RUDIS MISERABLE ABSCHLUSSFAHRT

Wie die EM 2004 für Deutschland zur Farce wurde

"Ein Rudi Völler, es gibt nur ein' Rudi Völler", sang Fußball-Deutschland nach der WM 2002.

Das überraschend positive, mit dem Erreichen des Endspiels gegen Brasilien belohnte Abschneiden der DFB-Elf unter dem Nachfolger des gänzlich gescheiterten Erich Ribbeck in Japan und Südkorea sorgte für Aufbruchstimmung.

Die Hoffnung: ein Triumph bei der EM 2004. Doch nach einer holprigen Qualifikation mit mehreren Blamagen entwickelte sich das Turnier in Portugal für den Vize-Weltmeister zu einer einzigen Farce. SPOX und Goal blicken zurück.

VOR DER EM 2004

Weizen-Waldi, Rumpelfußball und frischer Wind

6. September 2003. Hinter dem DFB-Team lag ein blutleeres 0:0 im EM-Qualifikationsspiel gegen Island. Und Rudi Völler redete sich vor laufender Kamera in Rage.

"Käse", "Scheißdreck", "Sauerei" – noch nie zeigte sich der Teamchef seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 derart angefressen. Das hatte jedoch nichts mit der Leistung seiner Mannschaft zu tun. Seine Kritik richtete sich an die Medien, die seiner Ansicht nach zu hart mit den Leistungen seiner Spieler ins Gericht gingen.

Ausbaden musste Völlers Zorn an jenem Abend ARD-Moderator Waldemar Hartmann, der den Coach unmittelbar nach Abpfiff zum Interview im Studio in Reykjavik empfing. Der in einen beigen Designerstuhl gepresste Völler eröffnete das Gespräch zunächst mit einem Seitenhieb auf Hartmanns Kollegen Gerhard Delling, der ob des sehr trägen deutschen Auftretens resümiert hatte: "Die Samstagabend-Unterhaltung steckt in der Krise."

"Da soll der Delling doch zu 'Wetten, dass' gehen", schimpfte Völler. Auch der für die ARD als Experte fungierende 1974er-Weltmeister Günter Netzer bekam sein Fett weg. "Ihr müsst doch mal endlich vom hohen Ross runterkommen! Was hat denn der Günter früher für einen Scheiß gespielt? Standfußball war das doch", polterte der frühere Torjäger.

Hartmann, der zuvor noch über seines Gesprächspartners Jähzorn geschmunzelt hatte, versuchte sich nun als Streitschlichter: "Ich verstehe die Schärfe nicht, Rudi." Und was dann kam, war legendär. "Du", sagte der noch aufgebrachtere Völler zu Hartmann, "bist doch auch gar nicht gemeint! Du sitzt hier locker und in aller Ruhe und hast schon drei Weizenbier getrunken!"

Ein legendärer Spruch, der in die Geschichte der deutschen TV-Sportberichterstattung eingehen und Hartmann einen zehn Jahre andauernden Werbebotschaftervertrag für Weißbier bei einer bekannten Münchner Brauerei bescheren sollte.

"Der Million-Dollar-Satz", wie der Journalist ihn heute voller Dankbarkeit zu nennen pflegt, war zugleich aber auch der Anfang vom Ende der Ära Völler beim DFB.

Gerade seine Offensive offenbarte gegen die Isländer all das, was sie bis auf wenige Ausnahmen danach nur noch offenbaren sollte: Fantasielosigkeit. Es mangelte an Eins-gegen-Eins-Spielern auf den Außen und einem Killer vor dem gegnerischen Tor.

Fredi Bobic (32) hatte seine besten Zeiten hinter sich, während die jüngeren Angreifer Miroslav Klose (26) und Kevin Kuranyi (22) nicht immer zu überzeugen wussten. Völler kam deshalb auf die Idee, den bei Hannover 96 stark aufspielenden Thomas Brdaric (29) einzuladen. Ohne nennenswerten Erfolg.

