Deutschrap dröhnt durch die Halle. Menschen grölen wild durcheinander, gestikulieren, es ist stickig, die Stimmung ist aufgeheizt und richtet sich auf einen circa 20x10 Meter großen Käfig. Immer wieder durchbricht ein Knall die wabernden Bässe der Musikanlage, es folgt eine kurze Ansage per Mikrofon: "Tor! Jungs, Ihr habt noch 40 Sekunden!"

Wir sind in Berlin-Neukölln beim Adidas Tango-League-Finale und während Fußball-Deutschland über fehlende Straßenkicker klagt, kämpfen 16 Teams um die deutsche Krone im Straßenfußball. Grätschen rasseln über den Kunstrasen, Bodychecks katapultieren die Spieler gegen die Käfigwände, jeder Panna eine absolute Höchststrafe. Das System ist simpel. Vier Spieler, kein Torwart, kleine Tore und fünf Minuten Vollgas.

Unter den 16 Mannschaften sind fünf Teams, deren beste Spieler sich zuvor in Regionalausscheidungen in München, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und Berlin durch ihr Können besonders hervorgetan haben. Diese Jungs haben die einmalige Chance, als bester Straßenkicker des Landes, als MVP ausgezeichnet zu werden und somit als deutscher Vertreter zum Weltfinale nach Moskau zu reisen. 

Was man für die Tango League so mitbringen muss: "Schnelligkeit, Übersicht, ein paar starke Tricks, und ein gutes Team im Rücken ", erklärt der österreichische MVP Komel, der dieses Event ganz entspannt als Zuschauer verfolgen kann. Komel und der Schweizer MVP Elyas haben ihre Tickets für Russland bereits sicher. Sie haben die Jurys in Wien und Zürich überzeugt. 

Die wichtigsten Faktoren – auch hier in Berlin: Siege, Tore, Leadership und die nötige Portion Skills an der Kugel. Extrapunkte gibt's für einen Tunnler und die Leistungen in speziellen Skill-Challenges, die an verschiedenen Stationen in der Halle erfüllt werden müssen. 

Eine besondere Herausforderung stellt jedoch vor allem der enge Käfig dar. Ohne Torwart wird fast jeder Fehler sofort bestraft, jede blinde Aktion kostet unnötig Kraft. "Ich bin nicht so der Trickser, Tunnler zählen für mich nicht, auch wenn es dafür Punkte gibt. Ich konzentriere mich einfach nur auf Tore", sagt Panajotis und scheint damit die richtige Herangehensweise gefunden zu haben. Der Berliner und sein Team #FULLBERLIN pflügen durch die Gruppenphase – typisch Berlin: ruppig, direkt und ohne Rücksicht auf Verluste. 

Panajotis, der mit vollem Namen Panajotis Haritos heißt, kommt ursprünglich aus Schöneberg und ist mit dieser Art Fußball aufgewachsen: "Es geht vor allem um Intuition und das richtige Gefühl für das Spiel. Manchmal geht Plan A im Fußball eben nicht auf, weshalb man immer bereit sein muss. Diese kleinen Käfige sind die perfekte Schule." Der Berliner mit griechischen Wurzeln spricht ruhig, aber bestimmt, wenn er redet. Selbst Kameras machen ihn kaum nervös.

Panajotis ist ein bisschen rumgekommen in der Fußballwelt. In einer typischen Arbeiterfamilie geboren blieb für die Eltern wenig Zeit, um Pana, wie ihn hier alle nennen, regelmäßig zum Training oder zu den Spielen zu begleiten. Sein Talent war ohnehin unübersehbar. Über einen Bekannten wird Hertha Zehlendorf auf den Jungen aufmerksam, innerhalb einer Woche rutscht Pana von der D3 hoch in die D1. 

