Knapp zwei Wochen vor dem NFL Draft 2022 haben wir schon eine recht gute Vorstellung darüber, wer die wohl besten Wide Receiver dieser Klasse sind. Nun stellt sich die Frage, wo diese am besten hinpassen.
Wer vermutlich die besten Wide Receiver im NFL Draft 2022 sind, haben wir bereits ausführlich im SPOX-Ranking analysiert.
Doch nun stellt sich die Frage, wo diese Topleute denn am Ende am besten hinpassen. Welches Top-Receiver-Prospect passt am besten zu welchem Team - und warum?
NFL Draft 2022: Statistiken der besten Wide Receiver 2021
Spieler | Team | Spiele | Receptions | Yards | Touchdowns |
Drake London | USC | 8 | 88 | 1084 | 7 |
Chris Olave | Ohio State | 12 | 65 | 936 | 13 |
Jameson Williams | Alabama | 15 | 79 | 1572 | 15 |
Garrett Wilson | Ohio State | 11 | 70 | 1058 | 12 |
Treylon Burks | Arkansas | 12 | 66 | 1104 | 11 |
NFL Draft 2022: Treylon Burks - Arkansas
Burks bringt eine einzigartige Kombination aus Größe (1,91 m) und Speed mit und spielte bei den Razorbacks vor allem im Slot. Durch starke Beine hat er wenig Mühe, Tackles auszuweichen und ist zudem einer starker Rebounder, wenn man so will. Er gewinnt Contested Balls und macht damit wett, dass er nicht unbedingt der Beste ist, wenn es darum geht, Separation zu erzeugen.
Dazu trackt er den Ball gut und kann theoretisch mit gezieltem Training eines Tages auch eine gefährliche Waffe auf tieferen Routes sein.
Er hat den Körper eines X-Receivers, allerdings spielte er bislang hauptsächlich im Slot - 77 Prozent seiner Snaps kamen in drei Jahren College von dort. Damit dürfte er in der NFL zunächst mal mindestens als Big-Slot-Typ beginnen.
Den Großteil seiner Catches hatte er zuletzt laut PFF entweder hinter der Line of Scrimmage oder innerhalb von 10 Yards über der Line. Er wurde häufig durch Screens angespielt und machte daraus dann sehr viel Raumgewinn.
Das Team, zu dem er damit am besten passt, sind wohl die Dallas Cowboys. Jene haben gerade erst Amari Cooper verloren und spielen in aller Regel immer mit 11-Personnel, also mit drei Wide Receivern - jetzt noch mehr, nachdem Tight End Blake Jarwin Free Agent wurde und nur noch Dalton Schultz auf dieser Position Starter-Qualität mitbringt.
Die Cowboys setzen im Passspiel vor allem auf verhältnismäßig tiefe Pässe - bislang spielte CeeDee Lamb im Slot und kam auf 10,6 Average Targeted Air Yards laut Next Gen Stats. Das war der geringste Wert der Top-3-Receiver des Teams hinter Cooper und Gallup.
Treylon Burks: Mehr Variabilität für die Cowboys-Offense?
Das kann effektiv sein, doch stellt sich eben die Frage, ob die Cowboys-Offense nicht ein wenig mehr Variabilität vertragen könnte. Offensive Coordinator Kellen Moore ist durchaus als innovativ zu bezeichnen. Würde er einen Receiver wie Burks bekommen, der darauf spezialisiert ist, auch kurze Pässe zu fangen und daraus viel zu machen, gäbe das dieser Offense womöglich eine neue Dimension. Vor allem aber eine neue Ebene im Passspiel. Und neue Möglichkeit.
Burks könnte schon früh außen gegenüber von Gallup spielen, er könnte aber auch den Big Slot geben und damit Lamb mehr in eine Outside-Rolle befördern, wo er womöglich seine Fähigkeiten noch besser zur Geltung bringen würde.
Darüber hinaus spielte Burks in Arkansas auch häufiger aus dem Backfield - man denke an eine gewichtigere Version von Deebo Samuel. Das würde es den Cowboys erlauben, noch variabler mit ihrem Standard-11-Personnel-Package umzugehen - oder eben auch mal auf dem Papier 01-Personnel zu spielen, ohne das grundlegende Alignment zu ändern.
