Primera Division - der Absturz des FC Malaga: Ein Spielball zwischen Macht und Geld

Von Gianluca Fraccalvieri
Der FC Malaga steht vor dem Absturz in die 2. Liga.
© getty

Der einstige Champions-League-Viertelfinalist FC Malaga steht vor den Scherben seiner Existenz. Ein unerwarteter Geldregen im Jahr 2010 ließ die Fans des bis dato mittelprächtigen Vereins davon träumen, bei den Größten Europas mitzumischen. Doch so schnell wie das Geld gekommen war, war es auch wieder weg - und mit ihm der Erfolg. In der Hauptrolle dieses Dramas: ein launischer Scheich.

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Ellenlange Sandstrände, ein tiefblaues Meer, ganzjährig strahlender Sonnenschein und dazu europäischer Spitzenfußball: es hätte alles so schön werden können in der andalusischen Hafenmetropole. Einzig Scheich Abdullah bin Nasser bin Abdullah Al Ahmed Al Thani, seines Zeichens Besitzer und Präsident des FC Malaga, scheint diese Ansicht nicht zu teilen.

Die Schönheit ihrer Hafenpromenade hat die sechstgrößte Stadt Spaniens über die letzten Jahre wahrlich nicht verloren. Schon ganz anders sieht das jedoch im nicht einmal drei Kilometer entfernten Estadio La Rosaleda aus, der Heimstätte des hiesigen Fußballklubs.

Platz 20 bei mageren 17 Punkten aus 32 Spielen, insgesamt nur 20 erzielte Tore und nur ein einziger Sieg 2018 - das sind die erschreckenden Zahlen des Absturzes eines stolzen Fußballvereins.

Al Thani: Die Versprechen des Messias

Dabei sollte es der märchenhafte Aufstieg eines spanischen Mittelklasseklubs in bislang ungeahnte Höhen werden. Dies versprach Scheich Al Thani, Mitglied der katarischen Königsfamilie und einer der reichsten Männer der Emirate, als er Mitte 2010 den FC Malaga für rund 36 Millionen Euro erwarb.

Seinen Worten ließ er prompt Taten folgen. Persönlich schaute er zwar nur sporadisch in Spanien vorbei, beglich aber aus der Ferne die bestehenden Vereinsschulden komplett und stattete seine Vertreter vor Ort mit satten 150 Millionen Euro für neue Spieler und Gehälter aus. Gleichzeitig kündigte er die Gründung einer neuen Jugendakademie an, die der legendären Talentschmiede des FC Barcelona das Fürchten lehren sollte.

Spätestens als der Katarer erklärte, ein neues Stadion für bis zu 65.000 Besucher bauen lassen zu wollen, waren sich die Fans der Boquerones sicher: Al Thani ist der Messias, der den Verein aus der Lethargie der letzten Jahrzehnte befreien wird.

SpielzeitAbschlussplatzierung
2008/098
2009/1017
2010/1111
2011/124
2012/136
2013/1411
2014/159
2015/168
2016/1711
2017/1820*

*Stand 32. Spieltag

Isco, van Nistelrooy und die Champions League

Nachdem in der Saison 2010/11 mit Rang elf die zweitbeste Platzierung der Vereinsgeschichte heraussprang, sollte im darauffolgenden Jahr der Angriff nach ganz oben erfolgen. Dafür wurde der halbe Klub auf links gekrempelt.

14 Spieler verließen den Verein, elf neue heuerten an. Darunter große Namen wie Santi Gazorla, Jeremy Toulalan, Isco oder Ruud van Nistelrooy. Knapp 60 Millionen Euro ließ sich Malaga den Spaß kosten, für damalige Verhältnisse eine ganz schöne Stange Geld.

Die Investitionen zahlten sich schnell aus. Unter der Leitung des erfahrenen Trainers Manuel Pellegrini spielten die Andalusier die mit Abstand beste Saison ihrer Vereinshistorie. Platz vier am Ende der Spielzeit bedeutete die Champions-League-Qualifikation - ein Traum für die leidgeprüften Fans.

FC Malaga zwischen Vereinsauflösung und Champions League

Die ausgelassene Stimmung in der Hafenstadt fand jedoch ein unerwartet schnelles Ende, als Präsident Al Thani vor der CL-Saison urplötzlich und ohne ersichtbaren Grund den Geldhahn abdrehte. Ohne die notwendigen Finanzspritzen des Scheichs stand der Traditionsverein vor dem Ruin, da er die teuren Spielergehälter unmöglich alleine stemmen konnte.

