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01.01.2015 | 1560 Aufrufe | 0 Kommentare | 0 Bewertungen Ø 0.0
James "No Defense" Harden
Zu seiner Verteidigung...
James Harden spielt eine MVP-Saison, doch leider steht ihm sein schlechter Ruf im Weg. Doch ist dieser gerechtfertigt?

Für James Harden hätten die vergangenen zwei Jahre durchaus schlechter laufen können. Nach seinem Trade von den Oklahoma City Thunder zu den Houston Rockets unterschrieb der "Sixth Man of the Year" aus dem Jahr 2012 einen Maximalvertrag und führte die Houston Rockets direkt in die Playoffs. Auf individueller Ebene sammelte "The Beard" seit seinem Wechsel zwei All-Star-Nominierungen und sicherte sich zwei Plätze in einem der "All-NBA Teams". 2013 reichte es nur für eine Berufung ins "All-NBA Third Team", doch nach der vergangenen Saison wurde Hardens Leistung in der Regular Season sogar mit einer Nominierung in das "All-NBA First Team" belohnt - eine Sache, die eigentlich hätte bejubelt werden müssen, denn schließlich war James Harden dank seiner attraktiven Spielweise und seines kilometerlangen Bartes immer als Publikumsliebling bekannt. Doch dem war auf einmal nicht mehr so - im Gegenteil: Der Aufschrei war groß, "Mr. No Defense gehört nicht zu den besten Spielern der Liga" war wohl sinngemäß die am häufigsten gedroschene Phrase. Was war passiert? Wie konnte es sein, dass der einstige Publikumsliebling, der in den Finals 2012 über einige Strecken keinen geringeren als LeBron James verteidigt hatte, auf einmal für seine Verteidigungsarbeit komplett auseinander genommen wird?

James Harden - No D?

Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter des Internets. Informationen oder Bildquellen, die uns vor einigen Jahren noch gar nicht zur Verfügung standen, sind heutzutage mit wenigen Mausklicks abzurufen. Will man etwas über die Stringtheorie lernen, tippt man diesen Suchbegriff in seinen Internetbrowser und will man sich die Highlight-Plays von Michael Jordan aus dem Jahr 1998 angucken, so bekommt man auch diese mit wenigen Mausklicks zu sehen. Das Internet entwickelt sich jedoch stetig weiter - mittlerweile machen einige Menschen Karriere auf Youtube oder werden aufgrund ihrer Tweets in Radioshows/Podcasts eingeladen. Es ist also wenig verwunderlich, dass einige Menschen opportunistisch mit diesen Optionen im World Wide Web umgehen. So auch Youtube-User "How U", der am 21.04.2014 ein 11-minütiges Video über James Harden auf seinem Youtube-Kanal hochgeladen hat.


Bis zum heutigen Datum hat das Video 1.650.000 Klicks und dürfte wohl als Erfolg bezeichnet werden. Was ist in dem Video zu sehen? Rund 70 Szenen, in denen James Harden diverse Fehler in der Defensive macht und bereits nach rund vier Minuten hat man gefühlt alles gesehen. James Harden spielte in der vergangenen Saison häufig mit fehlender Spritzigkeit in der Defensive - sowohl mental als auch physisch. Etliche Male kommt James Harden bei "Switches" nicht hinterher, hat keine Ahnung, wen er zu verteidigen hat, was meistens mit einem einfachen Korb für seinen Gegenspieler endet. Auch gegnerische Cuts zum Korb lässt Harden in diesem Video zu, weil sein Blick viel zu oft auf dem ballführenden Spieler liegt, anstatt seinen Gegenspieler am Perimeter auf Schritt und Tritt zu beobachten. Generell wirken die gesamten 11 Minuten im Video komplett halbherzig und das sollte man auch gar nicht weiter verteidigen oder versuchen schön zu reden, denn es wirkt nicht nur halbherzig, sondern Harden hat in diesem visuellen Potpourri ganz klare Fehler begangen, die man nicht verteidigen kann. Im Video ist jedoch zu sehen, dass James Harden nicht wirklich von der "zweiten Garde" des Gegners vorgeführt wird - natürlich heißen Hardens Gegenspieler im Video manchmal Luke Babbitt oder die 2013er-Version von Jimmy Butler, aber Spieler vom Kaliber eines Kevin Durant, Paul George oder DeMar DeRozan sind halt auch dabei.

Einige Fragen bleiben nach den 11 Minuten offen: James Harden stand in der Saison 2013-14 38,0 Minuten pro Spiel auf dem Feld - wo sind die restlichen Defensivaktionen? War alles so schlecht? Wo sind seine 1,6 Steals pro Spiel? Immerhin hat er in dieser Saison mehr Steals pro Spiel als LeBron James gesammelt. Das kann einfach nicht die komplette Geschichte gewesen sein.

