Stephan: "Alles klar mit den Toten Hosen"

Von Interview: Felix Götz
Daniel Stephan (hier beim Benefizspiel zu Ehren Oleg Velykys) spielte 183 Mal für den DHB
© Imago

Im September 2009 wurde Daniel Stephan als sportlicher Leiter in Lemgo entlassen. Nun hat der Welthandballer von 1998 einen neuen Job - als Sportdirektor beim Absteiger HSG Düsseldorf. Mit SPOX sprach der 36-Jährige über die Gründe seines Engagements in der Zweiten Liga, ehrgeizige Ziele, überzogene Erwartungen und die Schwierigkeit, als Köln-Fan in Düsseldorf klar zu kommen.

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SPOX: Herr Stephan, Sie als Fan des 1. FC Köln in Düsseldorf. Das geht ja wohl gar nicht!

Daniel Stephan (lacht): Da durfte ich mir aus meinem Bekanntenkreis schon einiges anhören. Aber ich habe keinerlei Probleme mit der Fortuna. Ich durfte vor einiger Zeit auch mal "Die Toten Hosen" kennenlernen und die sind ja wirklich große Fortuna-Fans. Da gab es auch keine Schwierigkeiten, da war alles klar. Ich werde sicher auch mal im Stadion vorbeischauen.

SPOX: Vom FC-Fan zum Fortuna-Fan?

Stephan: Nein, das geht natürlich nicht.

SPOX: Was gab denn den Ausschlag, beruflich nach Düsseldorf zu gehen?

Stephan: Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber es war zu spüren, dass die HSG mich unbedingt haben wollte.

SPOX: Gab es auch andere Angebote?

Stephan: Ja. Auch von Erstligisten. Es gab außerdem die Möglichkeit, etwas beim Verband zu machen.

SPOX: Der Welthandballer von 1998 als Sportdirektor in der Zweiten Liga. Komisch?

Stephan: Am Anfang war ich ein wenig zurückhaltend. Jetzt bin ich aber davon überzeugt, dass man hier etwas aufbauen kann. Als so eine Art Leitwolf einen kleineren Verein nach oben zu bringen, das reizt mich sehr.  Entscheidend ist, dass es eine sportliche Perspektive gibt. Und die haben wir bei der HSG. Ich bin komplett davon überzeugt, dass wir es schaffen, in Düsseldorf den Handball zu etablieren.

SPOX: Die Verantwortlichen bei der HSG genießen einen guten Ruf. Hat das die Entscheidung erleichtert?

Stephan: Sicher. Hier wird schon lange mit sehr viel Herzblut gearbeitet. Trotzdem war es jetzt an der Zeit, die Strukturen zu verändern, um die Fahrstuhlmannschaft HSG Düsseldorf in der Bundesliga zu etablieren. Das sind ehrgeizige Ziele, aber ich bin sehr froh, dass ich mich dafür entschieden habe. Düsseldorf braucht einen starken Handball-Verein und ich hoffe, dass wir das in absehbarer Zeit sein können.

SPOX: Hat auch die Nähe zu Ihrer Heimat Duisburg-Rheinhausen eine Rolle gespielt?

Stephan: Das ist zumindest sehr angenehm. Allerdings habe ich jetzt einen Mietvertrag in Düsseldorf unterschrieben. Ich möchte mich nämlich voll mit der Stadt und dem Verein identifizieren.

SPOX: Trotz allem Positiven, das Sie ansprechen. Fühlt sich der neue Job nicht wie ein persönlicher Rückschritt an?

Stephan: Es ist kein Rückschritt, sondern eine Chance.

SPOX: Wie sieht die kurzfristige Zielsetzung mit der HSG aus?

Stephan: Wir wollen spätestens in zwei Jahren in der Bundesliga sein. Von mir aus aber gerne auch schon nach der kommenden Saison.

SPOX: Gibt es auch eine Zielsetzung darüber hinaus? Vielleicht auch irgendwann in der Bundesliga oben mitzuspielen?

Stephan: So vermessen kann man jetzt noch nicht sein. Mittelfristig ist es aber sicherlich das Ziel, sich in der Bundesliga zu etablieren. Bisher gab es bei der HSG selten Konstanz. Aufstieg, vielleicht ein Jahr die Klasse gehalten, dann wieder der Abstieg. Das gilt es in Zukunft zu vermeiden. Wir wollen Kontinuität an den Tag legen. Dafür gibt es auch ein gutes Beispiel.

SPOX: Welches?

Stephan: Die Füchse Berlin. Bob Hanning hat da hervorragende Arbeit geleistet. Als er in Berlin angefangen hat, haben die vor 200 Zuschauern gespielt. Jetzt sind die Füchse ein Anwärter für einen Platz im Europapokal.

