FC Bayern vs. BVB - Jürgen Kohler exklusiv: "Mats Hummels war bei Bayern nie der tragende Faktor"

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Jürgen Kohler hat für den FC Bayern und Borussia Dortmund gespielt. Vor dem Duell der Giganten (18.30 Uhr im LIVETICKER) sprach der Weltmeister von 1990 bei SPOX und GOAL über die Rückkehr von Mats Hummels zum BVB, die Defizite von Dayot Upamecano und den Abschied von David Alaba.

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Außerdem äußerte sich der 55-Jährige zum anstehenden Trainerwechsel bei der Borussia und Jerome Boatengs zweiten Frühling.

 

Jürgen Kohler über...

... das Topspiel: "Bayern ist Favorit, aber an einem guten Tag ist dem BVB zuzutrauen, etwas aus München mitzunehmen. Ich persönlich hoffe auf ein Unentschieden, glaube aber, dass Bayern gewinnt."

... die zuletzt ansteigende Formkurve des BVB: "Gerade in der Liga hat Dortmund zuletzt gegen Mannschaften gespielt, die man schlagen kann. Klar haben sie viermal hintereinander gewonnen, aber die Spielweise hat mir nicht gefallen. Das hat mir unter Lucien Favre besser gefallen. Am Ende des Tages zählen aber die Ergebnisse und nicht die Art und Weise."

... den Trainerwechsel von Edin Terzic zu Marco Rose: "Wenn du zu Borussia Dortmund gehst, hast du eine große Bürde zu tragen. Der BVB ist ein Traditionsverein und liegt in Deutschland hinter Bayern München auf Rang zwei. Wenn man auf den Etat blickt, ist es auch irgendwo ein Muss, in den nächsten ein bis drei Jahren einen Titel zu holen. Das muss auch den Spielern bewusst sein."

... Rose: "Er hat einen großen Vorteil im Gegensatz zu vielen anderen Trainern, weil er selbst Profi war. Er kann Situationen besser einschätzen, weil er sie wirklich erlebt hat. Schon in Salzburg hat er gute Arbeit geleistet. Auch dort hat man die Verpflichtung, immer Meister zu werden. Diese Titel musst du aber auch erstmal gewinnen. Ich denke da zum Beispiel an den Sieg der Youth League im Jahr 2017. Er hat klare Vorstellungen und weiß auch, auf was er sich einlässt. Für den BVB ist Kontinuität sehr wichtig. Aber natürlich gepaart mit Erfolg. Es nützt ja nichts, wenn du jedes Jahr international spielst, aber keine Titel holst. Sonst verlierst du mittel- bis langfristig deine Topspieler und bekommst auch keine neuen."

Jürgen Kohler spielt für Dortmund und für Bayern.
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Jürgen Kohler spielt für Dortmund und für Bayern.

... den Trainer-Verschleiß nach Jürgen Klopp: "Klopp kannst du nicht klonen. Klopp ist Klopp. Aki Watzke hat auch eine besondere persönliche Bindung zu Klopp gehabt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so eine Bindung noch einmal zu einem anderen Trainer aufbaut. Jürgen ist auf eine gewisse Art ein Menschenfänger. In so einer Position geht es auch um Menschenführung, dafür war Jürgen prädestiniert. Aber auch dafür hat er zwei, drei Jahre gebraucht. Auch die schwierige Situation mit der drohenden Insolvenz hat vermutlich dazu geführt, dass Klopp mehr Zeit bekommen hat und man geduldiger war. Mit dem jetzigen Etat kann man nicht mehr sagen: ‚Da müssen die Leute Geduld haben.'"

... Mats Hummels' Rückkehr nach Dortmund vor zwei Jahren: "Sein Plan, mit Borussia Dortmund Titel zu gewinnen, ist bislang nicht aufgegangen. Aber Spielern geht es auch um Einsatzzeiten. Von daher war der Schritt von Mats richtig. Wenn man ehrlich ist, hat er bei Bayern München nie den tragenden Faktor gespielt und ist nicht die Führungsfigur gewesen, die er zuvor in Dortmund war."

Kohler: "Glaube nicht, dass Bayern mit Boateng verlängert"

... Jerome Boatengs zweiten Frühling bei Bayern: "Ich glaube nicht, dass Bayern den Vertrag verlängern wird. Wenn Bayern von einem Spieler überzeugt ist, werden die Gespräche auch normalerweise frühzeitig geführt. Durch Hansi Flick hat sich für Boateng nochmal eine andere Perspektive ergeben, aber er ist auch in die Jahre gekommen und verletzungsanfälliger geworden. Und Bayern hat mit (Dayot) Upamecano, (Niklas) Süle und (Lucas) Hernandez schon drei Topspieler auf dieser Position, die deutlich jünger sind. Ich bin mir auch sicher, dass sie noch einen Spieler für die Verteidigung holen werden - vielleicht auch einen Ersatz für (Javi) Martinez für die Sechs, der auch in der Innenverteidigung spielen kann. An Bayerns Stelle würde ich über (Denis) Zakaria nachdenken."

... Upamecano: "Wie es bei jungen Spielern üblich ist, hat er zuletzt leichte Konzentrationsmängel gehabt. Trotzdem war es eine Investition in die Zukunft, weil er eigentlich alles mitbringt. Er ist sehr schnell und relativ zweikampfstark, obwohl ich da noch ein paar Defizite sehe. In seinem Alter kann er sich aber noch verbessern."

... Upamecanos Defizite: "Durch seine Statur und Wucht ist er auf die kurze Distanz nicht der Beweglichste. Kleine, wendige Spieler haben da Vorteile. Sobald er im Laufduell ist und seine Geschwindigkeit aufgebaut hat, läuft ihm so schnell aber keiner davon."

... David Alabas Abgang: "Es wird kein Rückschritt für ihn sein, auch wenn Bayern zu den drei besten Vereinen in Europa zählt und sich sportlich und wirtschaftlich vor niemandem verstecken muss. Den Schritt geht er in erster Linie sicherlich wegen des Geldes und das kann ich auch nachvollziehen. Er ist jetzt 28 Jahre alt und wird einen Vier- oder Fünfjahresvertrag unterschreiben. Da kann er mir auch erzählen, was er will. Da werden ein paar Euro eine große Rolle spielen. Aber das kann man dem Spieler auch nicht übel nehmen. Das ist völlig legitim und würden die meisten anderen auch machen. Als Profifußballer hat man nur wenige Jahre, in denen man diesen Beruf ausüben kann. Es kann auch zu schweren Verletzungen kommen. Ein Süle kann mit seinen zwei Kreuzbandrissen ein Lied von singen. Das ist Alaba bisher zum Glück erspart geblieben. Ich bin damals auch wegen des Geldes von Bayern weggegangen. Sicher, mir hat der Wechsel nach Italien damals auch sehr gut getan. Gerade in Sachen Persönlichkeitsentwicklung. Aber das war wirklich nicht mein erster Gedanke. Es wäre ein schönes Märchen, würde ich ihnen jetzt etwas anderes erzählen."

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