"Bierhoff und ich sind annähernd befreundet"

Von Interview: Torsten Nenner
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© Getty

Frankfurt - Seit fast sieben Jahren hatte es einen Spielabbruch in der Bundesliga nicht mehr gegeben.

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Zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Nürnberg musste Schiedsrichter Peter Gagelmann nun allerdings wieder mal die Reißleine ziehen, nachdem Nürnberger Fans wiederholt Feuerwerkskörper gezündet hatten. 

"Wir werden vor diesen Vollidioten nicht resignieren", so Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen, der allerdings auch eigene Versäumnisse einräumt: "Wir können uns von der Verantwortung als Veranstalter nicht freisprechen. Wir müssen unsere Sicherheitsvorkehrungen weiter überprüfen, damit wir keine italienischen Verhältnisse bekommen."

Im SPOX.com-Interview spricht Bruchhagen über die Eigendynamik von Erfolg und Misserfolg, nennt die langfristigen Ziele der Eintracht und geht auf sein Verhältnis zu Oliver Bierhoff ein.

SPOX: Herr Bruchhagen, Sie scheinen die Niederlage gegen Nürnberg gut weggesteckt zu haben.

Heribert Bruchhagen: Unsere Mannschaft hat aufopferungsvoll gekämpft. Wir waren aber nicht kompakt, was uns sonst auszeichnet. Nürnberg war voll konzentriert und hatte das Glück, dass wir in der Vergangenheit hatten. Wir haben in den vergangenen Wochen einige Male gejubelt, weil wir auf ähnliche Art und Weise Punkte geholt haben.

SPOX: War Ihnen der Dämpfer recht?

Bruchhagen: Wir brauchen keine Dämpfer, weil wir mit unserer Selbsteinschätzung im Reinen sind. Wir sind froh, dass wir in der Lage sind, gegen jeden zu gewinnen. Das ist das Positive aus dieser Saison. Wir stehen da, wo wir hingehören. Hoffentlich.

SPOX: Sind Sie froh, dass das Gerede vom Europapokal erst einmal vorüber ist?

Bruchhagen: Wir haben angedeutet, dass es möglich sein könnte. Aber im Grunde weiß jeder hier, dass es fünf bis sechs Vereine gibt, die viel weiter sind als wir. Und nach 34 Spieltagen steht in der Regel jeder da, wo er hingehört.

SPOX: Wird die Lücke zu den großen Vereinen in der nächsten Saison kleiner?

Bruchhagen: Das kann man nicht sagen. Das Beispiel Nürnberg zeigt ja, wie unwägbar Fußball ist. Es gibt eine Eigendynamik, sowohl des Erfolges als auch des Misserfolges. Die gleichen Leute mit den gleichen Handlungsweisen können dem nicht entrinnen.

SPOX: Aber sie wollen doch Schritt für Schritt nach vorne.

Bruchhagen: Das wollen aber andere auch.

SPOX: Das müsste heißen, dass Sie nächstes Jahr...

Bruchhagen: Nein! Der Erfolg des Einen bedingt den Misserfolg des Anderen. Es kann nur eine Mannschaft nach oben kommen, wenn eine andere runter geht. Unser Ziel ist es aber natürlich, jedes Jahr besser zu werden.

SPOX: Sie werden die Mannschaft im Sommer aber sicher noch einmal verstärken?

Bruchhagen: Das wollte der 1. FC Nürnberg vor der Saison auch.

SPOX: Waren die Wintereinkäufe Martin Fenin und Caio Vorgriffe auf die nächste Spielzeit?

Bruchhagen: Nein, wir sind dazu genötigt worden, weil uns Streit, Takahara und Thurk verlassen haben. Wir hätten den Kader gerne zusammengehalten, aber so mussten wir reagieren.

SPOX: Es wurde von zehn Millionen Euro gesprochen, die Frankfurt zur Verfügung hat. Da Sie auch Ablösesummen kassiert haben, wäre noch Geld für Neuverpflichtungen vorhanden.

Bruchhagen: Wir brauchen Spieler, die uns in die Spitze verbessern. Das ist aber nicht so einfach, weil wir bereits eine gewisse Qualität haben. Ich weiß daher nicht, ob es uns gelingt, Verstärkungen zu finden.

SPOX: Sie würden aber wieder Geld in die Hand nehmen?

Bruchhagen: Nur wenn der Markt es hergibt. Spieler, die besser sind als unsere, haben oft Gehaltsvorstellungen, die wir nicht erfüllen wollen.

SPOX: Themenwechsel: Sie haben sich letzte Woche wieder unbeliebt gemacht.

Bruchhagen: Warum?

SPOX: Sie haben Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff kritisiert.

Bruchhagen: Ich habe gerade erst im Rahmen der Vorstandssitzung des DFB mit ihm Kaffee getrunken und darüber gesprochen. Einzig die Überschrift der "Bild"-Zeitung "Bruchhagen attackiert Bierhoff" sorgte für Irritation. Der Text gab das nicht her.

SPOX: Sie haben also keine Probleme miteinander?

Bruchhagen: Nein, überhaupt nicht. Wir sind annähernd befreundet. Wir haben nur unterschiedliche Auffassungen. Ich muss die Bundesliga schützen.

SPOX: Inwiefern?

Bruchhagen: Was der DFB an Equipment und Apparat zur Verfügung stellt, das kann die Bundesliga nicht leisten. Es darf aber deshalb nicht der Eindruck entstehen, dass in den Bundesligavereinen nicht ordentlich gearbeitet wird. Das sieht Herr Bierhoff aber genauso.

SPOX: Sie üben also nicht Kritik an dem, wie er etwas sagt, sondern an dem, was er sagt?

Bruchhagen: Ich möchte einfach, dass er sich zur Nationalmannschaft äußert. Er hat mir auch versichert, dass er keinerlei Kritik an der Arbeit der Bundesligisten übt. Er soll die Nationalmannschaftssache machen - die er gut macht - und wir kümmern uns um die Bundesliga.

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