"...dann spielt eben Pröll"

Von Interview: Jochen Tittmar
Ralf Fährmann bestritt in der laufenden Saison fünf Pflichtspiele für Schalke 04
© Imago

Schalkes Ralf Fährmann erlebte in dieser Saison bereits drei Premieren: Debüt in der Bundesliga, im UEFA-Cup und im DFB-Pokal. Insgesamt fünf Partien, in denen er sich in den Fokus spielen konnte. Was er auch eindrucksvoll tat: Ab Juli steht Fährmann bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag.

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Am kommenden Samstag ist der 20-Jährige mit den Knappen zu Gast in seiner zukünftigen Heimat (15.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere).

Im Interview spricht Fährmann über seine Zeit im S04-Internat, den Kontakt mit Hoffenheim und warum er nicht in Köln gelandet ist.

SPOX: Herr Fährmann, Sie standen letztmals am 6. Spieltag im Tor von Schalke. Für Schlagzeilen haben Sie dennoch gesorgt. Und zwar durch einen Bericht der "Bild", in dem Sie über Ihre Freundin, die zur Miss Sachsen gekürt wurde, sprachen. Wie fanden Sie diese mediale Aufmerksamkeit?

Fährmann: So etwas ist natürlich gefundenes Fressen für den Boulevard. Ich wurde angerufen, nach der Miss-Wahl gefragt und habe in meinem jugendlichen Leichtsinn darauf geantwortet. Daraus ist das entstanden. Ich würde es nicht noch mal machen. Ich muss mein Privatleben vom Sportlichen trennen. Das war jetzt nichts Schlimmes, aber ich habe damit meine Erfahrung gemacht und muss es nicht mehr haben.

SPOX: Sie haben zudem noch eine besondere Erfahrung gemacht: Erstes Bundesligaspiel als Schalker gegen den BVB. Was kann es Schöneres geben?

Fährmann: Ich weiß auch nicht, was es Schöneres geben sollte (lacht). Und dann auch noch vor 80.000 Zuschauern in Dortmund. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

SPOX: Wann haben Sie damals von Ihrem Einsatz erfahren?

Fährmann: Ich war mit der U 21 unterwegs und habe von der Verletzung von Mathias Schober gehört. Das war zwar schade, aber als Fußballer war ich natürlich froh, dass ich zum Einsatz kam. Zwei Tage vor dem Spiel kam der Trainer zu mir und sagte, dass ich mich gut auf das Spiel vorbereiten soll.

SPOX: Wie erging es Ihnen kurz vor dem Spiel?

Fährmann: In mir war pure Vorfreude. Ich konnte es kaum abwarten. Minuten sind zu Stunden geworden und Sekunden zu Minuten. Ich war heilfroh, als ich auf dem Platz stehen konnte und der ganze Ballast von mir abfiel.

SPOX: Dieser Einsatz war wohl der Lohn für Ihre Mühen im Schalke-Internat. Sie sind damals mit 14 Jahren von zu Hause ausgezogen. Wer hat Sie am meisten gefördert?

Fährmann: Es gab zwei Personen, die sehr viel für mich gemacht haben. Das war zum einen Daniela Matuschak, die Internatsmutter. Zum anderen mein Torwarttrainer Lothar Matuschak, mit dem ich fast vier Jahre lang trainiert habe. Denen habe ich auf jeden Fall sehr viel zu verdanken.

SPOX: Wie sah ihr Tagesablauf damals aus?

Fährmann: Das lief alles strikt nach Plan. Um 7.50 Uhr ging die Schule los, zwei Stunden Unterricht. Dann das erste Training. Diese Freistunden von der Schule mussten wir nachmittags nachholen. Nach dem Training also wieder zurück in die Schule, bis kurz nach 15 Uhr. Um 16 Uhr stand Torwarttraining auf dem Programm. Anschließend, so von 18 Uhr bis 19.30 Uhr, war Mannschaftstraining. Danach dann wieder zurück ins Internat. Dort gab es etwas Leckeres zu essen. Bevor ich dann tot ins Bett gefallen bin, standen noch Hausaufgaben an.

SPOX: Meine Güte, was für ein Programm. Wie sah es denn mit Freizeit aus?

Fährmann: Mittwochvormittag war Training, nachmittags hatte ich frei. Und der Samstag war auch frei. Ich war froh, dass ich Luft holen und mit Freunden in die Stadt gehen konnte, um ein Eis zu essen. Tennisspielen zu gehen oder großartig etwas zu unternehmen, dazu war mir aber nicht zu Mute.

SPOX: Vom freien Samstag müssen Sie sich nun endgültig verabschieden. Im Sommer wechseln Sie zu Eintracht Frankfurt. Auch Köln zeigte großes Interesse. FC-Keeper Faryd Mondragon ist 37 Jahre alt, Frankfurts Markus Pröll acht Jahre jünger. Wenn Sie nur diese Zahlen sehen, wie passt Ihre Entscheidung damit zusammen?

