Es ist kurz vor der Europameisterschaft. DEM Fussballevent des Jahres für den neutralen Fussballfan. Die deutsche Nationalmannschaft ist mit den besten Spielern Deutschlands ausgestattet und fährt als einer der großen Favoriten auf den Titel zur EM. Als Bremer Fan jedoch ist die Freude diesmal nicht mehr ganz so groß, denn zum derzeitigen EM-Kader gehört kein einziger Bremer Spieler, während es bei der WM vor 2 Jahren wenigstens noch vier waren.
2 Jahre sind eine lange Zeit im Fussballgeschäft, das hat Bremen ordentlich zu spüren bekommen. Bremen hat gerade nach der WM mit dem Abgang Özil eine riesige Baustelle zu besetzen und schaffte dies nicht wirklich souverän, was in Platz 13 am Ende Saison resultierte. Im Sommer war man froh, diese Graupensaison endlich abgehakt haben zu können und den Ausrutscher nach Unten als Betriebsunfall abhaken kann. So sehr man sich als Bremer nun auf die neue Saison freute, so enttäuscht könnte man nach dieser erneuten schwächeren Saison sein, denn abermals reichte es für einen internationalen Wettbewerb nicht und zu gerade mal 1 müden Pünktchen mehr als in der Vorsaison. Die bessere Platzierung mit Platz 9 liegt an der Dichte im Mittelfeld bzw. der Schwäche der Konkurrenz. Schlimmer aber als noch im letzten Sommer fragt man sich als Fan: Was nun? Der Transfermarkt ist schon extrem früh aktiv gewesen und hat sich weitere Leistungsträger geschnappt. Marin geht zu Chelsea, Wiese zu Hoffenheim, Merte ist bereits im vorigen Sommer zu seinem ewigen Traum nach Arsenal gewechselt, Pizarro und Naldo sind fraglich, Rosenberg auch wenn er nicht immer konstant war und in den letzten Spielen doch noch ein paar mal getroffen hat, bekam zu viel Geld und der Vertrag wurde demnach nicht verlängert und sogar Nachwuchshoffnung Thy verlässt den Verein. Was nun?
Zunächst einmal werden weder wir Fans noch der Verein den Kopf verlieren. Wir sind keine Hamburger, Bayern oder Schalker, die bei schlechten Saisons gleich nervös werden. Wir sind Werderaner, die Ruhe in Person der Bundesliga quasi. Wir analysieren in Ruhe und bewerten was wir haben, und was wir brauchen. Vor der Saison funtionierte das ganz gut, denn wir bekamen Zugänge in der Abwehr und vor allem der oft zuvor gescholtenenen linken Außenverteidigerposition. Mit Prödl, Fritz und Sokratis haben wir ja schonmal wesentliche Stützen sicher. Aber zu unserer Natur gehört nun nicht nur das leise Hinnehmen des Status Quo. Jeder wünscht sich eine Rückkehr nach Europa und die ist mit dem richtigen Personal und System allemal drin, wenn man sich nur mal vergleichsweise die Entwicklungen von Hannover oder Gladbach ankuckt, wo die Kader von den Namen her ähnlich „schwach" sind wie unserer. Ich möchte nun mal eine Kaderprognose bzw. Kadervorschlag abgeben, wie der Kader zur Saison 2012/2013 aussehen könnte, wobei meine Auflistung keineswegs vollständig ist und daher um weitere Vorschläge in den Kommentaren ergänzt werden kann.