So musste Michael Ballack (27), der omnipräsente Spielmacher, schon während der Qualifikation die Offensive schultern. Der Rest? Harmonierte nicht miteinander. Gerade im zentralen Mittelfeld hatte Völler ein Überangebot an Spielern, mit denen er wenig anfangen konnte. Fabian Ernst (25) und Frank Baumann (28), die Werder Bremen sensationell vor einem schwächelnden FC Bayern zum Meistertitel geführt hatten, mussten sich meist mit der Ersatzbank begnügen, weil Völler lieber auf Akteure mit mehr Länderspielerfahrung wie Torsten Frings (27), Jens Jeremies (30) oder Dietmar Hamann (30) setzte.

Zu allem Überfluss präsentierte sich im Vorfeld des Turniers dann auch noch die Defensive alles andere als Europameister-tauglich. Niederlagen wie das 0:3 gegen Frankreich im November 2003 oder das 1:5 in Rumänien im April 2004 standen exemplarisch für das zum Teil verheerende Abwehrverhalten. Nach der "Schande von Bukarest", wie sie die deutsche Presse nannte, gab es weder für Völler noch für seine Spieler etwas schönzureden. "Das ist eine absolute Blamage, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war und wir nicht alle Mann an Bord hatten", sagte Kapitän Oliver Kahn (34). "Wir haben uns abschlachten lassen." Und "Kaiser" Franz Beckenbauer, zu jener Zeit Experte für das ZDF, fügte treffend hinzu: "So brauchen wir erst gar nicht zur EM zu fahren."

Es folgte mit den Testspielsiegen gegen Malta (7:0) und Schweiz (2:0) eine Reaktion. Auch die Defensive um die erfahrenen Christian Wörns (32) und Jens Nowotny (30) schien sich gerade rechtzeitig zu stabilisieren. Doch dann kam die Generalprobe gegen das von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus trainierte Ungarn Anfang Juni in Kaiserslautern. 0:2. Doppelpack Sandor Torghelle. Pfiffe zum EM-Auftakt.

Intern war die Stimmung vor der Abreise nach Portugal aber noch gut, behauptet zumindest Andreas Hinkel im Gespräch mit SPOX und Goal. "Ja, die Quali lief nicht immer rund und wir haben damals nicht den besten Fußball gespielt. Aber wir haben ja trotzdem über Jahrzehnte große Erfolge gefeiert. Vor der WM 1990 lief auch nicht alles rund, auch im Turnier nicht."

Der damals 22 Jahre alte Profi des VfB Stuttgart reiste als Ergänzungsspieler für die rechte Abwehrseite mit nach Portugal. Um für noch mehr frischen Wind zu sorgen, reagierte Völler mit den kurzfristigen Nominierungen der schon Monate zuvor vehement von Fans und Medien geforderten Bastian Schweinsteiger (19) und Lukas Podolski (19), die Ende Mai mit der U21 bei der Heim-EM in der Gruppenphase ausgeschieden waren.

Schweini, Poldi und der bereits als linker Außenverteidiger etablierte Philipp Lahm (20) waren die großen Hoffnungsträger eines Kaders, der unausgeglichen und über seinem Zenit schien. Kahn, der damals noch den Vorzug vor dem mit den Hufen scharrenden Jens Lehmann (34) von Arsenals "Invincibles" zwischen den deutschen Pfosten erhielt, redete den Skeptikern Mut zu: "Wir sind eine Turniermannschaft, das ist einfach so."

DIE EM 2004

Drei Sterne, zwei Tore, ein Desaster

9. Juni 2004. Nach einem Kurz-Trainingslager in Winden im Elztal bezog der DFB-Tross sein EM-Quartier im "Ria Park Palace Garden" in Almancil vor den Toren von Faro an der portugiesischen Algarve.

Völler, der wie schon bei der WM 2002 bewusst einen eher abgelegeneren Standort ausgesucht hatte, sprach von "optimalen Voraussetzungen". Auch DFB-Teammanager Bernd Pfaff meinte: "Das ist das beste Quartier, was man in Portugal bekommen kann."

Diese Meinung teilten nicht alle. Die Bedingungen seien trotz der herrlichen Landschaft mit vielen Palmen und Pinienwäldern sowie insgesamt zwölf Golfplätzen "alles andere als gut" gewesen, erinnert sich Kevin Kuranyi im Gespräch mit SPOX und Goal.