Fährmann: Es gibt in keinem Bundesligaverein einen Freifahrtschein. Man kann nirgends hinwechseln und sagen: "Ich spiele". In den Medien kam es so rüber, als ob ich nach Frankfurt wechsle, weil ich dort spielen werde. Vielmehr muss man das Gesamtpaket betrachten. Ich habe mich bei der Entscheidung pro Frankfurt einfach wohler gefühlt.

SPOX: Es wird jedoch weiterhin behauptet, dass Sie als neue Nummer eins geholt wurden, da Sie sich sonst gar nicht erst für Frankfurt entschieden hätten. Was entgegnen Sie dem?

Fährmann: Gar nichts. Wenn ich die Leistung bringen kann, die ich in meinen bisherigen Bundesligaspielen gebracht habe, dann stehen die Chancen gut, dass ich spielen werde. Ich habe aber wie gesagt keinen Freifahrtschein und will auch keinen haben. Der Bessere soll spielen. Wenn ich nicht der Bessere bin, sondern Pröll und er damit der Mannschaft weiterhilft, dann soll eben er spielen. Alles andere wäre Schwachsinn.

SPOX: Pröll kann sich nun in der Rückrunde für die neue Spielzeit empfehlen. Wäre es für Sie eine Tragödie, am 1. Spieltag der neuen Saison wieder auf der Bank Platz nehmen zu müssen?

Fährmann: Nein. Ich warte jetzt sicherlich auch nicht darauf, dass er ein schlechtes Spiel macht. Wenn er eine gute Rückrunde spielt, dann hat das zur Folge, dass Frankfurt in der Tabelle weiter oben ist. Das wäre natürlich super. Auch für mich.

SPOX: Im vergangenen Sommer gab es auch Kontakt mit Hoffenheim. Warum ist ein Wechsel damals gescheitert?

Fährmann: Wir hatten uns zusammengesetzt und gegenseitig unsere Standpunkte vorgetragen. Es gab aber eher eine leichte Anfrage und kein konkretes Angebot.

SPOX: Schalke gab aber eines ab: Die Vereinsführung wollte mit Ihnen verlängern und Sie dann ausleihen. Warum sind Sie auf dieses Angebot nicht eingegangen?

Fährmann: Das hört sich grundsätzlich immer gut an, ist aber schwierig für den Verein, der den Spieler leiht. Wenn ich mich für ein oder zwei Jahre ausleihen lasse, dann hat der Verein zwar ein oder zwei Jahre einen Torhüter, danach aber wieder das selbe Problem. Deswegen ist das nicht zustande gekommen. Gerade auf der Torhüterposition braucht man Kontinuität.

SPOX: Als sich Manuel Neuer in der Sommervorbereitung den Mittelfuß brach, ersetzte ihn Mathias Schober. Sie kamen nur rein, weil sich auch Schober verletzte. Waren Sie damals enttäuscht, nicht vor Schober zum Einsatz zu kommen?

Fährmann: Natürlich war ich enttäuscht. Aber Schober hat eben auch einen Haufen Bundesligaerfahrung. Da kann man als Trainer keinen Fehler machen, wenn man ihn reinstellt. Bei mir wusste niemand, wo ich genau stehe. Die Entscheidung war für mich nicht schön, aber ich konnte sie nachvollziehen.

SPOX: Wenn alles normal läuft, werden Sie in der Rückrunde nicht zum Einsatz kommen. Wie motivieren Sie sich in Ihren letzten Monaten auf Schalke?

Fährmann: Fußball ist für mich Motivation genug. Bis Sommer ist es ja auch nicht mehr so lange. Vielleicht fallen die zwei - was ich natürlich nicht hoffe - ja wieder auf einmal aus. Dann stehe ich bereit.

SPOX: Die aktuelle Saison läuft auf Schalke alles andere als nach Maß. Wie groß wäre der Schaden, wenn man sich nicht für das internationale Geschäft qualifizieren würde?

Fährmann: Schalke ist in den letzten Jahren immer besser geworden, auch das Umfeld wurde sozusagen professionalisiert. Das wäre natürlich ein herber Rückschlag. Aber das würde uns nicht kaputt machen.

SPOX: Denken Sie, dass die Mannschaft dann auseinander brechen würde?

Fährmann: Das glaube ich nicht. Wir leben als Mannschaft von unserem Zusammenhalt. Wir verstehen uns auch in der Kabine. Es gibt keine Grüppchen und keinen Stinkstiefel.

SPOX: In der U 21 bestritten Sie bislang ein Spiel. Wie groß sehen Sie die Chancen, dort Nachfolger Ihres Teamkollegen Manuel Neuer zu werden?

Fährmann: Schwierig zu sagen. Nach der EM im Sommer rutscht der Manuel dann raus. Ich habe alle Juniorennationalmannschaften durchlaufen. Es wäre natürlich eine Ehre für mich. Darüber entscheiden jedoch andere.

Der aktuelle Kader des FC Schalke 04