Dass man im modernen Informationszeitalter auch ebenso einfach an die Kehrseite der Medaille kommen kann, beweisen ein paar weitere Mausklicks. Ein Video mit dem Titel " James Harden, Defensive Mastermind (2013-14)" lässt sich ziemlich einfach finden. Die Resonanz auf dieses Video ist jedoch ernüchternd. 19.000 Klicks, eine sehr negative Bewertung und Kommentare von Leuten, die in ihrer Meinung absolut festgefahren sind und eine Diskussion schon vor dem ersten Wort ad absurdum führen. Was ist nun die Wahrheit über die Defensivarbeit von James Harden aus der Saison 2013-14? Fakt ist: Die Houston Rockets stellten die zwölftbeste Verteidigung der Liga gemessen an der defensiven Effizienz (zugelassene Punkte, bei 100 gegnerischen Ballbesitzen). Fakt ist auch: Die Houston Rockets ließen mit James Harden auf dem Parkett 0,5 Punkte mehr zu - ein negativer Wert, der aufgrund seiner Größe beinahe egal ist, da er gen null geht. Man kann also sagen, das James Harden die Defensive der Rockets nicht großartig beeinfluss hat - weder positiv noch negativ. Dank der Zahlen, die mysynergysports noch bis zum Ende der vergangenen Saison zur Verfügung gestellt hat, kann man sich Hardens defensiven Output aufgebröselt anschauen und vielleicht auf Grundlage dieser Zahlen ein Urteil fällen. In Pick & Roll-Situationen hat James Harden beispielweise in der Offensive einen bessere Job gemacht als in der Defensive. Falls die gegnerische Mannschaft den direkten Gegenspieler von James Harden isoliert hat, war das auch meistens von Erfolg gekrönt, doch James Harden hat als etwas kräftigerer Guard einen richtig guten Job bei Post-Ups geleistet, an denen sich seine Gegner die Zähne ausgebissen haben - nur 12,9% der gegnerischen Post-Ups waren von Erfolg gekrönt, im Durchschnitt hat Harden laut mysynergysports nur 0,58 Punkte pro Versuch zugelassen - Platz acht, ligaweit! Ob der geringen "sample size" in gewissen Spielsituationen sollte man diese Zahlen vielleicht nicht als Allheilmittel auf die Goldwaage legen, doch der von vielen als "schlechtester (Perimeter-) Verteidiger" bezeichnete James Harden hat in 61,6% der Wurfversuche seinen Gegenspieler am Scoren gehindert, außerdem trafen seine Gegenspieler nur 31,9% von der Dreipunktelinie. Die Werte eines sehr schlechten Verteidigers sehen aller Wahrscheinlichkeit nach etwas anders aus.

James Harden - das "D" steht für "Defense"

Die noch junge Saison verläuft für die Houston Rockets wohl so, wie es nur die größten Optimisten vorhersehen konnten: Trotz Verletzungssorgen stellen die "Raketen" mit einer Bilanz von 21 Siegen bei sieben Niederlagen aktuell die viertbeste Bilanz. Auch am defensivem Ende des Feldes könnte es schlechter laufen - momentan haben die Rockets die zweiteffizienteste Defensive der Liga. Wer jetzt glaubt, dass James Harden trotz der Verletzungen vom dreimaligen "Defensive Player of the Year" Dwight Howard und dem "All-NBA-Defensive First Teamer" Patrick Beverley keinen Anteil am Teamerfolg und der effizienten Defensive hat, glaubt womöglich auch noch daran, dass Kim Jong-Un kein Problem mit "The Interview" hat! Mysynergysports hat leider den Betrieb eingestellt und somit fallen einige Argumente in Form von Zahlen von vornherein weg. Eigentlich sollte der "Augentest", die Bilanz der Rockets und der Blick auf die "Defensive Efficiency"-Rangliste Beweis genug sein, doch so billig muss man sich ja nicht unbedingt aus der Affäre ziehen. Laut nba.com treffen die von James Harden verteidigten Spieler weniger Würfe, als gegen andere Verteidiger. In Zahlen bedeutet das, dass sich die durchschnittliche Feldwurfquote 46,9% auf 44,3% verringert, sobald jemand gegen James Harden ran muss. Eine große Stärke von James Harden bleibt die Verteidigung des gegnerischen Dreipunktewurfs - ganze 7,6% büßen Gegner bei ihrer Dreipunktquote ein, sobald "der Bart" vor ihnen steht. Soweit die "Beweise" mit Hilfe von den simplen Zahlen. Eine nicht so simple Statistik sind die sogenannten "Defensive Win Shares" (DWS). Win Shares sind auf mathematischen Formeln basierende Schätzungen, die versuchen den Anteil eines Spieler am Mannschaftserfolg auf wenige Ziffern runterzubrechen. Diese Schätzungen scheinen nicht komplett fernab der Realität zu liegen, denn in den letzten zehn Jahren wurde diese Statistik von Spielern wie Dwight Howard (vier Mal), Ben Wallace, Tim Duncan, Joakim Noah oder Paul George angeführt. Aktuell führt niemand geringerer als James Harden mit 2.03 DWS diese Statistik an, was absolut konträr der allgemeinen Wahrnehmung seiner Verteidigungsarbeit ist.

