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15.06.2011 um 13:48 Uhr
Japan: Chance für Bundesliga II
Er reformierte den Fußball in Japan, und schaffte es mit mitreißenden Auftritten bei den Spielen, die Öffentlichkeit für Fußball zu begeistern. Höhepunkt war ein Sieg gegen die favorisierten Argentinier. Noch heute wird Cramer als "Vater des modernen Fußballs" in Japan bezeichnet.

Ein Jahr nach den Olympischen Spielen wurde auf Cramers Drängen hin eine landesweite Liga ins Leben gerufen und die bestehende Euphorie für den Fußball weiter genutzt. 1968 schaffte Japan einen sensationellen dritten Platz und schlug sogar Gastgeber Mexiko. Die Basis war damit gelegt, bis zum ersten größeren Titel dauerte es allerdings noch. 1992 wurde Japan Asienmeister, genau wie 2000, 2004 und 2011. 1998 gab es die erste WM-Teilnahme zu feiern, seitdem war Japan jedes Mal dabei.

Ebenfalls auf dem Vormarsch ist der Vereinsfußball. Über 18.000 Zuschauer kommen im Schnitt in der ersten Liga in die Stadien, auch an den Schulen ist Fußball zur Sportart Nummer eins aufgestiegen. Zudem gingen zwei der letzten vier Endspiele in der asiatischen Champions League (AFC Champions League) an Japan (Urawa Red Diamonds, Gamba Osaka).

Die Argumente: Warum Japaner für die Bundesliga?

1.) Der asiatische Markt: Schon lange versucht die Bundesliga, in Asien Fuß zu fassen, tut such allerdings sehr schwer. Trotz einiger Freundschaftsspiele etwa des FC Bayern in Japan ist die mediale Aufmerksamkeit einfach nicht so groß, interessant ist viel mehr die Premier League. Menschen treffen sich nachts zum Public Viewing, um live dabei zu sein, wenn der FC Liverpool und Manchester United aufeinander treffen - und die Sender zahlen viel Geld für die TV-Rechte.

Zuletzt waren das zwischen 2007 und 2010 952 Millionen Euro - nur aus der Auslandsvermarktung. Inklusive der Inlandsvermarktung kam die Premier League so in drei Jahren auf 4,1 Milliarden Euro. Die Bundesliga dagegen nur auf 1,2 Milliarden durch die Inlandsvermarktung - und lediglich 60 Millionen aus der Auslandsvermarktung.

Der Boom der Premier League in den letzten Jahren ist auch auf Asien zurück zu führen. Da zahlte nämlich allein Honkong 45 Millionen für drei Jahre - also 75% von dem, was die Bundesliga zuletzt insgesamt international erwirtschaftete.

Der Markt in Asien ist für die Bundesliga eine Quelle mit enormem Potential - und ein Faktor, den man auf keinen Fall unterschätzen oder unbeachtet lassen sollte. Mit der wachsenenden Spielerzahl aus dem fernen Osten in der Liga wächst auch das Interesse, was für die ganze Liga einen finanziellen Segen bedeuten könnte.

2.) Wenig Einsatz, große Chance: Geht man nach der Faustregel "Geringe Transferkosten = geringes Risiko", ist man in Japan ebenfalls genau richtig. Während der südamerikanische Markt, wie bereits zuvor aufgezeigt, von Scouts nur so wimmelt, die natürlich auch gegenseitig die Preise dann in die Höhe treiben, ist der japanische und asiatische Markt generell bisher noch verhältnismäßig wenig ins Visier der großen Vereine geraten.

Deutlich wird das bereits am aktuellen Beispiel Takashi Usami. Der 19-Jährige gilt als riesen Talent, hat bereits in der AFC Champions League (11 Einsätze) und in der ersten Liga (36 Einsätze) gespielt und hält den Rekord für den jüngsten Torschützen in der Champions League. Trotz all dieser Zahlen und des Lobes von allen Seiten: Wirkliches Interesse haben bisher neben dem FC Bayern, der das Rennen wohl machen wird, nur Leverkusen und Schalke bekundet.