Hinzu kommt für Burks, dass er noch kein fertiger Route Runner ist. Er braucht noch Zeit, um sein Route Running zu verfeinern. Die Cowboys sind so ein Team, das ihm diese Zeit auf hohem Niveau geben könnte, eben weil so viel Talent im Receiving Corps ohnehin schon vorhanden ist und Burks als Nummer 3 starten würde.
Burks ist schon jetzt eine Waffe, mit etwas Zeit, könnte er aber auf Sicht zum Nummer-1-Receiver aufsteigen. Einen solchen haben die Cowboys gerade erst verloren.
NFL Draft 2022: Garrett Wilson - Ohio State
Garrett Wilson zeichnet sich dadurch aus, dass er über eine enorme Körperkontrolle verfügt. Er hat einen großen Catch-Radius und ist sehr beweglich. Hat die Fähigkeit, mit Körpertäuschungen Gegner aussteigen zu lassen und läuft schon sehr raffinierte, schwer zu stoppende Routes. Seine Start-und-Stopp-Skills sind mit die besten dieser Klasse und er ist damit eine Waffe nach dem Catch.
Was man ihm aber negativ auslegen muss, ist, dass er ein wenig schmächtig ist. Er bringt nicht die Power mit, die es bräuchte, um etwa gegen Press Coverage konstant zu gewinnen. Körperlich überlegene Cornerbacks haben gegen ihn Vorteile. Zudem könnte er es mit seiner Beweglichkeit in den Routes übertreiben, was gerade in der NFL das Timing von Quarterbacks beeinträchtigen könnte.
Dennoch ist es eben schwer, ihn zu fassen. Und es ist schwer, gegen ihn zu planen - er spielte 2020 hauptsächlich im Slot, während der 2021 dann als X-Receiver agierte. Er kann also beides, was ihn sehr attraktiv macht für Teams. Doch wo passt er am besten hin?
Ein guter Spot könnten für ihn die Washington Commanders sein.
Garrett Wilson: Bestmögliche Umstände für Carson Wentz
Außer Terry McLaurin ist hier keine verlässliche Größe in Sicht. Curtis Samuel mag zwar auch ein gefährlicher Playmaker sein, doch ist er weiterhin mehr eine Gimmick-Waffe und eher kein klassischer Receiver.
Wilson könnte in diese Truppe sehr gut reinpassen. Er würde vermutlich gegenüber von McLaurin auf der Z-Position starten und damit in der Regel nicht dem Top-Cornerback des Gegners gegenüberstehen - er hat immer noch Defizite gegen physisch starke Cornerbacks, doch wenn es gelingt, ihm etwas Platz über das Scheme zu verschaffen, dann ist er eine gefährliche Anspielstation.
Ebenfalls interessant ist, dass er dann am gefährlichsten war im Vorjahr, wenn er im Bereich von 10 bis 15 Yards an der Seite angespielt wurde. Das ist auch im Grunde die Target-Tiefe, die bei den Washington-Quarterbacks des Vorjahres zu beobachten war. Und Carson Wentz hatte hier sehr ähnliche Werte bei den Colts wie Taylor Heinicke in DC: Sprich: An der generellen Philosophie dieser Offense wird sich vermutlich nicht gravierend viel ändern.
McLaurin bleibt das Top-Target, doch Wilson würde ebenfalls schnell eingebunden werden und könnte es vor allem Wentz leichter machen, schnell Fuß zu fassen. Denn hier gilt: Je besser die Umstände, desto produktiver könnte Wentz werden.
NFL Draft 2022: Jameson Williams - Alabama
Bei Jameson Williams reden wir über einen Elite-Sprinter, der auf der High School zwei Missouri-State-Titel gewonnen hat und eine Rekordzeit über 300-Meter-Hürden hält. Trotz seiner Größe (1,88 m) extrem schnell und damit ein natürlicher Deep Threat. Versteht es zudem sehr gut, seinen Speed in der Route zu variieren, was es Cornerbacks schwer machen wird, ihn im Laufduell zu fassen.
