Oft wird gemeckert, dass Trainer zu schnell fliegen, ist das wirklich so? Und hängt ein langfristiges Engagement eines Trainers auch wirklich mit Erfolg zusammen?
Die Trainerfluktuation ist dann doch nicht ganz so einfach zu untersuchen.
Hängt die Treue zum Trainer mehr mit dem Erfolg zusammen, oder spricht diese Traue FÜR den Erfolg?
Eine schwierige Frage, die man mit den internationalen Topteams ganz gut beobachten kann, denn in Deutschland ist mit Werder Bremen nur ein Verein wirklich treu und der Verein ist seit gut 3-4 Jahren nicht mehr wirklich erfolgreich. Im Ausland dagegen fallen vor allem Manchester United und Arsenal London damit auf, ewig auf ihre Trainer zu setzen, weswegen ich beide Vereine hier ausklammere. Beide sind Beispiele für eine ideale Entwicklung, meiner Meinung nach zumindest bei ManUtd zu ideal, denn ein derartig langes und erfolgreiches Engagement ist in meinen Augen einmalig und so weder plan- noch wiederholbar.

Italien:
a.) Milan
7,5 Jahre Ancelotti zwischen 2001 und 2009, darunter fallen wichtige Titel und große Leistungen, er hat ein Team aufgebaut aus Pirlo, Gattuso, Pippo und Co. Das Auseinanderfallen dieses Teams war sein Ende, seitdem in 2 Jahren 2 Trainer, davor in 6 Jahren 6 Trainer

b.) Juventus Turin
Seit 2000 hatte man in 11 Jahren 9 Trainer, darunter Größen wie Ancelotti, Lippi, Ranieri oder Deschamps. In der selben Zeit reichte es allerdings auch nur zu 4 Meisterschaften, wovon 2 aberkannt wurden. Im Gegensatz zu Milan hat man kein großes Juve in Erinnerung, das von 5-7 Spielern über längeren Zeitraum dominiert wurde. Einzelne Stars(Zidane) gingen entweder nach der Zeit oder stagnierten irgendwann(Nedved). Ausnahmen: Buffon, del Pierro, Cannavaro, Thuram.

c.) Inter
Negativbeispiel in Italien. 10 Trainer seit 2000, dafür 15 Titel in den letzten 6 Jahren unter 6 Trainern. Inter als Beispiel, dass Trainertreue keine hinreichende Bedingungen ist für Erfolg. Mourinho zwar als Garant für kurzfristig gute Arbeit, die großartig entlohnt wurde, dennoch Inter als ein Team mit enormer Fluktation, auch hinsichtlich des Kaders

Spanien
a.) Barcelona
Konstanz kam erst, als die Arbeit von Cruyff und van Gaal aus der Jugend kam. Seit 2003 2 Trainer, davor 5 in 3 Jahren. Misserfolg als Bedingung für wechselnde Trainer, Erfolge als Argument für kontinuirliches Arbeiten. Wechselnde Trainer vielleicht sogar das Nebenerscheinung auf der Suche nach dem Richtigen? Auch klar: Wieso sollte man nach großen Titeln einen Guardiola vor die TÜr setzen?

b.) Real Madrid
Den Klassenprimus des europäischen Fußballs als nationalen Konkurrenten. Eine unglückliche Situation für die Königlichen. Das Resultat: 11 Trainer in 11 Jahren. Mit Juande Ramos, Juan Ramón López Caro, Mariano García Remón und José Antonio Camacho konnten dabei vier Trainer sogar nur maximal ein halbes Jahr auf der Trainerbank Platznehmen. Erfolgreich war darunter lediglich Vicente del Bosque, der sich von 1999 bis 2003 immerhin vier Jahre Trainer von Real Madrid nennen durfte. Er war es auch, der zuletzt den Champions League Pokal nach Madrid brachte. Interessant auch: Diese 11 Trainer gaben in diesem Zeitraum(11 Jahre) 1226 Millionen oder 1,226 Milliarden Euro für neue Spieler aus um 1x Champions League Sieger und vier Mal Meister zur werden

England
a.) Chelsea London
10 Trainer in 11 Jahren. Seit der Übernahme durch Roman Abramovtich 7 Trainer in 7 Jahren, wobei Jose Mourinho 3 Jahre bleiben durfte. Seit dessem Ende folgte nur eine Meisterschaft und Fehlinvestitionen wie Fernando Torres. Chelsea als Beispiel dafür, dass Misserfolg auch in einer dicht besetzten Liga wie der Premier League schnell zu hoher Fluktation der Trainer führen kann.

b.) FC Liverpool
Die großen Zeiten des FC Liverpools sind vorbei. Je 5 Jahren durften Gerad Houllier und Raffa Benitez auf der Bank der Reds Platz nehmen. Sie bauten ein Team auf, dass nicht nur zur Spitze der Premier League gehörte, sondern 2005 sogar Champions League Sieger wurde. Houlliers Gerüst um Gerrard, Carragher und Riise wurde durch die Spanier von Benitez komplettiert. Reina, Riera, Arbeloa aber vor allem Torres drückten der Anfield Road ihren Stempel auf. Analog zum AC Mailand begann auch durch das Auseinanderbröckeln dieses Teams der Trainerposten zu wackeln, bis man sich schlussendlich vom Benitez trennte. Mit Kenny Dalglish folgte nun - nach einem kurzen Intermezzo mit Roy Hodgson - ein Liverpooler Urgestein auf den Spanier. Mit der Unterstützung der Fans versucht er ein neues Liverpool aufzubauen, als Engländer angehaucht durch viele einheimische Stars wie Adam oder Downing.

c.) Tottenham Hotspurs
Die Spurs zeigen, dass man mit kontinuierlicher Arbeit auch ohne die großen Millionen aus Russland oder Dubai oben mitmischen kann. Seit drei Jahren nun entwickelt Harry Redknapp ein Team, dass momentan sogar auf Platz drei der Premier League steht. Anders als beim Lokalrivalen Chelsea versteht man es, auch junge Spieler ohne großen Druck in sein Team einzubauen oder gar wachsen zu lassen, wie das Beispiel Gareth Bale zeigt. Ohne große Titel, dafür mit viel Respekt spielt man damit bei Tottenham im Konzert der Großen, was ganz klar auch auf den Trainer zurückzuführen ist.

d.) Manchester City
Ein ähnliches Modell formt sich auch bei Manchester City. Trotz den Öl-Millionen vertraut man hier ganz klar auf Kontinuität auf dem Trainerposten. Seit genau 2 Jahren darf Mancini schalten und walten wie er will, kriegt quasi jeden Wunsch erfüllt und steht damit folgerichtig auch oben. Dennoch ist dieses Modell für einen aufgekauften Verein eher untypisch, zumindest in der Vergangenheit. Aber: Die Zeichen der Zeit wurden erkannt und so kopiert Paris Saint Germain dieses vertrauen. Mit Leonardo und Ancelotti wurden in Frankreichs Metropole zwei bekannte und erfahrene Leute eingesetzt, um in kurzer Zeit mit viel Geld ein großes Team aufzubauen. Pflegt man es, wie in Manchester oder unter Mourinho in London geduldig auf die Entwicklung des Teams zu erwarten, wir man früher oder später wohl auch dort den Erfolg sehen.