Ziel", sagte der 30-Millionen-Einkauf. Seine Physis würde trotz der längeren Trainingspause einen Platz in der Anfangsformation hergeben. Allerdings knickte Nmecha zuletzt im Training um, eine Diagnose steht noch aus. Gut möglich daher, dass Nmecha das erste Pflichtspiel gegen den Regionalligisten verpassen wird. Wie gesagt: Schon ein richtiger Borusse!

BVB: Neuzugang Felix Nmecha und seine Leistungsdaten beim VfL Wolfsburg

WettbewerbSpieleToreVorlagen
Bundesliga4637
DFB-Pokal2--
Champions League2--
Artikel und Videos zum Thema