Besser als Carter und Air Jordan?

Martin Klotz
24. Februar 201723:08
Die Geschichte des Dunk Contests hatte einige absolute Highlights zu bietengetty
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Seit 1984 ist der Dunk Contest ein fester Bestandteil des NBA All-Star Weekends. Auch 2017 erwartet uns ein magisches Wochenende (ab Freitag komplett live auf DAZN). Viele Siege waren legendär, atemberaubend, unvergesslich. Doch welches ist das beste Slam-Off ever? Die Top 10.

Platz 10: Griffin vs. McGee (2011)

Selten ging dem Dunk Contest im aktuellen Jahrtausend ein solcher Hype voraus wie 2011. Rookie und Milchgesicht Blake Griffin hatte in der Saison bereits eine Vielzahl an spektakulären Slams ausgepackt, darunter den heute noch viel zitierten "Mozgov".

Viele sahen den Youngster der Los Angeles Clippers schon vor dem Wettbewerb als Champion - das Fan-Voting war am Ende auch dementsprechend deutlich. Dabei zeigte Finalgegner JaVale McGee einen der schwierigsten Dunks der Geschichte, indem er zwei Bälle gleichzeitig stopfte. Reggie Miller sagte anschließend zu Recht: "Ich kenne niemand anderen auf dem Planeten, der dazu in der Lage wäre."

Das Niveau des Duells war auch insgesamt richtig stark. McGee, die Wundertüte auf zwei Beinen, zeigte bei noch nie zuvor gezeigten Dunks seine Geschicklichkeit, während Blake mit einer Power auftrat, wie man sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Der End-Dunk, der BG den Sieg bescherte, war allerdings eine einzige Inszenierung. Er überschritt die Grenze des ganzen "Drumherums" um mehr als Griffins Lichtschutzfaktor bei Sonnencreme. Ich bin kein Fan von überbordender Effekthascherei, doch weder die minutenlange Kia-Werbung (hallo Sonnendach) noch der Gospelchor können ihm eins nehmen: Aufgrund dieses Dunks wird sich jeder, aber auch absolut jeder an 2011 erinnern. Es war das Jahr, in dem Griffin über ein Auto sprang.

Platz 9: Robinson über Howard (2009)

Dwight Howard ging als Titelverteidiger an den Start (s.u.), doch ihm blieb der Repeat verwehrt. Der Mann, der ihm 2009 in die Suppe spuckte, war niemand Kleinerer als Nate Robinson. Es war das Duell David gegen Goliath, Zonen-Dominator gegen Winzling. Und die Extreme ließen sich nicht nur zu einer packenden Story aufbauschen, die beiden zeigten auch Leistung.

Howard spielte seine Größe aus und dunkte statt in 3,05 Meter Bodenentfernung mit Leichtigkeit einfach mal zwei Etagen weiter oben bei einer Ringhöhe von 3,35 Meter. Den Coup des Abends aber landete KryptoNate. Das 1,75 Meter große Sprungwunder aus Seattle hatte nach Windmill und Double-Clutch-Reverse noch ein Ass im Ärmel.

Was macht man, um Superman vom Thron zu stürzen? Man dunkt über ihn! Ganz Recht, Robinson stellte D12 an die Restricted Area und sprang über den 2,11-Meter-Mann zum Sieg. Die anschließende Tanzeinlage war zwar nicht ganz so gut wie die von Howard beim All-Star Game 2007, doch sie half dabei, die Crowd in Arizona zum Ausrasten zu bringen.

Platz 8: Der fliegende Brown (1991)

Die 90er waren eine dunkle Zeit. Nicht nur wegen der Frisuren, der Pet Shop Boys und der Diddl-Maus. Auch die Dunk Contests durchlebten eine lange Dürrephase, von 1989 bis 1995 wurde nur ein einziges Mal der Maximal-Score von 50 erreicht. Und selbst bei Cedric Ceballos' Versuch mit Augenbinde (1992) wird bis heute diskutiert, ob er wirklich nichts sehen konnte.

1991 war eine Ausnahme. Da war die wilde Besessenheit von Shawn Kemp. Da war die Raffinesse von Rex Chapman, der unter anderem einen Überkopfpass zu sich selbst zeigte. Und da war Dee Brown.

Mit einer Größe von 1,85 Meter hatte Brown den Fan-Bonus auf seiner Seite und versetzte das Publikum in Charlotte in Ekstase. Sein No-Look-Dunk, bei dem er durch die Zone flog und seine Augen mit dem Ellenbogen verdeckte, war die Kirsche auf der Torte.

Platz 7: Superman (2008)

Cupcake. Das Wort, das die Gemüter der Golden State Warriors und Kevin Durant derzeit so erhitzt, war schon einmal in aller Munde. Damals allerdings im positiven Sinne. Jahre bevor Gerald Green einen der besten Ingame-Dunks aller Zeiten aufs Parkett zauberte, griff er beim Contest 2008 tief in die Trickkiste.

