"Deutsche Fans verschenken 23 Millionen Euro"

Von Interview: Fabian Swidrak
Finanzexperten hatten behauptet, die Dauerkarten in der Bundesliga seien zu billig
© Getty

Der Start in eine neue Bundesligasaison bedeutet für einige Fans immer, dass sie in Zukunft etwas tiefer in die Tasche greifen müssen, um bei ihrem Lieblingsklub live im Stadion dabei zu sein. Im Interview mit SPOX spricht Steve Roest, Unternehmenssprecher der Internet-Ticket-Börse viagogo, über die Frage, ob Bundesliga-Tickets zu billig sind, wie viagogo gegen den Ticket-Schwarzmarkt kämpft und Vereinen neue Fans beschert.

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SPOX: Finanzexperten haben im "Handelsblatt" die These aufgestellt, die Eintrittskarten in der Bundesliga seien zu billig. Was halten Sie von dieser These?

Steve Roest: Ich weiß nicht, ob die Karten zu billig sind. Wir sehen bei viagogo, dass die Nachfrage nach Bundesliga-Tickets von Jahr zu Jahr steigt. Wir sprechen da nicht nur von ein paar Prozent, sondern von Vervielfachungen. Aus der steigenden Nachfrage könnte man dann eventuell eine mögliche Preissteigerung ableiten. Aber ich will nicht sagen, dass die Karten grundsätzlich zu günstig sind.

SPOX: 100 Millionen Euro an Mehreinnahmen stellen die Finanzexperten den Bundesligaklubs durch Preiserhöhungen in Aussicht. Im Ausland haben wir schon deutlich höhere Preise. Die Stadien sind dort aber nicht so gut ausgelastet wie in Deutschland. Gehen den Klubs damit nicht langfristig andere Einnahmequellen verloren?

Steve Roest: Etwa 23 Millionen Euro gehen den Fans in Deutschland jedes Jahr verloren, weil sie ein Spiel nicht besuchen können, ihre Karte aber nicht weiter verkaufen. Und in den Stadien bleiben dann Plätze leer. Das ist natürlich nicht gut für die Klubs. Wenn die Fans ihre Tickets bei viagogo weiter verkaufen, können andere Zuschauer ins Stadion gehen. Die kaufen dann vielleicht eine Wurst, ein Bier oder ein Trikot. So gewinnt der Verein neue Fans.

SPOX: Die Experten haben vor allem die Dauerkarten im Visier. Was würde sich auf dem Mark denn verändern, wenn diese deutlich teurer werden würden?

Steve Roest: Grundsätzlich beeinflusst der Preis der Karten den Weiterverkauf nicht. Es gibt immer das Bedürfnis Tickets verkaufen zu können. In unserer modernen Welt ist es einfach nicht möglich, zu jedem Spiel zu gehen, weil man einfach nicht immer Zeit hat. Auch Käufer, die im regulären Verkauf zu kurz gekommen sind, werden sich immer finden. Aber höhere Preise für Dauerkarten sind eher ein zusätzlicher Grund, Karten über unsere Plattform weiter zu geben. Wenn mein Verein mehr Geld für meine Saisonkarte haben möchte, habe ich doch auch eher das Bedürfnis einen Teil des Geldes wieder zu bekommen.

SPOX: Welche Faktoren beeinflussen den Ticketpreis überhaupt grundsätzlich?

Steve Roest: Auf dem Erstmarkt entscheiden einzig die Vereine über den Preis. Auf dem Zweitmarkt gibt es viele verschiedene Dinge, die den Verkaufspreis beeinflussen können. Nehmen wir zum Beispiel das Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern München und dem FC Chelsea: Dort haben viele einzigartige Faktoren eine Rolle gespielt. Ein Finale im eigenen Stadion ist etwas ganz besonderes. Allgemein spielen natürlich der Gegner eine Rolle und auch der Spieltag, also ob an einem Freitag, Samstag, Sonntag, Montag oder gar unter der Woche gespielt wird.

SPOX: Heißt das dann auch, Sie halten es für legitim, dass Karten, die solch einzigartigen Faktoren unterliegen, für den zehn- oder zwanzigfachen Einkaufspreis weiter verkauft werden?

Steve Roest: Es geht nicht darum, ob das legitim ist oder nicht. Wenn man ein Ticket besitzt, kann man es auch verkaufen. Das ist wie bei einem Buch oder einem Auto. Da gibt es kein Gegenargument. Das Beispiel Champions-League-Finale zeigt doch, wie wichtig es ist, einen sicheren Marktplatz zu haben. Bei uns bekommt der Käufer eines Tickets immer die Garantie, dass er seine Karte auch erhält. Sollte es zu Problemen kommen, kümmert sich viagogo um ähnliche oder bessere Karten für den Käufer. Ist das nicht möglich, wird das Geld zurückerstattet. Wir kämpfen seit Jahren gegen den Schwarzmarkt auf Ebay oder auf dem Parkplatz, wo es keine Sicherheit für die Fans gibt.

SPOX: Welche Möglichkeiten hat viagogo, die Preise für Bundesliga-Tickets in einem bestimmten Rahmen zu halten und so für eine breite Masse der Bevölkerung zugänglich zu machen?

Steve Roest: Es ist uns wichtig, dass Tickets bei viagogo zu fairen Preisen angeboten werden. Beim Einstellen von Eintrittskarten bekommt daher jeder Verkäufer zur Orientierung dafür einen Preis vorgeschlagen, der auf aktuell gehandelten Ticket-Preisen für die gleiche Veranstaltung basiert. Die Hälfte aller Karten wechselt bei viagogo für den Originalpreis oder noch weniger Geld den Besitzer. Unsere Plattform ist also eine gute Möglichkeit, ein Schnäppchen zu machen. Natürlich gibt es immer wieder Leute, die versuchen 20.000 Euro für ein Stehplatzticket zu bekommen. Aber diese Karten kauft ja dann keiner.

SPOX: Was halten Sie davon ein Preislimit für den Verkauf von Karten auf Ihrer Plattform einzuführen, damit die Karten dort nicht für Unsummen angeboten werden können?

Steve Roest: Wenn man solch eine Regelung für viagogo einführt, bedeutet das nicht, dass man dies auch für die Straße oder Ebay tut. Die Leute können ihre Karten dann immer noch für viel Geld verkaufen. Aber die potenziellen Käufer haben das Risiko, sich mit einem Betrüger einzulassen. Eine Preisdeckelung würde also nur verhindern, dass wir die Fans vor Betrug schützen können.

Der Bundesliga-Spielplan