Autor: Dominik Rosing

Twitter: @theNikDomi

- Recap -

Neuanfang in Sin City. Die Raiders ziehen von Oakland in die Wüste von Nevada nach Las Vegas. Die Stadt der Sünden, The Entertainment Capital of the World. Werden die Raiders dafür sorgen, dass Vegas diesen Ruf auch in Zukunft in der NFL genießt?

Für Unterhaltung hat das Team zumindest in der vergangenen Saison schon gesorgt wenn auch nicht immer positiv. Alles begann mit dem Theater um Antonio Brown, auf das an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird. Doch die sportlichen Auswirkungen auf die Saison Oaklands sind unbestreitbar. Ohne den klaren Nummer eins Receiver fehlt dem Team rund um Quarterback Derek Carr das gewisse Extra, die Überraschungs-Komponente, der Glanz eines zukünftigen Vegas-Teams. Eine eindimensionale Offense trifft somit auf eine bescheidene Defense. Das Ergebnis ist unter dem Strich ein verdiente 7:9-Saison. Was trotzdem Mut macht? Die Raiders hatten die vielleicht beste Draft-Klasse der NFL angeführt von Defensive End Maxx Crosby, Running Back Josh Jacobs und Slot Receiver Hunter Renfrow.

- Free Agency -

Wichtige Re-Signings/Extensions

• Jalen Richard, RB - 2 years, $7 million ($3.375 million gtd)
• Denzelle Good, G - 1 year, $2.5 million ($1.4 million gtd)
• Richie Incognito, G - 2 years, $12.7 million ($5 million gtd)
• Neven Lawson, CB - 1 year, $1.9 million ($950k gtd)
• Kyle Wilber, LB - 1 year, $1.05 million ($137k gtd)

Wichtige Verpflichtungen

• Cory Littleton, ILB, Los Angeles Rams
• Carl Nassib, DE, Tampa Bay Buccaneers
• Nick Kwiatkoski, ILB, Chicago Bears
• Marcus Mariota, QB, Tennessee Titans
• Jeff Heath, SS, Dallas Cowboys
• Maliek Colins, DT, Dallas Cowboys
• Jason Witten, TE, Dallas Cowboys
• Damarious Randall, FS, Cleveland Browns
• Prince Amukamara, CB, Chicago Bears
• Nelson Agholor, WR, Philadelphia Eagles
• Eric Kush, G, Cleveland Browns

Wichtige Verluste

• Karl Joseph, S, Cleveland Browns
• Tahir Whitehead, LB, Carolina Panthers
• Benson Mayowa, DE, Seattle Seahawks
• Daryl Worley, CB, Dallas Cowboys
• Mike Glennon, QB, Jacksonville Jaguars
• DeAndre Washington, RB, Kansas City Chiefs
• P.J. Hall, DT, Houston Texans
• Curtis Riley, FS, Pittsburgh Steelers
• Dion Jordan, DE, San Fransisco 49ers
• Josh Mauro, DT, Jacksonville Jaguars
• Vontaze Burfict, LB, Free Agent

Die Baustellen nach der vergangenen Saison waren offensichtlich: Die Raiders benötigen in der Defensive auf jedem Teil des Feldes Unterstützung. Dafür ging das Front Office ungewohnt aggressiv in der Free Agency vor und konnte so einige der größten Fische auf dem Markt angeln. Allen voran: Cory Littleton. Der Linebacker kommt von den Los Angeles Rams und soll der neue Anführer in der Mitte des Feldes sein. Zusammen mit Nick Kwiatkoski ist aus der wohl schwächsten Positionsgruppe der gesamten NFL plötzlich eine Stärke geworden.

Aber auch an der Line und im Backfield hat es neues Blut gebraucht. Vorne sollen Defensive End Carl Nassib und Tackle Maliek Collins diese Verstärkungen sein. Letzterer wurde im Trainingscamp von Defense Coordinator Paul Guenther als beste Verstärkung gelobt und gar mit All-Pro Geno Atkins von den Cincinnati Bengals verglichen. Auf Cornerback und Safety wurden in Damarious Randall, Prince Amukamara und Jeff Heath solide Spieler für die Tiefe geholt.