Allerdings dürfte er für einen X-Receiver zu schmal sein, er bringt gerade mal 86 Kilogramm auf die Waage und dürfte damit Probleme bekommen gegen Press Coverage. Die Herausforderung in der NFL wird also sein, ihn frei zu schemen, damit er seine PS auch auf die Straße bringen kann.
Ein Problem dürfte zudem erstmal sein, wann er denn zur Verfügung stehen wird, nachdem er sich erst im Januar im National Championship Game gegen Georgia (18:33) das Kreuzband gerissen hat und entsprechend auch weder bei der Combine noch beim Pro Day aktiv war. Und: Er startete nur ein Jahr für Bama, nachdem er zuvor bei Ohio State hinter Topleuten wie Chris Olave oder Wilson nur als Backup das Feld sah. Wie aussagekräftig ist also seine eine herausragende Saison (79 REC, 1572 YDS, 15 TD)?
Schwer zu sagen. Leichter ist da schon die Antwort auf die Frage, wo er denn am besten hinpassen würde. Die New York Jets.
Jameson Williams: Ein Receiver ideal für Zach Wilsons Arm
Zach Wilson kam in seiner Rookie-Saison auf gerade mal 7,7 Average Intended Air Yads, eher unter Durchschnitt in der NFL. Williams könnte der Jets-Offense mit seinem Speed ein anderes Level geben und Wilsons bekanntermaßen starken Arm noch deutlich besser zur Geltung kommen lassen. Es wäre ein idealer Fit für eine Offense, die dieses Element braucht.
Zudem ist er auch eine Waffe bei Screens und auch nur schwer zu fassen, wenn er zum Jet Sweep ansetzt. Das sind alles Elemente, die die Jets im Vorjahr eher selten im Repertoire hatten. Williams könnte das ändern. Zugleich könnte man den beweglichen Elijah Moore mit Williams als Z-Receiver in den Slot stellen, wo er mit seiner geringen Größe (1,78 m) vermutlich ohnehin besser aufgehoben wäre. Diese Planstelle wurde durch den Abgang von Jamison Crowder (Buffalo) ohnehin frei.
Die Jets hatten mal den Plan, Denzel Mims als großen X-Receiver auch als Deep Threat einzusetzen, doch gerade in seiner zweiten Saison bekam er kaum einen Fuß auf die Erde und dürfte mittlerweile an einem Punkt angekommen sein, an dem man ihm nicht mehr vollends vertrauen kann. Entsprechend wird es Zeit, in diesem Bereich nachzulegen, schließlich muss Wilsons Rookie-Vertrag maximiert werden - gute Receiver helfen da ungemein. Es ist kein Zufall, dass New York auch im Rennen um Tyreek Hill mitgeboten hat.
NFL Draft 2022: Chris Olave - Ohio State
Chris Olave ist vermutlich die sicherste Nummer-2-Option in dieser Draftklasse. Er ist ein präziser Route Runner mit sehr viel Speed und guten Händen, die er sehr effizient und "spät" einsetzt - sprich: er telegrafiert gerade auf tiefen Routes nicht, dass der Ball kommt, reagiert meist erst im letzten Moment.
Olave verfügt über einen starken Release und gewinnt damit meist schon vom Start weg, danach ist er kaum noch zu halten mit seiner Beschleunigung. Richtungswechsel fallen ihm leicht, ihm werden die Füße eines Tänzers nachgesagt.
Er ist mit seinen Fähigkeiten ein legitimer Deep Threat, allerdings ist er recht schmächtig gebaut und wird physisch damit öfter aus der Bahn geworfen gegen stärkere Cornerbacks. Und obwohl er als Punt Returner aktiv ist, hat er nicht unbedingt die Dynamik, die es braucht, um nach dem Catch Erfolg zu haben. Laut PFF kam er auf ganze 10 Broken Tackles bei 176 Receptions.
Damit dürfte seine Rolle in einer NFL-Offense vorprogrammiert sein: Z-Receiver, der eher vertikale Routes laufen wird.