Und genau hier liegt die große Chance für die Bundesliga. Für die anderen großen europäischen Ligen fliegt die J-League nach wie vor stückweise unter dem Radar. Man hält sich eher an die bewährten Märkte in Südamerika bzw. Afrika und konzentriert seine Scouts sowie seine finanziellen Mittel darauf. Das gibt der Bundesliga eine unglaubliche Chance, nämlich selbst die Vorreiterrolle in einem hochinteressanten und attraktiven Markt einzunehmen.

3.) Mentalität und Entwicklung: Ein zugegebenermaßen heikles Thema, das man aber nicht außer Acht lassen darf. Natürlich ist die Mentalität eines Landes nicht auf jedes Individuum übertragbar, aber da man hier nicht jedes Individuum einzeln durchdiskutieren kann, sollte man sich an den Normen und Werten orientieren.

Hierbei fällt auf, dass die japanische Mentalität der deutschen durchaus ähnelt, was zu beiderseitigem Wohlfühlen führen kann. "Ich bin begeistert von der Art dieser Spieler, von ihrer Mentalität, von ihrer Einstellung, die sie mit hier rüberbringen, das macht einfach Spaß.", sagte Thomas Kroth der Financial Times in einem Interview. Kroth ist Spielerberater und für einen Großteil der ostasiatischen Profis in der Bundesliga zuständig.

Außerdem ist die neue Japanische Generation, so sieht es Japan-Experte Pierre Littbarski, gereifter und tut sich nicht so schwer, wenn es darum geht, sich zu integrieren: "Die benutzen jetzt auch mal die Ellenbogen". Das größte Problem sieht Kroth demzufolge fast in der Umstellung auf europäisches Essen - ein Problem, das zu bewältigen sein sollte.

4.) EU-Ausländerregeln: Seit 2006 verfügt die Bundesliga hier über eine Regelung, die ihr einen enormen Vorteil verschafft. Seit der Saison 2006/2007 gibt es keine Beschrenkungen mehr für Ausländer, auch nicht für Nicht-EU-Ausländer. Stattdessen wurde die "Local-Player-Regel" eingeführt, die besagt, dass mindestens zwölf deutsche Spieler, von denen acht bei einem deutschen Verein ausgebildet sein müssen, unter Vertrag zu stehen haben.

Diese Regel ermöglicht es der Bundesliga, im Gegensatz zu den deutlich strengeren Regelungen besonders in England und Italien, sich auf dem Transfermarkt deutlich freier zu bewegen und gerade außerhalb Europas seine Fühler auszustrecken, und den Spielern auch eine größere Perspektive, was Einsätze angeht, zu bieten.

So dürfen in England beispielsweise zwar 17 der 25 im Kader gemeldeten Spieler Ausländer sein, für Nicht-EU-Ausländer sind die Regeln aber dann deutlich strikter und schwieriger: Spieler aus Nicht-EU-Ländern bekommen nämlich nur dann eine Spielerlaubnis in der Premier League, wenn sie in den letzten zwei Jahren mindestens 70% der möglichen Länderspiele für ihr Land absolviert haben. Dadurch soll die Qualität der Spieler außerhalb Europas in der Liga gesteigert, die Quantität gleichzeitig gesenkt werden. Ein Spieler wie Kagawa hätte damit aber vor einem Jahr schon Probleme gehabt, in England eine Spielerlaubnis zu bekommen.

5.) Fazit: Die Bedingungen für eine längere Transferbeziehung zu Japan sind hervorragend, die Chance für die Bundesliga riesig - und genauso dringend erscheint eine stärkere Präsenz der Bundesliga in Asien und Japan speziell als notwendig, um zum einen den Pool der Talente zu nutzen, zum anderen aber auch die eigene Stellung zu stärken und die Bundesliga in Asien attraktiver zu machen.