Das Quartier sei aber "keineswegs das Problem" gewesen, versichert Kuranyi. Der damalige Angreifer des VfB Stuttgart räumt ein: "Rudi Völler war ein super Trainer mit einer sehr guten Mentalität, aber wir waren schon vor dem Turnier platt. Ich weiß nicht, ob es an der langen Saison im Verein oder an anderen Dingen lag, aber ich hatte nicht das Gefühl, körperlich gut vorbereitet zu sein."

Drastischere Worte sollte der spätere Kapitän und Weltmeister Lahm in seiner 2011 erschienenen Autobiografie Der feine Unterschied wählen. Das Training unter Völler und dessen Co-Trainer Michael Skibbe sei "erstaunlich locker" abgelaufen, so Lahm.

"Wir laufen ein, zwei Runden um den Platz, um uns warm zu machen, machen ein bisschen Stretching, spielen Kreis, üben Flanken und Torschüsse und fangen nachher ein kleines Spiel an. Mir kommt das so vor, als würden ein paar Kumpels miteinander in die Ferien fahren, um Fußball zu spielen."

Der frühere Moderator Waldemar Hartmann verteidigt Völler: "Rudi war nichts anderes als ein Motivator. Fürs Training war eigentlich Michael Skibbe verantwortlich." Laut Lahm sei nur eine Stunde pro Tag trainiert worden, danach hätten sich die Nationalspieler auf ihre Zimmer verzogen.

Taktische Besprechungen oder Videoanalysen habe es unter Völler und dessen Assistenten nicht gegeben. Alles andere als positive Voraussetzungen für ein Turnier also – zumal es zum Auftakt im fünf Autostunden entfernten Porto ausgerechnet gegen Erzrivale und Mitfavorit Niederlande ging.

Aufgrund ihrer schwachen Leistungen im Vorfeld des Turniers nahm die Völler-Elf beim Prestige-Duell mit dem Nachbarn die Rolle des Außenseiters ein. Allerdings schienen sich nach einer niederländischen Sturm-und-Drang-Phase zu Beginn die Kahn’schen Worte, Deutschland sei "eine Turniermannschaft", zu bewahrheiten.

Durch einen Frings-Freistoß von der linken Seite, der an Freund und Feind vorbeisegelte und schließlich im Tor des überraschten niederländischen Schlussmanns Edwin van der Sar einschlug, geriet der gescholtene Vize-Weltmeister unverhofft in Führung (30.).

Kuranyi, der vor 52.000 Zuschauern im Estadio do Dragao von Beginn an spielte, berichtet rückblickend von einem "harten Fight". 

Nach dem Seitenwechsel ließ sich die Völler-Elf mehr und mehr den Schneid abkaufen. Die Oranje dagegen erhöhte den Druck und kam in der Schlussphase zum leistungsgerechten Ausgleich: Ruud van Nistelrooy bestrafte eine Unaufmerksamkeit des gerade erst zuvor eingewechselten Ernst.

"Wir haben die Holländer in der ersten Halbzeit fast beherrscht. In der zweiten Halbzeit hatten wir etwas zu wenig Entlastung nach vorne. Wenn du gegen so eine Mannschaft, mit so vielen Klassespielern das zweite Tor nicht machst, bekommst du immer Probleme", sagte Kahn.

Auch wenn der Ärger über den verpassten Traumstart groß war: Völler und seine Spieler gaben sich mit dem Gezeigten sehr zufrieden. So manche internationale Zeitung wie die italienische Tuttosport sah im DFB-Team fortan sogar einen "gefährlichen Anwärter auf den EM-Titel".

"Die zweite Halbzeit war sehr wackelig, da hätten die Holländer am Ende sogar noch gewinnen können. Man hatte insgesamt aber schon das Gefühl, dass die Krise überwunden sei und man nun richtig durchstarten könne", erzählt Martin Volkmar, Chefredakteur von SPOX und Goal, der damals noch als Vorort-Reporter für Sport1.de aus Portugal berichtete.

So habe der DFB im Anschluss an jenes Spiel noch "sehr viele Medientermine und Interviews mit den Spielern" zugelassen. "Die Stimmung", so Volkmar, "war recht entspannt."

Ein Sieg gegen den Underdog aus Lettland war fest eingeplant. Anstatt des großen und standesgemäßen Schrittes Richtung K.o.-Runde sollte das im Estadio do Bessa zu Porto stattfindende zweite Vorrundenspiel zu einer herben Enttäuschung werden.