Auf offensiver Seite waren Jon Gruden und Mike Mayock etwas passiver unterwegs. Veteran Jason Witten soll mit seiner Erfahrung das junge Tight-End-Duo aus Darren Waller und Foster Moreau unterstützen. In einem sonst so jungen Team braucht es sowieso auch Typen wie Witten im Lockerroom, die zeigen wo es lang geht.

Der ehemalige Firstroundpick Nelson Agholor sorgt im Wide-Receiver-Corps für mehr Abwechslung. Er sucht nach einer enttäuschenden Zeit bei den Philadelphia Eagles nun in Vegas einen Neuanfang. In Quarterback Marcus Mariota wurde ein neuer Backup für Derek Carr verpflichtet. Der muss nun liefern, ansonsten droht ihm das gleiche Schicksal wie Mariota bei den Titans in Nashville.

- Der Draft -

• 1. Runde (Pick #12): Henry Ruggs lll, WR, Alabama
• 1. Runde (Pick #19): Damon Arnette, CB, Ohio State
• 3. Runde (Pick #80): Lynn Bowden Jr., RB, Kentucky
• 3. Runde (Pick #81): Bryan Edwards, WR, South Carolina
• 3. Runde (Pick #100): Tanner Muse, LB, Clemson
• 4. Runde (Pick #109): John Simpson, G, Clemson
• 4. Runde (Pick #139): Amik Robertson, SCB, Louisiana Tech

All Davis schaut stolz auf seine Raiders runter. Denn Henry Ruggs lll ist Speed, Speed, Speed. Mehr Al-Davis-Mentality geht nicht. Der neue Receiver soll das letzte fehlende Puzzleteil in der Offense von Jon Gruden und Derek Carr sein. Er eröffnet eine neue Dimension auf dem Feld. Im Trainingscamp wird bereits deutlich, dass der Coach auch viel im Slot mit Ruggs plant. Dort könnte er ein prima Gegenstück zum Possession-Guy Renfrow sein. Als große Anspielstation und Yards-after-Catch-Maschine genau das richtige für die West Coast Offense der Raiders.

In der Vorbereitung wird Ruggs aber von Drittrundenpick Bryan Edwards ein wenig die Show gestohlen. Carr lobte ihn bereits gegenüber Reportern als sehr heftigen Route Runner. Und: Er ist sehr gewaltsam, er ist sehr aggressiv in seinen Cuts und er erinnert mich, wenn der Ball in der Luft ist, an Davante Adams. Lynn Bowden Jr. komplettiert die neue Offense als absolute Mismatch-Waffe und Schweizer Taschenmesser. Noch immer ist nicht klar, wo und wie Gruden mit ihm plant. Als Receiving-Back-Ergänzung zu Jalen Richard und Josh Jacobs? Als Thirddownback? Als Wildcat-Quarterback? Bowden kann all das sein.

Mit dem zweiten Firstroundpick schnappte sich Mayock etwas überraschend Cornerback Damon Arnette von Ohio State. Klarer Need, ohne Frage. Ob Arnette an dieser Position aber den richtigen Value mitbringt, muss er nun beweisen. Ein Steal gelang erneut spät im Draft. Amik Robertson gilt als Day-One-Starter als Slot-Cornerback eine Position, die immer wichtiger wird. Somit kann auch Lamarcus Joyner zurück auf Safety wechseln. Als Slot-Cornerback hat er nämlich letztes Jahr sehr enttäuscht. Zwei Clemson-Talente vervollständigen den diesjährigen Raiders-Draft und setzen damit die junge Tradition fort, Tigers in Raiders verwandeln zu wollen. Linebacker Tanner Muse und Guard John Simpson werden aber wohl zunächst nur für Tiefe im Depth Chart sorgen.

- Kaderanalyse: Offense -

Die Offense war trotz des Verlustes des klaren Nummer eins Receivers vor der Saison nicht das Problem der letzten Raiders-Saison. Bei EPA/Play waren sie sogar die Nummer 10 der NFL. Dennoch wirkte das Spiel meist sehr eindimensional und berechenbar. Das liegt in erster Linie an Derek Carr. Der Quarterback wird bereits Captain Checkdown verspottet. Ein Spielertyp ohne Risiko, der nur das Kurzpassspiel kennt. Carr muss 2020 einen großen Sprung machen und zeigen, dass er mehr als Durchschnitt ist. Mehr als ein Game Manager. Ansonsten übernimmt Mariota eher früher als später und beendet das Kapitel Carr in Vegas.

