"Financial Fairplay hinterfragen"

Manchester City machte mit dem Lampard-Leihgeschäft Schlagzeilen
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SPOX: Weltweit gehören derartige Leihgeschäfte eigentlich schon zur Tagesordnung: Chelsea kooperiert seit Jahren mit Vitesse Arnheim. Udinese hat im Sommer beispielsweise zehn Spieler an Watford ausgeliehen.

Stopper: Genau, ein solches System existiert bereits seit vielen Jahren. Nur ein Beispiel: Der FC Turin hat bereits jahrelang einen riesigen Kader und verleiht die Spieler in sämtliche Länder. Wenn diese dann an Wert gewinnen, werden sie verkauft und somit Transfereinnahmen generiert. Dieses System funktioniert eben nur über Leihgeschäfte. Dabei stellt sich vor dem Hintergrund des FFP erneut die Frage, welches Konto dann belastet wird.

SPOX: Im kleinen Stil hält dieser Trend auch in Deutschland Einzug. Immer mehr Spieler werden konzernintern zwischen Salzburg und Leipzig hin- und hergeschoben. Ist dies Wettbewerbsverzerrung oder einfach eine geschickte Ausnutzung der Rechte? Und halten Sie diese Praktik für moralisch in Ordnung?

Stopper: Gerade in Fall Salzburg/Leipzig stehen doch eher sportstrategische Gründe im Vordergrund, die von einem gesamtverantwortlichen Sportdirektor erwogen werden. Auf der einen Seite gibt es den österreichischen Meister, auf der anderen Seite den aufstrebenden Zweitligisten, der in die Bundesliga drängt. Da macht es Sinn, Transfers über die Mannschaften zu verteilen. Es geht dabei weniger darum, das FFP auszutricksen.

SPOX: Wie im Fall Massimo Bruno kauft Red Bull jedoch nur noch Spieler für das Unternehmen und entscheidet aufgrund der Entwicklung erst im Anschluss, in welcher Liga sie spielen werden. Angenommen Salzburg hat in der kommenden Winterpause zehn Punkte Vorsprung auf Rang zwei und leiht daraufhin die drei besten Spieler an Leipzig aus, um dieses Team zu verstärken. Ist ein solches Szenario denkbar?

Stopper: Das wäre natürlich ein Szenario, das nicht schön aussieht. Aber grundsätzlich muss da kein einheitlicher Konzern dahinterstecken, denn solche Bewegungen sind nach den Verbandsregeln auch sonst möglich. Solche Aktivitäten unternehmen doch alle Clubs, wenn sie es für notwendig erachten, sich in der Winterpause zu verstärken und es sich leisten können. Dennoch ist es klar, dass Leipzig und Salzburg strukturell andere Möglichkeiten haben, um untereinander von Transfers in sportlicher Hinsicht zu profitieren. Solange die Klubs nicht im gleichen Wettbewerb spielen, ist eine solche Praxis jedoch verbandsrechtlich nicht zu beanstanden.

SPOX: Droht bei diesen Trends der Traditionsverein auszusterben?

Stopper: Begriff und Wertemaßstab für einen Traditionsvereins sind schwer zu fassen. Dabei geht es um sportpolitische Definitionen, nicht um sportrechtliche. Artenschutz genießen sie jedoch innerhalb des hochkommerzialisierten Profisports nur in engen Grenzen. Festzuhalten ist, dass es im Fußball rasant schnelle und nicht immer glückliche Entwicklungen gibt. Aber noch in den 80er und 90er Jahren haben sich viele Fußball-Funktionäre beschwert, dass der Fußball sich nicht schnell genug entwickelt und vielmehr stagniert. Jetzt will man ein zu starkes Wachstum wieder zurechtrücken. Allerdings freut man sich in Deutschland über steigende Geldflüsse im TV- und Sponsoringbereich, um im Wettbewerb mit den anderen Ligen aufzuholen. Wertsteigerung gegen Werteerhaltung, das ist ein riesiges Paradoxon und eine große Herausforderung für die Fußball-Politik. Und am Ende müssen die eingeschlagenen Wege auch noch rechtsverträglich sein.

SPOX: Welche Maßnahmen würden helfen?

Stopper: Wenn man Ihre Frage noch mal auf die Ideen des FFP bezieht, wäre eigentlich die Einführung eines Salary Cap die ehrlichere Variante. Das bedeutet, dass es für die Klubs eine Gehaltsobergrenze für den Kader gibt. Dann wäre das Thema "Gehälterexzess" viel besser zu greifen. Solche Beschränkungen betreffen direkt das Gebaren der Clubs und würden ihnen nicht indirekt vorschreiben, welche Zahlungen durch Dritte sie als gut oder schlecht deklarieren müssen. Doch auch ein solches System funktioniert hier nur, wenn es den wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen den Klubs nicht gleichzeitig ins Absurde führt, eine absolute Grenze geht nicht, eine relative Grenze schon, denn man kann ja dem FC Bayern heute nicht sagen, er soll für seine Spieler so viel ausgeben wie der SC Paderborn. Ein solches System kann funktionieren, wenn es in Europa einheitlich installiert und durchgesetzt wird. Das wäre schon eine kleine Revolution.

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