Vor dem nächsten Schritt

Von Markus Matjeschk
Der FSV Mainz 05 spielt seine vierte Saison am Stück in der Bundesliga
© Getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: der 1. FSV Mainz 05.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Wir müssen uns in der nächsten Saison unbedingt positiv entwickeln", hatte Trainer Thomas Tuchel nach dem wenig erfreulichen 0:3-Saisonabschluss gegen Mönchengladbach Anfang Mai das schludrige Auftreten seiner Mannschaft moniert und mit seiner Aussage bereits das Credo für die Vorbereitungsphase festgelegt.

Im vierten Bundesliga-Jahr am Stück stehen beim 1. FSV Mainz 05 nicht die Transfers im Vordergrund. Erstmals seit dem Aufstieg 2009 holte Manager Christian Heidel während der Sommerpause weniger als zehn Neuzugänge. Einzig Linksverteidiger Junior Diaz und Offensivmann Chinedu Ede wurden verpflichtet. Dazu kehrt Petar Sliskovic von seiner Leihstation FC St. Pauli zurück, Shawn Parker hat den Sprung von den Amateuren in den Profikader geschafft.

In der kommenden Spielzeit geht es in Mainz vielmehr um die Weiterentwicklung des eigenen Kaders. Der Verein ist auf der nächsten Stufe angelangt. "Diese Saison geht es darum, Dinge, die wir kennen, besser und konsequenter zu machen als letzte Saison, gelernte Sachen bis ans Limit auszuschöpfen und mit einer Grundüberzeugung und einem Siegeswillen auszufüllen", gibt Tuchel die Marschroute vor.

Das ist neu

Das Spielermaterial, aus dem Tuchel eine noch stärker in sich gefestigte Einheit formen will, ist in seinen Grundzügen dasselbe wie in der vergangenen Saison. Echten frischen Wind gibt es fast ausschließlich im Offensivbereich. Mit Sami Allagui, Mohamed Zidan, Mario Gavranovic und Deniz Yilmaz haben vier gelernte Stürmer den Verein verlassen.

Ab sofort sollen Chinedu Ede, Shawn Parker und Petar Sliskovic den Konkurrenzkampf im Angriff aufrecht erhalten und Adam Szalai, Eric Maxim Choupo-Moting und Andreas Ivanschitz Dampf machen.

Ein Quasi-Neuzugang ist Marcel Risse. Nach über zehn Monaten Verletzungspause wegen einer Knieverletzung feierte der Offensivallrounder beim 3:3 gegen Sevilla in der Vorbereitung sein lang ersehntes Comeback. Dass Risse noch einige Zeit brauchen wird, ist klar. "Wir müssen Geduld aufbringen, das ist ganz wichtig. Marcel selbst will eher schnell zurück, eher zu viel als zu wenig. Das ehrt ihn zwar, allerdings müssen wir ihn schon ein bisschen einbremsen. Denn nach so einer langen Pause muss man langsam wieder rangeführt werden", dämpft Tuchel bewusst die Euphorie.

Gelingt es dem Coach, Risse nach und nach in das Gefüge einzubauen, bekommen die Mainzer noch mehr Qualität in der Offensive und für das schnelle Konterspiel.

Die Taktik

Wie in der vergangenen Saison setzt Trainer Thomas Tuchel auch in der neuen Spielzeit auf zwei bewährte Systeme, das 4-2-3-1 und verstärkt auch das 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Gerade zweitgenannte Variante wurde in den Testspielen einstudiert.

Im Tor hat Christian Wetklo die Nase erst einmal vorn, nachdem Heinz Müller verletzungsbedingt große Teile der Vorbereitung verpasste. Loris Karius steht weiter hinten an.

Abhängig vom System ist der Einsatzort von Jan Kirchhoff. Lässt Tuchel im 4-2-3-1 spielen, ist er fester Bestandteil der Innenverteidigung. Im defensiven Mittelfeld fühlt sich der 21-Jährige nur im 4-4-2 wohl: "Die defensive Position im 4-2-3-1-System fällt für mich praktisch weg, weil ich mich nur alleine auf der Sechs wohlfühle. Dort bin ich auch eher ein Verteidiger", erklärt Kirchhoff seine Vorliebe.

Um die vakante Position im Abwehrzentrum neben Kirchhoff streiten sich Niko Bungert und Kapitän Nikolce Noveski. Rechts hat Zdenek Pospech gute Karten, zu Saisonbeginn in der Startelf zu stehen. Links hat sich Neuzugang Junior Diaz bislang noch nicht zu hundert Prozent aufgedrängt, als echter Linksfuß hat er jedoch ein möglicherweise entscheidendes Plus auf seiner Seite.

