02.12.2011 um 18:35 Uhr
Geschrieben von JanBoehmer
Das planlose Wunderkind
Football. Für Francis Kallon Jr. bedeutete das bisher immer Wembley. Es bedeutete Arsenal, Chelsea, Fulham - und kicken mit den Kumpels auf Londons Straßen. Es bedeutete den Sport, den er seit frühester Kindheit spielte: Fußball. Jedenfalls solange, bis er vor zwei Jahren nach Amerika kam - und quasi über Nacht zum Football-Wunderkind avancierte.
How much Wunderkind? Noch vor seinem ersten Spiel lagen ihm bereits 13 Angebote von namhaften Universitäten vor. Darunter Football-Powerhouses wie Alabama (#2 BCS), Vorjahres-Champion Auburn, South Carolina (#12) und Georgia (#14). ESPN-Scouting-Experte Jamie Newberg nennt Kollons Aufstieg "die größte Recruiting-Story der letzten 20 Jahre". Größer als Michael Oher. Zitat: "Das ist surreal."
Es ist ein regelrechter Hype um Kallon entstanden, der in England neben Fußball auch Basketball und gelegentlich etwas Rugby spielte. Noch vor dem Ende seines ersten und einzigen High-School-Football-Jahres gilt er als einer der besten Defensive Ends (Scouts.com #15) der USA.
Dabei wollte Kallon das alles überhaupt nicht. Nicht Football spielen, nicht im Rampenlicht stehen. Ja nicht einmal in den USA bleiben. Er tat es nur seiner Mutter zuliebe, die endlich seinen Vater heiraten wollte. Er sagte: "Wenn sie glücklich ist, bin auch ich glücklich."
Welchen Stellenwert High-School-Football im Leben vieler Amerikaner einnimmt, dürfte nicht erst seit Büchern wie H.G. Bissingers hervorragendem Buch "Friday Night Lights" bekannt sein. Als Volksweisheit gilt ebenfalls, dass die Menschen, je weiter man in den Süden kommt, immer Verrückter zu werden scheinen. Und das gilt auch für Lawrenceville, Georgia. Wie sehr die Menschen hier ihre Central Gwinnett Black Knights verehren, das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass sie alle zusammenlegten, um dem Team eine neue Pressbox hinter das Stadion zu bauen. Sie nennen es liebevoll ihr "Black Knight Castle". Warum auch nicht. Schliesslich sitzen Pressevertreter und Teamverantwortliche seither tatsächlich in einem Miniatur-Schloss.
Auf diese Football-verrückte 30.000 Einwohner-Gemeinde vor den Toren Atlantas wurde Kallon losgelassen. Kein Wunder also, dass sich ein mit 1,98 Metern und 120 Kilogramm scheinbar für den Sport prädestinierter Athlet früher oder später mit dem Football-Virus infizieren würde. Das Problem ist nur: Wurde er nicht. Denn während gefühlte 99,8 Prozent seiner Mitschüler und deren Eltern Freitag nachts ins Castle pilgerten, ging Kallon in die Kirche.
Die Frage lautet also: Wie wurde Kallon dann zu dem hochgelobten Football-Talent, bei dessen Anblick den meisten Scouts die Hände feucht werden?
Die Antwort lautet Todd Wofford.
Der Football-Coach der Central Gwinnett High sah Kallon bei einem seiner Basketball-Spiele und später beim Gewichte-Stämmen und Laufen. Er war sich sicher: Den Jungen sollte man mal in eine Football-Uniform stecken. "Kallon war schon immer ein Football-Spieler - er wusste es nur noch nicht", sollte Wofford später der "New York Times" erklären. Immer wieder spornte er den damals 16-Jährigen deshalb an, Football doch wenigstens einmal eine Chance zu geben. Er liess ihn im Athletics-Office arbeiten und Recruiting-Briefe diverser Universitäten an andere Football-Spieler ausliefern. Alles in der Hoffnung, dass das alles irgendwie Kallons Interesse wecken könnte.
