WM

Wer wird der neue Wynton Rufer?

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Wynton Rufer (r.) spielte in der Bundesliga sechs Jahre für Werder Bremen
© Getty

32 Teams nehmen an der Weltmeisterschaft in Südafrika teil. Jedes Teilnehmerland hat seine eigene Geschichte zu erzählen. SPOX greift aktuelle Entwicklungen auf, lässt Protagonisten zu Wort kommen oder beleuchtet historische Ereignisse. Heute: Neuseeland.

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1982 qualifizierte sich Neuseeland erstmalig für eine Weltmeisterschaft. Wynton Rufer, ehemals Stürmer bei Werder Bremen, war mit dabei.

28 Jahre später haben es die All Whites wieder gepackt und reisen im Sommer zur WM nach Südafrika. Im Interview mit SPOX spricht Ozeaniens Fußballer des Jahrhunderts über den neuseeländischen Fußball, seine Entwicklungsarbeit und die kommenden neuseeländischen Stars.

SPOX: Herr Rufer, die Qualifikation der neuseeländischen Nationalmannschaft zur WM in Südafrika hat in Ihrem Land einen Fußballboom ausgelöst. Wie ist die Stimmung aktuell?

Wynton Rufer: Immer noch super und das wird sicherlich auch noch einige Zeit anhalten. Hinzu kommt, dass Auckland City bei der FIFA-Klub-Weltmeisterschaft in Dubai den fünften Platz belegt hat. Auckland hat dort gegen Teams aus Dubai und Afrika gewonnen, obwohl die einen Millionenetat haben. Der Etat von Auckland City liegt bei 200.000 Euro und sie spielen bei uns in der höchsten neuseeländischen Liga. Dort spielt sich vieles noch im Amateurbereich ab, daher ist der Erfolg grandios!

SPOX: Sie scheinen richtig euphorisch zu sein.

Rufer: Das ist ja auch noch nicht alles. Wellington Phoenix, das einzige echte Profiteam Neuseelands, ist in der australischen A-League als Tabellenvierter in die Playoffs gekommen. Dort haben sie das Halbfinale erreicht. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass ein Team aus Neuseeland überhaupt in den Playoffs dabei gewesen ist.

SPOX: Ist das jetzt einfach eine gute Fußballergeneration oder steht der neuseeländische Fußball wirklich vor dem nächsten Entwicklungsschritt?

Rufer: Es ist schon noch Zufall, denn wenn man ehrlich ist, dann sind die meisten Spieler bei Auckland City Ausländer. Auch bei Wellington Phoenix spielen nur vier Neuseeländer, der Rest kommt zumeist aus Australien. Trotzdem freuen wir uns über den Erfolg und die Qualifikation für Südafrika. Dadurch kommt der Fußball bei uns immer stärker in die Medien und wird beachtet. Immerhin gibt es jetzt einige Leute, die das Thema ernsthaft angehen wollen. Das ist sensationell.

SPOX: Sie machen das mit Ihrer Fußballschule "Wynton Rufer Soccer School of Excellence" bereits seit 13 Jahren. Sind die Anmeldezahlen durch die WM-Qualifikation gestiegen?

Rufer: Klar. Ich war noch nie so beschäftigt wie jetzt. Es gibt immer mehr Anfragen. Wir machen jetzt einen neuen Standort in Wellington auf, auch in der Nähe von Auckland führen wir Gespräche. Ich bin in Neuseeland auf einmal ein wichtiger Mann geworden. (lacht)

SPOX: Sie sind für die Arbeit mit dem Nachwuchs von Premierminister John Key ausgezeichnet worden. Wann wird Wynton Rufer Nationaltrainer?

Rufer: Ich arbeite in einem Bereich, in dem ich gut wirken kann, weil ich etwas aufbaue. Dort bin ich genau richtig aufgehoben. Ich kann Spieler entwickeln und voranbringen. Wir sind hier in Sachen Fußball immer noch eine Art Dritte Welt. Ich kann in meinem jetzigen Bereich für Neuseeland mehr erreichen. Bis wir genug Talente haben, dauert das noch eine Weile. Wir haben ja auch nur vier Millionen Einwohner. Als Nationaltrainer arbeitet man kurz- bis mittelfristig. Die wichtigste Arbeit ist die langfristige Entwicklung. Ich leiste Aufbauarbeit und will das auch genauso machen.

SPOX: Warum hört man eher selten von neuseeländischen Spielern?

