Nach Strich und Faden erniedrigt

Rafael Benitez wurde am 4. Januar als Real-Trainer entlassen
© getty

Rafael Benitez hatte als Trainer bei Real Madrid nie eine echte Chance. Von Klubboss Florentino Perez gab's unmittelbar nach Amtsantritt die erste Ohrfeige. Perez schaltet und waltet weiter nach Belieben und geht mit der Verpflichtung von Zinedine Zidane ein hohes Risiko ein.

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Rafael Benitez war gerade mal ein paar Stunden Trainer von Real Madrid, als er von seinem Boss das erste Mal erniedrigt wurde. Florentino Perez empfahl dem neuen Coach, ein paar Kilo abzuwerfen. Ein Befehl, keine Bitte. Ein Dickerchen an der königlichen Seitenlinie - was denken da bloß die anderen?

Während seiner Zeit beim FC Chelsea wurde Benitez auf der Insel als "fetter, spanischer Kellner" verunglimpft; eine derartige Assoziation wollte Perez um jeden Preis vermeiden. Niemand darf es wagen, das große Real Madrid und seine Angestellten zu diskreditieren.

Genau das hat Perez bei Benitez getan, noch bevor der Neue das erste Mal mit Cristiano Ronaldo und Co. auf dem Trainingsplatz stand. Benitez war vom ersten Tag an eine lame duck bei Real. Verstärkt durch den Eindruck, dass seine besten Tage als Trainer etwa zehn Jahre zurückliegen.

"Benitez ist die Lösung"...

Nach der Clasico-Klatsche Ende November warteten die spanischen Medien minütlich auf Benitez' Entlassung. Er durfte bleiben und wurde von Perez am 17. Dezember verbal gestreichelt. "Benitez ist nicht das Problem. Er ist die Lösung", sagte Perez.

Dies diente jedoch lediglich dazu, die Öffentlichkeit zu beruhigen. In Wahrheit war Perez längst auf der Suche nach einem Nachfolger und bezog wenige Tage nach seiner Rafa-Huldigung die beste Kundschaft in seine Überlegungen mit ein. Perez ließ über Weihnachten alle Jahreskarteninhaber abstimmen, wer Benitez ablösen solle. So schildert es der renommierte spanische Journalist und Guardiola-Biograf Guillem Balague in einem Beitrag auf Sky Sports.

Die Wahl fiel eindeutig auf Zinedine Zidane, worauf Perez die Führungsspieler gefragt haben soll, ob sie mit Zizou als neuem Chef einverstanden wären.

Auch wenn er im Gegensatz zum Ancelotti- und Casillas-Rauswurf bei Benitez offenbar nicht im Alleingang entschied, rasiert Perez Angestellte weiter nach Belieben. Dankesreden sind nicht sein Ding, bei Zidanes Vorstellung am Montag nahm er sich 22 Sekunden Zeit, um Benitez zu verabschieden.

Zidane ist Perez' Guardiola

Der hatte sich zur Jahreswende noch darüber beklagt, dass die Medien eine Hetzkampagne gegen ihn, die Spieler und Perez durchführen würden. Das Verhältnis zu- und untereinander sei exzellent. Drei Tage später war er seinen Job los. Er hat nicht mal die Probezeit überstanden.

Perez-Folter, Clasico-Demütigung, eine mitunter lustlos auftretende Mannschaft und die Tatsache, dass Real meist nur gegen die Kleinen ablieferte (8:0 gegen Malmö, 10:2 gegen Rayo Vallecano) - eine echte Chance hatte Benitez bei Real nie.

Von nun an soll alles besser werden - mal wieder. Eine Klubikone soll's richten. Einer, der als Spieler zu den Besten aller Zeiten gehört, der als Trainer aber ein noch völlig unbeschriebenes Blatt ist. Somit ist der Ruf Zidanes entscheidend. Er ist eine Respektsperson, die in Madrid über jedem einzelnen Spieler steht und kann so vielleicht die Kabine hinter sich einen, wie es Ancelotti vorzüglich schaffte.

Zidane beginnt als Diplomat

Zidane ging bei eben diesem Ancelotti in die Lehre, ehe er im August 2014 die zweite Mannschaft von Real übernahm. Bei seinem Amtsantritt gab er nicht nur die Vertragslaufzeit von zweieinhalb Jahren bekannt, sondern äußerte sich gleich ähnlich diplomatisch: "Wir werden alles versuchen, die Fans glücklich zu machen. Wir haben zwei Trophäen übrig, für diese werden wir kämpfen."

Er beginnt schon damit, an den Beziehungen zwischen Spieler und Trainer zu arbeiten. "Ich kann verstehen, wenn Gareth Bale nicht froh darüber ist, dass Benitez nicht mehr Trainer ist. Er war ein wichtiger Mann für ihn. Aber er wird von mir die gleiche Zuneigung auf Aufmerksamkeit bekommen, wie er sie von Rafa bekam", so Zidane, nachdem Bale dem ersten Training fern geblieben war.

Die Tätigkeit als Diplomat fand damit noch kein Ende: "Ich werde nicht viel mit der Presse sprechen. Die tägliche Arbeit mit den Spielern ist entscheidend." Zidane weiß, wie er die Leute in Madrid schnell hinter sich bringt - etwas, was Benitez nie vermochte: "Mein Stil wird anders sein. Positiver, mit Balance. Man wird es in den nächsten Wochen sehen."

Perez ist Plan und Projekt

Zidane ist Florentinos Guardiola, der einst beim FC Barcelona den gleichen Weg ging und in sehr kurzer Zeit der Superstar der Trainer wurde. Welcher Plan diesmal dahinter steckt? Nicht nur die Presse rätselt.

"Der Plan von Real Madrid ist, dass es keinen sportlichen Plan gibt. Genauso wie das Projekt daraus besteht, dass es kein Projekt gibt. Der Plan ist Florentino Perez. Das Projekt auch. Geht es so weiter, ist er bald auch Trainer", schrieb Marca.

Idol Zizou, dessen vier Söhne allesamt in verschiedenen Jugend-Mannschaften von Real spielen, ist Perez' letzte Patrone im Lauf. Der Boss geht mit dem unerfahrenen Coach ein hohes Risiko ein. Zidane muss die aktuelle Mannschaft schnell auf Kurs bringen; auch er wird von Perez ausschließlich an Titeln gemessen werden.

Zudem steht langfristig der Kader-Umbau an. Benzema, Marcelo, Pepe und Arbeloa dürfen oder sollen gehen, selbst Ronaldo steht laut spanischen Medien zur Disposition. Dafür sollen David de Gea, Eden Hazard und vor allem Robert Lewandowski kommen.

Viel Arbeit für Zidane, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger bei Fans und Medien aber wenigstens genügend Kredit zu haben scheint. Wie lange Zidane Cheftrainer von Real Madrid bleibt, darüber entscheidet aber nur einer: Florentino Perez.

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