Tat es aber nicht. "Ich bin ein Basketball-Spieler", so Kallons Standard-Antwort damals. Um Wofford abzuwimmeln, gab ihm der von den Werbungsversuchen langsam genervte Kallon einmal sogar die Nummer seines Vaters. Er erklärte, wenn Coach Wofford dem eher skeptischen Francis Kallon Sr. von Football überzeugen könne, dann würde er spielen. Der Haken: Kallon gab Wofford absichtlich eine völlig falsche Nummer.
Der Grund: Er wollte sich auf seine Noten konzentrieren. Es gab da dieses eine B, was das schöne Bild der ansonsten fein säuberlich aufgereihten A's störte. Und er wollte sich auf Basketball konzentrieren. Football erschien ihm und besonders seiner Mutter viel zu gefährlich. "Ich könnte mir viel zu schnell das Bein brechen, oder sowas", erklärte Kallon damals.
Damals. Denn mittlerweile ist das alles Vergangenheit und ist ein immer wieder gerne erzählter Teil der unglaublichen Geschichte des Francis Kallon.
Irgendwann hatte Coach Wofford mit seinen Überredungskünsten nämlich doch Erfolg. Was Kallon lockte, was das College. Denn selbst wenn er sich auch ohne Football aufgrund seiner guten Noten die Universität mehr oder weniger aussuchen konnte, hatte er dem Argument, dass er das nach nur einer Saison auch ohne finanzielle Bedenken mit einen Football-Stipendium tun könnte, nichts entgegen zu setzen. Selbst seine Eltern mussten da zustimmen. Unter einer Bedingung: Nur A's auf dem nächsten Zeugnis und ein College-Einstufungstest, der ihn auch ohne Football-benefits an eine gute Universität bringt. Gesagt, getan. Das B war schell verschwunden und der SAT (formerly known as Scholastic Assessment Test) bestanden.
Und so begab es sich, dass Kallon zum ersten Spring-Training der kommenden Saison trottete - ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, was genau er tun sollte. Es spielte keine Rolle. Denn das, was er auf dem Spielfeld tat, ließ die Beobachter mit offenem Mund zurück.
"Was am meisten Überrascht hat, ist wie schnell er die kleinen Nuancen des Spiels begriffen hat", sagt Scouting-Experte Scott Kennedy. "Er wirft sich in die Lücken, nimmt Blocks auseinander, kann den Gegner lesen, hat gute Hände und vor allem: Er geht bei jedem Spielzug mit voller Power rein. Es ist ein athletischer Körper, den die Menschen zuerst wahrnehmen werden, doch es ist eine Einstellung, die ihm Millionen einbringen wird."
Was genau denn diese Einstellung sei, wurde Kallon gefragt. Seine Antwort: "Ich gehe da raus, um den Quarterback auseinander zu nehmen".
Und seine Bilanz spricht Bände: 19 Tackles, davon sechs für Raumverlust, zwei Sacks, zwei eroberte Fumbles und ein geblockter Punt. In zwei Spielen. Und das, obwohl er zu Beginn nicht einmal wusste, wie er die Ausrüstung anlegen sollte. Noch immer hört man ihn während der Spiele häufig einen seiner Trainer fragen: "Was genau soll ich beim nächsten Spielzug machen?"
Was Kallon nach dieser Saison macht, weiss er hingegen ganz genau. Im Sommer nahm er das Angebot er Georgia Tech University an, "weil die Schule im Uni-Ranking am besten abgeschnitten hat".
Im akademischen Ranking, versteht sich.
How much Wunderkind? Noch vor seinem ersten Spiel lagen ihm bereits 13 Angebote von namhaften Universitäten vor. Darunter Football-Powerhouses wie Alabama (#2 BCS), Vorjahres-Champion Auburn, South Carolina (#12) und Georgia (#14). ESPN-Scouting-Experte Jamie Newberg nennt Kollons Aufstieg "die größte Recruiting-Story der letzten 20 Jahre". Größer als Michael Oher. Zitat: "Das ist surreal."
