01.03.2013 um 18:02 Uhr
Liegt Bayern wirklich in China?
Jürgen Klopp, Deutschlands zähnefletschender Lieblingstrainer, hat gestern in einer Pressekonferenz klargestellt, woran es liegt, dass der FC Bayern plötzlich wieder in der Lage zu sein scheint den BVB zu besiegen. Klopps Erklärung könnte man wie folgt zusammenfassen: Alles vom BVB abgekupfert und dann mit viel Geld vergoldet. Der erfolgreiche Spielstil der Bayern in dieser Saison ist also nach Kloppos Ansicht nur eine Kopie dessen, was beim BVB bereits seit zwei bis drei Jahren so spektakulär zelebriert wird - mit dem kleinen Unterschied, dass der FCB den BVB Stil nun mit (teilweise) besseren und natürlich zusammengekauften Einzelspielern auf den Platz bringt.
Auch wenn bisher nur Jürgen Klopp mit seinem "Chinesen-Vergleich" diese These so populistisch herübergebracht hat, steht er mit ihr in Fussballdeutschland bei weitem nicht alleine da. Einige Kommentatoren ob im TV, Radio oder in der Presse, meinen immer wieder im Spiel der Bayern die so markante Unterschrift des BVB zu erkennen. Sind die Bayern einfach nur reiche Plagiatoren? Ist an dieser These wirklich etwas dran?
Ist das überhaupt ein System?
Bevor man sich überhaupt fragt, ob die Bayern sich da frech ein System abgeguckt haben, muss die Frage erlaubt sein, ob es sich beim „Druck auf den ballführenden Gegenspieler und schnelles Umschalten von Abwehr auf Angriff beim Ballgewinn" überhaupt um ein System handelt. Bitte jetzt nicht falsch verstehen. Selbstverständlich hat die Borussia ein Spielsystem, doch ist das schnelle Umschalten hier doch eher als Taktik bzw. ein Merkmal eben dieses Systems zu betrachten. Zu behaupten das gesamte Dortmunder Spiel sei darauf ausgelegt den Ball schnell zu erobern und dann mit fünf Mann geschwind anzugreifen, ordnet das Team als Kontermannschaft ein. Und das wäre bei einer Mannschaft, die Spiele dominiert wie der BVB schlichtweg falsch.
Wer hat‘s erfunden?
Lassen wir die System oder Taktik Frage mal ausser Acht, stellt sich noch immer die Frage, ob frühes Pressing und schnelles Konterspiel tatsächlich erst vom BVB unter Jürgen Klopp entdeckt und angewendet wurden. Liegt das Urheberrecht bei den Borussen? Wäre der Antrag den Kloppo beim Europäischen Patentamt (das sich amüsanter Weise in München befindet) einreichen könnte anfechtbar? Meine kurze Recherche hat ergeben, dass Pressing bereits in den 60er Jahren eine populäre Taktik war (siehe SPOX Blog), über schnelle und aggressive Konter muss glaube ich nicht diskutiert werden. Wenn also ganz Fussballdeutschland vom „System" des BVB schwärmt, schwärmt es von der Verknüpfung zweier Taktiken, die bereits seit dem letzten Jahrhundert im Profifussball angewendet werden. Die Kombination von Pressing und Konter so zu perfektionieren wie Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp ist eine starke Leistung - keine Frage - aber nun so zu tun als hätte man hier etwas erfunden und dass diese Neuerfindung bahnbrechend sei, wirkt etwas übertrieben, wenn nicht sogar etwas überheblich.
Die Falschmünzer von der Säbenerstrasse?
