Sama: Träumen von Torres und Gerrard

Von Interview: Daniel Börlein
Fernando Torres (l.) und Steven Gerrard sind die großen Stars und Vorbilder an der Anfield Road
© Getty

Gerade mal 16 Jahre ist Stephen Sama alt und dennoch spielt der Deutsch-Kameruner bereits für den großen FC Liverpool. Im Sommer wechselte der Innenverteidiger von Borussia Dortmund in die Jugendakademie der Reds.

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Nach Bekanntwerden des Wechsels erklärte BVB-Jugendleiter Peter Wazinski, Samas Abgang tue der Borussia nicht weh und Liverpool habe beim Abwehrhünen nicht genau hingeschaut. Bislang allerdings kommt Sama in Liverpool bestens zurecht und kam in allen Spielen der Reds zum Einsatz.

Im SPOX-Interview spricht der Youngster über Zoff mit dem BVB, das Interesse eines weiteren englischen Klubs und seine ersten Erfahrungen auf der Insel.

SPOX: Herr Sama, Sie sind seit ein paar Wochen ein Mitglied der Reds-Familie. Gab es schon Kontakt zu Liverpools Helden Steven Gerrard oder Fernando Torres?

Stephen Sama: Bisher noch nicht. Die Jugendakademie und das Gelände der Profis liegen nicht unmittelbar beieinander. Das heißt, man kommt mit diesen Spielern eher selten in Kontakt.

SPOX: Auch mit Chef-Coach Rafael Benitez nicht?

Sama: Wir hatten nur einmal kurz Kontakt, aber das ist im Moment auch nicht ganz so wichtig. Nun muss ich erstmal Gas geben und ein paar Stufen erklimmen, damit ich später vielleicht einmal öfter Kontakt zu ihm habe.

SPOX: Apropos Kontakt: Wie kam der Wechsel überhaupt zustande?

Sama: Meine Berater Rudi Assauer und Markus Peter standen zunächst in engem Kontakt mit einem anderen Premier-League-Klub, der mich beim letzten Ligaspiel in Dortmund auch beobachten ließ. Obwohl ich keinen besonders guten Tag erwischte, wurde mir signalisiert, dass man mich verpflichten wolle.

SPOX: Warum hat das nicht geklappt?

Sama: Entgegen der Aussage des Vereins, mir zügig ein Angebot vorzulegen, zog sich alles unangenehm in die Länge.

SPOX: Und dann kam Liverpool?

Sama: Richtig. Meine Berater knüpften den Kontakt und der Wechsel ging innerhalb von weniger als einer Woche über die Bühne. Einen Tag nach meiner Unterschrift gab dann der andere Verein sein Angebot ab - zu spät, und ich bin froh, mich so entschieden zu haben.

SPOX: Welcher Klub schaute letztlich in die Röhre?

Sama: Der FC Everton...

SPOX: ...und irgendwie ja auch Ihr Ex-Klub Borussia Dortmund.

Sama: Es war bis Juni überhaupt nicht klar, dass ich den BVB verlasse. Ich hätte in Dortmund in der U 19 gespielt, was auch reizvoll gewesen wäre.

SPOX: Aber?

Sama: Bereits im März wurde mein Berater beim BVB vorstellig, um über einen neuen Vertrag zu sprechen. Es gab zu diesem Zeitpunkt weder Kontakte nach England oder sonst wohin. Leider hatte ich bis Anfang Juli kein Vertragsangebot vom BVB vorliegen.

SPOX: Dieses Versäumnis nahmen Everton und Liverpool zum Anlass, um mit Ihnen in Kontakt zu treten.

Sama: Generell denke ich, dass meine Art, Fußball zu spielen sehr gut nach England passt. Ich will meinen Gegner dominieren, ihn nicht zur Entfaltung kommen lassen und versuche, den ein oder anderen gescheiten Ball nach vorne zu spielen. Als dann diese beiden Anfragen kamen, war klar, dass ich mich damit beschäftigen muss. Zudem hat mir die Art und Weise, wie Teile der Verantwortlichen beim BVB nach Bekanntwerden des Interesses aus England reagiert haben, die Entscheidung letztlich leicht gemacht.

SPOX: Wie reagierte denn der BVB?

Sama: Als das Interesse der Engländer bekannt wurde, setzte man mich massiv unter Druck. BVB-Jugendleiter Peter Wazinski hat versucht, mich gegen meine Berater auszuspielen, um mich zum Bleiben zu bewegen. Er sagte sogar, dass man die Abmeldung, die ich fristgerecht eingereicht hatte, samt Einschreibebeleg in den Müll werfen könne, dann hätte die Abmeldung nie existiert. Dann legte man mir, ohne Rücksprache mit meinen Beratern, einen Vertrag vor, den ich zu unterschreiben hätte. Sonst dürfe ich nicht mittrainieren.