In der B-Junioren-Bundesliga spielt der Stürmer so stark auf, dass sogar Hansa Rostock und der 1. FC Kaiserslautern anklopfen. Die Wahl fällt auf den Ostseeklub, wo Pana schließlich unter Kroos-Papa Roland trainiert. Für die Kogge spielt er gegen die besten Jugendspieler der Republik: "Julian Brandt hat einen richtig starken ersten Kontakt. Wenn du ihn dabei noch am Trikot gezogen hast, dann hat der dich einfach mit über den Boden gezogen."

Doch auch Pana weiß zu überzeugen, wechselt nach der Jugend zum VfB Lübeck. Auf seine ersten guten Auftritte folgt das Verletzungspech, die Karriere gerät ins Stocken: "Wie heißt es so schön, das Beste kommt erst noch!" 

Pana träumt von einer Karriere in Griechenland und sieht in der Tango League zumindest eine gute Möglichkeit, um weiter an seinem Spiel zu feilen: "Klar schauen die Vereine beim Scouting vor allem auf die Leistungen im Verein, aber die Scouts wissen auch, dass es einige Eigenschaften bei Straßenkickern gibt, die jedes Team gut gebrauchen kann. Ich bin da sicher eine gute Mischung."

Seine Qualitäten präsentiert Pana auch beim Tango-League-Finale. Sein Team übersteht die Gruppenphase mit Leichtigkeit, reihenweise scheiden die MVPs aus den anderen Regional-Turnieren aus – Berlin ist eben nochmal ein anderes Pflaster. 

Die ganze Atmosphäre hat etwas vom Rucker Park. Jenem legendären Freiplatz-Areal in New York, wo die besten Street-Basketballer der Welt zu Hause sind. Wo bereits zahlreiche NBA-Profis ihr Können demonstrierten und Hiphop seit jeher den perfekten Soundtrack liefert. 

Rings um den Käfig ist einiges los. Überall gibt es kleine Stationen, an denen Zuschauer ihre Fähigkeiten am Ball präsentieren können. Es wird FIFA gezockt, im Hintergrund läuft die WM. Ein Freizeitpark für Fußballliebhaber.

Malik ist als Zuschauer hier, auch weil er sich die Konzerte der Special Guests Gringo und Capo anschauen will: "Berlin ist die Hauptstadt für Straßenfußball in Deutschland. Wenn Du es hier schaffst, dann schaffst Du es überall. Hier kommen aus jedem Bezirk so krasse Teams, so krasse Spieler. Nichts gegen Frankfurt oder München, aber das hier ist schon nochmal etwas anderes. Du hast Neukölln, Kreuzberg, Wedding – die sind hier alle in Käfigen aufgewachsen."

Deshalb verwundert es auch nicht, dass das Finale eine rein Berliner Angelegenheit wird. Pana und sein Team scheiden im Halbfinale aus. Ein Golden Goal in der Verlängerung wird ihnen zum Verhängnis. Trotzdem geht die MVP-Trophäe am Ende an den Lokalmatadoren: "Das zeigt, dass mich meine Mannschaft richtig gut unterstützt hat. Das sind alles Jungs, die ich schon lange kenne", grüßt Pana sein Team. 

Jetzt ruft Russland und lockt neben der WM mit dem hochklassigsten Straßenfußball-Turnier der Welt. Jedes Land schickt seinen MVP ins Rennen. Die Jungs werden vor Ort in Teams eingeteilt und können in Moskau herausfinden, wie auf den übrigen Straßen der Welt gekickt wird. Komel brennt jetzt schon: "Ich bin wirklich gespannt, wie gut die Spieler aus Südamerika sind. Allein der Brasilianer sollte schon einiges draufhaben."

Pana hat vor allem einen Traum: "Wenn ich Zidane kennenlernen könnte, das wäre das absolute Highlight!"

Die Tango League geht weiter! Ab August könnt auch Ihr in Berlin, Hamburg, Frankfurt, der Area West, München, Wien oder Zürich dabei sein. Alle weiteren Infos zur adidas Tango League findet Ihr unter: https://www.adidas.de/tangoleague