Betrachtet man nun Jürgen Klopps Aussage, um die es ja hier gehen soll, und vergisst kurz, die vorhergehenden zwei Punkte, muss analysiert werde ob der FC Bayern in dieser Saison wirklich so spielt, wie ein besser verdienender BVB in roten Trikots, oder eben nicht. Um dies zu testen, habe ich die Ballbesitz-Statistiken der letzten zwei Spielzeiten miteinander verglichen. Wenn die Bayern nun so spielen wie der BVB, sollte sich das in geringerem Ballbesitz im vergleich zu den vorigen Spielzeiten niederschlagen. Diese Saison, hat der FCB im Schnitt 63,1% Ballbesitz (Borussia Dortmund übrigens 54,7%) (Quelle: Transfermarkt.de), letzte Saison waren es rund 64% (Quelle: RP-Online). Dieser eher geringe Unterschied spricht nicht gerade für eine Anpassung des Bayern Systems an das des BVB. Es ist also durchaus möglich, dass der FC Bayern in dieser Saison mehr denn je versucht sich die Erfolgstaktik des BVB zu eigen zu machen, doch kann man noch lange nicht von einer Systemanpassung bzw. einer Kopie sprechen. Das Spiel der Bayern ist weiterhin auf Ballbesitz ausgerichtet, im Vergleich zur van Gaal Ära fällt lediglich auf, dass die häufig gespielten Querpässe zur Ballbesitz-Sicherung und das Spiel langsame Herantragen des Balls an den Strafraum des Gegners, einem etwas direkteren und zielstrebigeren Offensivspiel gewichen sind.
Das Fazit
Es ist rätselhaft wieso Jürgen Klopp und nun auch Hans-Joachim Watzke nach der Pokal-Niederlage des BVB gegen die Bayern, nun behaupten die Spielidee der Bayern sei vom BVB abgekupfert. Erstens handelt es sich beim vermeintlichen System eher um eine taktische Variante, zweitens kann der BVB das Urheberrecht an dieser Taktik nur schwer für sich beanspruchen und drittens, sprechen die Zahlen dafür, dass sich bei den Bayern auch diese Saison nur wenig an Ihrer eigentlichen Spielidee geändert hat. Nur weil der FCB diese Saison ein „vertikaleres" Spiel an den Tag legt, dürfen und sollten die Dortmunder Borussen sich nicht gleich kopiert fühlen - auch wenn ihnen das jetzt offensichtlich sehr gut passen würde.
P.S.: Ich finde das Kloppo mit seinem „Chinesen-Vergleich" übrigens auf platte Ressentiments zurückgreift und hier üblen Populismus betreibt. So etwas ist unfein und verkennt dazu den Beitrag Chinas zur Weltwirtschaft. Dass sich keiner darüber öffentlich aufzuregen scheint ist schade.
Auch wenn bisher nur Jürgen Klopp mit seinem "Chinesen-Vergleich" diese These so populistisch herübergebracht hat, steht er mit ihr in Fussballdeutschland bei weitem nicht alleine da. Einige Kommentatoren ob im TV, Radio oder in der Presse, meinen immer wieder im Spiel der Bayern die so markante Unterschrift des BVB zu erkennen. Sind die Bayern einfach nur reiche Plagiatoren? Ist an dieser These wirklich etwas dran?
Ist das überhaupt ein System?
Bevor man sich überhaupt fragt, ob die Bayern sich da frech ein System abgeguckt haben, muss die Frage erlaubt sein, ob es sich beim „Druck auf den ballführenden Gegenspieler und schnelles Umschalten von Abwehr auf Angriff beim Ballgewinn" überhaupt um ein System handelt. Bitte jetzt nicht falsch verstehen. Selbstverständlich hat die Borussia ein Spielsystem, doch ist das schnelle Umschalten hier doch eher als Taktik bzw. ein Merkmal eben dieses Systems zu betrachten. Zu behaupten das gesamte Dortmunder Spiel sei darauf ausgelegt den Ball schnell zu erobern und dann mit fünf Mann geschwind anzugreifen, ordnet das Team als Kontermannschaft ein. Und das wäre bei einer Mannschaft, die Spiele dominiert wie der BVB schlichtweg falsch.
Wer hat‘s erfunden?