Chris Olave: Deep Threat für Jameis Winston
Ein Team, dass dieses Profil aber ziemlich gut gebrauchen könnte, sind die New Orleans Saints, die bekanntlich außer Michael Thomas keine nennenswerten Wide Receiver im Team haben. Dafür jedoch verfügen sie über einen Quarterback mit einem äußerst starken Arm in Jameis Winston.
Vor seiner Knieverletzung 2021 hatte er jedoch niemanden, zu dem er Deep Balls hätte werfen können, was sich mit Olave ändern könnte. Die Saints-Offense mit Winston spielte bislang eher mit angezogener Handbremse und verhältnismäßig kürzeren Pässen. Olave könnte sie etwas öffnen.
Für kürzere Pässe und Yards nach dem Catch sind mit Alvin Kamara oder auch Thomas andere Anspielstationen vorhanden, tiefere Pässe jedoch gehörten kaum zum Repertoire. Wollen die Saints also diesen Weg gehen und ihre Offensive variabler und explosiver machen, wäre Olave wohl der richtige Kandidat dafür.
NFL Draft 2022: Drake London - USC
Wer im kommenden Draft einen sicheren X-Receiver, also eine klare Nummer 1 sucht, der wird bei Drake London fündig. London sieht einfach schon aus wie diese Art Receiver mit seinen 1,96 Metern Körpergröße und den 95 Kilogramm Gewicht. Der frühere Basketballstar auf der High School (im Schnitt 29,2 Punkte, 11,9 Rebounds, 3,6 Assists) ist der geborene Contested-Catch-Receiver - er führte die FBS mit 19 Contested Catches im Vorjahr an.
Seine physische Präsenz ist offensichtlich und er sollte diese körperlichen Vorteile auch in der NFL ausspielen können - nur wenige Cornerbacks werden physisch mithalten können. Zudem bringt er mehr Beweglichkeit in den Hüften mit als man von einem Kerl seiner Statur erwarten würde. Und mit seiner Größe hat er auch einen enormen Catch-Radius, der auch den einen oder anderen wackligen Pass bei ihm ankommen lassen wird.
Teams müssen sich allerdings auch bewusst sein, was sie mit London eben nicht bekommen: Sie bekommen keinen neuen Calvin Johnson oder ähnliches. London wird vermutlich niemandem davon laufen mit seinem Speed. Zudem verpasste er die Combine aufgrund einer Knöchelverletzung im vergangenen Oktober, die ihn den Rest der Saison gekostet hat. Und: Er ließ allein im Vorjahr acht Prozent seiner Targets fallen, was eine ziemlich hohe Drop Rate ist.
Mit einem Körper wie seinem ist Erfolg in der NFL jedoch vorprogrammiert. Und ein Team, dass einen zuverlässigen Outside Receiver für einen nicht ganz so präzisen Quarterback gebrauchen könnte, sind die Philadelphia Eagles. Sie hatten mit Alshon Jeffery einst einen ähnlichen Receiver-Typen, mit dem sie sehr erfolgreich waren. London könnte diese Quasi-Lücke nun Jahre später schließen.
gettyDrake London: Der neue Alshon Jeffery
Das London der Top-Speed fehlt sollte hier nicht weiter stören, schließlich sorgt dafür etwa DeVonta Smith, der im Übrigen mit London im Team vielleicht sogar häufiger in den Slot ausweichen kann, um dort seine Beweglichkeit noch besser ausnutzen zu können.
Das könnte den Eagles zusätzlich ein echtes Underneath-Pass-Spiel geben, was sie mit Jalen Hurts eher nicht hatten in den vergangenen paar Jahren.
Gleichzeitig aber würde London gut in die bisherigen Tendenzen von Hurts passen, der den Ball in der Regel recht tief wirft. Seine 9 Average Intended Air Yards sind die viertmeisten aller Quarterbacks im Vorjahr. Dass er im Vergleich dazu nur auf 6,4 Average Completed Air Yards kommt, unterstreicht ganz gut, dass sein Leuchtturm an der Seitenlinie hier immens helfen würde.