NBA

Rivalität unter neuen Vorzeichen

Derrick Rose (l.) geht als Favorit ins Duell mit Dwyane Wade und den Miami Heat
© getty

Die Chicago Bulls haben gegen die Miami Heat auch in fremder Halle die Favoritenrolle inne (So. auf Mo., 0 Uhr im LIVE-STREAM). Zwar läuft bei den Bulls noch nicht alles glatt, an Motivation wird es gegen den Rivalen aber nicht fehlen - zumal Derrick Rose' Formkurve zuletzt nach oben zeigte. Die Heat wollen dagegen ihren Negativtrend umkehren.

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Ausgangslage: Der Start in die Post-LeBron-Ära in Miami verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Momentan liegen die Heat zwar auf einem Playoff-Platz, die Bilanz (10-11) reißt aber keine Bäume aus - und die Defense macht Sorgen (viertschlechteste Defensive Efficiency). Es geht auf und ab: Einem beeindruckenden Sieg in Dallas folgten beispielsweise Pleiten gegen Indiana, Atlanta und Milwaukee.

Die Heat befinden sich noch in einem Findungsprozess, der nicht unbedingt dadurch erleichtert wird, dass Dwyane Wade auch in dieser Saison immer mal wieder aussetzen muss. Ist "Flash" dabei, sind die Heat ein anderes Team, zumal er richtig stark spielt (23,94 PER!). Ohne den Guard wiederum ist Chris Bosh zu häufig auf sich allein gestellt, da auch die Neuen noch nicht voll integriert sind.

Von den letzten sieben Spielen hat Miami fünf verloren, sechs dieser Spiele erfolgten allerdings auch in fremder Halle. Das Spiel gegen Chicago eröffnet wiederum eine Phase, in der die Heat neun von zehn Malen in Folge zuhause ran dürfen und den Negativtrend umkehren wollen.

Miami Heat: "Wie eine Achterbahnfahrt"

Die Bulls, die vor der Saison gemeinsam mit Cleveland als "Team to beat" im Osten galten, werden diesem Status bisher noch nicht uneingeschränkt gerecht, vor allem die kuriose Heimschwäche (4-5) gibt Rätsel auf. Allerdings ist trotzdem erkennbar, dass sich das Team in die richtige Richtung bewegt.

Die Defense hat zwar - auch wegen einigen verpassten Spielen von Joakim Noah, der auch gegen Miami fraglich ist - noch nicht das Weltniveau der letzten Jahre erreicht, dafür ist Chicago offensiv viel stärker als noch in der Vorsaison (Platz 8 bei der Offensive Efficieny). Und das ist bei weitem nicht nur auf die Rückkehr von Derrick Rose zurückzuführen.

Jimmy Butler hat offensiv einen riesigen Sprung gemacht, Pau Gasol ist zudem voll eingeschlagen - der Big Man liefert Zahlen wie seit Jahren nicht mehr. Und auch die anderen Neuen wie Nikola Mirotic oder Aaron Brooks bringen sich gut ein. Insgesamt haben die Bulls das tiefste Team in der Ära Thibs versammelt und es spricht wenig dagegen, dass sie im Laufe der Saison genau die Rolle einnehmen werden, die man ihnen davor zugetraut hatte.

Jimmy Butler: Finally the "G" stands for "Gets"

Die Stars der Teams: LeBron ist weg, Wade braucht immer mal wieder Pausen - Chris Bosh ist mittlerweile "the Man" in Miami. Der Lefty ist bisher eine Bank und erzielt im Schnitt über 5 Punkte mehr als in der Vorsaison. Unter der Woche machte er mit 34 Punkten, 9 Rebounds und vier von sechs Dreiern beim Sieg gegen die Suns eines seiner besten Spiele der Saison.

Derrick Rose ist wiederum noch lange nicht so konstant wie Bosh, vielmehr war seine Saison bisher von kleineren Verletzungen und leistungstechnischen Aufs und Abs geprägt. In den letzten beiden Spielen zeigte die Formkurve aber klar nach oben (23 und 31 Punkte), zumal D-Rose wesentlich aggressiver zum Korb ging als zuvor. Ein gutes Zeichen für die Bulls, denn ein gut aufgelegter Rose kann aus einem Playoff-Team einen Titelfavoriten machen.

Das Schlüsselduell: Es gibt viele interessante Matchups - ob nun Rose gegen die Point Guards der Heat, Gasol gegen Bosh oder Luol Deng gegen sein Ex-Team. Entscheidend dürfte aber das Duell auf der Zwei sein, also Jimmy Butler gegen Dwyane Wade.

Es wäre für die Heat ungemein wichtig, dass "Flash" dieses Duell für sich entscheidet. Denn während es die Bulls wohl verschmerzen könnten, wenn Butler wenig punktet, seinen Gegner dafür aber defensiv in Schach hält, braucht Miami die Punkte von Wade, um dagegenhalten zu können.

