Die Besonderheiten der Grand-Slam-Turniere

Jedes der vier "Majors" hat seine ganz persönliche Note. Wir stellen die Unterschiede und Eigenheiten vor.

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 27.01.2014, 21:05 Uhr

Von Christian Albrecht Barschel

Australian Open:

Die Australian Open sind das jüngste der vier Grand-Slam-Turniere und wurden 1905 zum ersten Mal ausgetragen. 1922 fand zum ersten Mal eine Damenkonkurrenz statt. Bis 1927 wurde das Turnier unter dem Namen Australasian Championships veranstaltet. Von 1928 bis 1968 trug das Turnier den Namen Australian Championships. Seit Beginn der Open Era heißt das Turnier offiziell Australian Open . Durch einen Terminwechsel fanden die Australian Open 1977 zweimal statt. Durch einen weiteren Terminwechsel wurden 1986 keine Australian Open gespielt. Bis 1987 wurden die Australian Open auf Rasen ausgetragen und von 1977 bis 1985 am Ende des Jahres als viertes und letztes der Grand-Slam-Turniere gespielt. 1988 zog das Turnier aus dem Melbourner Stadtteil Kooyong in den Flinders Park (heute bekannt als Melbourne Park ) um. Der Belag wechselte von Rasen auf Hartplatz . Mats Wilander ist der einzige Spieler, der die Australian Open sowohl auf Rasen als auch auf Hartplatz gewinnen konnte. Mit dem Ortswechsel ging auch eine weitere historische Neuerung einher. Die Australian Open wurden das erste Grand-Slam-Turnier mit einem einfahrbaren Dach , das 1988 in Betrieb genommen wurde. Steffi Graf und Chris Evert spielten 1988 das erste Grand-Slam-Finale unter geschlossenem Dach . Der zweitgrößte Platz der Anlage wurde 2000 fertig gestellt und verfügt ebenfalls über ein Dach. Die Australian Open sind damit das einzige Grand-Slam-Turnier mit zwei überdachten Plätzen . Bis 2015 soll über dem drittgrößten Platz, der Margaret Court Arena, ebenfalls ein Dach entstehen. Wegen der langen Anreise nach Melbourne ließen viele Topspieler wie Jimmy Connors, Björn Borg, John McEnroe und Andre Agassi die Australian Open über viele Jahre hinweg aus. Seit Mitte der 90er ist immer die komplette Weltelite in Melbourne am Start. Wegen der fröhlichen und ausgelassen Stimmung der Zuschauer werden die Australian Open auch als "Happy Slam" bezeichnet. Besonderen Charme bekommt das Turnier dadurch, dass der Melbourne Park nur einen kurzen Fußmarsch von der Innenstadt entfernt ist und man direkt am Yarra River entlang spaziert. Die Australian Open sind das mit Abstand heißeste der vier Grand-Slam-Turniere . Um die Spieler besser vor der Hitze zu schützen, wurde die Extreme Heat Policy eingeführt, die in Kraft tritt, wenn die Bedingungen zu extrem sind für die Spieler. Die Australian Open sind das einzige Grand-Slam-Turnier, bei dem die Herren-Halbfinals nicht am gleichen Tag stattfinden. Das erste Herren-Halbfinale wird bereits am Donnerstag ausgetragen, sodass der erste Finalist zwei Tage Pause vor dem Finale hat. Die Australian Open sind eines von zwei Grand-Slam-Turnieren, bei denen es eine Night Session gibt. Als einziges Grand-Slam-Turnier beginnt das Finale bei den Damen und Herren am Abend . Die Australian Open erlebten den in der Weltrangliste am schlechtesten platzierten Sieger . Mark Edmondson gewann 1976 als Nummer 212 der Weltrangliste das Turnier und ist auch der letzte australische Herrenspieler, der das Turnier gewinnen konnte. Außerdem gab es bei den Australian Open das späteste Ende bei einem Tennismatch. Lleyton Hewitt und Marcos Baghdatis beendeten 2008 ihre Partie erst um 4:33 Uhr in der Nacht oder früh morgens - je nachdem, wie man es betrachtet.