Während Green einen zweihändigen Slam auspackte, blies er die Kerze auf einem kleinen Kuchen aus, ohne ihn vom Ring zu fegen. Anschließend ein Windmill durch die Beine ohne Schuhe? Jap. Da musste sich selbst Dwight Howard strecken - und er lieferte ab.

D12 war in seiner Prime einfach geil anzusehen, Attitüde hin oder her. Ob von hinter dem Brett oder inklusive Self-Tip-In übers Brett. Seine Superman-Nummer machte den Abend zu einem unvergesslichen Spektakel und als Howard den Spalding wie ein Geschoss aus eineinhalb Meter Entfernung durch den Ring warf, hatte er das Ding schon gewonnen.

Platz 6: J-Rich vs. Des (2003)

Nachdem Vince Carter das Millennium in einer komplett eigenen Höhe gefeiert und neue Maßstäbe gesetzt hatte, war erst einmal tote Hose beim Slam-Off - bis zum Jahr 2003. Dann fassten sich Jason Richardson und Desmond Mason ein Herz und zauberten den alten Glanz des Events wieder hervor.

Schon das Duell der beiden Highflyer 2002 war sehenswert, doch die damaligen Vorgaben, welche Dunks sie zu zeigen hatten, schränkte sie ein. Mit mehr Freiheit rockten die Sieger der beiden Vorjahre dann 2003 die Philips Arena. Und wie!

Des mit dem Cradle Dunk a la Michael Jordan, J-Rich antwortete mit unwiderstehlicher Körperstreckung beim einhändigen 360. Masons Tomahawk durch die Beine war schon grandios, doch Richardson toppte das noch mit seinem Slam, bei dem er den Spalding erst durch die Beine brachte und dann rückwärts (!) durch die Reuse hämmerte.

Hatte das an Coolness kaum zu überbietende schwarze Warriors-Jersey von J-Rich Auswirkungen auf die Platzierung in dieser Liste? Definitiv ja. mit Und zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre traf Kommentator Kenny Smith den Nagel auf den Kopf: "The Dunk Contest ist back!"

Platz 5: Wilkins dominiert die Elite (1985)

Beinahe hätte sich Mike ordentlich blamiert. Mit langer Hose und Trainingsshirt ging die Rookie-Sensation in die erste Runde des Contests gegen einige der besten Dunker aller Zeiten. Das war leicht überheblich, schließlich war es das beste Feld, das bei einem Slam-Off jemals am Start war. Beweis gefällig? Dominique Wilkins, Clyde Drexler, Julius Erving, Larry Nance und MJ. Wow!

Und dann war da ja noch Terence Stansbury, Liga-Neuling wie Michael. Nie gehört? Macht nichts. Der Kollege hätte Jordan aber beinahe aus dem Wettbewerb genommen, bevor er überhaupt richtig begonnen hatte. Um genau zu sein, hatte er das sogar.

Nach einem Gleichstand um den letzten Startplatz für die Halbfinalrunde musste ein weiterer Dunk entscheiden. Stansburys 46 stach Jordans 40 deutlich, doch die Judges schickten anschließend doch beide in die nächste Runde. Ähm, ja.

Jordan war es egal. Er zog die Aufwärmklamotte aus - und patzte gleich mal beim ersten Versuch. Für den Einzug ins Finale markierte MJ die Freiwurflinie mit einem Klebestreifen und hob ab. Seine Imitation von Dr. J reichte zwar, doch es fehlte Jordan an Ausdruck und Ausstrahlung. The Human Highlight Film dagegen überzeugte mit seiner Kraft, zog auch bei Dunk Nummer sieben und acht noch zwei Mal die 50 und holte sich zu Recht den Sieg.

Platz 4: Spud vs. Nique (1986)

Einhändiger Pass über den Boden zum Brett und dann ab durch die Reuse - und die Menge explodierte. Soeben hatte Anthony Jerome Webb die Dunkmaschine Dominique Wilkins in die Knie gezwungen.

Mit 1,70 Meter über Turnhallengummi ist Spud der kleinste Gewinner des Dunk Contests in der Geschichte. Da MJ den Wettbewerb verletzt verpasste, schlug die große Stunde des gebürtigen Texaners von der Heimkulisse in Dallas.

Die beiden Teammates der Atlanta Hawks lieferten ein berauschendes Dunk-Fest, doch gegen die Springmaus konnte Wilkins machen, was er wollte. Ich wähle zur Beschreibung den Stil der legendären Werbung mit Larry Bird und Jordan. Bounce off the floor, off the backboard, right hand catch, down the basket - nothing but net.

Das Besondere war, dass man nach den Dunks von Webb noch in Ruhe Kaffee trinken konnte (und fertig war!), bevor seine Füße wieder den Boden berührten. Nique wehrte sich tapfer, aber es konnte nur einen Sieger geben.

Platz 3: Die Legende von Air Jordan (1988)

Vergesst 1985, vergesst 1986, vergesst 1987, das war alles nur das Vorspiel. Jordan hatte zwar im Jahr zuvor schon den Makel beseitigt und seinen ersten Slam-Titel geholt, doch da mit Wilkins der beste Dunker der letzten Jahre fehlte, zählte das nicht viel.