Es wird jedoch nicht leicht für ihn, da er einerseits einen der besten Verteidiger auf seiner Position vor sich hat und andererseits gerade erst von einer Grippe genesen ist. Immerhin: Gegen Utah schien ihm das nichts auszumachen, als er 29 Punkte und 7 Assists auflegte, obwohl er den Tag über nur eine halbe Schüssel Hühnersuppe zu sich nehmen konnte.

Geschichte: Sieben Playoff-Serien seit 1992, 127 Spiele gegeneinander, "sie mögen uns nicht, wir mögen sie nicht" - bei Miami und Chicago kann man mittlerweile mit Fug und Recht von einer Rivalität sprechen. Selbst in der Regular Season ist die Atmosphäre eine andere, wenn diese beiden Teams gegeneinander antreten, wie zuletzt im März beim Overtime-Sieg der Bulls im United Center.

In den Playoffs hatten die Bulls in den 90ern klar die Nase vorn; zweimal sweepten MJ und Co. die Heat in der ersten Runde, 1997 gab es ein 4:1 in den Conference Finals. 2006 konnte wiederum der spätere Meister aus Miami erstmals eine Serie gegen die Bulls gewinnen, wofür es im Jahr danach aber direkt die Retourkutsche gab (Sweep in Runde eins).

Die letzten beiden Playoff-Serien 2011 und 2013 gewannen bekanntlich die Heat, allerdings war da natürlich auch noch ein gewisser LeBron James mit von der Partie. Die Rollen sind heuer anders: Die Bulls sehen sich im Osten als das beste Team und werden jede Chance nutzen wollen, um dies der dominanten Franchise der letzten vier Jahre unter die Nase zu reiben.

Rookies: Die Heat hatten sich im Draft sehr darum bemüht, Shabazz Napier zu bekommen - auch, weil LeBron ihn zu seinem Lieblingsspieler erkoren hatte. Napier ist tatsächlich Teil der Rotation, hat bisher alle Spiele mitgemacht und im Schnitt 21,4 Minuten Spielzeit bekommen. Er tat sich bisher allerdings recht schwer, was sein PER von 9,2 reflektiert. Die Heat haben sich daher am Wochenende dazu entschieden, Napier vorerst in die D-League zu schicken, wo er Selbstvertrauen sammeln und spielerisch reifen soll.

Neben ihm findet sich mit James Ennis noch ein weiterer Rookie im Kader, der bisher bis auf ein Spiel alle mitgemacht hat und im Schnitt 14 Minuten bekommt. Mit einem unfassbaren Dunk über Rasual Butler sorgte er immerhin schon für eins der Highlights der jungen Saison, ansonsten hält sich sein Impact bisher jedoch in Grenzen.

Die Bulls haben derweil mit Nikola Mirotic einen Rookie, der keine große Eingewöhnungszeit benötigt hat. Der Euro-Import führt alle Rookies in Sachen Player Efficiency Rating an (16,83) und ist von der Bank schon jetzt eine wichtige Option für Tom Thibodeau. Doug McDermott hatte dagegen noch Schwierigkeiten, sich ans Profi-Level zu gewöhnen. Jetzt ist er nach einer Knie-Operation ohnehin erstmal sechs bis acht Wochen außer Gefecht.

Stimmen:

Erik Spoelstra (Coach Heat) über Wade nach dem Spiel gegen Utah: "Er hat sich voll reingehangen. Wir waren ihm schon dankbar, dass er in seinem Zustand überhaupt da draußen war. Dann noch so ein Spiel zu machen, ist beeindruckend."

Tom Thibodeau (Coach Bulls) über Rose: "Wir gehen alle davon aus, dass er wieder der Alte wird. Er muss einen Schritt nach dem anderen machen. Dann gibt es keinen anderen wie ihn."

Derrick Rose (Bulls) über Mirotic: "Er hat keine Ahnung, wie gut er ist. Er ist großartig, weil er das Spiel versteht. Er ist unglaublich vielseitig."

Prognose: Für die Heat steht eigentlich mehr auf dem Spiel. Sie haben zuletzt ziemlich schlecht ausgesehen und müssen sich sogar in der miesen Eastern Conference irgendwann nach hinten umschauen, wenn sie in den Playoffs nicht in der ersten Runde rausfliegen möchten. An Motivation wird es gegen den Rivalen nicht fehlen.

Das gilt allerdings auch für die Bulls, die mit Sicherheit gerne ein Statement setzen wollen. Insgesamt hat Chicago einfach mehr Waffen und wird sich den Sieg wohl nicht nehmen lassen, zumal die Bulls auswärts bisher ohnehin besser sind als in Chicago.

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