French Open:

Die French Open wurden 1891 zum ersten Mal ausgetragen, 1897 fand die erste Damenkonkurrenz statt. Bis 1925 durften nur einheimische Spieler und ein paar ausgewählte ausländische Spieler am Turnier teilnehmen, das bis 1928 auf Rasen gespielt wurde. Seit 1928 wird das Turnier im Stade Roland Garros ausgetragen. Der offizielle Turniername der French Open heißt seitdem "Les Internationaux de France de Roland-Garros" oder " Tournoi de Roland-Garros" oder kurz "Roland Garros" , benannt nach einem französischen Kampfflieger im Ersten Weltkrieg. Für die deutschen und internationalen Beobachter ist aber immer noch French Open der gängige Begriff. Mit dem Umzug ins Stade Roland Garros ging auch ein Belagwechsel einher. Seit 1928 werden die French Open auf Sand gespielt. Die French Open waren 1968 das erste Grand-Slam-Turnier, dass die Teilnahme von Profis erlaubte und somit die Open Era bei den Grand Slams einleitete. Seit 1988 sind die French Open das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres und der krönende Abschluss der Sandplatzsaison im Frühling. Das Stade Roland Garros ist mit acht Hektar die kleinste Anlage der Grand-Slam-Turniere. Selbst nach dem geplanten Ausbau auf 14 Hektar werden die French Open immer noch die kleinste Anlage haben. Jedes Jahr kann man die Menschenmassen beobachten, wie sie sich ihren Weg durch die Anlage quälen. Bei Regenpausen in Paris haben die Zuschauer nur wenige Möglichkeiten, sich trocken unterzustellen. Die French Open sind das einzige Grand-Slam-Turnier, wo das Hauptfeld bereits am Sonntag beginnt. Diese Neuerung wurde 2006 eingeführt. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass die Zählweise nur auf Französisch bekanntgegeben wird. Im Gegensatz zu den anderen Grand-Slam-Turnieren und einigen anderen Tennisturnieren verfügt kein Platz über Flutlicht .

Wimbledon:

Wimbledon, das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt, ist das wohl speziellste der vier Grand-Slam-Turniere mit vielen Besonderheiten. 1877 wurden "The Wimbledon Championships" , wie die offizielle Turnierbezeichnung ist, zum ersten Mal ausgetragen. 1884 fand zum ersten Mal eine Damenkonkurrenz statt. Bis 1922 wurde das Wimbledonturnier in der Challenge Round ausgetragen. Der Sieger aus dem Vorjahr war automatisch für das Finale qualifiziert. Das Turnier wird im "All England Lawn Tennis and Croquet Club" ausgetragen und hat als einziges Grand-Slam-Turnier nie seinen Standort gewechselt und wurde bislang immer auf dem gleichen Bodenbelag gespielt - auf Rasen. Der Rasen wird mit 100 Prozent Weidegras , das besonders widerstandsfähig ist, gesät. Die Höhe der Halme beträgt acht Millimeter . Mit speziellen Belüftungsmaschinen wird ein höherer Ballabsprung erzeugt. Die Straße, an der sich die Turnieranlage befindet, heißt Church Road . Die Plätze in Wimbledon werden auch als "Heiliger Rasen" bezeichnet. In Wimbledon muss 90 Prozent der Spielkleidung weiß sein. Die weiße Kleidung wurde eingeführt, um peinliche Schweißflecken zu verstecken. Der Centre Court in Wimbledon bekam 2009 ein einfahrbares Dach . Damit wurde Wimbledon das zweite Grand-Slam-Turnier mit einem Dach. Das Dach wiegt 3000 Tonnen , ist 5200 Quadratmeter groß, hängt 16 Meter über den Platz. Das transparente Dach, damit der Rasen Licht bekommt, schließt in zehn Minuten . Bis weitergespielt werden kann, vergeht aber eine halbe Stunde. Der Grund: Die Luftfeuchtigkeit muss 45 bis 55 Prozent betragen , sonst wird der Rasen zu rutschig. Anders als bei den anderen Grand-Slam-Turnieren ist am ersten Sonntag, dem Middle Sunday , während der zwei Turnierwochen traditionell spielfrei . Dreimal wurde mit dieser Tradition gebrochen. Starke Regenfälle zwangen die Veranstalter, in den Jahren 1991 , 1997 und 2004 am Middle Sunday zu spielen. Der Middle Sunday führt dazu, dass am Montag alle Achtelfinals der Damen und Herren ausgetragen werden, am sogenannten Manic Monday . Sollte der Spielbetrieb am zweiten Sonntag noch nicht beendet sein, wird dieser am Montag, dem People's Monday , fortgeführt. Dies war 2001 der Fall, als das Herren-Finale zwischen Goran Ivanisevic und Patrick Rafter wegen Regens erst am Montag ausgetragen werden konnte. Ivanisevic gewann als erster und bislang einziger Herrenspieler mit einer Wildcard bei einem Grand-Slam-Turnier. Es war zudem das bislang einzige Mal, dass ein Herrenfinale erst am Montag begonnen wurde. Die Karten gingen in den freien Verkauf, sodass der People's Monday seinem Namen alle Ehre machte. Durch den Bau des Daches über den Centre Court ist ein weiterer People's Monday nahezu ausgeschlossen. Die Plätze in Wimbledon haben im Vergleich zu einigen Plätzen bei den anderen Grand-Slam-Turnieren keine speziellen Namen . Der ehemalige Court 2 in Wimbledon wurde auch als "Graveyard of the Champions" (Friedhof der Stars) bezeichnet, weil dort so viele Spitzenspieler sensationell scheiterten.

