Niemals geht man so ganz

SID
Sepp Blatter will offenbar doch Präsident der FIFA bleiben
© getty

Dreister Testballon oder totaler Realitätsverlust? FIFA-Boss Joseph S. Blatter soll Medienberichten zufolge allen Ernstes Möglichkeiten für einen Rücktritt von seinem angekündigten Rücktritt prüfen. Laut Angaben der Zeitung Schweiz am Sonntag haben dem schwer in Bedrängnis geratenen Chef des Fußball-Weltverbandes treue Verbündete aus Afrika und Asien für den Kampf um sein fast schon verlorenes Amt Unterstützung zugesichert.

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Dreister Testballon oder totaler Realitätsverlust? FIFA-Boss Joseph S. Blatter soll Medienberichten zufolge allen Ernstes Möglichkeiten für einen Rücktritt von seinem angekündigten Rücktritt prüfen. Laut Angaben der Zeitung Schweiz am Sonntag haben dem schwer in Bedrängnis geratenen Chef des Fußball-Weltverbandes treue Verbündete aus Afrika und Asien für den Kampf um sein fast schon verlorenes Amt Unterstützung zugesichert.

"Es ist schwer, jemanden zu finden, der ebenbürtig ist. Blatter hat eine faire Chance. Es kommt nun drauf an, wie er sich in den nächsten Monaten verhält", sagte Blatters persönlicher Honorar-PR-Berater Klaus J. Stöhlker der Zeitung: "Blatter hat den Verband zu einem globalen, sehr erfolgreichen Konzern aufgebaut - und er ist ein Spitzendiplomat." Außerdem, fügte der in Ludwigshafen geborene Medienexperte mit deutschem und schweizerischem Pass hinzu, sei Blatter der "gewählte Präsident".

Die FIFA gab auf SID-Anfrage keinen Kommentar zur jüngsten Entwicklung nach Ausbruch des Korruptionsskandals mit der Festnahme mehrerer Topfunktionäre mit Ämtern in ihren Gremien ab. Die Presseabteilung verwies indes ausdrücklich auf Blatters Rücktrittsankündigung am 2. Juni.

DFB fordert schnellen Rücktritt

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) unterstrich nochmals die Forderung seines Präsidenten Wolfgang Niersbach nach Blatters schnellstmöglichem Abgang. Die Medienberichte "bestärken uns in unserer klaren Haltung: Der von Blatter selbst angekündigte Rücktritt muss jetzt so schnell wie möglich formal vollzogen werden", erklärte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.

Für die Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk (Frankfurt) erscheint eine Rolle rückwärts des umstrittenen FIFA-Bosses undenkbar: "Nach dem, was er da vorgeführt hat, kann er nicht weitermachen", sagte die Leiterin der Arbeitsgruppe Sport von Transparency International dem SID: "Das würden auch die Sponsoren und sonst niemand anderes mitmachen. Das weiß Blatter auch."

Obwohl dem gewieften Taktiker auch trotz des Dementis seiner Tochter Corinne Blatter-Andenmatten ("Der Rücktritt ist definitiv") ein Stimmungstest zuzutrauen wäre, dürften Blatter alleine die jüngsten Misstrauensbekundungen seine weitgehende Isolation vor Augen geführt haben: Zunächst hatte das Europa-Parlament ebenfalls seinen sofortigen Rücktritt gefordert, ehe die globale Kriminalpolizei-Organisation Interpol die mit einer 20-Millionen-Euro-Spende der FIFA geförderte Partnerschaft zur Bekämpfung des Wettbetrugs aussetzte.

Einige wollen, dass Blatter bleibt

So sehr ein Sinneswandel des 79-Jährigen denn auch einem Stück aus dem Tollhaus gleichkäme - Kalkül bei den Gegnern von FIFA-Reformen wollte Schenk nicht ausschließen: "Einige mögen es sicher so haben wollen, dass Blatter bleibt. Vielleicht geht es auch darum, bestimmte Nachfolger zu verhindern, vielleicht aber auch um einen Kampf zwischen Afrika und Europa."

Unterdessen weitete die US-Bundespolizei FBI ihre Untersuchungen aus. Unbestätigten Angaben des Wall Street Journals zufolge ist dabei der US-Sportartikelriese Nike konkreter ins Visier der Fahnder geraten.

Hintergrund ist eine bereits bekannte Sonderzahlung des Konzerns von umgerechnet mehr als 36 Millionen Euro im Zusammenhang mit seinem Ausrüster-Vertrag für Brasiliens Nationalmannschaft. Bislang bezeichnet die US-Justiz den offenkundigen Absender der Zahlung, die nicht zum Vertragsinhalt gehörte, in ihrer umfassenden Anklage lediglich als "Sportbekleidungsunternehmen A".

"Es wird ein langer, heißer Sommer"

Möglicherweise bekommt das FBI in naher Zukunft noch mehr zu tun. "Es wird ein langer, heißer Sommer", sagte der dringend verdächtige Ex-FIFA-Vizepräsident Jack Warner (Trinidad und Tobago) dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zu seiner Ankündigung der Offenlegung von Dokumenten über finanzielle Transaktionen der Spitzenfunktionäre des Weltfußballs.

Warner, der auch wegen seiner FIFA-Suspendierung wegen Korruption vor vier Jahren als eine Schlüsselfigur im Skandal gilt, beteuerte zugleich abermals seine Unschuld: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst. War es etwa Korruption, als Barack Obama mich zum Essen eingeladen hat? Oder Putin? Man erweist sich unter mächtigen Männern gegenseitig einen Gefallen, das ist keine Korruption."

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