Wirklich die beste 3. Liga der Welt?

Von Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Affengeil fanden die Jena-Fans die 3. Liga einst - doch wie sieht es im Frühjahr 2011 aus?
© Getty

Was wurde nicht alles über die 3. Liga geschrieben? Sie sei eine Premium-Liga, eine Talentschmiede, die beste dritte Liga der Welt. Mittlerweile ist bei den Vereinen aber Ernüchterung eingekehrt. Sponsoren und Gelder bleiben aus, die Reserveteam-Problematik nervt und nun droht auch noch der TV-Sender auszusteigen.

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Auch wenn das Interesse der Zuschauer nach wie vor steigt, bleibt die finanzielle Lage der Mehrzahl der Klubs weiterhin angespannt, denn der besten 3. Liga der Welt fehlt es vor allem an eins: der richtigen Vermarktung.

Medial tritt die 3. Liga bislang vor allem im Vorfeld der "ARD"-Sportschau auf. Aber was, wenn nicht mehr? Nicht auszudenken, was passiert, wenn die "ARD" um Sportchef Steffen Simon wirklich ernst macht und aus der Übertragung aussteigt.

"Spielpläne fernsehgerecht gestalten"

Den DFB müssten die Aussagen von Simon im "Kicker" jedenfalls aufgerüttelt haben. Die Liga sei nicht attraktiv genug, sagte Simon. Die Begeisterung der Sendeanstalt über die 3. Liga halte sich in Grenzen, hieß es.

Helmut Sandrock, der DFB-Direktor Spielbetrieb, sieht das Projekt "3. Liga" trotzdem nicht in Gefahr. Simons Kritikpunkte bewertet er sogar als konstruktiv.

"Wir haben die Äußerung von Herrn Simon nicht als Drohung verstanden. Er spricht Sachverhalte an, die auch den DFB beschäftigen; nämlich die, dass wir unsere Spielpläne unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren fernsehgerecht gestalten müssen", so Sandrock gegenüber SPOX.

TV-Sender fordert mehr Mitsprachrecht

Doch geht das so einfach? Laut Simon wird der Spielplan maßgeblich von der "Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze" (ZIS) bestimmt. Das bedeutet konkret, dass ein Spitzenteam wie Hansa Rostock aufgrund polizeilicher Bedenken nur noch freitags oder sonntags spielt.

Der "ARD" gehen so jedoch Woche für Woche attraktive Begegnungen durch die Lappen.

Durch die Blume fordert man von Seiten der Fernsehmacher das, was man in den beiden Bundesligen längst hat: Man will bei der Erstellung der Spielpläne ein Wörtchen mitreden und Top-Spiele möglichst auf den Samstag legen.

Wo kommen die Talente her?

Wenn dann auch noch die Zweitvertretungen der Bundesliga-Klubs verschwinden würden, wäre die "ARD" wohl zufrieden. Reserveteams seien unattraktiv und würden generell nicht übertragen, lautet die Meinung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.

Ein Affront, bei dem sicher nicht nur Uli Hoeneß das Gesicht hochrot anlaufen dürfte. Wo kommen denn die Müllers, Götzes, Badstubers und Bargfredes her? Die Liste der Spieler, die ihre Sporen in der 3. Liga verdient haben und nun in der Bundesliga für Furore sorgen, ist lang.

"Für die 2. Mannschaften von Topvereinen wie Bayern München bietet diese Liga ein professionelles Angebot, um ihren jungen Spielern Gelegenheit zur Spielpraxis und Entwicklung zu geben", betont auch Sandrock.

Zu wenig zum Überleben

Die Attraktivität, die kommenden Stars seines Lieblingsvereins im Fernsehen zu verfolgen, ist besonders für Fans dieser Klubs sehr hoch. Hier muss sich die "ARD" den Vorwurf gefallen lassen, zu eindimensional zu denken.

Darüber hinaus stellt sich die Frage: kann der Sender überhaupt noch auf die 3. Liga verzichten? 2.93 Millionen Zuschauer verfolgen jeden Samstag die Berichterstattung in der Sportschau. Das sind acht Prozent mehr, als in der Saison 2009/10. Ein Wert, der Sandrock und dem DFB bei ihren Überlegungen sicher in die Karten spielt. Auch Simon gibt zu: "Das ist eine super Quote."

Eine Quote, die vielen Vereinen nicht wirklich weiterhilft. 800.000 Euro TV-Gelder bekommen die Klubs. "Zu wenig zum Überleben", monieren besonders die Vereine, denen es finanziell nicht gut geht.

Sandrock kritisiert Erwartungshaltung

Das Problem schaukelt sich von Saison zu Saison weiter hoch und fand in der aktuellen Hinrunde seinen vorläufigen Höhepunkt, als Rot Weiss Ahlen (Insolvenzantrag gestellt) und die SpVgg Unterhaching kurz vor dem Aus standen.

Auch Vereine wie Jena, Burghausen, Regensburg und Dresden befinden sich seit dem Ligastart am finanziellen Abgrund. Umso überraschender ist hier die Reaktion des DFB.

Dies sei ein "normaler wirtschaftlicher Prozess, mit dem man leben müsse", findet Sandrock. Er ergänzt, dass "die Vereine diese 800.000 Euro auch mal realistisch einordnen sollen. Keine andere dritte Fußball-Liga dieser Wert erhält so viel TV-Geld", zeigt sich der Ligadirektor ob der anhaltenden Vorwürfe genervt.

Namenssponsor als Lösung?

In Deutschland liege man mit einem vielfachen über den Beträgen, die andere populäre Sportarten für ihre höchste Spielklasse erhalten. Das stimmt - den Vereinen jedoch hilft es nicht.

Entspannen würde sich die Lage für alle Beteiligten, wenn der DFB einen Dach-Sponsor für die gesamte 3. Liga auftun würde. Dieses Bestreben liegt seit über einem Jahr auf der langen Bank. Das Interesse des südkoreanischen Autoherstellers "Kia" war groß, scheiterte aber letztendlich daran, dass die Vermarktung der 3. Liga an den Nationalmannschaftsvertrag des DFB gekoppelt ist.

Die Nationalmannschaft wird bekanntlich durch "Mercedes Benz" vertreten. Sandrock sieht die Verantwortung jedoch nicht nur beim DFB, sondern auch bei den Vereinen.

Die Spirale dreht sich weiter

"Nicht nur unsere exklusiven Partnerschaften führen zu einem sehr eingegrenzten Spielraum bei diesem Thema. Die Vereine selbst haben traditionell langlebige Partnerschaften mit Unternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Diese gilt es bei der Suche nach einem Ligasponsor allesamt zu berücksichtigen", sagt Sandrock.

Eine Aussage, die überrascht, denkt man an den Sponsorenpool, den jeder der zwanzig Vereine hat. Und so dreht sich die Spirale vorerst weiter.

Die Vereine wollen mehr Geld, die "ARD" eine attraktivere Spielplangestaltung. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht.

Die Entwicklung der besten 3. Liga der Welt droht damit ins Stocken zu geraten.

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