Lassen wir die System oder Taktik Frage mal ausser Acht, stellt sich noch immer die Frage, ob frühes Pressing und schnelles Konterspiel tatsächlich erst vom BVB unter Jürgen Klopp entdeckt und angewendet wurden. Liegt das Urheberrecht bei den Borussen? Wäre der Antrag den Kloppo beim Europäischen Patentamt (das sich amüsanter Weise in München befindet) einreichen könnte anfechtbar? Meine kurze Recherche hat ergeben, dass Pressing bereits in den 60er Jahren eine populäre Taktik war (siehe SPOX Blog), über schnelle und aggressive Konter muss glaube ich nicht diskutiert werden. Wenn also ganz Fussballdeutschland vom „System" des BVB schwärmt, schwärmt es von der Verknüpfung zweier Taktiken, die bereits seit dem letzten Jahrhundert im Profifussball angewendet werden. Die Kombination von Pressing und Konter so zu perfektionieren wie Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp ist eine starke Leistung - keine Frage - aber nun so zu tun als hätte man hier etwas erfunden und dass diese Neuerfindung bahnbrechend sei, wirkt etwas übertrieben, wenn nicht sogar etwas überheblich.
Die Falschmünzer von der Säbenerstrasse?
Betrachtet man nun Jürgen Klopps Aussage, um die es ja hier gehen soll, und vergisst kurz, die vorhergehenden zwei Punkte, muss analysiert werde ob der FC Bayern in dieser Saison wirklich so spielt, wie ein besser verdienender BVB in roten Trikots, oder eben nicht. Um dies zu testen, habe ich die Ballbesitz-Statistiken der letzten zwei Spielzeiten miteinander verglichen. Wenn die Bayern nun so spielen wie der BVB, sollte sich das in geringerem Ballbesitz im vergleich zu den vorigen Spielzeiten niederschlagen. Diese Saison, hat der FCB im Schnitt 63,1% Ballbesitz (Borussia Dortmund übrigens 54,7%) (Quelle: Transfermarkt.de), letzte Saison waren es rund 64% (Quelle: RP-Online). Dieser eher geringe Unterschied spricht nicht gerade für eine Anpassung des Bayern Systems an das des BVB. Es ist also durchaus möglich, dass der FC Bayern in dieser Saison mehr denn je versucht sich die Erfolgstaktik des BVB zu eigen zu machen, doch kann man noch lange nicht von einer Systemanpassung bzw. einer Kopie sprechen. Das Spiel der Bayern ist weiterhin auf Ballbesitz ausgerichtet, im Vergleich zur van Gaal Ära fällt lediglich auf, dass die häufig gespielten Querpässe zur Ballbesitz-Sicherung und das Spiel langsame Herantragen des Balls an den Strafraum des Gegners, einem etwas direkteren und zielstrebigeren Offensivspiel gewichen sind.
Das Fazit
Es ist rätselhaft wieso Jürgen Klopp und nun auch Hans-Joachim Watzke nach der Pokal-Niederlage des BVB gegen die Bayern, nun behaupten die Spielidee der Bayern sei vom BVB abgekupfert. Erstens handelt es sich beim vermeintlichen System eher um eine taktische Variante, zweitens kann der BVB das Urheberrecht an dieser Taktik nur schwer für sich beanspruchen und drittens, sprechen die Zahlen dafür, dass sich bei den Bayern auch diese Saison nur wenig an Ihrer eigentlichen Spielidee geändert hat. Nur weil der FCB diese Saison ein „vertikaleres" Spiel an den Tag legt, dürfen und sollten die Dortmunder Borussen sich nicht gleich kopiert fühlen - auch wenn ihnen das jetzt offensichtlich sehr gut passen würde.
P.S.: Ich finde das Kloppo mit seinem „Chinesen-Vergleich" übrigens auf platte Ressentiments zurückgreift und hier üblen Populismus betreibt. So etwas ist unfein und verkennt dazu den Beitrag Chinas zur Weltwirtschaft. Dass sich keiner darüber öffentlich aufzuregen scheint ist schade.
