Edition: Suche...
Borussia Mönchengladbach


Gründer: Julia | Mitglieder: 115 | Beiträge: 38
05.11.2010 um 12:21 Uhr
Geschrieben von aufmplatz
Zur Lage der Rautennation (VIII)
Die rote Laterne: Zahlenspiele aus dem Keller

Seit vergangenem Samstag steht Borussia Mönchengladbach auf dem letzten Tabellenplatz - und findet sich nicht nur dort hinten wieder. Der Verein behält die Ruhe, steht zum Trainer. "Abwarten!" scheint der derzeit einzig kluge Ratschlag zu sein. Fragt sich nur: Wie lange noch?

So muss sich Orpheus auf dem Weg aus der Unterwelt gefühlt haben. Bloß nicht zurückblicken, sonst wird es nur schlimmer. Hinter mir liegt der Betzenberg, Gladbach hat gerade 0:3 verloren und die rote Laterne in der Bundesliga übernommen. Anders als in der griechischen Mythologie ist das die bittere Realität. Und anstatt hinauf ins Licht zu leiten, hat es den Anschein, die unzähligen Treppenstufen würden nicht den Berg hinunter zum Shuttle-Bus, sondern geradewegs in die Unterwelt führen.

Erst um 19 Uhr biegt der Wagen auf die Autobahn. Kaiserslautern kollabiert im Verkehr nach dem Spiel. Auf zwei Einwohner kommt ein Fußballzuschauer. Mit dem Halloween-Umzug, der zeitgleich durch die Stadt zieht, ist das einfach zu viel. Genau wie die Borussia kommt niemand von der Stelle. Wenig später singen Die Ärzte im Radio: "immer mitten in die Fresse rein."

Es ist ein Abend voller Metaphern. Abstieg, Stillstand, ein Schlag ins Gesicht - genau so hat sich dieses Spiel angefühlt. In der Krise ist der VfL schon länger. Jetzt ist er mit dem Fall auf Platz 18 im tiefsten Abstiegskampf angekommen. Das spürt die Mannschaft, das spüren ihre Fans nun nicht mehr allein dadurch, dass das Warten auf einen Sieg anhält und quält. Nein, es ist auch noch der Druck da, schleunigst wieder das Punkten zu lernen, damit der Abstand zu den anderen Teams nicht erdrückend wird.

Vorbereitung auf Bayern: Frontzeck sind die Hände gebunden

Der Wechsel von Logan Bailly zu Christofer Heimeroth war der erste, den Michael Frontzeck aus rein leistungsbezogenen Gründen vollzogen hat. Als er noch etwas ändern konnte, beließ der Trainer konsequent alles beim Alten. Jetzt - mit acht Verletzten, zwei Gesperrten und einem Beurlaubten - muss er tatenlos zusehen. Er kann - wie in Kaiserslautern, wo lediglich Kachunga für Herrmann kam - nicht einmal mehr vernünftig ein- und auswechseln, weil ihm die Hände gebunden sind.

Unter diesen Umständen heißt der Gegner am Samstag nun Bayern München. Rekordmeister, alter Rivale, ausverkauftes Haus oder eben auch nur amtierender Meister - die Gründe für die Brisanz dieses Spiels aus Borussensicht sind ohnehin vielfältig. Und jetzt kommt der FCB auch noch als wiedererstarktes Ex-Krisenteam in den Borussia-Park, wo sie erst einmal gewinnen konnten (Januar 2006, 1:3). Immerhin kann Gladbach diesmal nicht als Aufbaugegner agieren: Frankfurt feierte nach zwei Auftaktpleiten den ersten Dreier, Stuttgart fuhr am 4. Spieltag den ersten von bis heute nur zwei Siegen ein, Schalke holte die ersten Heimpunkte, Hoffenheim gewann nach vier sieglosen Spielen erstmals wieder und Kaiserslautern beendete sogar eine Negativserie von fünf Niederlagen in Folge.

Sechs Punkte aus zehn Spielen bedeuten den zweitschlechtesten Saisonstart der Gladbacher Bundesliga-Historie. Mehr als 30 Tore in diesem Zeitraum haben erst vier Mannschaften in 48 Spielzeiten kassiert. Im Gründungsjahr erwischte Saarbrücken einen Fehlstart (14:35 Tore), standesgemäß reihte sich zwei Jahre später Tasmania Berlin in die Phalanx ein (6:31 Tore), 1976 bestätigte Tennis Borussia ein Berliner Faible für offene Abwehrreihen (20:33 Tore), während Braunschweig (17:31 Tore) vor 26 Jahren das bis heute letzte Team war, das noch mehr unter die Räder geriet als die Borussia.

Letzter - auch in der Tabelle des Jahres 2010

Weniger alte Zahlen belegen, dass in Gladbach schon seit dem Wiederaufstieg wenig, was glänzte, in Wirklichkeit auch Gold gewesen ist. Der Klassenerhalt mit den wenigsten Zählern der Bundesligageschichte (31) sei dankend im Ordner "Hauptsache dringeblieben" abgeheftet. Nach dem Wechsel von Hans Meyer zu Michael Frontzeck hat die Borussia dann zwar zeitweise Fußball gezeigt, an den sich jüngere Jahrgänge gar nicht erinnern konnten - der Ertrag war jedoch über weite Strecken dürftig. In 44 Spielen als VfL-Trainer hat Frontzeck 45 Punkte geholt. Nur 24 Zähler und fünf Siege im Jahr 2010 bedeuten die mit Abstand schwächste Bilanz - als Vorletzter der Jahrestabelle hat der 1. FC Köln sechs Punkte Vorsprung.