Rufer: Das ist ein Prozess, der dauert. Bei West Bromwich Albion, den Blackburn Rovers oder den Glasgow Rangers spielen neuseeländische Talente, die den Durchbruch noch nicht geschafft haben. Es hängt viel mit dem Umfeld und der Umstellung auf die andere Mentalität zusammen. In Neuseeland wird vieles etwas lockerer genommen als in Europa. Hinzu kommt die Sprache. In England ist das kein Problem, aber beispielsweise Deutsch zu lernen, ist nicht leicht.

SPOX: Warum haben Sie sich dann damals in Europa durchgesetzt?

Rufer: Ich war eine Ausnahme. Wenn man sich die Liste von Ozeanien zur Wahl des Spielers des Jahrhunderts anschaut, dann sind dort zwanzig Spieler zu finden. Nur ich komme davon aus Neuseeland. Ich wurde gewählt. Ausnahmen gibt es im Sport immer. Das Problem haben andere Länder auch. Der Spieler des Jahrhunderts in Afrika ist George Weah, der kommt aus Liberia. Das ist nicht das beste afrikanische Fußballteam, aber er war als Spieler des Landes eine Ausnahmeerscheinung.

SPOX: Auch 1982 war Neuseeland für die WM qualifiziert. Sie waren selbst aktiv dabei. Warum hat sich der Fußballboom danach nicht gehalten?

Rufer: Er hielt ja zwei Jahre lang an. Aber die damals Verantwortlichen konnten das nicht nutzen. Das ist jetzt schon alleine deshalb etwas anderes, weil jeder Verband, der mit seinem Nationalteam an der WM teilnimmt, rund drei Millionen Euro bekommt. So viel Geld hatte der neuseeländische Verband noch nie. Auch unsere Fußballvereine springen auf den WM-Zug auf und arbeiten an ihren Strukturen. Es gibt jetzt genug junge Spieler, Trainer und Sponsoren in Neuseeland, die mehr machen wollen.

SPOX: Der Confederations Cup 2009 in Südafrika lief mit nur einem Punkt nicht gut. Warum wird es 2010 besser?

Rufer: Man muss realistisch bleiben und schauen, welche Teams dabei waren. Brasilien, Spanien und Italien, da hätte auch Deutschland seine liebe Mühe gehabt. Eine solche Teilnahme ist gut für uns, weil die Spieler Erfahrungen sammeln können, da kaum einer von ihnen in Europa aktiv ist. Der große Nachteil für Länder wie Neuseeland oder aber Australien ist, dass sie letztendlich so weit weg von der eigentlichen Fußball-Szene sind. Daher ist es auch schwer, gute Leute zur Entwicklung unseres Fußballs herzuholen.

SPOX: Der neuseeländische Nationaltrainer Richard Herbert hat gesagt, dass man Australien in den asiatischen Fußballverband folgen könnte. Dort sei das Niveau höher, als im Ozeanien-Verband. Was halten Sie davon?

Rufer: Beim Verbandswechsel der Australier spielte die politische Seite stark mit ein. Die Politik hat immer mit Geld zu tun und Neuseeland hat das Geld dafür nicht. Australien konnte das machen, weil der Verbandschef Milliardär ist. Er hat genug Geld und somit auch politisches Gewicht. Neuseeland hat dies nicht, daher glaube ich nicht an einen Wechsel.

SPOX: Was sagen Sie zu Ihren WM-Gruppengegnern Italien, Paraguay und Slowakei?

Rufer: Die Gegner sind egal, wir sind einfach froh, dabei zu sein. Wir wären auch mit einer Gruppe zufrieden, in der Brasilien, Spanien und die Niederlande gewesen wären. (lacht) Wichtig ist, wie man im ersten Spiel in das Turnier startet. Wäre unser Auftaktgegner jetzt Italien gewesen, hätte ich gesagt, dass ist schlecht. Nun ist es die Slowakei, da kann man mal schauen. Ich hoffe, dass wir eine gute Runde spielen.

SPOX: Gibt es im neuseeländischen Nationalteam Namen, die man sich merken sollte?

Rufer: Der Kapitän von Neuseeland Ryan Nelsen ist bekannt. Das ist der einzige richtig bekannte Spieler und gleichzeitig Kapitän von den Blackburn Rovers in der englischen Premier League. Chris Wood kam aus meiner Fußballschule und ist der jüngste Spieler im Kader. Er spielt bei West Bromwich Albion in der zweiten englischen Liga. Es sagen hier alle, dass er der nächste Wynton Rufer wird.

SPOX: Gibt es weitere Talente, die in den nächsten Jahren mal etwas werden könnten?

Rufer: Ja, Torwart Stefan Marinovic, der aktuell bei Wehen Wiesbaden II in der Regionalliga spielt. Er ist gerade 18 Jahre alt und wird in vier Jahren der neue neuseeländische Nationaltorwart. Da bin ich mir sicher.

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