System:
Bevor ich aber die einzelnen Positionen diskutiere möchte ich kurz auf unser taktisches System eingehen. Letzte Saison hat Thomas Schaaf mit dem Abgang Özils viel experimentiert. Dabei kamen das 4-2-3-1 oder zuweilen sogar ein 4-3-3 zum Einsatz. Letzlich kehrten wir aber zur 4-4-2 mit Raute zurück, was wir dann auch zum größten Teil auch in dieser Saison praktizierten. Der Vorteil an dem System liegt eindeutig in der Offensive, die durch den zusätzlichen Stürmer mehr Durchschlagskraft erhält. Ich muss allerdings gestehen, dass ich dieses System mit dem derzeitigen Kader höchst unpassend empfinde. Zum einen weil uns mit der Raute nur ein defensiver Mittelfeldspieler zur Verfügung steht, der zwar im Gegensatz zum 4-2-3-1 weniger am Spielaufbau beteiligt werden muss bzw. ist dafür aber im Defensivverbund mehr Arbeit zu verrichten hat. Unsere Defensivschwäche ist diese Saison nicht wesentlich abgeklungen(2010/11: 61 Gegentore, 2011/12: 58) auch weil, und das ist für mich der Hauptkritikpunkt an unserer Raute, die beiden Flügelspieler eine größere Bedeutung in der Verteidigung haben als beim 4-2-3-1, vor allem weil der Großteil der Bundesligisten mittlerweile ein 4-2-3-1 spielt und damit oft versucht über die Flügel Torchancen zu kreieren. Unsere Flügelspieler vernachlässigen diese defensiven Aufgaben aber regelmäßig. In der Praxis heißt das, dass der Flügelspieler vom Verteidiger überlaufen wird. Für den Flügelspieler ist zumeist der Außenverteidiger zuständig, sollte jetzt aber unser Flügelspieler nicht konsequent nach hinten arbeiten sieht sich unser AV einer Überzahl gegenüber gestellt. Das wird dann noch zusätzlich dadurch begünstig, dass ein defensiver Mittelfeldspieler weniger vorhanden ist, der bei Bedarf die Seite mit abzusichern kann. Unsere Flügelspieler haben einfach nicht die Einstellung eines Kevin Großkreutz oder Lars Stindl, die fast mehr nach hinten arbeiten als offensiv tätig sind. Und gerade in der Rückrunde wurde offensichtlich, dass uns der eine Offensivspieler mehr auch nicht die extreme Überlegenheit bietet, die er vielleicht auf dem Papier darstellt. Von daher halte ich es wie Lucien Favre: Erst hinten sicher stehen und dann schauen wir wie wir die Offensive gestalten. Nicht umsonst spielen die meisten Bundesligisten mittlerweile das 4-2-3-1 (auch wenn es hier und da aus dem Trend heraus eingeführt wurde) aber für meine Begriffe braucht Werder dringend den einen defensiven Mittelfeldspieler mehr.

Tor: Wiese’s Abgang ist zwar tragisch und (wenn man den Zielort bedenkt) zuweilen unverständlich, aber wie bereits mit den aufkommenden Gerüchten festgestellt wurde, haben wir mit Sebastian Mielitz einen mehr als fähigen Ersatz. Er hat bereits mehrmals bei Sperren oder Verletzungen Wiese’s ausgeholfen und stets einen guten Eindruck hinterlassen. Mit Vander haben wir zudem einen erfahrenen Ersatz. Ich bin allerdings hin und hergerissen ob der Frage, ob wir hier noch nachbessern sollten, denn einerseits wäre es äußerst undankbar Mielitz abermals jemanden vor die Nase zu setzen aber andererseits sollte es jemanden geben, der den Wettbewerb um die Position aufrecht erhält, damit Miele sich nicht zu sehr ausruhen kann. Von daher würde ich einen Transfer eines weiteren Torhüters, der in etwa auf der selben Stufe mit Miele ist, befürworten. Mir fallen da in erster Linie Rensing (Köln), Kraft (der wohl aber bei Hertha bleiben wird), Wetklo oder Müller (je nachdem wer zukunftig in Mainz Stammtorhüter sein soll), Wolfgang Hesl (Dresden), oder mein persönlich (wenn auch unwahrscheinlicher) Favorit Mitchell Langerak (Dortmund). Adler (Leverkusen) wäre prinzipiell auch möglich aber ich denke er würde zu viel kosten und auch ein Unruheherd werden, falls er auf der Bank sitzen soll. Für Keeper aus dem Ausland ist die Torhüterposition kein wirklicher Anreiz, weil Werder nicht international spielt und zudem auch keine Stammplatzgarantie gegeben werden würde.

Teil 2