Wenn ein Spieler oder eine Spielerin in Wimbledon im Einzel das Viertelfinale erreicht, erhält er oder sie lebenslange Mitgliedschaft im sogenannten Last-Eight-Club . 1986 begann in Wimbledon eine kleine Revolution im Tennis. Erstmals kamen zur Verbesserung der Fernsehübertragungen gelbe Bälle zum Einsatz. Seit 1987 dürfen die Profis nicht mehr auf die Rasenplätze in Wimbledon spucken . Wer sich nicht daran hält, muss mit Geldstrafen rechnen. Der Herren-Sieger des Vorjahres eröffnet traditionell am ersten Montag das Spielgeschehen auf dem Centre Court, die Damen-Siegerin des Vorjahres eröffnet am Dienstag auf dem Centre Court. Der zweite Dienstag während des Turniers ist den Damen-Viertelfinals vorbehalten, der zweite Mittwoch den Herren-Viertelfinals. Bis 2003 mussten sich die Spieler vor der Royal Box (insgesamt 74 Sitze) verbeugen, die Spielerinnen mussten einen Knicks machen. Das wird mittlerweile von den Spielern und Spielerinnen nur noch erwartet, wenn die Queen oder der Prinz von Wales zuschaut. Das kommt allerdings selten vor, denn Queen Elizabeth II. besuchte seit ihrem Amtsantritt nur viermal das Wimbledonturnier, zuletzt 2010. In Wimbledon kommt man ohne Werbung und Sponsoring aus. Wimbledon führte im Jahr 2007 als letztes der vier Grand-Slam-Turniere gleiches Preisgeld für Damen und Herren ein. Der Siegerpokal bei den Herren wird vom Herzog von Kent , der Siegerpokal bei den Damen wird von der Herzogin von Kent überreicht.

Die Qualifikation für Wimbledon wird nicht direkt vor Ort, sondern in Roehampton ausgetragen. Zudem findet auch eine Qualifikation im Doppel statt. Das Quali-Finale bei den Herren geht über drei Gewinnsätze . Die Qualifikation ist bereits vor der Auslosung beendet, sodass die erfolgreichen Qualifikanten schon bei der Auslosung ins Hauptfeld eingefügt werden. Die Setzliste in Wimbledon orientiert sich nicht zwingend an der aktuellen Weltrangliste. Die Veranstalter in Wimbledon hatten in der Vergangenheit immer wieder Ausnahmen gemacht. Seit 2002 gibt es ein spezielles Setzlistenverfahren , das die Spieler neben der aktuellen Weltranglistenplatzierung einstuft. Die Doppelkonkurrenz der Herren geht anders als bei den anderen Grand-Slam-Turnieren von Beginn an über drei Gewinnsätze. Besonders ist auch, dass es für die Top 16 der Setzliste eine separate Umkleidekabine gibt. Im Vergleich zu den anderen Grand-Slam-Turnieren kann man in Wimbledon nur in wenigen Ausnahmefällen Karten erwerben. Der Großteil der Karten wird wegen der großen Nachfrage verlost . Oder man stellt sich in die weltberühmte Schlange am Kassenhaus, "The Queue" . Viele Fans übernachten vor den Kassenhäuschen, um am nächsten Tag Tickets zu ergattern. Bei keinem Wimbledonturnier dürfen die weltberühmten Erdbeeren fehlen. Für seine stimmungsvolle Atmosphäre ist die Rasenfläche vor dem Centre Court bekannt, die von den Fans "Henman Hill" getauft wurde. Nach den Erfolgen von Andy Murray kamen unter anderem die Namen "Murray Mountain" , "Mount Murray" , und "Murrayfield" hinzu.