Der Traum von Ruhm und Titeln schien bereits nach zwei Spielzeiten wieder geplatzt. Für gut 40 Millionen Euro verscherbelte Malaga seine Stars um Santi Cazorla und Nacho wieder, um wenigstens die Vereinsauflösung zu vermeiden. Alle verbliebenen Spieler mussten enorme Gehaltseinbußen hinnehmen und dennoch reichte das Geld hinten und vorne nicht. Der einzige Hoffnungsschimmer war die Königsklasse.

Mit einem zweitklassigen Kader, der mit einer Menge Herz und Leidenschaft ausgestattet war, spielten sich die Boquerones bis ins Viertelfinale der Königsklasse vor. Der Underdog verlor in der Gruppenphase kein einziges Spiel und traf schließlich im Viertelfinale auf Borussia Dortmund. Nach einem 0:0 im Hinspiel im La Rosalenda, wollte Malaga in Dortmund die Sensation perfekt machen und weiter ins Halbfinale marschieren.

Die Andalusier zeigten erneut eine leidenschaftliche, aufopferungsvolle Partie und es sah lange so aus, als würden sie für ihren Mut belohnt werden. Spätestens als Eliseu in der 82. Minute zum zwischenzeitlichen 2:1 für Malaga traf, machte man sich in Spanien bereit, den größten Triumph der Vereinsgeschichte zu zelebrieren. Doch was dann in der Nachspielzeit geschah, sollte als eine der sensationellsten und kontroversesten Aufholjagden in die Geschichte eingehen.

Der Anfang vom Ende des FC Malaga

"Flanke Lewandowski, Schieber, jetzt ist es Reus, Santana, Toooooor, Tor, Tor für Dortmund", schrie Sky-Kommentator Kai Dittmann in sein Mikrofon und konnte selbst nicht fassen, was da gerade passiert war. Innerhalb der letzten drei Minuten der Nachspielzeit erzielte der BVB zwei Tore und zog ins Champions-League-Halbfinale ein. Doppelt bitter für Malaga: beim entscheidenden 3:2 standen mehrere Dortmunder Spieler im Abseits.

Neben dieser sportlichen Bruchlandung blieben auch die finanziellen Probleme bestehen. Zu allem Überfluss belegte die UEFA den FC Malaga wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay mit einer einjährigen internationalen Sperre. Dadurch bleib den Andalusiern die Teilnahme an der Europa League im kommenden Jahr verwehrt, die ihnen durch Platz sechs in der Vorsaison eigentlich zugestanden hätte.

Als wäre das noch nicht genug, kam im November 2015 heraus, dass sich der damalige Generaldirektor Vicente Casado und Vizepräsident Moayad Shatat über die letzten zwei Jahre hinweg gegenseitig beträchtliche Boni zugeschoben hatten. Sie verkauften dafür Spielerrechte und Vereinsanteile an Investoren und zerstörten den ohnehin maroden Klub zusätzlich von innen heraus.

FC Malaga und Al Thani: Eine kurze Liasison

In Folge dieser Aufdeckungen zeigte plötzlich Scheich Al Thani überschwängliches Interesse an seinem Verein und war auf einmal aus Malaga gar nicht mehr wegzudenken. Er reiste mit der Frauen-Mannschaft zu Auswärtsspielen, verfolgte die Partien der Jugendmannschaften und hielt ansprachen in der Kabine vor wichtigen Spielen. "Für mich ist es alles. Es ist nicht nur ein Team, es ist mein Leben", schwärmte der Scheich im Juli 2016 dem Fernsehsender des Vereins vor. "Wir hoffen, bald an der Spitze der Liga zu stehen. Es gibt eine neue Strategie."

Wie auch immer diese Strategie aussehen mochte, finanzielle Unterstützung des Eigentümers beinhaltete sie nicht und gefruchtet hat sie noch weniger. Bereits nach einem halben Jahr war der Scheich wieder verschwunden und mit ihm das Interesse an "seinem" Verein. Lediglich auf Twitter beteuert der 48-Jährige stets seine große Liebe zu Malaga, während die Fans seit Monaten seinen Abgang fordern.

"Sie haben uns weisgemacht, dass der Verein größer werden würde, als die Fans es jemals erahnen durften", hieß es in einem Brief der Fangemeinde im Januar 2018, in dem der Rücktritt des Scheichs gefordert wurde. "Aber das ganze Projekt ist wie ein Kartenhaus ohne solide Fundamente in sich zusammengefallen."

Was bleibt, ist ein Beispiel dafür, wie ein Verein zum Spielball von Macht und Geld werden kann. In nur sechs Jahren stieg Malaga aus der Mittelklasse in die Champions League auf. Nun ist der Abstieg in die 2. Liga so gut wie besiegelt.

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