Seine 1,9 Steals pro Spiel zeigen auch eine statistische Verbesserung und sind zugleich ein Kritikpunkt an seinem Spiel - noch zockt James Harden zu häufig und spielt eine Art "Hero Defense", eine Sache, die er schon im Jahr davor bis zur absoluten Frustrationsgrenze für Fans getan hat.

Two-way ist okay

Newsflash: James Harden führt die Liga aktuell nicht nur bei den "Defensive Win Shares" an, sondern steht mit 27,2 Punkten pro Spiel auch ganz oben in der Scoringliste. Das mag vielleicht nicht so bleiben, da mit Josh Smith und Dwight Howard noch zwei weitere balldominante Spieler mehr Einsätze bei den Houston Rockets bekommen und Kevin Durant aufgrund seiner Verletzung noch nicht ganz in das Rennen um den Scoring-Titel eingreifen konnte, doch es dürfte bei folgender These wohl keine zwei Meinungen geben: James Harden ist wohl der offensivstärkste Shooting Guard der Liga. Über seine Effizienz könnte man aktuell noch meckern - 42% aus dem Feld sind keinesfalls gut, doch gerade zu Saisonbeginn musste Harden die Rockets tragen und Würfe nehmen, die er vielleicht nicht nehmen müsste, wenn er neben sich andere Mitspieler auf dem Parkett stehen hätte.


Um nochmal den Schwenker zurück zu Hardens Defensive zu schlagen: Es ist schon beinahe "normal", dass sich Spieler, die ihr Team auf eine solche Art und Weise in der Offensive tragen, mal am anderen Ende eine "Verschnaufpause" gönnen, diese Pause sollte nicht unbedingt in der Crunch-Time erfolgen, aber auch bei einem Kobe Bryant oder Carmelo Anthony sind solche Aktionen in der Vergangenheit zu sehen gewesen. James Harden spielt offensiv kraftraubend, zieht viel zum Korb und wird auch häufig in diesem Prozess gefoult. Auch hier wieder ein Newsflash: Dies ist etwas kraftraubender, als wenn Harden ein reiner Spot-Up-Shooter wäre. James Harden ist nun mal ein Allrounder, der das Spiel aufzieht, selbst punktet und auch Rebounds pflückt (6,3 Rebounds pro Spiel) - Lance Stephenson ist der einzige Shooting Guard, der noch mehr Rebounds holt als James Harden. Es ist eigentlich nur menschlich, dass der Spieler, der aktuell die zweitmeisten Minuten in der Liga pro Spiel abreißt, mal sowohl eine physische als auch eine mentale Pause braucht.

Fear the beard

Mit den strauchelnden Cleveleland Cavaliers und der schwachen Bilanz der Oklahoma City Thunder gepaart mit der Verletzung von Kevin Durant verabschieden sich aktuell (!) direkt die beiden MVP-Award Gewinner aus den letzten drei Jahren aus dem Rennen um den Titel. Stephen Curry, Marc Gasol und halt auch James Harden würden sich wohl aktuell einen Kampf um die Trophäe liefern. Leider liest man im Zuge dieser Diskussion noch immer, dass James Hardens Defense ein unüberwindbares Hindernis für die Auszeichnung sei, was aber schlicht und ergreifend albern ist. Anstelle von James Hardens Namen wird aktuell sogar der Name von Russel Westbrook vermehrt in den Raum geworfen und ironischerweise kann man die beiden wirklich gut miteinander vergleichen: Beide Spieler sind offensive Punktemaschinen, die den Boxscore auch in anderen Kategorien gut füllen. Beide spielen auch ganz gerne "Hero-Defense" und sind sehr auf Steals aus. Aufgrund ihrer offensiven Produktion sind sie folglich nicht immer hellwach in der Defensive, verschlafen Rotationen, foulen manchmal unnötig beim "reach in" und lassen lächerlich einfache Punkte durch Cuts zu - der einzige Unterschied zwischen den beiden: Über einen der beiden gibt es ein Video mit 1.650.000 Klicks auf Youtube, über den anderen nicht.

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