Es ist ein regelrechter Hype um Kallon entstanden, der in England neben Fußball auch Basketball und gelegentlich etwas Rugby spielte. Noch vor dem Ende seines ersten und einzigen High-School-Football-Jahres gilt er als einer der besten Defensive Ends (Scouts.com #15) der USA.
Dabei wollte Kallon das alles überhaupt nicht. Nicht Football spielen, nicht im Rampenlicht stehen. Ja nicht einmal in den USA bleiben. Er tat es nur seiner Mutter zuliebe, die endlich seinen Vater heiraten wollte. Er sagte: "Wenn sie glücklich ist, bin auch ich glücklich."
Welchen Stellenwert High-School-Football im Leben vieler Amerikaner einnimmt, dürfte nicht erst seit Büchern wie H.G. Bissingers hervorragendem Buch "Friday Night Lights" bekannt sein. Als Volksweisheit gilt ebenfalls, dass die Menschen, je weiter man in den Süden kommt, immer Verrückter zu werden scheinen. Und das gilt auch für Lawrenceville, Georgia. Wie sehr die Menschen hier ihre Central Gwinnett Black Knights verehren, das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass sie alle zusammenlegten, um dem Team eine neue Pressbox hinter das Stadion zu bauen. Sie nennen es liebevoll ihr "Black Knight Castle". Warum auch nicht. Schliesslich sitzen Pressevertreter und Teamverantwortliche seither tatsächlich in einem Miniatur-Schloss.
Auf diese Football-verrückte 30.000 Einwohner-Gemeinde vor den Toren Atlantas wurde Kallon losgelassen. Kein Wunder also, dass sich ein mit 1,98 Metern und 120 Kilogramm scheinbar für den Sport prädestinierter Athlet früher oder später mit dem Football-Virus infizieren würde. Das Problem ist nur: Wurde er nicht. Denn während gefühlte 99,8 Prozent seiner Mitschüler und deren Eltern Freitag nachts ins Castle pilgerten, ging Kallon in die Kirche.
Die Frage lautet also: Wie wurde Kallon dann zu dem hochgelobten Football-Talent, bei dessen Anblick den meisten Scouts die Hände feucht werden?
Die Antwort lautet Todd Wofford.
Der Football-Coach der Central Gwinnett High sah Kallon bei einem seiner Basketball-Spiele und später beim Gewichte-Stämmen und Laufen. Er war sich sicher: Den Jungen sollte man mal in eine Football-Uniform stecken. "Kallon war schon immer ein Football-Spieler - er wusste es nur noch nicht", sollte Wofford später der "New York Times" erklären. Immer wieder spornte er den damals 16-Jährigen deshalb an, Football doch wenigstens einmal eine Chance zu geben. Er liess ihn im Athletics-Office arbeiten und Recruiting-Briefe diverser Universitäten an andere Football-Spieler ausliefern. Alles in der Hoffnung, dass das alles irgendwie Kallons Interesse wecken könnte.
Tat es aber nicht. "Ich bin ein Basketball-Spieler", so Kallons Standard-Antwort damals. Um Wofford abzuwimmeln, gab ihm der von den Werbungsversuchen langsam genervte Kallon einmal sogar die Nummer seines Vaters. Er erklärte, wenn Coach Wofford dem eher skeptischen Francis Kallon Sr. von Football überzeugen könne, dann würde er spielen. Der Haken: Kallon gab Wofford absichtlich eine völlig falsche Nummer.
Der Grund: Er wollte sich auf seine Noten konzentrieren. Es gab da dieses eine B, was das schöne Bild der ansonsten fein säuberlich aufgereihten A's störte. Und er wollte sich auf Basketball konzentrieren. Football erschien ihm und besonders seiner Mutter viel zu gefährlich. "Ich könnte mir viel zu schnell das Bein brechen, oder sowas", erklärte Kallon damals.
Damals. Denn mittlerweile ist das alles Vergangenheit und ist ein immer wieder gerne erzählter Teil der unglaublichen Geschichte des Francis Kallon.
