Alle Macht dem Kalle

Von Thomas Gaber
rummenigge, hoeneß
© Imago

München - Letzte Woche versammelte der FC Bayern Ross und Reiter in Marbella, um unter andalusischer Sonne eine optimale Vorbereitung auf die Rückrunde zu gewährleisten.

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Alle waren gekommen: die Superstars um Franck Ribery und Luca Toni, der scheidende Trainer Ottmar Hitzfeld, zig Assistenten, Manager Uli Hoeneß, der Zeugwart und sogar ein Physiotherapeut. Nur der Boss fehlte.

Karl-Heinz Rummenigge war in München geblieben. Der Vorstandsvorsitzende hatte wohl Wichtigeres zu tun als ständig zu kontrollieren, dass seine Schäfchen auch ja nicht ausbüchsen.

Klare Absage an Matthäus

Freilich informierte sich Rummenigge täglich über das Wetter, die betriebsinterne Stimmung und den körperlichen Zustand der Mannschaft. Doch nur einmal sah sich Rummenigge zu einem öffentlichen Statement genötigt, weil Lothar Matthäus den Inhalt eines Telefonats mit ihm völlig falsch wiedergegeben hatte.

"Lothar hat nie von mir ein Angebot bekommen, Trainer des FC Bayern zu werden. Es ist mir ein Rätsel, wie er das behaupten kann", ließ Rummenigge über Pressesprecher Markus Hörwick mitteilen.

Und überhaupt solle Matthäus aufhören, sich in Angelegenheiten des FC Bayern einzumischen. "Es wäre wünschenswert, wenn er die Sticheleien lassen würde. Jürgen Klinsmann ist nicht nur ein ausgezeichneter, sondern auch ein ausgebildeter Trainer mit DFB-Lizenz. Matthäus hat sie nicht." Widerspruch zwecklos.

Rummenigges Wort hat Gewicht

Karl-Heinz Rummenigges Wort hat beim FC Bayern mehr Gewicht denn je. Der Boss verzichtet auf verbale Luftblasen und spricht die Dinge stattdessen knallhart an. Unklarheiten blendet Rummenigge aus, etwaige Nachfragen werden durch die Präzision der Worte im Keim erstickt.

Eine Gabe, die Uli Hoeneß zuletzt abging. Der Manager konnte oder wollte zu den Personalien Jens Lehmann und Lukas Podolski keine eindeutige Stellung beziehen. Hoeneß zog eine Ausleihe von Podolski in Erwägung: "Wir müssen uns unterhalten, was wir da machen. Ich bin hin- und hergerissen. Wenn wir Podolski jetzt ausleihen und es geht alles gut, haben wir alles richtig gemacht."

Lehmann sei mit seinen 38 Jahren zwar "keine sinnvolle Lösung" für die Nachfolge des 38-jährigen Oliver Kahn, so Hoeneß. Auf eine klare Absage an Lehmann verzichtete der Manager allerdings.

Lehmann ins Reich der Fabeln 

Erst Rummenigge beendete die beiden schwebenden Verfahren. "Jens Lehmann und der FC Bayern - das war die Erfindung eines Journalisten. Wir beim FC Bayern haben in keinster Weise über das Thema Jens Lehmann gesprochen. Diese ganze Diskussion kann man getrost ins Reich der Fabeln verweisen."

Und zum Thema Podolski sagte Rummenigge: "Unsere Situation erlaubt es nicht, dass wir Lukas abgeben. Wir werden ihn weder ausleihen noch verkaufen. Daran wird sich auch nichts ändern. Er ist wichtig für uns und wird in Zukunft noch wichtiger werden."

Hoeneß und Rummenigge pflegen ein äußerst kollegiales, freundschaftliches Verhältnis. Alleingänge passen nicht ins Portfolio, sie schaden der Außendarstellung. Doch Rummenigge gibt den Takt vor. Er ist der unumstrittene Chef. Sein Vorschlag, Jürgen Klinsmann nach München zu holen, wurde von Hoeneß ohne Widerrede angenommen.

Rummenigge Chef der ECA 

Während Hoeneß seinen Rückzug vorbereitet - 2009 will er sein Manager-Amt niederlegen und in den Aufsichtsrat wechseln - baut Rummenigge seine Macht weiter aus.

Neben dem Vorsitz bei Bayern und der Mitgliedschaft im Vorstand der DFL hat der 52-Jährige seit vergangenem Montag auch die Spitzenposition der neu gegründeten "European Club Association" (ECA) inne. Rummenigge wurde von Vertretern der insgesamt 103 Vereine aus allen 53 UEFA-Mitgliedsländern zum Vorsitzenden der Nachfolgeorganisation der "G14" bestimmt.

Rummenigge gehört mittlerweile zu den mächtigsten Männern im Fußball. Sein Weg führt ihn zwangsläufig irgendwann auf den Thron von UEFA oder FIFA.

Noch konzentriert sich Rummenigge aber hauptsächlich auf den FC Bayern. Seine Arbeit ist noch nicht beendet. Er will den deutschen Rekordmeister wieder an die Spitze Europas führen. Gemeinsam mit Hoeneß. Und übrigens auch mit Franz Beckenbauer. Entgegen anders lautender Berichte baut Rummenigge nach wie vor auf des Kaisers Ratschläge.

Doch die Machtverhältnisse bei Bayern haben sich verschoben. Was früher für Beckenbauer galt, gilt jetzt für Rummenigge: sein Wort zählt.

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