Noch gibt es bei den Fans aber Hoffnung. Und das liegt an dem großen Talent rund um den Spielmacher. Im Backfield haben die Raiders in Josh Jacobs, der nun verletzungsfrei in sein zweites Jahr starten kann, einen der besten jungen Runner der Liga. Jacobs ist ein Beast after contact und kaum zu stoppen, jetzt muss Gruden ihn nur noch ins Passspiel einbeziehen, ansonsten kann sein früher Pick in Runde eins kaum gerechtfertigt sein. Mit Jalen Richard und Lynn Bowden gibt es immerhin zwei gefährliche Alternativen. Im Passspiel hat Carr nun eigentlich keine Ausreden mehr, Ruggs, Williams, Renfrow, Agholor, Edwards, dazu Darren Waller, Foster Moreau und Jason Witten, die Raiders-Offense deckt nun das gesamte Feld ab. Vor allem die Tight-End-Position ist mit das Beste, was es in der NFL gibt.

Es bleibt also die Frage, ob Carr denn auch das gesamte Feld bedienen kann. Bisher galt er nicht gerade als Deep Passer, ganz im Gegenteil: Carr wirft im Durchschnitt, und das sowohl bei kurzen Downs als auch bei langen Downs, 7,5 Air-Yards. Yards-after-Catch-Waffen wie Ruggs, Williams und Edwards werden ihn gut aussehen lassen, doch Carr muss selbst die Tiefe suchen. Dass er das kann, hat er schon oft bewiesen. Vor der vergangenen Saison 2019 war er in Sachen Deep Accuracy von 2016-2018 mit 30,8 Prozent Dritter hinter Russell Wilson und Drew Brees. Also wirf endlich wieder tief!

Die Zeit dafür sollte er schließlich bekommen, die Offense Line sollte eine der besten der Liga sein. Letztes Jahr die Nummer vier der Liga im Run-Blocking und die Nummer 14 im Pass Blocking. Rodney Hudson ist der beste Center der Liga, Left Tackle Kolton Miller hat sich deutlich verbessert. Richie Incognito und Gabe Jackson sind auf Guard schwer zu knacken und Trent Brown ist einer der besseren auf Right Tackle, dahinter sorgen Denzelle Good, Jordan Devey, David Sharpe, John Simpson oder Eric Kush für ordentlich Depth.

- Kaderanalyse: Defense -

2019 war die Raiders-Defense ein reinstes Black Hole. Der Pass Rush war nach der Pass Block win Rate (PBWR) nur Nummer 29 der Liga, bei EPA/Play war die Defense sogar abgeschlagen Letzter und das trotz der überragenden zehn Sacks von Rookie-Überraschung Maxx Crosby. Doch wenn die CBs und Linebacker nicht covern können, hat auch die beste D-Line der Liga Probleme. Da wurde nun kräftig ausgetauscht, die Linebacker Position sollte mit Littleton und Kwiatkoski nun eine Stärke der Raiders ein.

Auf Safety kommt Jonathan Abram zurück, der letztjährige Rookie fiel nach vielversprechendem Beginn für den Großteil der Saison aus. Auch Lamarcus Joyner bekommt seine gewohnte Rolle zurück. Damarious Randall, Erik Harris und Jeff Heath sorgen für eine solide Tiefe. Cornerback ist allerdings noch eine Problemzone, Trayvon Mullen hat eine gute Rookie-Saison gespielt, bekommt es nun aber mit Nummer-1-Receivern zu tun. Prince Amukamara und Damon Arnette streiten sich um die Position auf der anderen Seite. Amik Robertson sollte schon an Spieltag 1 die Rolle ein Slot-Corner übernehmen.