Völlers Elf kam vor 22.000 Zuschauern nicht über ein 0:0 hinaus – weil sie einmal mehr zu wenig Dampf nach vorne entwickelte und obendrein die sich ihr bietenden Chancen kläglich versiebte.

Die größte Gelegenheit hatte der eingewechselte Klose in der Nachspielzeit, indem er das leere Tor per Kopf verfehlte. Völlers ernüchterndes Resümee: "Wer das Tor nicht trifft, kann nicht gewinnen."

Man habe gerade in Durchgang eins "zu umständlich" gespielt, "vor allem über die Flügel". Die wohl einzige positive Erkenntnis: Youngster Schweinsteiger machte nach seiner Einwechslung zur Pause einen engagierten Eindruck. Sein Kumpel Podolski dagegen schmorte wie schon beim Auftaktspiel 90 Minuten lang auf der Bank.

"Nach dem Lettland-Spiel war die Stimmung nicht mehr so gut", erzählt Timo Hildebrand, der als dritter Torhüter hinter Kahn und Lehmann in Portugal dabei war, im Gespräch mit SPOX und Goal. "Man war zwar noch guten Mutes, aber trotzdem hat man gespürt, dass wir in keinen Turnierflow hereinkommen."

Trotzdem: Die Deutschen hatten ihr Schicksal auch nach der trostlosen Nullnummer gegen Lettland noch immer in der eigenen Hand. Für ein Weiterkommen erforderlich: ein Sieg im letzten Gruppenspiel gegen das mit zwei Siegen schon für die K.o.-Runde qualifizierte Überraschungsteam aus Tschechien.

"Rudi Völler ist unser Mann für 2006", stellte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder infolge der bereits im Vorfeld des "Endspiels" aufgekommenen Diskussionen um einen Trainerwechsel klar.

Die Anspannung im deutschen Lager war mittlerweile groß, Völler cancelte die zuvor noch rege abgehaltenen öffentlichen Trainingseinheiten und die Medienvertreter bekamen keine Interviews mehr. "Wir müssen uns etwas einfallen lassen", sagte Völler und appellierte an seine Mannschaft, doch endlich mal konsequenter mit ihren Torchancen umzugehen.

Es brachte nichts. Das erste deutsche EM-Spiel in Lissabon war zugleich das letzte. Dabei ging es vor über 48.000 Zuschauern gut los. Ballack zimmerte den Ball in der 21. Minute nach Vorlage des erstmals von Anfang an aufgestellten Schweinsteigers aus gut 18 Metern in den Winkel. Die bessere B-Mannschaft der Tschechen, im Gegensatz zum Triumph über Niederlande-Spiel (3:2) auf neun Positionen verändert, spielte mutig mit und konterte immer wieder gefährlich.

Nur neun Minuten nach Ballacks Traumtor schlenzte der ehemalige Hamburger Marek Heinz den Ball aus rund 20 Metern mit einem Freistoß ins Netz. Völler reagierte in der Halbzeit und brachte Podolski für den enttäuschenden Frings. Mit dem Debütanten aus Köln wurde das deutsche Offensivspiel merklich zielstrebiger. Doch einmal mehr ließ die unter Druck stehende DFB-Elf, allen voran Routinier Bernd Schneider, beste Tormöglichkeiten liegen, ehe in Minute 77 ein perfekt vorgetragener und durch den späteren Turniertorschützenkönig Milan Baros abgeschlossener Konter das deutsche EM-Debakel perfekt machte.

"Uns hat in diesem Turnier die Konzentration gefehlt, nicht nur in der Offensive. Wir haben als Mannschaft nicht funktioniert – obwohl ich den Mix aus älteren, erfahrenen Spielern wie Kahn oder Ballack und etwas jüngeren wie mir, Lahm, Schweini oder Poldi eigentlich sehr gut fand", erinnert sich Kuranyi.

Wie die interne Reaktion auf das Ausscheiden ausfiel?

Auch Kuranyis Stuttgarter Kollege Hinkel meint rückblickend: "Hätten wir Tschechien besiegt, hätten wir uns ein bisschen durch die Gruppe geholpert, aber danach wäre es ein neues Turnier gewesen und wer weiß, wohin die Reise gegangen wäre. Stattdessen kam ein abruptes und ganz bitteres Ende."