SPOX: Glauben Sie wirklich, dass so etwas in Düsseldorf möglich ist?

Stephan: Das wird sich zeigen. Wir haben natürlich viel Arbeit. Wir müssen wirtschaftlich zulegen, der Etat muss größer werden.

SPOX: Da können Sie mit Ihrem großen Namen Türen aufstoßen, oder?

Stephan: Das habe ich vor. Ich möchte mithelfen, Sponsoren für die HSG zu gewinnen. Und da geht es nicht nur um große Firmen, sondern auch um kleine Unternehmen. Wir müssen die Leute insgesamt für unser Projekt begeistern.

SPOX: In Sachen Sponsoren hat die HSG in Düsseldorf viel Konkurrenz: Fortuna, DEG und Giants. Ein großer Nachteil?

Stephan: Ich habe da kein Konkurrenz-Denken. Fußball ist sowieso eine eigene Liga, Eishockey und Basketball gibt es in der jeweils höchsten Spielklasse. Wir müssen harte, ehrliche Arbeit - außerhalb und auf dem Platz - abliefern, um Sponsoren und Fans auf unsere Seite zu bekommen. Vielleicht ist dafür zunächst einmal sogar die Zweite Liga besser als die Erste.

SPOX: Wie bitte?

Stephan: Ich denke einfach, dass Begeisterung mit vielen Siegen in der Zweiten Liga leichter auszulösen ist, als mit vielen Niederlagen in der Bundesliga.

SPOX: Was haben Sie aktuell für einen Eindruck von der HSG. Bewegt sich schon etwas?

Stephan: Ja. Nach einem Abstieg herrscht meistens Lethargie. Hier in der Mannschaft herrscht aber eine Aufbruchstimmung. Ich war auch bei ein paar Trainingseinheiten mit dabei. Als Fußball gespielt wurde, habe ich sofort eingegriffen (lacht).

SPOX: Erfolgreich?

Stephan: Natürlich hat Alt gegen Jung gewonnen. Und das, obwohl Jung in der Halbzeit noch geführt hat.

SPOX: Bei welcher Mannschaft haben Sie gespielt?

Stephan (lacht): Das kann man sich wohl denken.

SPOX: In der Nachwuchsarbeit der HSG läuft es besser als im Fußball bei der Fortuna oder dem FC. Die A-Jugend ist amtierender Deutscher Meister. Inwiefern werden die Talente in den Profi-Kader integriert und wie groß ist der Sprung von der A-Jugend in die Zweite Liga?

Stephan: Der Sprung von der Jugend zu den Senioren ist im Handball schon groß. Aber die Jungs entwickeln sich prima und sind sehr ehrgeizig. Deshalb sind jetzt auch vier A-Jugend-Meister fest in unserem Zweitliga-Kader. Speziell in der Jugend wurde bei der HSG in den vergangenen Jahren hervorragend gearbeitet. Das wollen wir weiter fortführen.

SPOX: Nur mit jungen Leuten geht es nicht. Deshalb wurde Daniel Brack aus Hannover geholt. Fällt ihm eine Rolle als Leader zu?

Stephan: Ganz klar! Er ist ein gestandener Spieler, der Verantwortung übernehmen soll und will. Er ist auch zu uns gekommen, weil er eine Führungsrolle einnehmen möchte. Aber sicher ist auch: Jeder in der Mannschaft muss eine gewisse Verantwortung übernehmen.

SPOX: Sie waren auch ein Führungsspieler, in Lemgo. Dort waren Sie insgesamt 15 Jahre. Unmittelbar vor der vergangenen Saison wurden Sie dann als Sportdirektor entlassen. Ist das aufgearbeitet?

Stephan: Diese Zeit ist größtenteils aufgearbeitet. Wobei ich schon zugeben muss, dass ich von den Verantwortlichen beim TBV sehr enttäuscht war. Aber ich möchte jetzt nicht nachtreten, sondern nach vorne blicken.

SPOX: Als Markus Baur in Lemgo entlassen wurde, da hat man Ihnen den Trainerposten angeboten. Als Sie aus Solidarität zu Ihrem Freund abgelehnt haben, wurden Sie auch gefeuert. Wäre es dennoch denkbar, dass Sie irgendwann als Trainer arbeiten?

Stephan: Momentan sicher nicht, weil ich ja jetzt Sportdirektor bei der HSG bin und mich voll darauf konzentriere. Ich möchte hier eine erfolgreiche Arbeit abliefern - möglichst lange. Aber ich mache nebenbei den Lehrgang, um die A-Lizenz zu bekommen. Prinzipiell könnte ich mir schon vorstellen, irgendwann Trainer zu werden.

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