Es bleibt also nur zu hoffen, dass es sich nicht um den viel zitierten "Japan-Boom" handelt, sondern dass eine beständige Entwicklung gerade erst begonnen hat und diese sorgsam gepflegt wird.
Aufrufe: 6693 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 24 | Erstellt:15.06.2011
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KOMMENTARE
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Nosliw
15.06.2011 | 16:49 Uhr
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Nosliw : 
15.06.2011 | 16:49 Uhr
-5
Nosliw : 
guter und sehr ausführlicher blog!

allerdings bin ich pessimistisch ob es wirklich so viele interessante spieler auf dem asiatischen markt gibt.

ich denke das man mehr ausschau auf dem balkan und in russland halten sollte.

9 pkt ;)
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adriano0589
15.06.2011 | 17:34 Uhr
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15.06.2011 | 17:34 Uhr
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@Nosliw

Interessant macht Japan denke ich eben gerade auch, dass neben den sportlichen Aspekten zum einen das Risiko relativ gering ist und zum anderen auch der Markt riesig ist. Wieviel der Spielerpool an Qualität zu bieten hat, wird man auch nächste Saison schon sehen, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir noch positiv überrascht werden

Der russische Markt ist schwierig, da sind eben jetzt auch viele finanzkräftige Investoren, die natürlich selbst ein Interesse am eigenen Spielermarkt haben. Der Balkan ist auf jeden Fall auch ein hervorragender Pool! Wolfsburg hat da ja in den letzten Jahren gute Erfahrunfgen mit Bosnien gemacht, und die Kroaten stellen ja schon eine größere Fraktion in der Liga.
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kb8
15.06.2011 | 17:57 Uhr
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kb8 : 
15.06.2011 | 17:57 Uhr
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kb8 : 
Absolut starker Blog!
Habe mich nicht nur einmal darüber geärgert dass z.B. Porto so aus dem Vollen schöpfen kann, weil die integration so gut funktioniert und die Bundesliga ein wenig leer dasteht.


Zu dem Aspekt der Mentalität kann ich mich nur daran erinnern, dass Shinji Kagawa am Anfang seiner Zeit beim BVB von Jürgen Klopp angesprochen wurde, warum er immer den Kopf senkt, dies müsse nicht sein.
Kagawa hat aber sehr höflich darum gebeten, dies weiter so halten zu können, da es zu seiner Kultur gehöre.

Man kann von (der japanischen) Obrigkeitshörigkeit halten was man will, ich persönlich halte nicht allzu viel davon, aber praktisch ist es durchaus, gerade für die Trainer.
Man stelle sich vor, manch eine brasilianische Skandalnudel hätte darum gebeten, den Kopf aus Respekt senken zu dürfen, wenn der Trainer spricht...

10 Punkte!
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bluesmaker
15.06.2011 | 19:46 Uhr
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bluesmaker : 
15.06.2011 | 19:46 Uhr
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bluesmaker : 
Sehr schöner, detaillierter Blog!

Ich denke auch, es wäre eine Chance für die Bundesliga sich in Asien genauer um zu schauen. Zumal wir ja einige Trainer hatten, die sich dort auskennen und die, nicht nur bei der Suche, sondern auch bei der Integration helfen können.

Ich denke übrigens, das gerade Litti, Buchwald, Engels, Volker Finke & Co. dafür gesorgt haben, dass der japanische Fussball dem deutschen ähnelt.