In der D-Line haben wir in Neuzugang Maliek Collins eine starke Ergänzung auf Tackle zu Maurice Hurst und Johnathan Hankins. Vor allem gegen den Lauf sah das schon letztes Jahr sehr ordentlich aus. Auch Firstroundpick Clelin Ferrell machte seinen Job in dieser Hinsicht gut, nun muss er aber im Pass Rush seinen Status als Nummer 4 rechtfertigen. Dafür hat Ferrell fast sechs Kilo Muskelmasse draufgepackt. Guenther meinte, als er ihn wiedersah, dass er wie ein anderer Mensch aussieht. Er ist sehr viel schneller und deutlich stärker. Ich erwarte große Dinge von ihm. Die verrückten Raiders-Fans auch.

Dennoch sollte man keinen allzu großen Sprung vom Bodensatz der NFL erwarten. Die Raiders haben viel junges Talent und viel Potential, doch es müssen zu viele neue Schrauben ineinandergreifen.

- Players to watch -

Cory Littelton:

Er wird der neue Chef sein und soll einer der schlechtesten Defenses der Liga neues Leben einhauchen. Die Linebacker-Gruppe ist alleine durch ihn schon um Welten besser. Littleton muss nun die gegnerischen Offenses lesen und analysieren. Gelingt es unter seiner Führung, dass die Raiders im Passspiel wieder enger am Mann sind, bekommt auch die D-Line wieder mehr Zeit, den QB zu erreichen. Er könnte DER Schlüsselspieler für die Raiders-Saison werden.

Henry Ruggs lll:

An dem Rookie hängt sehr vieles. Ist Ruggs direkt eine Nummer eins? Kann er genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass andere wie Williams oder Agholor wieder mehr glänzen können? Es umkreisen noch viele Fragezeichen das Alabama-Prospekt. Sollte er die Antwort in Las Vegas sein, sind sämtliche Kritiker verstummt.

Jonathan Abram:

Der Typ hat schon bei Hard Knocks im letzten Jahr sehr viel Spaß gemacht. Er passt mit seiner Mentalität perfekt zu den Raiders. Auch sein erster Auftritt in der NFL gegen Denver sah sehr vielversprechend aus. Abram kann tacklen! Nun kommt er nach seiner Verletzung zurück und könnte ein Big-Player werden.

- Schedule -

- Prediction -

Die Raiders haben sich eigentlich auf jeder Positionsgruppe verstärkt. Die Offseason von Mayock und Gruden kann sehr positiv betrachtet werden. Nun muss das junge Team aber auch die PS auf die Straße bringen. Die Division sollte hinter den Chiefs hart umkämpft sein. Auch die Chargers und Broncos sind im Vergleich zur Vorsaison auf dem Papier verbessert. Ob die beiden Franchises aber ihren QB in Drew Lock und Justin Hebert gefunden haben? Hier haben die Raiders immerhin in Carr eine solide Base-Line. Aufgrund der Aufstockung der Playoff-Seeds sollte die Post-Season aber auf alle Fälle im Rahmen des möglichen sein. Schon letztes Jahr hatten die Raiders mit einer Rumpeltruppe in der Defense bis zum letzten Spieltag noch theoretische Chancen, nun machen viele Entwicklungen Hoffnung.

Bis zur Bye Week in Woche sechs warten die Panthers, Saints, Patriots, Bills und Chiefs. Kein leichtes Programm. Das erste Spiel in Las Vegas im neuen Allegiant Stadium gegen Brees und Co wird ohne Zuschauer stattfinden. Richtig so, aber dennoch ein tragischer Anfang. In Tom Brady und den Bucs wartet nach der Bye Week ein echter Härtetest für die junge Defense. Danach müssen gegen die Browns, Chargers und Bronocs Siege her, sonst wird es mit der Postseason schwierig. Im zweiten Teil der Spielzeit warten noch die Falcons, Jets, Colts und Dolphins. Allesamt schlagbar. Das Duell am letzten Spieltag gegen Denver könnte ein Do-or-Die-Spiel werden.

Mit einem fitten Jacobs, einem verbesserten Waffenarsenal und einer starken O-Line haben die Raiders eine vielversprechende Offense. Die Defense ist runderneuert und ist mit jungem Talent und viel Potential bestückt.

Die Zukunft strahlt wieder heller nicht aufgrund der grellen Lichter von Sin City. In Las Vegas wollen die Raiders wieder zu altem Glanz und Ruhm. Alles auf Risiko. Alles auf Schwarz!

Tipp: 9-7