1988 kam MJ endlich zu seiner Revanche. Und zeigte der Welt etwas nie Dagewesenes. Er flog.

Während Wilkins nacheinander Power-Dunks, Windmills und 360s auspackte, bei denen er dem Abriss der Korbanlage gefährlich nahe kam, zelebrierte Jordan seine Athletik, sein Genie, seine Hangtime, seinen Style.

Fast waagerecht in der Luft stehend, setzte er zum Double-Clutch Reverse Slam an und begeisterte vom ersten Moment an. Dunk um Dunk schaukelten sich MJ und Nique hoch, ohne Gimmicks, ohne übertriebene Show. Es war ein Kampf Mann gegen Mann. Bis zum ultimativen Höhepunkt.

Im Finale brauchte MJ nach Wilkins' zweihändigem Windmill eine 49 zum Sieg - und erneut begab er sich bis zum anderen Ende des Courts, um von der Freiwurflinie abzuheben. Chicago kochte, MJ nahm Anlauf schuf in einem magischen Moment der Basketball-Geschichte das ikonische Statement einer gesamten Generation. 50 Punkte, Sieg über den Rivalen, Vermächtnis. Die Legende von Air Jordan war geboren.

Platz 2: Half Man - Half Amazing (2000)

Der Masse dürstete es zum neuen Jahrtausend mehr denn je nach Dunk-Action: 1998 gab es keinen Contest beim All-Star Weekend, 1999 fiel er aufgrund des Lockouts aus. Und das Comeback war atemberaubend.

Trotz der Starpower im Feld (Tracy McGrady, Steve Francis) wollten alle, die nach Oakland gekommen waren, eigentlich nur den neuen Stern am Flieger-Himmel sehen: Vincent Lamar Carter Jr. Und sie sollten nicht enttäuscht werden.

Mit einem Knall eröffneten die beiden Raptors Carter und T-Mac den Wettbewerb, doch die beiden Cousins hörten gar nicht mehr auf, ein Highlight nach dem anderen abzufeuern. Allein die beiden zeigten mehr Kreativität als in den sechs Dunk-Contests zuvor insgesamt erreicht wurde. Und man würde Francis Unrecht tun, würde man sagen, er hätte sie hängen gelassen.

Apropos hängen gelassen: Der irre Reverse-360-Windmill, nach dem die Judges über den Tisch kletterten und ihm gratulierten, war noch lange nicht das Beste, was Carter im Raketenwerfer hatte. In der Finalrunde stieg er beim Slam so hoch, dass er anschließend seinen Ellenbogen in den Ring hängte und eine Runde baumelte.

Die Reaktion war unfassbar. Kein Applaus, kein Geschrei - nur Stille. Jedem Zuschauer blieb der Mund offen stehen, T-Mac schüttelte ungläubig den Kopf. Niemand konnte so richtig fassen, was er da gerade gesehen hatte. Es war ein Stück Geschichte.

Platz 1: Gordon/LaVine Slam-Off (2016)

Was kann besser sein als MJ und Carter? Ich sage es euch: die Wiederbelebung des Dunk Contests von Zach LaVine und Aaron Gordon. Ernsthaft? Ja, ernsthaft. Es war schon darüber diskutiert worden, ob nicht der Dreier-Wettbewerb der wichtigste Contest des All-Star-Samstags wäre, so schwach war die Performance der vergangenen fünf Jahre.

Aber das Duell, das sich Vorjahressieger LaVine und Rookie Gordon 2016 lieferten, war epischer als episch. Die Judges konnten nicht anders, als eine 50 nach der anderen zu vergeben, so unglaublich waren die Slams der beiden Kontrahenten.

LaVine hinter dem Rücken Reverse? Check. Gordon über Stuff the Magic Dragon auf dem Hoverboard? Check. LaVine nach Alley-Oop von der Freiwurflinie? Check. Gordon einhändig aus der Hand des sich drehenden Maskottchens? Check. Und eigentlich hätte der Contest nach seinem Sitz-Dunk beendet sein müssen, denn er war eine 55. Doch die gibt es nun mal nicht.

Verlängerung Nummer eins, Verlängerung Nummer zwei - und das Niveau nahm nicht ab. Niemand hätte dieses Slam-Off verlieren dürfen, doch da unter anderem Dikembe Mutombo (ich mochte dich bis dahin) Gordon eine 9 zeigte und LaVine knapp hinter der Freiwurflinie absprang, den Ball durch die Beine zog und dann im Korb unterbrachte, machte er den Repeat perfekt. Mit der Rekordpunktzahl von 299 (nur eine 49!).

Dieses Duell nicht gesehen zu haben, ist schlimmer als bei Super Bowl LI in der Halbzeit ins Bett gegangen zu sein. Noch Stunden danach stand die Welt Kopf, es war Fortschritt, es war ein Durchbruch, es war Kunst. Wie 1988, wie 2000 - nur noch ein kleines Stück geiler. Der Dunk Contest 2016 verschob die Grenzen des Möglichen.

Am Cut gescheitert: Jordan erster Titel (1987) und Wilkins' letzter Streich (1990)