Irgendwann hatte Coach Wofford mit seinen Überredungskünsten nämlich doch Erfolg. Was Kallon lockte, was das College. Denn selbst wenn er sich auch ohne Football aufgrund seiner guten Noten die Universität mehr oder weniger aussuchen konnte, hatte er dem Argument, dass er das nach nur einer Saison auch ohne finanzielle Bedenken mit einen Football-Stipendium tun könnte, nichts entgegen zu setzen. Selbst seine Eltern mussten da zustimmen. Unter einer Bedingung: Nur A's auf dem nächsten Zeugnis und ein College-Einstufungstest, der ihn auch ohne Football-benefits an eine gute Universität bringt. Gesagt, getan. Das B war schell verschwunden und der SAT (formerly known as Scholastic Assessment Test) bestanden.
Und so begab es sich, dass Kallon zum ersten Spring-Training der kommenden Saison trottete - ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, was genau er tun sollte. Es spielte keine Rolle. Denn das, was er auf dem Spielfeld tat, ließ die Beobachter mit offenem Mund zurück.
"Was am meisten Überrascht hat, ist wie schnell er die kleinen Nuancen des Spiels begriffen hat", sagt Scouting-Experte Scott Kennedy. "Er wirft sich in die Lücken, nimmt Blocks auseinander, kann den Gegner lesen, hat gute Hände und vor allem: Er geht bei jedem Spielzug mit voller Power rein. Es ist ein athletischer Körper, den die Menschen zuerst wahrnehmen werden, doch es ist eine Einstellung, die ihm Millionen einbringen wird."
Was genau denn diese Einstellung sei, wurde Kallon gefragt. Seine Antwort: "Ich gehe da raus, um den Quarterback auseinander zu nehmen".
Und seine Bilanz spricht Bände: 19 Tackles, davon sechs für Raumverlust, zwei Sacks, zwei eroberte Fumbles und ein geblockter Punt. In zwei Spielen. Und das, obwohl er zu Beginn nicht einmal wusste, wie er die Ausrüstung anlegen sollte. Noch immer hört man ihn während der Spiele häufig einen seiner Trainer fragen: "Was genau soll ich beim nächsten Spielzug machen?"
Was Kallon nach dieser Saison macht, weiss er hingegen ganz genau. Im Sommer nahm er das Angebot er Georgia Tech University an, "weil die Schule im Uni-Ranking am besten abgeschnitten hat".
Im akademischen Ranking, versteht sich.
Aufrufe: 3534 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 15 | Erstellt:02.12.2011
ø 9.4
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
07.12.2011 | 09:20 Uhr
0
kobe :
sehr guter blog mit einer klasse story war sehr interessant zu lesen 10 points
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03.12.2011 | 19:32 Uhr
0
vielen dank.
manchmal wird man eben inspiriert.
dann braucht man ein kreativ-ventil. auf deutsch.
dann schreibe ich. völlig willkürlich.
lust-schreiben, sozusagen.
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03.12.2011 | 10:15 Uhr
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Da überlege ich doch glatt, ob ich das mit dem Football nicht auch mal versuchen sollte.
Gibt es eigentlich ne Seniorenliga?
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02.12.2011 | 22:07 Uhr
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xxlhonk :
Ich mochte deine Blogs schon vorher.Aber auch dir hat der Wechsel verdammt gut getan.
Deine Storys sind noch besser!
Und das in allen Bereichen.
Schreibe, Aufbau und auch Story!
Hammer gute Arbeit!
Weiter so.
Bitte.
Ach ja.
Der Typ ist ja der Kracher
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02.12.2011 | 20:28 Uhr
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Snoopy :
Manchmal muss man gute Leute zu ihrem Glück zwingen. Schön, dass es hier geklappt hat...
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02.12.2011 | 19:53 Uhr
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02.12.2011 | 19:01 Uhr
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nette Moves die der "Fussballer" da zeigt.
Ab wann ist er den Draft-Kandidat?
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