SPOX: Als der Wechsel feststand, sagte Wazinski, Ihr Abgang sei sportlich kein Verlust für den BVB. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Sama: Man fragt sich natürlich, warum sich die von mir geschilderten Ereignisse so zugetragen haben, wenn ich sportlich keine große Rolle in Dortmund gespielt hätte. Lassen wir dahingestellt, ob zwei englische Top-Vereine vorstellig werden, wenn ich so untalentiert wäre. Entweder liegen beide falsch - oder aber Wazinski!

SPOX: Beim BVB haben Sie im letzten Jahr 24 von 26 Liga-Spielen absolviert.

Sama: Richtig. Wenn sich Wazinski nun hinstellt und sagt, ich wäre im letzten Jahr nur Ergänzungsspieler gewesen, kann ich mir das nur damit erklären, dass er reichlich gefrustet war, dass er es versäumt hat, mich zu halten. Hier in England hat man über seine Aussagen nur gelacht...

SPOX: ...und sich darüber gefreut, Sie verpflichten zu können. Wie liefen die Verhandlungen ab?

Sama: Es waren ja mehrere Verhandlungsrunden mit zum Teil verschiedener Besetzung. Beim ersten Mal waren auf Seiten Liverpools der Direktor der Jugendakademie, Frank McParland und Liverpool-Legende Kenny Dalglish anwesend. Ich selbst war mit meinem Berater samt Rechtsanwalt sowie meiner Mutter vor Ort. An den weiteren Verhandlungen habe ich selber nicht teilgenommen. Am Ende war alles ein wenig hektisch, da ich noch auf meine Einbürgerung warten musste. Als ich dann endlich den deutschen Pass in der Hand hielt, war der Weg für den Wechsel frei.

SPOX: Vor Ihnen sind mit Marvin Pourie und Christopher Buchtmann schon zwei Dortmunder nach Liverpool gewechselt. Haben Sie sich bei den beiden Tipps geholt?

Sama: Mit Christopher Buchtmann habe ich gesprochen, er hat mir einiges über den Verein, die Stadt und das Umfeld erzählt. Ich denke, es ist dennoch wichtig, sich sein eigenes Bild zu machen.

SPOX: In den letzten Jahren sind viele junge Spieler von Deutschland nach England gewechselt, wovon nur wenige den Durchbruch schafften. Haben Sie sich damit beschäftigt?

Sama: Es ist richtig, dass es einige Beispiele gibt, in denen dem Spieler der Schritt nicht gut tat. Allerdings ist es hypothetisch, ob es für diese Spieler in Deutschland besser gelaufen wäre. Ich bin für mich der Meinung, dass ich mit meinem Stil sehr gut nach England passe.

SPOX: Kritiker sagen: Viele junge Spieler wechseln nur des Geldes wegen nach England.

Sama: Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich zunächst überhaupt nicht wusste, was ich zukünftig dort verdienen könnte. Die Entscheidung über den Wechsel fiel also völlig unabhängig davon.

SPOX: Mehr als in Dortmund wird es aber sicher sein?

Sama: Dass es mehr ist als zuvor, liegt auf der Hand und ist natürlich nicht unangenehm. Wenn ich jedoch nicht überzeugt davon wäre, hier regelmäßig zu spielen, hätte ich eine andere Option gewählt. Geld spielt für mich hier und heute definitiv eine untergeordnete Rolle - ich will weiterkommen, der Rest wird sich zwangsläufig regeln.

SPOX: Das Sportliche steht also im Vordergrund. Wie lauten die konkreten Ziele?

Sama: Sportlich ist kurzfristig das Ziel, mich als Stammspieler zu etablieren und mich weiter zu verbessern. Die Erste Mannschaft ist natürlich ein ganz großer Traum. Ich werde alles dafür tun, aber das ist Zukunftsmusik. Und abseits vom Sportlichen: Ich beginne in Kürze per Fernstudium an meinem Realschulabschluss zu arbeiten.

SPOX: Viele Ziele für einen jungen Mann in einem fremden Land. Wer hilft Ihnen dabei?

Sama: Ich bin schon eher ein ruhiger Typ. Aber meine Gastfamilie ist klasse, der Verein hat sie anhand meiner Persönlichkeit ausgesucht. Zudem kommen meine Berater regelmäßig zu Besuch, und der Verein stellt mir pro Saison eine gewisse Anzahl an Flügen nach Deutschland zur Verfügung. Es gibt keine Probleme bislang und ich fühle mich auch gar nicht so weit weg, zumal ich die Sprache ja auch schon ganz passabel beherrsche. Auch wenn Wazinski behauptet hat, ich würde kein Wort Englisch sprechen...

SPOX: Haben Sie sich schnell an den englischen Fußball gewöhnt?

Sama: Wie jeder weiß, ist das Tempo hier sehr hoch, zudem wird körperbetonter gespielt. Es wird Wert auf schnelles Spiel gelegt und die Schiedsrichter pfeifen weniger ab. Auch im Training geht es sehr rustikal zur Sache. Übungen und Spielformen werden oft unterbrochen und korrigiert. Disziplin ist auch hier, wie in Deutschland, selbstverständlich.

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