"Financial Fairplay hinterfragen"

Manchester City machte mit dem Lampard-Leihgeschäft Schlagzeilen
© getty

Der Wechsel von Frank Lampard zu ManCity trat in England eine Welle der Empörung los, da die Umgehung des Financial Fairplay vermutet wurde. Auch in Deutschland droht zwischen Salzburg und Leipzig ein willkürlicher Spieleraustausch. Dr. Martin Stopper ist spezialisiert auf Sportrecht und berät unter anderem nationale und internationale Vereine und Verbände. SPOX sprach mit dem Anwalt über die Schlupflöcher des FFP, das Aussterben des Traditionsvereins und mögliche Lösungen für den Fußball.

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SPOX: Herr Dr. Stopper, ganz England beschäftigte sich zuletzt mit dem Wechsel von Frank Lampard zu Manchester City. Arsenal-Coach Arsene Wenger beispielsweise regte an, dass mit Hilfe eines Leihgeschäftes möglicherweise die Regeln des Financial Fairplay ausgetrickst wurden. Was sagen Sie dazu?

Dr. Martin Stopper: Zunächst muss man das Financial Fairplay einmal hinterfragen und überlegen, ob die Maßnahmen, Investoren zu bremsen, so viel Sinn machen - unabhängig von der Frage, ob sie rechtmäßig sind. Das FFP versucht Regeln einzuführen, die unter anderem Investorenaktivitäten und Mäzenatentum eindämmen sollen. Obwohl es dabei um privates Investment geht, soll das FFP so etwas als eine Art unzulässige Beihilfe sanktionieren, die ja sonst nur der der öffentlichen Hand untersagt ist. Ein mutiges Unterfangen.

SPOX: Was reguliert das FFP?

Stopper: Es bezieht sich in erster Linie auf das Finanzgebaren der Klubs und damit mittelbar auf die Spielergehälter und Transfers. Denn grundsätzlich geht es ja darum, die Break-Even-Regularien einzuhalten. Das heißt vereinfacht gesagt, dass man nicht mehr ausgibt, als man einnimmt - wobei die Ausgaben hauptsächlich auf Gehälter und Transferentschädigungen beziehen. Und die Einnahmen sollen dann auf so genannte faire und marktübliche Art generiert werden und den Ausgaben gegenübergestellt werden. Nach den FFP-Regeln sind also Einnahmen aus Medienrechten, Tickets und marktüblichem Sponsoring fair, aber darüber hinausgehende Investitionen sollen nicht in die Soll-Haben-Rechnung einfließen. Das bremst Unternehmen, die eigentlich gar nicht in den Regulierungsbereich der Uefa fallen. Zudem fehlt es im Fußball an einem geschlossenen System wir es zum Beispiel bei den Topsportarten in den USA gegeben ist.

SPOX: Wie müsste ein solches System aussehen?

Stopper: Für die US-Profiligen herrschen ganz andere Voraussetzungen. So werden zum Beispiel im Baseball fast alle Spieler im Rahmen des US-Systems zwischen College-System und Profiligen ausgebildet und bewegt. Dort gibt es Drafting-Verfahren, die den Spielerwechsel organisieren und ein ausgewogenes Mannschaftsgefüge in den Ligen ermöglichen. Dadurch ist es viel einfacher, ein solches System zu organisieren und zu kontrollieren. Fußball ist eine Weltsportart. Und dabei wird er durch zunehmende Globalisierung, die zunehmende Professionalisierung und vor allem die laufende Wertsteigerung des Sports stark beeinflusst. Die Fußballverbände hecheln dieser Entwicklung oftmals hinterher und können vielen Veränderungen, die ihren Wertvorstellungen entsprechen, nicht mehr Herr werden.

SPOX: Welche Werte meinen Sie?

Stopper: Grundwerte heißt in diesem Zusammenhang, dass ein Traditionsverein, der gut wirtschaftet, von seinen Sponsoren entsprechend belohnt wird, ein großes Stadion und viele Fans hat, geschützt werden soll. Das ist schließlich auch der grundlegende Gedanke hinter dem FFP. Deshalb kommt das FFP den Traditionsvereinen sehr entgegen. Wobei man auch hier schon wieder einschränken muss, dass die spanischen Traditionsklubs vielleicht den Beihilferegelungen des FFP gewachsen sein können, andererseits aber den echten Beihilferegeln der EU häufig nicht entsprechen. Auch daran sieht man wieder, dass die Gerechtigkeitsdiskussion zwischen den Klubs immer wieder eine neue Variante ausweisen kann.

SPOX: Zur City-Holding-Group gehören inklusive Manchester City und New York City inzwischen vier große Fußball-Vereine. Ist mit dem Lampard-Wechsel ein neuer Höhepunkt der Kommerzialisierung des Sports erreicht? Die sportlichen Vorteile für ManCity sind schließlich beschränkt.

Stopper: Den Trend hin zu großen Konzernen gab es in dieser Form bislang nicht. Die Möglichkeit jedoch, Transferklauseln zu umgehen, wurde schon im letzten Jahrhundert praktiziert. Man hat für einen Spieler Verträge mit einem südamerikanischen Klub abgeschlossen. Der Spieler kam aber meist einen Tag später wieder in seine Liga zurück, obwohl er nie südamerikanischen Boden betreten hat. Das hat man so geschluckt und geduldet.

SPOX: Haben solche Konzerne Vorteile in Bezug auf Transferaktivitäten?

Stopper: Für die Umgehung von Auslandstransfer-Klauseln braucht man nicht zwingend einen Konzern, das funktioniert auch gut bei befreundeten Klubs, manchmal sogar zu Freundschaftspreisen. Im Zusammenhang mit dem FFP ist weniger die Umgehung von Auslandstransfer-Klauseln von Bedeutung, sonder der Umgang mit den immer mehr zunehmenden Leihverträgen. Denn dadurch kann man die Ausgabenkosten beim Champions-League-Teilnehmer natürlich enorm drücken. So wird vielleicht auch der Fall Lampard motiviert gewesen sein. Gehaltskosten und Transferentschädigungen könnte man zum größten Teil in New York verorten. ManCity ist dann fein raus.

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