Kuranyi: "Ich habe es geschafft zu entkommen"

Von Interview: Florian Regelmann
Kevin Kuranyis neuer Verein Dynamo Moskau liegt in Russland aktuell auf Rang neun
© Imago

Kevin Kuranyi lebte in einer der ärmsten Gegenden der Welt und verdient jetzt astronomische Summen bei Dynamo Moskau in Russland. Der 28-Jährige erzählt im SPOX-Interview seine Geschichte. Außerdem: seine Zukunft in der Nationalmannschaft.

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SPOX: Hallo, Herr Kuranyi. Nein, falsch: привет (priwjät), Herr Kuranyi! Wie geht es Ihnen in Russland? Ihr Debüt soll kurz bevorstehen...

Kevin Kuranyi: Danke, mir geht's prima. Ja, das stimmt. Wenn alles klappt, mache ich am 1. August gegen Samara mein erstes Spiel. Darauf freue ich mich sehr. Ich habe harte Trainingseinheiten hinter mir und bin heiß darauf, endlich eingreifen zu können. Auch das Zusammenspiel mit Andrei Woronin klappt schon gut im Training. Es kann losgehen.

SPOX: Viele haben Ihren Wechsel nach Moskau kritisch gesehen. Man hätte meinen können, Sie seien auf den Mond gewechselt, haben Sie gesagt. Also: Wie lebt es sich denn so auf dem Mond?

Kuranyi: (lacht) Sehr gut lebt es sich auf dem Mond. Ich habe natürlich mitbekommen, dass mein Wechsel teilweise sehr kritisch gesehen wurde. Aber hier lässt es sich sehr gut leben und der Verein wird absolut professionell geführt. Was bei Dynamo fehlt, ist einzig und allein der Erfolg der Mannschaft - und das wollen wir ändern. Hier soll eine große Mannschaft aufgebaut werden.

SPOX: Was hat Sie denn bislang am meisten überrascht in Moskau?

Kuranyi: Am meisten hat mich das Trainingszentrum von Dynamo beeindruckt. Mit einem Wort: gigantisch. Es gibt denke ich nur wenige Vereine in ganz Europa, die da mithalten können. In Schalke gibt es schon ein Top-Trainingszentrum mit super-modernen Geräten und perfekten Bedingungen, aber das bei Dynamo toppt das noch.

SPOX: Dass Dynamo ein ehemaliger Polizeiverein ist, durften Sie auch schon erleben.

Kuranyi: Das stimmt. An meinem ersten Tag hat unser Boss die komplette Mannschaft zu einem Schusstraining eingeladen. Wir waren auf dem Gelände, auf dem die russischen Spezialeinheiten trainieren. Ich glaube, ich habe alle Waffen gesehen, die es auf der Welt gibt. Und schießen durften wir auch.

SPOX: Und? Haben Sie auch was getroffen?

Kuranyi: Beim ersten Mal habe ich sofort mitten ins Schwarze getroffen. Ich war für alle sofort der Scharfschütze.

SPOX: Kommen wir noch mal zu Ihrem Wechsel zurück. Es hat sicher eine Weile gedauert, bis Ihr Entschluss, nach Russland zu gehen, gereift ist. Wie lief der Entscheidungsprozess ab?

Kuranyi: Es war ein Prozess, bei dem ich auf viele Dinge gewartet habe. Ich habe auf Angebote gewartet - und ich habe auch zunächst gewartet, was mein Verein Schalke 04 macht. Für Schalke war es eine schwierige Situation, in der sie mir wohl kein Angebot machen konnten. Ich hatte tolle Jahre auf Schalke, aber ich musste dann erkennen, dass meine Zukunft woanders liegt.

SPOX: Und dann kam das Angebot aus Russland?

Kuranyi: Es gab verschiedene Offerten - aus Italien, England, der Türkei und dann ist zum Schluss das sehr gut dotierte Angebot von Dynamo gekommen. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass es auch ums Geld ging. Natürlich ging es ums Geld, weil es wichtig für meine Zukunft ist. Aber dann musste ich auch schauen, was der Verein sonst anzubieten hat. Als ich dann das Trainingsgelände gesehen und mir auch überlegt habe, welche Erfolge der russische Fußball in den letzten Jahren international mit ZSKA Moskau oder St. Petersburg gefeiert hat, wusste ich: Hier stimmt das Gesamtpaket. Die russische Liga entwickelt sich immer weiter, dazu habe ich einen Verein, der ambitioniert ist und ganz nach oben will. Es hat alles für mich gepasst.

SPOX: Aber Dynamo liegt aktuell nur im Mittelfeld in Russland und Champions League werden Sie so schnell nicht spielen können.

Kuranyi: Das ist genau die Sache, um die es geht. Natürlich hat der Verein im Moment seine Schwierigkeiten, aber das Ziel heißt ganz klar Champions League. Meine Aufgabe und Herausforderung ist es, zu helfen, den Klub dorthin zu führen. Dynamo setzt große Hoffnungen in mich. Diese will ich nicht enttäuschen, sondern ihnen gerecht werden. Dafür werde ich hart arbeiten.

SPOX: Verfolgen Sie noch intensiv, was in der Bundesliga passiert?

Kuranyi: Klar. Ich schaue jeden Tag im Internet, was es Neues gibt. Dazu versuche ich, so viele deutsche TV-Programme wie nur technisch eben möglich ins Haus zu bekommen. Im Moment sind es leider nur zwei. (lacht) Und ich brauche neben Sport vor allem Kinderprogramme, damit ich mit meinen Kindern Comics schauen kann.

SPOX: Wenn Sie die Bundesliga verfolgen, haben Sie sicher auch mitbekommen, dass Schalke Raul verpflichtet hat. Was sagen Sie dazu?

Kuranyi: Ich finde das toll. Dass so ein Weltstar zu Schalke kommt, ist etwas ganz Besonderes für den Verein. Wenn sich Schalke noch weiter gut verstärkt, bin ich überzeugt davon, dass sie ganz oben angreifen können in dieser Saison. Natürlich haben die Bayern eine Top-Mannschaft und sind immer der Top-Favorit, aber Schalke ist nicht zu unterschätzen. Das Team ist sehr, sehr gut.

SPOX: 111 Tore in 261 Bundesliga-Spielen. Ihre Quote ist top. Was sind für Sie Ihre schönsten Tore Ihrer bisherigen Karriere?

Kuranyi: Da fallen mir sofort zwei Tore ein. Zum einen mein Treffer für den VfB in der Champions League gegen Manchester United. Das war für mich und den Verein sehr speziell. Und dann mein Seitfallzieher für Schalke im Revier-Derby gegen den BVB. Das werde ich nie vergessen - ein wunderschöner Moment.

SPOX: Es gab aber auch weniger schöne Momente. Im Internet gibt es sogar ein Video mit dem Titel "Germany's Next Toppfeife" (hier geht's zum youtube-Video), auf dem die besten Chancen zu sehen sind, die Sie schon alle versemmelt haben.

Kuranyi: (lacht) Das Video kenne ich gut. Ich habe überhaupt kein Problem damit. Auch nicht, wenn die Fans sich über mich lustig machen nach solch vergebenen Chancen. Ich kann sehr gut über mich selbst lachen.

Teil 2: Kuranyi über seine andere Seite und seine Zukunft im DFB-Team