US Open:

Die US Open wurden 1881 zum ersten Mal gespielt. 1887 fand zum ersten Mal eine Damenkonkurrenz statt. Der offizielle Turniername lautet United States Open Tennis Championships . Die US Open sind das einzige Grand-Slam-Turnier, das seit Gründung jedes Jahr ausgetragen wurde. Zwischen 1884 und 1911 bei den Herren und 1888 bis 1919 bei den Damen wurden die US Open in der Challenge Round gespielt. Das bedeutet, dass der Vorjahressieger bzw. die Vorjahressiegerin automatisch für das Finale qualifiziert war. Die US Open sind das einzige Grand-Slam-Turnier, das auf drei Bodenbelägen ausgetragen wurde. Bis 1974 wurde auf Rasen gespielt, von 1975 bis 1977 auf Sand und seit 1978 wird auf Hartplatz gespielt, auf der derzeitigen Turnieranlage in Flushing Meadows. Jimmy Connors gelang das einmalige Kunststück, die US Open auf allen drei Bodenbelägen zu gewinnen. 1970 wurde bei den US Open zum ersten Mal der Tiebreak bei einem Grand-Slam-Turnier gespielt. Zudem wird bei den US Open im Gegensatz zu den anderen Grand-Slam-Turnieren der entscheidende Satz bei Damen und Herren im Tiebreak gespielt, sollte es so weit kommen. Die US Open waren Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung . Seit 1973 bekommen die Damen und Herren das gleiche Preisgeld . Recht besonders ist der Zeitplan bei den US Open. Die erste Runde bei den Herren dehnt sich bis Mittwoch , die zweite Runde bis Freitag und die dritte Runde bis Sonntag . Für große Aufmerksamkeit bei den US Open sorgte der "Super Saturday" , der 1984 das erste Mal ausgetragen wurde und 2012 das letzte Mal stattfand. An diesem Tag wurden beide Halbfinals der Herren und das Damen-Finale gespielt. Zeitweise wurde das Damen-Finale zwischen den beiden Herren-Halbfinals angesetzt, sodass der Gewinner des zweiten Herren-Halbfinals nur wenige Stunden zur Vorbereitung auf das Finale hatte. Seit 2008 konnte das Herren-Finale wegen Regenfällen während des Turniers immer erst am Montag beendet oder gespielt werden. Für 2013 und 2014 hatten sich die Veranstalter entschlossen, das Herren-Finale gleich am Montag anzusetzen. Die US Open sind das lauteste der vier Grand-Slam-Turniere. Immer wieder fliegen Flugzeuge über die Anlage in Flushing Meadows. Während der Seitenwechsel wird Musik gespielt. Kim Clijsters sorgte 2009 bei den US Open für ein Novum. Die Belgierin wurde die bislang einzige Spielerin, die ein Grand-Slam-Turnier mit einer Wildcard gewinnen konnte. Das Arthur Ashe Stadium ist mit 23.771 Plätzen nicht nur der größte Platz der Anlage, sondern auch das größte Tennisstadion der Welt . Die US Open führten als erstes Grand-Slam-Turnier Nightsessions ein. Seit 1975 werden Spiele unter Flutlicht ausgetragen. Besonders amüsant für Zuschauer sind die Trocknungsarbeiten nach den Regenpausen. Anstatt Planen über die Plätze zu ziehen, werden die Plätze mit Handtüchern und Scheuersaugmaschinen getrocknet. Recht kurios geht es auf den beiden Hauptplätzen, dem Arthur Ashe Stadium und dem Louis Armstrong Stadium, zu. Dort sitzt jemand mit einem Mikrofon in der Hand und folgt dem Ball, um die Geräusche des Ballwechsels besser einzufangen. Ungewöhnlich ist auch, dass die Damen und Herren mit unterschiedlichen Bällen spielen. Bei den US Open 2013 hatten die Bälle bei den Herren ein schwarzes Logo, die Bälle bei den Damen ein rotes Logo. Die Bälle bei den Damen sind dabei um einiges leichter. Bei den US Open gibt es zudem keine echten Ballkinder , es kommen Jugendliche und auch ältere Erwachsene zum Einsatz. Das Mindestalter der Ballkinder ist 14 Jahre.

von Christian Albrecht Barschel

Montag
27.01.2014, 21:05 Uhr