Klasnic: "Ich soll Gott sein"

Von Interview: Haruka Gruber
Nantes-Stürmer Ivan Klasnic wartet in Frankreich auf seinen ersten Torerfolg
© Imago

Ex-Bremen-Star Ivan Klasnic wechselte im Sommer nach Frankreich zum FC Nantes. Seitdem stockt jedoch die Karriere. Nantes steckt trotz des 2:0-Erfolgs in Le Havre am letzten Spieltag als 16. unten fest, Klasnic wartet noch immer auf seinen ersten Torerfolg. Im SPOX-Interview spricht der 28-jährige Kroate über seinen cholerischen Trainer, seine Torflaute und eine mögliche Rückkehr in die Bundesliga.

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SPOX: Kennen Sie den Film "Full Metal Jacket"?

Ivan Klasnic: Ja.

SPOX: Dann erzählen Sie mal: Stimmt es, dass Elie Baup, Ihr Trainer in Nantes, derart rüde mit seiner Mannschaft umspringt wie Sergeant Hartman in "Full Metal Jacket"?

Klasnic: Sagen wir es so: Ich bin froh, dass ich noch nicht alles auf Französisch verstehe. Der Trainer wird manchmal laut und benutzt Worte, die nicht ganz jugendfrei sind.

SPOX: Sie haben aber keine Probleme mit dem als cholerisch geltenden Baup, obwohl Ihnen als Top-Zugang noch kein Treffer gelungen ist?

Klasnic: Nein, wir kommen gut miteinander aus. Das mit meinen fehlenden Torerfolgen muss man relativieren. Die Leute in Nantes hatten völlig überzogene Erwartungen, als mein Wechsel nach Frankreich verkündet wurde. Aber wenn die ganze Mannschaft nicht funktioniert, kann ich als Einzelner auch nicht viel ausrichten.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Klasnic: Ich habe in der Bundesliga viele Tore geschossen und bewiesen, dass ich internationale Klasse verkörpere. Aber es ist Wahnsinn, wie hoch die Erwartungen hier sind. Ich soll praktisch Gott sein. Schon vor der Saison hieß es im Verein: "Wenn Klasnic zehn Tore macht, halten wir sicher die Klasse. Wenn Klasnic 20 Tore macht, können wir oben mitspielen."

SPOX: Nach zwölf Saisoneinsätzen heißt die Realität aber: null Tore.

Klasnic: Das Umfeld in Nantes glaubt, dass nur durch mich alles gut wird. Das kann nicht sein. In Bremen habe ich viele Tore geschossen, weil ich von meinen guten Mitspielern profitiert habe. Ich war einer von vielen. Aber Nantes hat nun mal nicht die Klasse wie damals Bremen. Das müssen die Leute doch sehen.

SPOX: Sie sind mit Ihren Leistungen demnach zufrieden?

Klasnic: Ich weiß, dass ich einige Partien gut gespielt habe, einige schlecht. Aber was man bei der ganzen Diskussion nicht vergessen darf: Auch ein Ribery hat in Frankreich lang nicht so viele Tore erzielt wie in Deutschland, ein Ronaldinho war in Paris lang nicht so überragend wie in Barcelona. Im Vergleich zu den anderen großen Ligen ist es in Frankreich viel schwerer, ein Tor zu erzielen. Jede Mannschaft spielt quasi nur mit einer Spitze und agiert sehr defensiv.

SPOX: Dennoch schützt es Sie nicht vor Kritik. Bei den Fans in Nantes sollen Sie umstritten sein.

Klasnic: Es ist doch verwunderlich, wie die Fans auf mich reagieren. Aber wenn sie es nötig haben, mich auszupfeifen, stört es mich nicht - auch wenn ich so etwas noch nicht erlebt habe. Die Fans denken halt: "Ach, der Klasnic verdient gutes Geld, dann können wir ihn ja zum Sündenbock machen, wenn es nicht läuft."

SPOX: Es heißt, dass Sie Anfang November, beim 1:1 gegen Toulouse, bereits vor dem Abpfiff unerlaubt das Stadion verlassen hätten, weil ihre Auswechslung von heftigen Buh-Rufen begleitet worden sei.

Klasnic: Sie dürfen nicht alles glauben, was in den französischen Medien steht. Die Journalisten hier schreiben einfach irgendwas, ohne mit mir zu reden. Man kann belegen, dass ich nach der Auswechslung geduscht, angezogen und daraufhin auf der Bank Platz genommen habe. Es ist schade, aber in Frankreich haben die Journalisten keine Ahnung vom Fußball und schreiben nur Scheiße.

SPOX: Zumindest die Meldung aus Frankreich stimmt aber, dass Sie im Winter wahrscheinlich nach Deutschland zurückkehren?

Klasnic: Ich habe es gelesen und war doch überrascht, was Nantes' Präsident Waldemar Kita in einem Interview so von sich gab. Dass er mir keine Steine in den Weg legen will, wenn ich weg wollen würde. All so was. Dabei haben wir darüber noch gar nicht geredet.

SPOX: Sie wollen also weg?

Klasnic: Ich schließe nie etwas aus, aber derzeit gehe ich davon aus, dass ich in Nantes bleibe. Ich habe einen Vierjahres-Vertrag unterschrieben - und das allein macht einen Wechsel schwierig.

SPOX: Wolfsburg soll Interesse haben.

Klasnic: Ich höre einiges aus der Bundesliga - aber bislang hat sich noch kein Verein aus Deutschland bei mir gemeldet. Aber sollte Interesse bestehen, ehrt es mich natürlich.

SPOX: Für VfL-Coach Felix Magath könnte sich ein Anruf bei Ihnen also rentieren?

Klasnic: Ich weiß ja nicht, was er plant. Aber seit seiner Zeit bei den Bayern, als er Kontakt mit mir aufnahm, hat er auf jeden Fall meine Handy-Nummer.

SPOX: Auch Kaiserslautern soll sich mit Ihnen beschäftigt haben.

Klasnic: Die Zweite Liga kommt für mich auf keinen Fall in Frage. Nur bei meinem Heimatverein St. Pauli würde ich vielleicht irgendwann eine Ausnahme machen.

SPOX: Und wie wäre es mit Ihrer alten Liebe Bremen? Werder könnte einen zweiten treffsicheren Torjäger neben Pizarro gebrauchen...

Klasnic: Ich habe immer wieder gesagt, dass es schwer wird, mich zu ersetzen. Was aber nicht heißt, dass ich es nicht schade finde, was in Bremen diese Saison passiert. Eine Rückkehr kommt jedoch nicht in Frage.

SPOX: Aber es ist richtig, dass Sie sich häufiger in Bremen aufhalten, um wegen Ihrer Nierentransplantation behandelt zu werden?

Klasnic: Das stimmt, ich fliege regelmäßig nach Bremen und lasse mich durchchecken. Aber das ist kein Grund zu wechseln. In Nantes steht immerhin die größte Transplantationsklinik Frankreichs.

SPOX: Haben Sie sich in Nantes einigermaßen eingelebt?

Klasnic: Es ist schwierig für mich und meine Familie. Meine Frau spricht kein Französisch und hat hier keine Freunde. Aber wir versuchen das Beste und lernen jeden Tag neue Vokabeln. Letztens habe ich im Internet auf französisch Flugtickets gebucht. Es geht also voran - und deswegen sind wir ja auch nach Frankreich gezogen. Eine neue Sprache, eine neue Herausforderung. Daher darf man nicht immer davon ausgehen, dass der Wechsel nach Nantes eine Fehlentscheidung war.

Ivan Klasnic im Steckbrief