Der Hass spricht für Ronaldo

Sinnbildlich: Cristiano Ronaldo (M.) als der Mittelpunkt der Fußball-Welt
© getty

Niemand polarisiert derart wie Cristiano Ronaldo. Aber: Der Ballon d'Or wird nur nach sportlichen Kriterien vergeben. Der Portugiese ist deshalb der verdiente Sieger. Ein Kommentar von Haruka Gruber.

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Vergangene Woche kam es zu einem Treffen mit einem Fußball-Profi. Ein entspannter Plausch im privaten Rahmen über das vergangene Jahr. Doch als ich nebenbei die Frage stellte, wen der Profi denn zum Weltfußballer 2013 wählen würde, entstand plötzlich eine lebhafte Diskussion.

Ich: "Eine echt schwierige Entscheidung. Irgendwie sind alle auf Augenhöhe."

Er: "WAS??? Es kann nur einen geben: Ronaldo!!!"

Ich: "Warum denn das?"

Er: "Bei Ribery ist nicht mal klar, ob er in seiner Mannschaft der wirklich beste Spieler ist."

Ich: "Und Messi?"

Er: "Messi hat es schon immer viel leichter gehabt als Ronaldo. Weißt Du, wie schwierig es für einen Fußballer ist, von jedem gegnerischen Fans ausgepfiffen und von den meisten Journalisten verspottet zu werden? Und dennoch seit Jahren fantastische Leistungen zu zeigen? Messi im Gegensatz wird doch von jedem geliebt, selbst bei Auswärtsspielen wird er beklatscht. Deswegen habe ich größten Respekt vor Ronaldo."

Ich: "Aber Ronaldo ist doch selbst schuld daran, dass er so polarisiert."

Er: "Sei ehrlich, Haruka: Soll die persönliche Präferenz der Grund sein, warum Ronaldo nicht Weltfußballer werden sollte? Oder müssten da nicht andere Kriterien wichtig sein?"

Und da fühlte ich mich ertappt. Es ist mittlerweile eine Routine geworden für viele Fußball-Fans und eben auch Journalisten, Ronaldo nicht ganz ernst zu nehmen ob seines extravaganten Habitus' und der teils seltsam anmutenden Äußerungen. Wenn man allerdings nur den sportlichen Aspekt als ausschlaggebend berücksichtigt, konnte nur Ronaldo den Ballon d'Or gewinnen.

So imposant die Bayern und Ribery spielen, streng genommen durfte er kein Weltfußballer werden. Es ist ein Individual-Preis ähnlich dem MVP-Award in den US-Sportarten - doch war Ribery tatsächlich der wertvollste Spieler seiner Mannschaft? Oder war es Philipp Lahm? Arjen Robben? Thomas Müller?

Verbleibt Messi, dessen Bedeutung in Barcelona vergleichbar ist mit der von Ronaldo bei Real. Statistisch sind beide ohnehin gleichauf: 2012/13 traf Messi in allen Spielen 64 Mal das Tor und gab 20 Vorlagen, bei Ronaldo waren es derer 62 und 17.

Dennoch sind Ronaldos Leistungen etwas höher zu bewerten, weil er diese in einer feindseligeren Umgebung erbringt. Und das, von wenigen Ausnahmen wie dem Champions-League-Halbfinale gegen Dortmund abgesehen, mit einer unfassbaren Beständigkeit.

Anders als Messi, an dem sich selbst gegnerische Fans ergötzen, war Ronaldo nie der Liebling aller, sondern wird von einem Großteil gehasst oder zumindest verabscheut. Dem Ressentiment zu trotzen und seit drei Jahren im Schnitt über 60 Tore pro Saison zu schießen und sich bei aller Belastung nie zu verletzen, gebührt höchste Anerkennung. Ronaldo ist deshalb völlig verdient Weltfußballer 2013.

Cristiano Ronaldo im Steckbrief

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