Auch für Völler? Der Teamchef ging nach dem Tschechien-Spiel Richtung Fankurve, um sich bei den trauernden Anhänger:innen zu entschuldigen. "Ich bin sehr enttäuscht", sagte er, "aber ich habe einen Vertrag bis 2006 und gehe davon aus, dass ich weitermache."

NACH DER EM 2004

Hitzfeld? König Otto? Klinsmann!

24. Juni 2004. Der Tag nach dem Fiasko von Portugal sollte der arbeitsreichste für die mitgereisten Medienvertreter werden. "Die meisten von uns haben zunächst gedacht, dass Völler weitermacht. Zum einen, weil er es selbst so gesagt hat, zum anderen, weil auf den ersten Blick keine wirkliche Alternative in Sicht war", erzählt der damalige Reporter Volkmar.

Die unabhängig von dem Ausgang des Tschechien-Spiels angesetzte Pressekonferenz für den Mittag entpuppte sich jedoch als Abschiedsrede von Völler. Im Beisein von Pressesprecher Harald Stenger und Präsident Mayer-Vorfelder verkündete der Teamchef seinen Rücktritt – aus freien Stücken.

"Mayer-Vorfelder hat die halbe Nacht versucht, Rudi zum Weitermachen zu überreden", erinnert sich Waldemar Hartmann im Gespräch mit SPOX und Goal. "Sogar Franz Beckenbauer hat sich eingeschaltet. Aber Rudi wollte nicht mehr."

"Ich habe das Gefühl, dass durch die WM im eigenen Land es nur jemand machen kann, der einen gewissen Kredit hat in diesen zwei Jahren. Einen ähnlichen Kredit, wie ich ihn vor vier Jahren hatte. Das ist wichtig", so Völlers Begründung.

Kurz darauf verabschiedete sich der DFB-Tross fluchtartig aus Faro und trat die Rückreise nach Deutschland. "Wir wollten nur noch heim. Überall hängende Köpfe. Eine Reise zum Vergessen", sagt Kuranyi, der dem Turnier nach eigenen Angaben trotzdem auch Positives abgewinnen konnte: "Für junge Spieler wie mich war es eine wertvolle Erfahrung."

Hildebrand ergänzt: "Ich weiß noch, wie ich zu den arrivierten Spielern wie einem Bobic oder Hamann aufgeschaut habe. Das waren irgendwie richtige Männer für mich."

Und Hinkel meint:

Diesen Umbruch sollte nach Ansicht der DFB-Bosse Ottmar Hitzfeld fortführen. Doch der in Dortmund wie München erfolgreiche Übungsleiter sagte Mayer-Vorfelder nach mehreren Gesprächen ab. "Diese Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen", versicherte Hitzfeld. Er sehe sich "aus familiären und gesundheitlichen Gründen" jedoch nicht in der Lage, Deutschland bis zur Heim-WM 2006 zu einem Spitzenteam zu formen.

Erst nach Absage von Wunschkandidat Hitzfeld beschäftigte sich der DFB mit anderen Optionen. Otto Rehhagel, der Griechenland sensationell zum EM-Triumph geführt hatte, kam beispielsweise ins Gespräch. Die Entscheidung fiel 35 Tage nach Völlers Rücktritt aber auf Jürgen Klinsmann. Ex-Bundestrainer Berti Vogts hatte bei Mayer-Vorfelder vehement für den Wahl-Kalifornier geworben.

Eine weise Wahl, wie Hildebrand rückblickend findet: "Es wurde alles viel professioneller, als es vorher der Fall war. 2004 war eher noch alles nach alter Schule, aber dann kam plötzlich Klinsmann mit den Methoden aus den USA, die wir hier gar nicht kannten. Auch in den Vereinen nicht. Und er wurde ja anfangs total dafür belächelt. Aber es ist schnell in Begeisterung umgeschlagen, alle Spieler haben komplett mitgezogen. Ich habe es damals zum ersten Mal erlebt, dass sich Alphatiere wie Ballack, Frings und Kahn sich in den Dienst der Mannschaft gestellt haben."

Neben dem neuen Bundestrainer verpflichtete der DFB auch Joachim Löw. Der Beginn einer Ära, die in diesem Sommer endgültig zu Ende gehen wird.