Aufrufe: 8372 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 20 | Erstellt:01.03.2013
ø 6.7
KOMMENTARE
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01.03.2013 | 18:57 Uhr
-4
Schnumbi :
Ha einfach nur Geil Geil geil Gefällt mir.
4
01.03.2013 | 19:03 Uhr
0
morf :
Viel Wind um... naja... nichts!Meine ich zumindest:
http://www.spox.com/myspox/blogdetail/Windstaerke-37,190902.html
3
01.03.2013 | 19:05 Uhr
-4
ausLE :
Guter Blog!Von der Schreibe her. Alles rund. Paßt.
Auch inhaltlich.
Wobei, wenn geklaut, dann beim DFB
0
01.03.2013 | 19:31 Uhr
-4
So komisch die Aussagen auch sein mögen, sie sind nicht das was nun daraus gemacht wird. Das sollte man im Hinterkopf behalten bevor man, wie auf dem Spox-Artikel, 65 Seiten Schrott verfasst.
6
01.03.2013 | 19:34 Uhr
-2
Heynckes hätte sich niemals auf das Niveau der Boulevard-Presse einlassen dürfen. Ein einfaches "kein Kommentar" oder ein lockerer Spruch und Bild, Spox usw hätten nichts zu berichten gehabt. So aber redet sich Heynckes um Kopf und Kragen. Heynckes redet den Trainer klein, von dem er sich für die aktuelle Saison hat inspirieren lassen und spricht ihm die Größe ab - ein Urteil das ihm nicht zusteht und das sicherlich nicht von Größe zeugt. Also wer hat hier Größe gezeigt? Derjenige, der eine Entwicklung zur Kenntnis nimmt und dem Gegner gratuliert oder derjenige, der ein bisschen Wahrheit verpackt in einem kleinen Scherz nicht ertragen kann? Manchmal darf man einfach nichts sagen. Und nach Heynckes befeuert Watze die ganze Sache noch weiter unnötig und wer kommt als nächstes? Die Medien werden natürlich dabei helfen. Bei der ganzen Sache kann es jetzt schon nur einen Sieger geben. Und der kommt weder aus dem Hause Dortmund, noch aus dem Hause München.
6
01.03.2013 | 19:36 Uhr
-2
seis drum, ob kloppo recht hat oder nicht wird sowieso jeder anders bewerten.
zudem wird es jeder anders bewerten wie bierernst die aussage war.
3
01.03.2013 | 19:37 Uhr
-2
Schnumbi :
@ Galactic und das weißt du das er das nicht so gemeint hat ?
2
01.03.2013 | 19:40 Uhr
0
Aber kurz und knapp für Trolls zum verstehen
0
01.03.2013 | 19:40 Uhr
0
Fabz0823 :
Erst einmal freu ich mich das es noch Menschen gibt die nicht bei dem Thema völlig überkochen.Nun zu deiner Analyse ich denke auch, dass das was Die Bayern im Moment spielen keine Kopie eines Dortmunder Systems sind, jedoch behaupte ich eine Grundtugend des Dortmunders Spiels dort wieder zu erkennen. Die Bayernspielen die Saison ein aggressives Offensivpressing nach direktem Ballverlust und das ist ohne Zweifel ein Merkmal des Dortmunder Spiels. Ich schätze auch das sich Jupp Heynckes dabei von den Dortmundern inspirieren lassen hat. Allerdings finde ich dies völlig legitim sich solche Taktiken von anderen Manschaften anzueignen und diese auf sein eigenes Spiel umzumünzen.
So ich habe fertig!
0
01.03.2013 | 19:41 Uhr
-2
BTW: Den Blog finde ich trotzdem ziemlich schwach...zum Beispiel der Vergleich mit dem Ballbesitz hinkt für mich unglaublich...eine überlegene Mannschaft hat nun mal meist mehr Ballbesitz...die Taktik oder das Spielsystem tun da ganz anders ihr übriges dazu
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