Im defensiven Mittelfeld finden sich mit Eugen Polanski, Elkin Soto, Julian Baumgartlinger und eben Jan Kirchhoff die bekannten Gesichter wieder.

Die größten Umstellungen sind im Offensivbereich möglich. Eric Maxim Choupo-Moting und Nicolai Müller wären im 4-2-3-1 auf den Außenbahnen zu finden. Sobald Marcel Risse wieder fit ist, gehört er in jedem Fall zu den Anwärtern auf einen Stammplatz. Im Zentrum könnte Chinedu Ede Andreas Ivanschitz den Platz auf der Zehn streitig machen.

Adam Szalai hingegen ist als Sturmspitze gesetzt. im 4-2-2 könnte Anthony Ujah an seine Seite rücken. Choupo-Moting, der die Position des zweiten Angreifers aus der kamerunischen Nationalmannschaft kennt, wäre ebenfalls eine denkbare Alternative.

Der Spieler im Fokus

Jan Kirchhoff. Der 21-Jährige hat in beiden von Tuchel bevorzugten Systemen einen Stammplatz sicher und ist der Fixpunkt in der Mainzer Defensive. Während die Positionen um Kirchhoff herum variabel besetzt werden können, ist an ihm kein Vorbeikommen mehr.

Der neuen Verantwortung im Team stellt er sich und geht bereits mit einer beeindruckenden Souveränität vorneweg. Dass Kirchhof große Pläne hat, die über Mainz 05 hinausgehen, dessen ist man sich im Verein bewusst.

Zunächst jedoch zählt für Kichhoff nur die kommende Saison bei den Nullfünfern, obwohl mit Meister Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen zwei Granden der Liga Interesse gezeigt haben sollen. Für seine sportliche Entwicklung sieht er Mainz als die beste Adresse. Wenn die Leistungen aber weiterhin stimmen, könnten neue attraktive Angebote herein flattern.

Das Interview

SPOX: Manager Christian Heidel hat den Kader wie angekündigt verkleinert, dennoch gibt es gerade im Offensivbereich jede Menge frischen Wind. Sami Allagui, Mohamed Zidan, Mario Gavranovic und Deniz Yilmaz sind weg, Chinedu Ede, Shawn Parker und Petar Sliskovic sind neu dabei. Wie gehen Sie in dieser Konkurrenzsituation miteinander um?

Eric Maxim Choupo-Moting: Wir verstehen uns alle gut und versuchen das auch beizubehalten. Konkurrenzkampf ist immer wichtig und wir brauchen das, weil man als Spieler gepusht wird, noch mehr aus sich herauszuholen. Wir haben gute Spieler. Shawn Parker ist noch jung und hat viel Potenzial. Anthony Ujah hat eine ganz andere Ausstrahlung als noch in der letzten Saison. Bei Adam Szalai weiß sowieso jeder, was er kann. Wir haben einen gesunden Konkurrenzkampf. Aber natürlich wünscht sich jeder insgeheim, dass er die Nase vorne hat. Abseits des Platzes versuchen wir so gut wie möglich miteinander umzugehen und lachen viel miteinander.

Das gesamte Interview mit Eric Maxim Choupo-Moting erscheint demnächst bei SPOX.

Die Prognose

Mainz hat sich in der Bundesliga etabliert. Das zeigt auch das neue Selbstverständnis, das Trainer und Manager bei der Personalplanung für die anstehende Saison an den Tag legten. Das Duo demonstriert ein gesundes Vertrauen in die eigene Mannschaft.

In der Offensive wird sich das Tuchel-Team auch weiterhin variabel und spielfreudig präsentieren. Mit Marcel Risse bekommt das Angriffsspiel zudem eine weitere Facette.

Ein entscheidender Faktor wird sein, ob die Defensivbesetzung auch über einen längeren Zeitraum hinweg stabil bleibt. Ein großes Fragezeichen steht diesbezüglich besonders hinter den Außenverteidigerpositionen. Ob Junior Diaz die seit dem Weggang von Christian Fuchs klaffende Lücke auf der linken Seite schließen kann, ist fraglich.

Schafft es das Team in dieser Saison noch häufiger als zuletzt, eine gesunde Balance zwischen offensiver Spielfreude und konsequenter Abwehrarbeit auf den Rasen zu bringen, ist ein Platz im gesicherten Mittelfeld möglich.

Der Kader von Mainz 05