Auf der Suche nach Antworten auf die seit Wochen quälenden Fragen ist man also langsam an dem Punkt angelangt, sich zu wundern, ob durch die Brille der Erleichterung über so viel (verdiente) Sorglosigkeit nicht vieles schöner gesehen wurde, als es wirklich war. Das Gegentor-Problem ist ein chronisches. Seit dem Amtsantritt von Michael Frontzeck, der nicht als Grund, sondern als zeitliche Abgrenzung angeführt sei, ist die Borussia gleich viermal in mindestens vier aufeinanderfolgenden Ligaspielen ohne Sieg geblieben (aktuell sind es acht, davor waren es vier, fünf und sechs). Lässt man die Erfolgsserie aus dem Herbst 2009 außen vor, als aus vier Spielen zehn Punkte geholt wurden, steht der Trainer noch bei 35 Zähler aus 40 Partien.

Das Traurige ist: All die Zahlen machen nicht schlauer, frustrieren nur noch mehr. Der VfL hat einen Kader, mit dem gesicherte Regionen um Platz zehn das Ziel sein müssten. "Abwarten!" und "Weitermachen!" scheinen derzeit die einzig klugen Ratschläge zu sein. Ebenso klug wäre es jedoch, die Warterei am richtigen Zeitpunkt zu beenden. Fragt sich nur, wann es so weit sein soll.
Aufrufe: 1591 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 2 | Erstellt:05.11.2010
ø 9.5
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
Zielpublikum
08.11.2010 | 12:42 Uhr
0
0
08.11.2010 | 12:42 Uhr
0
gut zusammengefasst
0
aufmplatz
07.11.2010 | 15:55 Uhr
0
0
aufmplatz : 
07.11.2010 | 15:55 Uhr
0
aufmplatz : 
Naja, die erste Elf doch ganz bestimmt. Nur wenn die weder zusammenspielt noch sich sonderlich geschickt anstellt...
0
DieZecke
06.11.2010 | 13:40 Uhr
0
0
DieZecke : 
06.11.2010 | 13:40 Uhr
0
DieZecke : 
Zitat aus dem Blog: "Der VfL hat einen Kader, mit dem gesicherte Regionen um Platz zehn das Ziel sein müssten"

Genau das glaube ich nicht.
0
COMMUNITY LOGIN
Du bist nicht angemeldet. Willst Du das ändern?
Benutzername:
Passwort:
 

Wir aktualisieren unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzrichtlinie. Wir haben neue Community-Richtlinien zur Inhaltsnutzung - Verhaltenskodex eingeführt und mehr Informationen darüber bereitgestellt, wie wir Ihre Daten erheben und nutzen. Indem Sie unsere Website und unsere Dienste weiterhin nutzen, stimmen Sie diesen Aktualisierungen zu.
Neueste Kommentare
Hazar_D_God
Artikel:
@BabyYoda83 ist nach Belgien ausgeliehen (Eupen) und soll was man so hört zi
29.03.2024, 01:25 Uhr - 5 Kommentare
VfBrosephski
Artikel:
Pavlovic spielt sich als Eigengewächs in der Stammelf fest und dann holt man
29.03.2024, 01:19 Uhr - 0 Kommentare
Muskelberg
Artikel:
Dieser Zerbi muss gut sein, der scheint ja wirklich überall ganz oben auf de
29.03.2024, 01:16 Uhr - 1 Kommentare
Extrablatt
Artikel:
Naja Brazzo war kurz davor mit Davies und Hernandez zu verlängern das wäre s
29.03.2024, 01:15 Uhr - 22 Kommentare
Extrablatt
Artikel:
Ralf Rangnick ist ein Macher für langfristigen Erfolg, aber er geht auf die
29.03.2024, 01:09 Uhr - 18 Kommentare
DerAlteDame
Artikel:
@Streuner kann das absolut bestätigen; die verlegten Lay-ups und standardmäß
29.03.2024, 00:45 Uhr - 9 Kommentare
Muero42
Artikel:
"Der Brasilianer besitzt eine Ausstiegsklausel in seinem bis 2025 laufenden
29.03.2024, 00:40 Uhr - 2 Kommentare
Jokerman
Artikel:
Lahm hat noch gesagt, dass er bei Bayern nicht anfängt so lange uli noch was
29.03.2024, 00:27 Uhr - 17 Kommentare
Broni
Artikel:
Form ist echt ganz gut und klar ist Zverev ein Wahnsinnssportler, man sieht
29.03.2024, 00:08 Uhr - 3 Kommentare
Klimbimklaus
Artikel:
Das Mittel hierfür lautet "Geld" Hr. Streich. gern geschehen
29.03.2024, 00:04 Uhr - 9 Kommentare