Was würde eigentlich dagegen sprechen im Asiatischen Raum ein Nachwuchszentrum aufzubauen, so wie das einige Vereine in Südamerika oder Afrika machen? Gerade auch in China, Korea oder anderen asiatischen Ländern wir sich das ein oder andere Talent finden lassen. Imho fehlt es da vor allem an Ausbildung.
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RealMünchen
15.06.2011 | 20:22 Uhr
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15.06.2011 | 20:22 Uhr
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wäre schön wenn die buli mehr japaner statt den balkanboys holen würde die haben bessere technik und eine bessere mentalität
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mamö99
15.06.2011 | 22:12 Uhr
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mamö99 : 
15.06.2011 | 22:12 Uhr
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mamö99 : 
sehr guter blog..! ich denke auch, dass man sich einen "pool" suchen muss, der talente und aufbaufähige akteure bietet. dies ist in mehrerlei hinsicht von eminenter bedeutung. allerdings weiß ich nicht, ob der asiatische markt der beste wäre. wie bereits von nosliw angeschnitten denke ich, dass der balkan eine gute lösung sein könnte. allerdings könnten auch die nordafrikanischen länder einiges bieten, denn in ägypten und tunesien gibt es auch mehrere talente, welche man in deutschland noch weiter fördern könnte.
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myoung
16.06.2011 | 08:55 Uhr
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myoung : 
16.06.2011 | 08:55 Uhr
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myoung : 
Also ich lebe seit letztem Jahr in Korea. Der Fußball ist nach wie vor beliebt, bleibt aber hinter Baseball. Auf jeden Fall würde ein Engagement sich lohnen, da asiatische Spieler bescheiden, diszipliniert und loyal sind. Fall ein Bundesligist ein leistungszentrum in Korea aufbauen möchte, stehe ich gern zur Verfügung! ^^
Allerdings muss sich die BuLi beeilen, da die Tendenz momentan stark zur Premier League geht...
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KingCantona
16.06.2011 | 12:01 Uhr
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KingCantona : Denkanstoß
16.06.2011 | 12:01 Uhr
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KingCantona : Denkanstoß
Den Blog sollten sich mal einige der Bundesligamanager zu Gemüte führen. Gerade die Idee, Leistungszentren in Ost-Asien aufzubauen, erscheint mir als sehr effektiv und ratsam. So kann auch im Vorraus auf die Mentalität und die Begebenheiten der jungen Spieler eingegangen werden und die entgültige Umstellung erleichtert werden. Auch finanziell kann sich sowas auf Dauer nur lohnen. Man nehme mal an, die Bundesliga wäre zum Beispiel die favorisierte Liga in China?! Das würde auf lange Sicht jeglichen finanziellen Horizont sprengen, den die Bundesliga im Moment einsehen kann.
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Logan2010
16.06.2011 | 16:39 Uhr
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Logan2010 : 
16.06.2011 | 16:39 Uhr
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Logan2010 : 
Den Blog an sich finde ich ganz gut. Interessante Überlegungen

Und dem meisten stimme ich auch zu. Ich denke, dass die Spieler in Asien genug Talent um sich in der Bundesliga durchsetzen können. Von daher sind Spieler wie Kagawa keine Ausnahme. Die Spieler müssen einfach in einem Alter verpflichtet werden, in dem man sie noch richtig formen kann.

Zudem ist der wirtschaftliche Aspekt wirklich wichtig. Neben den risikoarmen Transfers zieht die BL durch die asiatischen Spieler mehr Aufmerksamkeit auf sich. Das steigert den Wert der BL im Ausland. Was wiederum mehr Einnahmen bedeutet. Der Bekanntheitsgrad des BVB ist in Japan auch gestiegen, seit dem Kagawa verpflichtet wurde...
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Phildabezt
17.06.2011 | 10:34 Uhr
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Phildabezt : 
17.06.2011 | 10:34 Uhr
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Phildabezt : 
Im Vorraus: Echt ein sehr ausführlicher und gut strukturierter Blog!

Den ersten Teil fand ich persönlich nicht ganz so interessant, weil mir die Transferorientierungen der einzelnen Ligen aufgrund von Sprachen, Kolonien o.Ä schon bekannt war. Allerdings ist der zweite Teil des Blogs für mich echt super interessant gewesen, denn das Hintergrundwissen hatte ich zu dem Thema noch nicht so, wie du es hier erklärt hast. Damit meine ich speziell den Vergleich der Nicht-EU-Spieler-Regelungen in den einzelnen Ländern/Ligen.

Was mir am Schluss noch ein wenig gefehlt hat, wenn du schon auf Mentalität und Essgewohnheiten eingehst, sind die Nachteile, die der asiatische Markt mit sich bringt. Außer der Sprache und den von dir genannten Nachteilen, ist für mich zum Beispiel noch entscheidend, dass Spieler vom asiatische Markt im Gegensatz zu dem teuren südamerikanischen und afrikanischen Märkten von der körperlichen Statur einen Nachteil haben.

Ansonsten hat sich der Blog echt gut gelesen.
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